TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/15 W159 2165295-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.01.2019
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Entscheidungsdatum

15.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W159 2165295-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2017, Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.12.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gem. § 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs.1 Z3 AsylG idgF iVm §§ 9 BFA-VG, 52 Abs. 2 Z 2 und 9 sowie 46 und 55 Abs. 1-3 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Somalia, gelangte am 31.05.2014 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Östererich und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 01.06.2014 stattgefunden Erstbefragung durch das XXXX gab der Antragsteller zu seinen Fluchtgründen an, dass er von einer Gruppe namens Al Shabaab persönlich verfolgt und bedroht worden sei und diese ihm unterstellt hätte, dass er ein Regierungsanhänger und Gegner dieser Gruppe sei. Auch von Regierungsseite sei er mehrmals inhaftiert worden. Sie hätten ihn wieder beschuldigt, dass er ein Mitglied der Al Shabaab sei. Aus Angst um sein Leben habe er sich entschlossen, Somalia zu verlassen.

Nach Zulassung zum Asylverfahren wurde er erst am 01.02.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol inhaltlich einvernommen. Eingangs der Einvernahme gab er an, dass er keine physischen oder psychischen Probleme habe und gesund sei. Er habe bei der Erstbefragung der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht. Diese seien korrekt protokolliert und rückübersetzt worden. Er legte eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs A1 sowie über Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs vor. Nach Nennung seines Namens und seines Geburtsdatums gab er an, dass in XXXX geboren sei und dem Clan Hawiye, Subclan XXXX angehöre und Moslem/Sunnit sei. Sein Vater sei schon 1991 gestorben. Er sei bei seiner Tante väterlicherseits aufgewachsen. Seine Mutter lebe in Saudi- Arabien, zwei jünger Brüder in den USA und ein älterer Bruder im Bundesstaat XXXX . Er habe die Jahre 2000 bis 2007 eine private Grundschule und allgemeinbildende höhere Schule besucht. Der Beschwerdeführer gab einerseits an, nie gearbeitet zu haben, andererseits jedoch bei seiner Tante gelegentlich als Aushilfe in ihrem Geschäft (in der Buchhaltung bzw. Lagerverwaltung, manchmal auch als Verkäufer) tätig gewesen zu sein. Sie hätten wirtschaftlich gut gelebt in Somalia. 2007 sei er arbeitslos gewesen. Er habe Fußball gespielt und sonst nichts gemacht. Mitte April 2012 habe er seinen Heimatort verlassen. Die Familie habe ein Haus und zwei Grundstücke besessen. Seine Tante habe diese verwaltet. Sie sei aber sehr krank gewesen. Er sei nie verheiratet gewesen. Derzeit habe er mit seinem Halbbruder und seiner Mutter Kontakt. Zu den Verwandten in Somalia habe er zuletzt Kontakt gehabt, als er in der XXXX gewesen sei. Er habe keine Telefonnummer mehr. Den Zettel mit der Nummer habe er im Meer verloren. Die Nummer seiner Mutter habe er aber auf seiner Hose notiert.

Gefragt, warum er sein Heimatland verlassen habe, gab er an, dass er Anfang Februar 2012 mit einer Sporttasche mit dem Bus am Weg zu einem Fußballplatz gewesen sei, um dort Fußball zu spielen. Als er aus den Bus ausgestiegen sei, sei er von der Polizei angehalten worden. Die Polizei habe den Verdacht gehabt, dass in seiner Tasche eine Bombe sei und er einen Anschlag ausführen wolle. Sie hätten nichts gefunden, aber ihn trotzdem festgenommen und ihn an eine Straßenlaterne gefesselt. Dort sei er von 15 Uhr bis 11 Uhr am nächsten Tag gewesen. Anschließend sei er auf eine Polizeistation gebracht worden und dort 20 Tage in Haft gewesen. Seine Tante habe ihn gesucht und gefunden. Sie sei dann zu den Clanältesten gegangen und sei gegen Zahlung einer Kaution freigelassen worden.

Drei Tage später habe es auf einer Kreuzung einen Bombenanschlag gegeben. Er sei nach draußen gegangen, um seine Tante zu suchen und festzustellen, ob sie verletzt sei. Er habe sie verletzt vorgefunden. Daraufhin habe ihn die Polizei aufgegriffen. Die Polizei habe dann sofort begonnen, alle Häuser in der Nähe zu durchsuchen. Sie habe insbesondere wissen wollen, welche Jugendlichen dort wohnen würden. Er habe der Polizei sagen müssen, wer dort wohne und wer nicht. Dann sei er zurück nach Hause gegangen.

Zwei oder vier Tage später seien unbekannte Männer zu ihnen in der Früh nach Hause gekommen. Er habe gerade Tee zubereitet. Sie hätten an die Türe geklopft, seine Tante habe aufgesperrt und sie hätten nach ihm gefragt. Dann hätten sie mit seiner Tante gestritten. Einer habe eine Pistole gehabt. Seine Tante habe versucht, diesen Mann aufzuhalten und zu ihm gesagt, dass er davonlaufen solle. Der Mann habe dann seine Tante angeschossen. Viele Leute aus der Nachbarschaft wären gekommen und hätten ihr geholfen. Seine Tante sei ins Krankenhaus gebracht, er sei in den XXXX zu einem Freund gelaufen und habe ihm mitgeteilt, was passiert sei. Er habe dann erfahren, dass seine Tante ins Krankenhaus gebracht worden sei. Er sei zu ihr gegangen. Er habe gerade Tabletten für sie kaufen wollen, als er von der Polizei angehalten worden sei. Er sei geschlagen und gefoltert worden und dort ca. einen Monat lang von Mitte März bis Mitte April in Haft gewesen. Als es seiner Tante besser gegangen sei, hätte sie ihn gefunden. Sie habe sich dann wieder um seine Freilassung bemüht. Später habe er erfahren, dass die Männer, die bei ihnen gewesen wären, von der Al Shabaab gewesen seien und dass diese Zettel verteilt hätten, in denen sie behauptet hätten, dass er kein Moslem mehr sei. Seine Tante habe das Geschäft und die LKWs verkauft, um an Geld zu kommen. Er sei dann freigelassen worden und habe seine Tante Kontakt zu einem Schlepper hergestellt. Sein Schlepper habe ihm dann empfohlen, ins Spital zu gehen und in der dortigen Moschee zu nächtigen. Als seine Tante das Geld vom Verkauf gehabt habe, habe sie ihm dieses bzw. dem Schlepper gegeben mit dem Auftrag, dass dieser ihn in die Türkei bringen solle. Er sei dann in den Iran ausgereist.

Weiters habe es Clankämpfe zwischen seinem Subclan und einen anderen Clan gegeben, als er in Haft gewesen sei und hätten die Clanältesten zu seiner Tante gesagt, dass er im Falle der Freilassung aus der Polizeihaft an den Clankämpfen teilnehmen müsse. Das habe er verweigert. Daher habe er auch Probleme mit den Clanältesten bekommen. Dies wären seine Fluchtgründe.

Seine Tante habe hohen Blutdruck gehabt und sei Diabetikerin gewesen. Als er in der Türkei gewesen sei, sei sie verstorben. Die Höhe der Kaution für die erste Freilassung könne er nicht angeben. Warum die Al Shabaab gerade zu ihm gekommen sei, wisse er nicht. Vielleicht hätten sie gedacht, dass er mit der Polizei zusammenarbeite, da er mit der Polizei mitgegangen sei. Beim zweiten Mal, sei er dann mit Gewehrkolben geschlagen und mit schweren Schuhen getreten worden. Den Zettel, auf dem gestanden sei, dass er persönlich ungläubig geworden sei, habe er nicht holen können, weil er Angst gehabt habe. Die Al Shabaab hätte die Zettel in der Nacht auf der Straße bei seinem Wohnort verteilt. Sein Subclan habe gegen den Clan Biyomaal gekämpft. Sie hätten versucht, ihn zwangsweise zu rekrutieren. Zwei Clanälteste wären zu ihm ins Gefängnis gekommen und hätten sich vorgestellt. Einer habe sehr streng mit ihm gesprochen und darauf hingewiesen, dass er verpflichtet wäre, im Falle seiner Freilassung mitzukämpfen, ansonsten würde er noch länger im Gefängnis bleiben. Im Falle einer Rückkehr zu seinem Clan würde er verhaftet werden, weil er die Befehle nicht eingehalten habe und auch die Versicherung nicht bezahlt habe. In der Haft würde er getötet werden. Auch die Al Shabaab würde ihn töten, da sie ihn als ungläubig bezeichnet hätten. Von staatlicher Seite sei er weder wegen seiner Rasse noch wegen seiner Volksgruppe, wegen seiner Religion oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden, auch nicht wegen seiner politischen Gesinnung. Im Falle einer Rückkehr würde er aber von der Polizei verhaftet werden.

Er sei am 31.05.2014 in Österreich eingereist und seither durchgehend hier aufhältig. Er sei Mitglied des Fußballvereins XXXX . Er besuche einen Deutschkurs und arbeite im Heim als Reinigungskraft. Finanzielle Mittel beziehe er aus der Grundversorgung und von gemeinnütziger Arbeit. Den A1-Kurs habe er schon besucht. Mit dem A2-Kurs habe er angefangen. Er habe alles vorbringen können.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol vom 04.07.2017, Zahl 14 XXXX wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des asylberechtigten abgewiesen, unter Spruchpunkt II. dieser Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen, unter Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung entlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Somalia zulässig sei; weiters wurde unter Spruchpunkt IV. die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.

In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und Feststellungen zu Somalia getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass das Vorbringen hochgradig übertrieben und konstruiert erscheine und die angeblichen Rekrutierungsversuche durch die Clanältesten eine erhebliche Vorbringenssteigerung im Vergleich zur polizeilichen Erstbefragung darstelle. Das gesamte Vorbringen stelle sich als lapidare, detailarme und sterile Rahmengeschichte dar. Hinsichtlich des Vorbringens, dass der Beschwerdeführer auch durch die Al Shabaab verfolgt werde, sei darauf hinzuweisen, dass sich diese bereits im August 2011 aus XXXX zurückgezogen habe. Rechtlich wurde zu Spruchteil I. insbesondere darauf hingewiesen, dass die getätigten Angaben zu den Fluchtgründen in vollem Umfang als unwahr qualifiziert worden seien und daher der vorgebrachte Sachverhalt nicht als glaubwürdig zu beurteilen gewesen sei und daher das Bundesamt nach eingehender rechtlicher Würdigung (und weiteren Ausführungen) zur Ansicht gelangt sei, dass es nicht glaubhaft sei, dass dem Antragsteller im Herkunftsstaat Verfolgung drohe. Zu Spruchpunkt II. wurde zunächst insbesondere ausgeführt, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation bereits unter Spruchpunkt I. geprüft und verneint worden sei. Weder aus dem Vorbringen noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens wären derart exzeptionelle Umstände erkennbar, die die Außerlandesschaffung des Antragstellers in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen lassen würde. Es drohe auch nicht jedem, der nach Somalia abgeschoben werde, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 EMRK unzulässig erscheinen würde. Weiters sei auch nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in das Heimatland in eine ausweglose Lebenssituation geraten würde. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation liege im gegenständlichen Fall nicht vor. Der Antragsteller habe keine individuellen Umstände glaubhaft machen können, dass er im Falle einer Rückkehr nach Somalia einer realen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Zu Spruchteil III wurde zunächst festgehalten, dass er die Erteilungsvoraussetzungen des § 57 AsylG nicht erfülle. Weiters liege auch kein Familienleben in Österreich vor. Was das Privatleben betreffe, könne auch keine ausreichende Integration in die österreichische Gesellschaft festgestellt werden. Trotz seines fast zweijährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet habe der Antragsteller kein ÖSD-Sprachdiplom erworben, aus der Mitgliedschaft bei dem Fußball Verein FC XXXX könne keine verfahrenserhebliche Integration abgeleitet werden, da dieser Verein in der überwiegenden Mehrheit aus Asylwerbern verschiedener Nationalitäten besteht. Die Deutschkenntnisse des Bescheidadressaten hätten sich als insgesamt sehr gering herausgestellt. Er habe auch keine starken Bindungen zu Österreich, sondern vielmehr den größten Teil eines Lebens in Somalia verbracht, dort seine Sozialisation erfahren und lebe dort auch seine Kernfamilie, wobei die Inanspruchnahme verwandtschaftlicher Hilfe zumutbar sei. Es sei daher im vorliegenden Fall eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen. Da auch keine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG vorliege und auch einer Abschiebung nach Somalia keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entgegenstehe, sei auch die Abschiebung nach Somalia als zulässig zu bezeichnen. Gründe für die Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise hätten nicht festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen alle Spruchteile fristgerecht Beschwerde, wo zunächst der bisherige Sachverhalt gerafft wiedergegeben wurde. Darin wurde die Beweiswürdigung konkret kritisiert und vorgebracht, dass es sich dabei um die rein subjektive Meinung des Organwalters handle. Der Clanälteste sei zuerst zu ihm ins Gefängnis gekommen und habe in der Folge mit seiner Tante gesprochen. Ein weiteres Treffen habe nicht stattgefunden. Die Beweiswürdigung erfülle nicht die Kriterien einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens vor dem Hintergrund der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Vorbringens. Außerdem stehe dem Antragsteller auch keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung.

Im Falle einer Rückkehr liege ein reales Risiko einer Gefährdung im Sinn des Art. 2 und 3 EMRK vor. Die terroristischen Aktivitäten der Al Shabaab würden zu flächendeckenden Menschenrechtsverletzungen führen. Auch gebe es Zwangsrekrutierungen durch Clans und sei die Versorgungslage äußerst prekär. Weiters liege keine Schutzfähigkeit des somalischen Staates vor.

Dem Beschwerdeführer drohe aufgrund unterstellter politischer Gesinnung sowohl seitens der Regierung als auch der Al Shabaab sowie wegen versuchter Zwangsrekrutierung seitens der Clanältesten (Nationalität) Verfolgung, welche unter die Tatbestände der GFK bzw. der Statusrichtlinie zu subsummieren seien. Außerdem habe die Behörde ihre Ermittlungspflicht nicht in angemessener Weise wahrgenommen und den vorliegenden Sachverhalt auch rechtlich nicht richtig beurteilt. Dies gelte auch für das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Es wurde daher ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

Der Beschwerdeführer, vertreten durch XXXX , stellte einen Fristsetzungsantrag, worauf der Verwaltungsgerichtshof mit verfahrensleitender Anordnung vom 18.10.2018 dem Bundesverwaltungsgericht eine Frist bis zum 23.01.2019 zur Vorlage der Entscheidung setzte. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte daraufhin eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 20.12.2018 an, zu der sich die belangte Behörde wegen Nichterscheinens entschuldigte. Der Beschwerdeführer erschien in Begleitung einer Mitarbeiterin der XXXX , deren Vollmacht nach wie vor aufrecht war ( XXXX hat nur einen Fristsetzungsantrag im Namen des Beschwerdeführers gestellt). Die Beschwerdeführervertreterin brachte vor, dass der Beschwerdeführer seit zwei Jahren in der Stadtgärtnerei XXXX als Hilfsarbeiter tätig sei und legte diesbezügliche Bestätigungen vor, weiters wurde eine Bestätigung der XXXX hinsichtlich gemeinnütziger Tätigkeit als Putzkraft sowie ein Unterstützungsschreiben der Gemeinderätin XXXX und eine Bestätigung des XXXX vorgelegt.

Der Beschwerdeführer hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht. Er wollte lediglich korrigieren, dass der damalige Dolmetscher seine Tante mütterlicherseits und väterlicherseits verwechselt habe. Im Protokoll stehe nämlich, dass er mit seiner Tante mütterlicherseits Kontakt gehabt habe, aber die Nummer gelöscht habe, es sei jedoch die Tante väterlicherseits gewesen.

Der Antragsteller sei Staatsangehöriger von Somalia, besitze darüber aber keine Dokumente. Er gehöre dem Clan Hawiye sowie dem Subclan XXXX an, auch den Subsubclan nannte er und sei Moslem/Sunnit. Er sei am XXXX in XXXX geboren und habe von seiner Geburt bis zur Ausreise im Bezirk Halwaadag gelebt. Er habe von 2000 bis 2007 eine Privatschule besucht, zunächst die Grundschule und dann eine AHS. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Sein Vater sei schon, als er zwei Jahre alt gewesen sei, eines natürlichen Todes gestorben. Er sei bei seiner Tante väterlicherseits aufgewachsen. Vor dem Tod seines Vaters hätten sich seine Eltern scheiden lassen und sein Vater habe ihn dann zu seiner Schwester gebracht. Seine Mutter habe kurz daraufhin wieder geheiratet und habe einen Sohn geboren. Seine Mutter wohne jetzt in XXXX und habe sich nochmals scheiden lassen.

Gefragt, wovon er in Somalia gelebt habe, gab er an, dass seine Tante ihn versorgt habe. Sie habe ein Lebensmittelgeschäft gehabt und einen LKW. Über Vorhalt, dass er beim BFA von mehreren LKWs gesprochen habe (AS 117 f), bestritt er dies. Die Marke und Type des LKWs hat er nicht angeben können. Seine Tante habe auch einen Angestellten gehabt und manchmal habe er auch geholfen. Am Vormittag habe er die Schule besucht und am Nachmittag habe er seiner Tante im Geschäft geholfen. Manchmal habe er das Geld kassiert, manchmal habe er auch den Kunden die Waren gegeben. Seine Tante sei geschieden gewesen und habe keine Kinder gehabt. Über Vorhalt, dass er bei der Erstbefragung als zuletzt ausgeübten Beruf Fußballspieler angegeben habe (AS 13), gab er an, dass er fürs Fußballspielen kein Geld bekommen habe und dass es in Somalia damals auch keine reguläre Meisterschaft gegeben habe. Es hätten nur die Mannschaften der einzelnen Stadtbezirke von XXXX gegeneinander gespielt. Auf die Frage, ob er wirtschaftliche Probleme in Somalia gehabt habe, gab er an, dass das Leben der Mittelschicht entsprochen habe. Er habe zwei Brüder, einer lebe in den USA und der zweite sei bei seiner Ausreise in Somalia gewesen.

Seine Probleme hätten im Jahre 2012 angefangen. Er sei gegen 15:00 Uhr unterwegs zu einem Fußballplatz gewesen, um dort Fußball zu spielen. Soldaten hätten ihn aufgehalten. Er habe seine Sporttasche auf den Boden legen sollen und habe zeigen sollen, dass er keine Waffe bei sich trage. Er habe dann sein Hemd hochgehoben und die Hände. Einer der Soldaten habe dann in seine Richtung geschossen. Er habe geschrien, dass er keine Waffen habe. Dann wären die Soldaten zu ihm gekommen und hätten begonnen, ihn zu schlagen. Sie hätten ihn gefragt, warum er hierhergekommen sei und ob er die Soldaten ausspionieren wolle und ob er von der Al Shabaab geschickt worden sei. Sie hätten dann seine Hände mit Handschellen auf den Rücken gefesselt und ihm die Augen verbunden. Daraufhin hätten sie ihn mit einem dort abgestellten Pickup mitgenommen und zu einem unbekannten Ort gebracht. Dies sei eine Art Lager gewesen. Während er unterwegs gewesen sei, hätte er niemanden gefragt. Wenn er die Soldaten etwas gefragt hätte, hätten sie ihn geschlagen. Über Vorhalt, dass er beim BFA erwähnt hätte, dass die Soldaten auf seine Sporttasche geschossen hätten, was er bisher nicht erwähnt habe, gab er an, dass sie in seine Richtung geschossen hätten. Über Vorhalt, dass er beim BFA weiters angegeben habe (AS 120), dass er verdächtigt worden sei, einen Bombenanschlag durchzuführen und in seiner Tasche eine Bombe mitzuführen, während er in der Beschwerdeverhandlung angegeben habe, dass er verdächtigt worden sei, die Soldaten im Namen der Al Shabaab auszuspionieren, gab er an, dass er das früher auch so gesagt habe. Über weiteren Vorhalt, dass er beim BFA (AS 120) von der Polizei gesprochen habe und von einer Polizeistation, wo er hingebracht worden sei und nunmehr von Soldaten und einem Lager spreche, gab er an, dass er zweimal verhaftet worden sei. Warum er verdächtigt worden sei, Al Shabaab-Mitglied zu sein, wisse er nicht. Über weiteren Vorhalt, dass er beim BFA gesagt habe, dass er, bevor er auf die Polizeistation gebracht worden sei, an eine Straßenlaterne gefesselt worden sei, gab er an, dass er dies nicht erwähnt habe.

In Folge sei er dann in eine Zelle gebracht worden. Dort seien insgesamt sechs Personen gewesen. Keiner habe ihn einvernommen und keiner habe nach ihm gefragt. Zwanzig Tage lang sei er in dieser Zelle gewesen. Dann habe ihn seine Tante freigekauft. Die Zelle sei halb so groß gewesen wie der Verhandlungssaal. Am Boden sei ein Teppich gewesen, auf dem sie hätten schlafen müssen. Es habe keine Fenster gegeben. In der Ecke sei eine Toilette gewesen, wo sie die Notdurft hätten verrichten können. Sonst habe es keine Gegenstände in der Zelle gegeben. Während der gesamten 20 Tage sei er kein einziges Mal verhört worden. Er sei auch in der Haft nicht misshandelt worden. Seine Tante habe ihm keine konkrete Summe, um die er freigekauft worden sei, genannt.

Drei Tage später sei seine Tante in der Früh auf den Markt gegangen, um Frühstück zu kaufen. An einer bekannten Kreuzung habe es eine Explosion gegeben. Als er das gehört habe, sei er hingelaufen. Dort sei ein Stützpunkt von Soldaten gewesen. Er habe seine Tante gesucht und sie auch gefunden. Seine Tante sei in der Nähe einer Apotheke gewesen. Als er zu ihr laufen wollte, habe ihn ein Polizist an der Hand festgehalten. Er habe zu dem Polizisten gesagt, dass er ihn loslassen soll. Er sei dann zu seiner Tante gelaufen. Diese sei durch einen Splitter an der linken Hand verletzt worden. Danach seien viele Soldaten gekommen und hätten die Wohnungen in der Nähe des Tatortes durchsucht. Sie hätten alle Jugendlichen in diesen Wohnungen mitgenommen. Ein Polizist, den er gekannt habe, habe ihn zu den Jugendlichen gebracht, die aus den Wohnungen herausgeholt worden seien und habe er ihn gefragt, ob er die Jugendlichen kenne. Es seien insgesamt acht Jugendliche gewesen. Er habe nur einen davon gekannt. Dann sei er nach Hause gegangen. Das Haus seiner Tante sei nicht durchsucht worden. Über Vorhalt, dass er beim BFA gesagt habe, dass die Polizisten auch zu ihnen gekommen wären, um in dem Haus nach versteckten Jugendlichen zu suchen (AS 120), bestritt er dies.

Als er am nächsten Tag in der Früh Tee trinken wollte und in den Hof gegangen sei, hätten zwei Männer an der Tür geklopft. Die Tante habe die Tür aufgesperrt und habe die Männer gefragt, was sie wollten. Sie hätten nach ihm gefragt. Seine Tante habe die Männer nicht gekannt und habe sie nicht in die Wohnung gelassen, denn sie habe fast alle seine Freunde gekannt. Seine Tante habe geschrien und habe er das mitbekommen. Unmittelbar danach habe er Schüsse gehört. Er sei dann nach draußen gelaufen und in einen anderen Bezirk gegangen. Es seien alle Nachbarn herausgelaufen und die Männer seien weggerannt. Seine Tante sei verletzt worden und danach in ein Spital gebracht worden. Er habe sie dann in dem Spital besucht. Über Vorhalt, dass er beim BFA (AS 120) gesagt habe, dass dieser Vorfall sich zwei oder vier Tage später ereignet habe, nunmehr jedoch sage, dass dieser am nächsten Tag stattgefunden habe, bestritt er dies. Er habe von seinen Nachbarn erfahren, wo seine Tante behandelt werde und sei am gleichen Tag zu ihr gegangen. Dies sei das XXXX gewesen. In Somalia sei es so, dass die Patienten (bzw. die Angehörigen) manchmal selbst die Medikamente kaufen müssten. Er sei dann für seine Tante Medikamente kaufen gegangen. Während er in der Apotheke gewesen sei, sei ein Polizist getötet worden. Sie hätten dann alle Jugendlichen, die sich in der Nähe aufgehalten haben, verhaftet und auf eine Polizeistation gebracht. Dort hätte man ihn gefragt, was er bei der Apotheke gemacht habe. Bevor er die Frage habe beantworten können, hätte man ihn geschlagen und mit Füßen getreten. Danach hätten sie ihn wieder in die gleiche Zelle gebracht. In dieser habe er mehr als einen Monat verbringen müssen. In dieser Zeit habe ihn niemand befragt, aber er habe schon gewusst, dass sie ihn deswegen verhaftet hätten, weil dort ein Polizist umgebracht worden sei. Über Vorhalt, dass er beim BFA nichts erwähnt habe, dass ein Polizist getötet worden sei (AS 121), gab er an, dass er damals das auch so erwähnt habe. Bevor sie ihn eingesperrt hätten, hätten sie ihn misshandelt und mehrfach geschlagen, danach nicht mehr.

Während er in der Haft gewesen sei, sei eines Tages der Anführer eines Stammes zu ihm gekommen und habe ihm gesagt, dass er von seiner Tante gehört habe, dass er eingesperrt wäre und dass er versprochen habe, ihn mitzunehmen. Er habe ihm dann gesagt, dass er ihn in die Provinz XXXX mitnehmen wolle, wo es einen Stammeskonflikt gebe. Er habe ihm aber gesagt, dass er an diesen Stammeskämpfen nicht teilnehmen wolle. Er habe das deswegen abgelehnt, weil damals sein Clan gegen den Clan XXXX gekämpft habe. Der Stammesführer habe ihm dann gesagt, wenn ihn seine Tante wieder freibekomme, werde er umgebracht. Seine Tante habe ihn dann wieder freigekauft. Er habe sich nicht getraut, nach Hause zu gehen. Deswegen sei er in das Spital gegangen, wo sich seine Tante aufgehalten habe. Er habe auch deswegen nicht nach Hause gehen können, weil die Al Shabaab einen Zettel auf seine Tür geklebt habe, wo stehe, dass er ungläubig geworden sei und dass man ihn auf der Stelle töten solle. Seine Tante sei gar nicht endgültig aus dem Spital entlassen worden, sondern nur kurz bei ihm im Gefängnis auf Besuch gewesen und habe ihn freigekauft. Dem Beschwerdeführer wurde weiters vorgehalten, dass er beim BFA (AS 121) angegeben habe, dass ihm der Schlepper geraten habe, sich in der Moschee im Krankenhaus XXXX zu verstecken und andererseits den Widerspruch, dass er beim BFA einerseits behauptet habe (AS 123), dass der Clanoberste nur mit seiner Tante gesprochen habe, andererseits jedoch (so wie auch in der Beschwerdeverhandlung), dass er auch mit ihm gesprochen habe. Er habe zunächst nicht gewusst, was für Leute auf seine Tante geschossen hätten, aber nachdem diese einen Zettel an die Tür geklebt hätten, habe er gewusst, dass Sie von der Al Shabaab gewesen seien. Außer bei dem Vorfall sei er nicht von der Al Shabaab bedroht oder körperlich angegriffen worden. Über Vorhalt, dass die Möglichkeiten der Al Shabaab zur Verfolgung von Personen in XXXX äußerst gering seien und sich die Al Shabaab dort auf Terroranschläge konzentriere, gab er unter anderem an, dass es möglich sei, dass die Al Shabaab behauptet habe, dass er für die Regierungsseite arbeite. Über weiteren Vorhalt (AS 125), dass er beim BFA davon gesprochen habe, dass eine Tante eine Versicherung für den Clan hätte zahlen sollen und er in diesem Sinn das Wort (Qaadhaan) erwähnt hätte, gab er an, dass dies keine Versicherung wäre, sondern eine Geldsammlung für den Clan. Er könne nicht genau sagen, wie lange er nach seiner Freilassung noch in Somalia gewesen sei, etwa fünf bis zehn Tage. Er habe den Tag im Spital verbracht und die Nacht in der Moschee. In dieser Zeit habe er keine Probleme gehabt, aber er habe Angst gehabt. Gefragt nach dem unmittelbaren Grund der Ausreise, gab er an, dass seine Tante ihm erzählt hat, dass die Al Shabaab einen Zettel an ihrer Türe angebracht habe und dass er auch Angst vor den Polizisten gehabt habe, eingesperrt zu werden. Deshalb habe er sich entschlossen, das Land zu verlassen. Außerdem habe sich seine Tante geweigert, Geld dem Clan zu zahlen und habe er auch Angst gehabt, dass er in dem Clankampf eingesetzt werde.

Im April 2012 sei er von XXXX in den Iran geflogen. Er sei dann drei Monate im Iran gewesen und eineinhalb Jahre in der Türkei. Anfang 2014 habe er dann die Türkei verlassen und sei über Griechenland und Serbien mit verschiedenen Verkehrsmitteln bis nach Österreich gekommen. In Somalia sei auch sein Bruder gewesen. Dieser sei aber sehr krank gewesen und habe bei seiner Tante mütterlicherseits gelebt. Seine Tante väterlicherseits sei dann krank geworden. Sie habe Diabetes und Bluthochdruck gehabt und sei 2013 verstorben. Zwar habe sich auch zu ihm in die Türkei kommen wollen, sei aber vorher verstorben. Er habe nur mit seiner Tante väterlicherseits Kontakt gehabt, sonst mit niemandem.

Gesundheitliche oder psychische Probleme habe er nicht. Am Vormittag arbeite er für die Gemeinde, dreimal in der Woche gehe er Fußballspielen zum Verein XXXX . In einer Ehe oder Lebensgemeinschaft lebe er nicht. Er habe schon Deutschkurse A1 und A1/2 gemacht, aber bisher keine Prüfung absolviert. Manchmal spiele er auch mit Freunden privat Fußball. Er habe schon österreichische Freunde. Mit manchen arbeite er zusammen und mit manchen spiele er Fußball. Wenn er nach Somalia zurückkehren würde, habe er Angst, von der Al Shabaab getötet zu werden. Außerdem habe er Angst, von der Regierungsseite eingesperrt zu werden. Ein weiteres Vorbringen habe er nicht. Auch die Beschwerdeführervertreterin stellte keine weiteren Fragen.

Verlesen wurde der aktuelle Strafregisterauszug, in dem keine Verurteilung aufscheint. Den Verfahrensparteien wurde das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von drei Wochen eingeräumt.

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung Gebrauch, wo zunächst auf weitere Dokumente verwiesen wurde und gefolgert wurde, dass die Al Shabaab überall in der Lage sei, zuschlagen zu können, auch in XXXX , dass sie dort monatlich ca. 20 Personen töte und Personen, die von der Al Shabaab fliehen würden, in XXXX auch keinen staatlichen Schutz erhalten würden. Der Beschwerdeführer wäre daher nirgends vor der Al Shabaab oder auch staatlicher Verfolgung sicher und bestehe daher auch keine zumutbare inländische Fluchtalternative für ihn. Hinsichtlich der Widersprüche zu den Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde darauf verwiesen, dass es mit dem Dolmetscher des BFA wiederholt zu Verständigungsproblemen gekommen sei. Das Vorliegen von Gefährdungssituationen sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in seiner Gesamtheit im Rahmen einer globalen Bewertung zu beurteilen und liege bei dem Beschwerdeführer eine Kumulation von Gefährdungsfaktoren vor. Daher werde beantragt, dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, darüber hinaus liege ein reales Risiko der Verletzung des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr nach Somalia vor und wären auch die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG gegeben. Angesichts der schlechten humanitären Situation in Somalia, der hohen Arbeitslosigkeit und der nicht vorhandenen Sozialleistungen sowie wegen des Fehlens eines tragfähigen familiären Netzes sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Somalia in eine existentielle Notlage geraten würde. Er lebe seit viereinhalb Jahren in Österreich, könnte sich im Alltag in der deutschen Sprache verständigen und habe auch gezeigt, dass er arbeitswillig sei. Er wäre innerhalb kürzester Zeit selbsterhaltungsfähig und sei unbescholten. Daher würden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG vorliegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat, wie folgt, festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Somalia und gehört dem Clan Hawiye sowie dem Subclan XXXX an. Er wurde am XXXX in XXXX geboren und hat dort im Bezirk Halwaadag von seiner Geburt bis zur Ausreise gelebt. Er besuchte von 2000 bis 2007 die Schule, zunächst eine Grundschule und dann eine allgemeinbildende höhere Schule. Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1991 ist er bei seiner Tante väterlicherseits aufgewachsen, nachdem seine Eltern bereits geschieden waren und seine Mutter wiederum heiratete und nach XXXX übersiedelte. Seine Tante betrieb ein Lebensmittelgeschäft und hatte einen LKW. Der Beschwerdeführer hatte keine wirtschaftlichen Probleme in Somalia.

Zu seinen Fluchtgründen könne mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden.

Der Beschwerdeführer gelangte (spätestens) am 31.05.2014 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte an diesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer behauptet, dass er mit niemandem mehr in Somalia Kontakt hat. Seine Tante väterlicherseits sei zwischenzeitig verstorben. Er führt kein Familienleben in Österreich und leidet unter keinen aktuellen gesundheitlichen oder psychischen Problemen. Der Beschwerdeführer hat zwar mehrere Deutschkurse besucht, aber noch kein Deutschdiplom erworben. Er arbeitet aber (Teilzeit) in der XXXX und bei den XXXX in Form gemeinnütziger Tätigkeit als Putzkraft. Darüber hinaus spielt er beim XXXX Fußball. Er ist noch nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat aber schon zahlreiche österreichische Freunde und ist schließlich unbescholten.

Zu Somalia wird verfahrensbezogen Folgendes festgestellt:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Nach den überdurchschnittlichen Gu-Regenfällen 2018 wird die Getreideernte die größten Erträge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch für Einkommensmöglichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise für unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenüber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fünfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Ernährungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Unterernährung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Dürre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von Überschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Täler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch längere Zeit für eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanitäre Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).

Die Stufe für akute Unterernährung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Unterernährung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden.

Dies sind im ländlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). Überhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).

In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanitäre Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten für über 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).

Die Prognose für den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar:

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(FSNAU 1.9.2018)

Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstützung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut unterernährt, weiter 55.000 als schwer unterernährt (UN OCHA 2.9.2018).

Für die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine überdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weideflächen und bei der Wasserverfügbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusätzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen führen (FSNAU 1.9.2018)

Allerdings werden auch für das äthiopische Hochland höhere Niederschlagsmengen prognostiziert, was das Überschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen lässt. Gegenwärtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen beschädigt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten Überschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018)

Quellen:

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ACTED (12.9.2018): Drought conditions continue to persist in Badhan district,

https://reliefweb.int/report/somalia/drought-conditions-continue-persist-badhan-district, Zugriff 14.9.2018

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FAO - FAO SWALIM / FSNAU (6.9.2018): Somalia Rainfall Outlook for 2018 Deyr (October-December) - Issued: 6 September 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-rainfall-outlook-deyr-2018-october-december-issued-6-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (31.8.2018):

Somalia Price Bulletin, August 2018, https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-price-bulletin-august-2018, Zugriff 14.9.2018

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FSNAU - Food Security and Nutrition Analysis Unit / Famine Early Warning System Network (1.9.2018): FSNAU-FEWS NET 2018 Post Gu Technical Release,

https://reliefweb.int/report/somalia/fsnau-fews-net-2018-post-gu-technical-release-01-sep-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (11.9.2018): Somalia - Humanitarian Snapshot (as of 11 September 2018),

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-humanitarian-snapshot-11-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (5.9.2018): Humanitarian Bulletin Somalia, 1 August - 5 September 2018,

https://reliefweb.int/report/somalia/humanitarian-bulletin-somalia-1-august-5-september-2018, Zugriff 14.9.2018

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UN OCHA - UN UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.9.2018): Somalia - Food security improving but recovery remains fragile,

https://reliefweb.int/report/somalia/somalia-food-security-improving-recovery-remains-fragile, Zugriff 14.9.2018

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WB - Worldbank (6.9.2018): World Bank's Flagship Infrastructure Project Launched in Somalia,

https://reliefweb.int/report/somalia/world-bank-s-flagship-infrastructure-project-launched-somalia, Zugriff 14.9.2018

KI vom 3.5.2018: Überdurchschnittliche Niederschläge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Dürresituation)

Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde für Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevölkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Südsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Städte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevölkerung in den Städten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).

Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Ernährung sind auf die höhere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zurückzuführen. Gleichzeitig wird die humanitäre Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte können Nahrungsmittel mit von humanitären Akteuren zur Verfügung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstützung rund 70% der Menschen die sich auf oder über Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanitäre Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).

Der bereits eingetretene Rückgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):

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(FEWS 3.2018)

Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfällen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu-Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrjährigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschläge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschläge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Rückgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).

Für den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angekündigt. Nur noch für Hilfsorganisationen leicht zugängliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fällt in die Stufen 1-3, Süd-/Zentralsomalia gänzlich (bis auf IDP-Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).

Aufgrund der überdurchschnittlichen Niederschläge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Südsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von Überflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so günstig, dass mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).

In den meisten Gebieten haben sich Weidegründe und Wasserverfügbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengröße noch hinter dem Normalzustand zurück. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin über zu wenig Vieh verfügen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).

Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:

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(FEWS 4.2018b)

Der Handelspreis für 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener für 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen können nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).

Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO für die Monate 2-6/2018:

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(FAO 2018)

Zusätzlich zu den Niederschlägen fließen aus dem äthiopischen Hochland beträchtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu Überschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Häuser verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Dörfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden überflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flüsse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder Überschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Häuser verlassen müssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschlägen in ihrer ursprünglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).

Quellen:

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018a): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook-update/april-2018, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (4.2018b): Somalia

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Food Security Outlook Update, http://fews.net/east-africa/somalia, Zugriff 2.5.2018

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FEWS NET - Famine Early Warning Systems Network (3.2018): Somalia

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Food Security Outlook February to September 2018, http://fews.net/east-africa/somalia/food-security-outlook/february-2018, Zugriff 2.5.2018

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FAO FSNAU - Agentur der Food and Agriculture Organisation der UN (2018): IPC Map, http://www.fsnau.org/ipc/ipc-map, Zugriff 2.5.2018

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FAO SWALIM (27.4.2018): Somalia Rainfall Forecast - Issued: 27 April 2018,

https://reliefweb.int/map/somalia/somalia-rainfall-forecast-issued-27-april-2018, Zugriff 2.5.2018

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UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2.5.2018): OCHA Somalia Flash Update #3 - Humanitarian impact of heavy rains | 2 May 2018, , Zugriff 3.5.2018 https://reliefweb.int/report/somalia/ocha-somalia-flash-update-3-humanitarian-impact-heavy-rains-2-may-2018

2. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewählte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenüber dem 2012 gewählten Parlament dar. Während 2012 135 Clanälteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 über 14.000 Clan-Repräsentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Während die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewählt wurden, wählten die o.g. Clan-Repräsentanten die 275 auf Clan-Basis ausgewählten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).

Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwürfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wählte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Präsidenten; im März bestätigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament bestätigte am 29.3.2017 dessen 69-köpfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).

Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung übergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Dürre und Sicherheit darstellen. Überhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einkünften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abhängig (SEMG 8.11.2017).

Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 9.2016).

Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchführung wird aber maßgeblich davon abhängen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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