Entscheidungsdatum
19.12.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W205 2209566-1/4E
W205 2209563-1/4E
W205 2209564-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX ,
2.) XXXX , geb. XXXX und 3.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Ägypten, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2018, Zlen. 1.) IFA: 1199455401, VZ: 180676135, 2.) IFA:
1199450710, VZ: 180676275 und 3.) IFA: 1199450906, VZ: 180676327, beschlossen:
A)
Den Beschwerden wird gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattgegeben und die bekämpften Bescheide behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer sind ägyptische Staatsangehörige, die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter und gesetzliche Vertreterin der mj. Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen. Sie gelangten gemeinsam illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellten am 18.07.2018 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.
Zu ihren Personen liegen keine EURODAC Treffermeldungen vor.
Eine VIS-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführerinnen im Besitz eines spanischen Visums der Kategorie C, gültig von 05.07.2018-29.07.2018 waren.
Im Verlauf ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 18.07.2018 brachte die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen vor, an keinen Beschwerden oder Krankheiten zu leiden, die sie an der Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen könnten und in Österreich oder einem anderen EU-Mitgliedstaat - außer den beiden mitgereisten Töchtern - keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten zu haben. Ihr Zielland sei Österreich gewesen, weil es hier Freiheit und Verständigung gebe, sie sei christlich orthodox. Sie habe in Ägypten ein spanisches Visum beantragt, weil dies leichter zu bekommen sei. Am 08.07.2018 sei sie gemeinsam mit ihren Kindern von Ägypten nach Österreich geflogen. Zu ihrem Fluchtgrund befragt führte sie an, dass sie Probleme mit einem Nachbarn gehabt habe und deshalb auch bei der Polizei gewesen sei, die jedoch nichts unternommen habe. Es sei immer wieder zu Streitigkeiten gekommen, einmal habe er der Beschwerdeführerin gesagt, wenn sie Muslimin wäre, würde er sie zwingen, ihn zu heiraten und zum Islam zu konvertieren. Eines Tages sei dieser Nachbar zu ihr gekommen und habe sie geschlagen, woraufhin die Erstbeschwerdeführerin in ein Krankenhaus gebracht worden sei. Der Nachbar habe gedroht, sie umzubringen. Vor zwei Wochen sei ihr Bruder an sehr mysteriösen Umständen verstorben, da man nicht wisse, woran er gestorben sei. Ihr Ehemann sei in Ägypten geblieben, weil das Geld nur für die Kinder und sie gereicht habe.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 26.07.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder 3 der Dublin III-VO gestütztes, alle Beschwerdeführer betreffendes Aufnahmeersuchen an Spanien.
Mit Schreiben vom 30.08.2018 stimmten die spanischen Behörden der Aufnahme aller Beschwerdeführer gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Am 13.09.2018 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor dem BFA niederschriftlich einvernommen, wobei die Leiterin der Amtshandlung und die Rechtsberaterin zwar weiblichen Geschlechts waren, der Dolmetscher jedoch männlichen Geschlechts war. In dieser Einvernahme führte die Erstbeschwerdeführerin nach Vorhalt der Zustimmung Spaniens zur Aufnahme der Beschwerdeführer folgendes aus:
Sie fühle sich psychisch und physisch in der Lage die Befragung zu absolvieren. Sie nehme Nervenberuhigungsmittel und Schlafmittel, die Medikamente habe sie von einem Arzt in Traiskirchen erhalten, Befunde habe sie keine. Sie müsse diese Medikamente nehmen wegen des Vorfalls in Ägypten, welchen sie ständig vor Augen habe. Die Drittbeschwerdeführerin sei auch beim Arzt gewesen, weil sie Bettnässerin sei, der Arztbefund sei noch nicht gekommen, die Kinder würden allerdings keine Medikamente benötigen. Die Erstbeschwerdeführerin habe auch zur Psychologin gehen wollen, der Termin sei allerdings abgesagt worden. Ihre Kinder würden seit der Geburt durchgängig bei der Erstbeschwerdeführerin leben. Weder in Österreich, noch sonst wo in der EU habe die Erstbeschwerdeführerin Verwandte, zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Nach Vorhalt der Zustimmung Spaniens zur Aufnahme der Beschwerdeführer führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass sie keinesfalls nach Spanien gehen wolle. Wenn Österreich sie nicht akzeptiere, wolle sie in ein anderes Land gehen. Die Eltern des Mannes, wegen dem sie aus Ägypten geflohen sei, wären in Spanien. Dies habe sie kurz vor ihrer Ausreise erfahren, weshalb sie in ein anderes Land habe reisen wollen, allerdings habe sie da bereits das Schengenvisum gehabt. Sie habe gehört, dass die Eltern dort Geschäftsleute wären, Namen oder Aussehen wären ihr allerdings nicht bekannt, sie habe diese persönlich nie gesehen. Dass dessen Eltern in Spanien wären, habe sie erst nach der Visaantragstellung erfahren, alle Leute hätten ihr geraten, das Schengenvisum zu nehmen, um in die EU zu kommen, wo sie sich sicher fühlen werde. Sie kenne keinen genauen Aufenthaltsort der Eltern, sie wären aber schon seit langer Zeit in Spanien.
2. Die Erstbeschwerdeführerin und die Drittbeschwerdeführerin wurden folglich einer gutachterlichen Stellungnahme durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, welche ein ÖÄK Diplom für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin unter Beiziehung einer weiblichen Dolmetscherin unterzogen. Die Erstbeschwerdeführerin schilderte im Zuge dieser Einvernahme, dass sie wegen eines Nachbarn aus der Heimat ausgereist sei, da dieser sie stets belästigt habe und schließlich nach mehreren Versuchen, sich ihr zu nähern, in ihre Wohnung eingedrungen sei. Er habe sie vergewaltigen wollen, es seien jedoch andere Nachbarn gekommen, weshalb es nicht dazu gekommen sei. Der Mann habe sie am Oberarm und am Bein verletzt, sie sei außerdem auf den Hinterkopf gefallen. Im Spital habe sie keine adäquate Behandlung erhalten, weil sie Christin sei, man habe gesagt, sie solle keinen Aufruhr machen. Ihr Ehemann sei bei diesem Vorfall in der Arbeit und die Kinder bei ihrem Bruder und dessen Familie gewesen. Der Vorfall habe sich im Juni 2018 ereignet, im Juli 2018 wären sie mit einem spanischen Visum nach Österreich gekommen (vgl. AS 105f BFA).
Dem Gutachten vom 25.09.2018 ist hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin zu entnehmen, dass diese aus aktueller Sicht unter keiner belastungsabhängigen krankheitswertigen psychischen Störung leide. Den Ausführungen ist zu entnehmen, dass sich bei ihr zur Zeit der Befundaufnahme sehr vage Beschwerden finden würden und sie im Affekt eher flach und im Verhalten passiv sei, es wären weder kognitive Einbußen, noch wesentliche affektive Auffälligkeiten gegeben. Insbesondere würden sich keine Zeichen von Angst, keine traumatypischen Symptome wie Intrusionen oder Übererregung finden, weshalb derzeit keine Störung von Krankheitswert habe festgestellt werden können. Situativ sei sie vermutlich durch das Verlassen der Heimat belastet, diese Belastung sei in Art, Dauer und Intensität jedoch noch nicht krankheitswertig.
Auch die Drittbeschwerdeführerin wurde einer gutachterlichen Stellungnahme unterzogen, aus welcher hervorgeht, dass eine milde kindliche Anpassungsstörung, F 43.2, Reaktion auf Belastungen, hier auf Veränderung der Lebensumstände, Verlassen der Heimat, Nennung eines angstmachenden Fluchtgrundes etc. vorliege, es wären im gegenständlichen Fall jedoch keine therapeutischen und/oder medizinischen Maßnahmen anzuraten.
3. Einer Stellungnahme vom 09.10.2018 zu den eingeholten Gutachten ist zu entnehmen, bereits bei der Rechtsberatung sei ersichtlich gewesen, dass die Erstbeschwerdeführerin psychisch äußerst belastet gewesen sei und in Tränen ausgebrochen sei, als man Spanien angesprochen habe. Die Einvernahme sei vorübergehend unterbrochen worden, weil die Erstbeschwerdeführerin so gezittert und geweint habe. Aus der gutachterlichen Stellungnahme sei hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin festgestellt worden, dass diese unter einer milden kindlichen Anpassungsstörung F 43.2 leide. Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin habe die Gutachterin sämtliche Fragen zu den psychologischen Schlussfolgerungen unbeantwortet gelassen, was insbesondere angesichts der Tatsache, dass die Erstbeschwerdeführerin davon gesprochen habe, sie habe Geräusche im Ohr, nicht nachvollziehbar sei. Es sei nicht ersichtlich wie die Gutachterin sie zu der bevorstehenden Überstellung befragt habe, da die Erstbeschwerdeführerin immens unter ihrer Angst vor einer Überstellung nach Spanien leide und regelmäßig Beruhigungs- und Schlafmittel einnehme.
4. Ohne weiteres Verfahren wurde mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Spanien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Spanien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
5. Gegen diese Bescheide richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in der die Erstbeschwerdeführerin angab, Angst vor einer Überstellung nach Spanien zu haben, da ihre Verfolger dort aufhältig wären. Es gehe ihr psychisch so schlecht, dass sie auf Medikamente und Behandlung angewiesen sei. Die Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt und dadurch Verfahrensvorschriften verletzt. Hätte die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und die daraus resultierenden Ergebnisse in die Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung miteinbezogen, wäre sie zu anderen Ergebnissen gelangt. Unter Berücksichtigung aller Umstände in Hinblick auf Art. 8 EMRK wäre eine Überstellung nach Spanien unzulässig. Die Erstbeschwerdeführerin befinde sich psychisch in einer sehr schlechten Verfassung und sei deshalb als vulnerabel anzusehen. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass sie unter medikamentöser Behandlung stehe und auch die beiden Töchter auf Grund der Flucht nicht stabil seien. Das Ermittlungsverfahren und das Beweiswürdigungsverfahren seien damit mit groben Mängeln belastet worden.
Der Beschwerde wurde ein klinisch-psychologischer Kurzbericht hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin vom 08.11.2018 angeschlossen, aus welchem hervorgeht, dass der Verdacht auf eine mittelgradige depressive Episode (F32.1) vorliege. Die Erstbeschwerdeführerin berichte über nächtliche Angstzuständige mit Atemnot, die seit drei Monaten bestehen würden. Sie müsse sich zwingen, in der Früh aufzustehen, die Zukunftsperspektiven würden sehr negativ erscheinen, die Stimmung sei gedrückt. Fast jede Nacht erlebe sie das, was sie in Ägypten erlebt habe, wieder. Ihr Bruder sei in Ägypten umgebracht worden, sie hätte statt ihm umgebracht werden sollen, akute Selbst- oder Fremdgefährdung bestehe allerdings nicht. Die Erstbeschwerdeführerin wirke während des Gesprächs hoffnungslos, ihr Antrieb sei reduziert und verarmt. Andere Bewohner hätten mitgeteilt, dass es Schwierigkeiten mit der Erziehung der Töchter gebe. Die Erstbeschwerdeführerin nehme Medikamente ein.
Weiters lag ein Blutbild der Drittbeschwerdeführerin und ein Laborbericht bei, wonach der serologische Befund nicht für das Vorliegen einer floriden Zoeliakie spreche.
Ein Röntgenbefund vom 01.10.2018 der Erstbeschwerdeführerin wurde ebenfalls vorgelegt, wonach diese an einem Lipom/Fibrolipm in der linken Axillenregion leide; es werde die weiterführende Abklärung mittels MRT und auch die etw. chirurgische Entfernung angeregt.
6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.11.2018 wurde den Beschwerden - nachdem die Verfahren aufgrund der Unzuständigkeitseinrede des zunächst für zuständig erachteten Richters wegen behaupteten Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung der Erstbeschwerdeführerin der nunmehr zuständigen Richterin zugewiesen worden waren - gemäß § 17 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
[...]
Einvernahmen von Opfern bei Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung
§ 20. (1) Gründet ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung (Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) auf Eingriffe in seine sexuelle Selbstbestimmung, ist er von einem Organwalter desselben Geschlechts einzuvernehmen, es sei denn, dass er anderes verlangt. Von dem Bestehen dieser Möglichkeit ist der Asylwerber nachweislich in Kenntnis zu setzen.
(2) Für Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt Abs. 1 nur, wenn der Asylwerber den Eingriff in seine sexuelle Selbstbestimmung bereits vor dem Bundesamt oder in der Beschwerde behauptet hat. Diesfalls ist eine Verhandlung von einem Einzelrichter desselben Geschlechts oder einem aus Richtern desselben Geschlechts bestehenden Senat durchzuführen. Ein Verlangen nach Abs. 1 ist spätestens gleichzeitig mit der Beschwerde zu stellen.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 12
Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die mehr als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit mehr als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, und hat er die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten nicht verlassen, so ist der Mitgliedstaat zuständig, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.
(5) Der Umstand, dass der Aufenthaltstitel oder das Visum aufgrund einer falschen oder missbräuchlich verwendeten Identität oder nach Vorlage von gefälschten, falschen oder ungültigen Dokumenten erteilt wurde, hindert nicht daran, dem Mitgliedstaat, der den Titel oder das Visum erteilt hat, die Zuständigkeit zuzuweisen. Der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel oder das Visum ausgestellt hat, ist nicht zuständig, wenn nachgewiesen werden kann, dass nach Ausstellung des Titels oder des Visums eine betrügerische Handlung vorgenommen wurde.
KAPITEL IV
ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN
Art. 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
2. Gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG ist das Verfahren zugelassen, wenn der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben ist. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Im gegenständlichen Beschwerdefall ist zunächst voranzustellen, dass das BFA angesichts des unstrittigen Sachverhaltes, wonach die Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung und Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten jeweils im Besitz eines gültigen spanischen Visums waren, zu Recht davon ausging, dass grundsätzlich Spanien gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO verpflichtet wäre, den Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz in Behandlung zu nehmen. Dementsprechend stimmte die spanische Dublin- Behörde der Aufnahme der Beschwerdeführer auch auf dieser Rechtsgrundlage ausdrücklich zu.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären. Erforderlich ist hierbei eine prognostische Beurteilung der Verhältnisse im Aufnahmestaat, die auf der Grundlage einer Gesamtbeurteilung der aktuellen Berichtslage unter Bedachtnahme auf die individuelle Lage der betroffenen Beschwerdeführer zu erfolgen hat.
In diesem Zusammenhang ist die vorliegende Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl allerdings auf Basis eines qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen, sodass die individuelle Lage der Beschwerdeführer nicht ausreichend feststeht:
Wie dargestellt, gab die Erstbeschwerdeführerin bereits in ihrer Erstbefragung an, dass sie am 23.06.2018 alleine zu Hause gewesen sei, als ihr Nachbar zu ihr gekommen sei und sie geschlagen habe, sie habe sehr laut geschrien und andere Nachbarn hätten ihr schließlich geholfen. Er habe ihr außerdem gesagt, wenn sie Muslim wäre, würde er sie zwingen, ihn zu heiraten und zum Islam zu konvertieren (vgl. AS 8 BFA). Ein Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung liegt bei jedem sexuell motivierten Übergriff, der gegen den Willen einer Person geschieht, vor. So kommen neben der Vergewaltigung etwa auch eine Zwangsehe oder die Aufforderung, sich gegen den eigenen Willen zu entblößen oder sich berühren zu lassen bzw. das Eingehen gleichgeschlechterlicher Beziehungen zu unterlassen, in Betracht (siehe Schrefler-König in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht § 20 AsylG 2005, zu 1.). Im gegenständlichen Fall liegt somit jedenfalls das Vorbringen zu einem Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung der Erstbeschwerdeführerin vor, wenn diese in der Erstbefragung angab, dass der Nachbar ihr mit Zwangsheirat gedroht habe und sie schließlich alleine in einem Raum bedroht und geschlagen habe, womit jedenfalls ein Eingriff in ihre körperliche Integrität erfolgte.
Das BFA verabsäumte in der Folge, bei der weiteren Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin jene Vorschriften, die das AsylG 2005 in seinem § 20 ausdrücklich für die Einvernahme von Opfern im Falle von Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung statuiert, einzuhalten (zum Erfordernis der Beiziehung auch eines weiblichen Dolmetschers - neben dem weiblichen Organwalter - in derartigen Fällen: z.B. bereits das zum AsylG 1997 ergangene Erkenntnis VwGH 03.12.2003, 2001/01/0402). Demgemäß ergab sich im Beschwerdefall im Lichte des § 20 Abs. 1 AsylG nicht nur die Notwendigkeit, die Erstbeschwerdeführerin durch eine weibliche Organwalterin einzuvernehmen, sondern auch eine weibliche Dolmetscherin zu bestellen. Im vorliegenden Fall wurde die Erstbeschwerdeführerin hingegen zwar von einer weiblichen Organwalterin, jedoch unter Beiziehung eines männlichen Dolmetschers, befragt.
Dass die Erstbeschwerdeführerin durch die Beiziehung des männlichen Dolmetschers in ihrer freien Darlegung ihrer Fluchtgründe (die sich nach dem weiteren Vorbringen auch auf die Frage der Zuständigkeit nach der Dublin III-VO erstreckt) gehemmt war, zeigt sich vor allem auch durch den Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin im Zuge der gutachterlichen Stellungnahme, wo eine Ärztin und eine weibliche Dolmetscherin anwesend waren, auch über weitere Vorfälle ihren Nachbarn betreffend berichtete und unter anderem von einer versuchten Vergewaltigung sprach.
Da dem Einvernahmeprotokoll des BFA nicht entnommen werden kann, dass die Erstbeschwerdeführerin eine Einvernahme unter Beiziehung des männlichen Dolmetschers (ausdrücklich) verlangt hätte - vielmehr wurde sie dazu gar nicht befragt bzw. wurde sie nicht im Sinne des § 20 Abs. 1 AsylG 2005 belehrt - hätte das BFA die Erstbeschwerdeführerin durch unter Beiziehung auch eines weiblichen Dolmetschers zu befragen gehabt.
Das BFA wird im Lichte der getroffenen Erwägungen im fortgesetzten Verfahren die Erstbeschwerdeführerin daher nochmals durch eine weibliche Referentin unter Beiziehung einer weiblichen Dolmetscherin einzuvernehmen bzw. diese von der Möglichkeit in Kenntnis zu setzen haben, auch einen männlichen Referenten bzw. einen männlichen Dolmetscher für die Einvernahme zu verlangen. Unter Würdigung ihres - dann in einem mängelfreien Verfahren erstatteten - Vorbringens wird das BFA zu entscheiden haben, ob den Beschwerdeführern in Spanien im Hinblick auf die aktuelle Berichtslage unter Bedachtnahme auf ihre individuelle Lage die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK droht bzw. ob die Voraussetzungen für einen Selbsteintritt vorliegen.
Im Hinblick darauf, dass der Sachverhalt so mangelhaft ermittelt wurde, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, war gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG der Beschwerde stattzugeben und der bekämpfte Bescheid zu beheben.
3. Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die Frage der Verfahrensführung in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung auf Eingriffe in seine sexuelle Selbstbestimmung gründet, ist im Gesetz eindeutig geregelt und dessen Auslegung durch die Rechtsprechung der Höchstgerichte klargestellt. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Familienangehöriger,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W205.2209564.1.01Zuletzt aktualisiert am
14.02.2019