Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des PH in G, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Jänner 1999, Zl. VwSen-105753/22/Sch/Rd, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Jänner 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. Dezember 1997 um 00.25 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Lohnsberg an einem näher umschriebenen Ort gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 begangen. Es wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde ging auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung davon aus, der Beschwerdeführer sei um 00.25 Uhr von einer Gendarmeriestreife angehalten worden, wobei die nachfolgenden Messungen seiner Atemluft auf Alkoholgehalt um 00.34 bzw. 00.35 Uhr durchgeführt worden seien. Die Messungen hätten einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0, 64 mg/l bzw. 0,60 mg/l ergeben. Wenn auch der Beschwerdeführer nicht länger als neun bis zehn Minuten habe beobachtet werden können, so sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer zwischen dem Ort der Konsumation von Alkohol und dem Ort seiner Anhaltung - der Angabe des im Verwaltungsverfahren einvernommenen Beifahrers folgend - eine Wegstrecke von fünf bis acht Kilometer mit dem Auto zurückgelegt habe. Da für die Zurücklegung einer solchen Strecke in der Regel mehr als fünf Minuten erforderlich seien, könne davon ausgegangen werden, daß seit dem letzten Alkoholkonsum in Summe ein Zeitraum von zumindest fünfzehn Minuten verstrichen sei. Die Angaben des Beschwerdeführer darüber, daß er während der Fahrt geraucht und intensiv ein- und ausgeatmet habe, könnten im Hinblick auf die Eigenschaft des Alkomaten, Fehlerhaftigkeiten bei Meßversuchen zu erkennen und anzuzeigen, den Beweiswert der Meßergebnisse nicht erschüttern.
Gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle) gilt bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
Gemäß § 5 Abs. 3 StVO (in der Fassung der 19. StVO-Novelle) ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt (Alkomat).
Gemäß der Betriebsanleitung für den "Siemens Alcomat M 52052-A 15" (abgedruckt in Messiner, StVO9, 1399 ff) - ein derartiges Gerät wurde im Beschwerdefall verwendet - ist der Proband fünfzehn Minuten vom Anhaltezeitpunkt an zu beobachten, um sicherzustellen, daß keine Nahrungs- oder Getränkeaufnahme erfolgt, keine Mundsprays oder Medikamente verwendet werden und nicht geraucht wird. Weiters ist die Atmung zu beobachten und Hyperventilation (Hechelatmung) zu unterbinden.
Im Beschwerdefall betrug nach den Feststellungen der belangten Behörde der Zeitraum zwischen der Anhaltung des Beschwerdeführers und Durchführung des Alkomattests lediglich neun bzw. zehn Minuten. Daraus folgt, daß die eingeschrittenen Sicherheitswacheorgane das Verhalten des Beschwerdeführers vor der Durchführung der Atemluftuntersuchung nicht während eines Zeitraumes von fünfzehn Minuten beobachteten. So konnten sie auch nicht das vom Beschwerdeführer behauptete Rauchen bzw. heftige Atmen kurz vor der Anhaltung wahrnehmen bzw. unterbinden. Der Beschwerdeführer hat diesen Umstand schon während des Verwaltungsverfahrens unter Hinweis auf ein in einem vergleichbaren Verwaltungsstrafverfahren abgegebenes Sachverständigengutachten geltend gemacht.
Es entspricht der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 11. Oktober 1995, Zl. 95/03/0174), daß für das Zustandekommen eines gültigen, nicht verfälschten Meßergebnisses die Einhaltung der Betriebsanleitung des Meßgerätes erforderlich ist. Dies bedeutet, daß gemäß der angeführten Betriebsanleitung der Proband fünfzehn Minuten vom Anhaltezeitpunkt an zu beobachten ist. Wohl hätte die belangte Behörde auch dann von einem gültigen Meßergebnis ausgehen können, wenn zwar die erwähnte Warte- bzw. Beobachtungsfrist nicht eingehalten wurde, diese Annahme jedoch aus fachlichen, durch das Gutachten eines Sachverständigen belegten Gründen zulässig war (vgl. in diesem Zusammenhang die hg. Erkenntnisse vom 19. Juni 1991, Zl. 91/03/0055, und vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/02/0490). Zu einem solchen Ergebnis ist die belangte Behörde aber schon allein deshalb nicht gelangt, weil sie, obwohl die vorgeschriebene Beobachtungszeit nicht eingehalten worden war und der Beschwerdeführer geltend gemacht hatte, er habe innerhalb dieses Zeitraumes geraucht und heftig geatmet, es unterließ, ein Gutachten eines Sachverständigen zu der Frage, ob trotz dieses Verstoßes gegen die Betriebsanleitung vom Vorliegen eines gültigen Meßergebnisses ausgegangen werden konnte, einzuholen.
Der Beschwerdeführer hat auch bereits im Verwaltungsverfahren mehrfach mit der Begründung, er könne sich im Hinblick auf die geringe Trinkmenge die durch den verwendeten Alkomaten erbrachten Untersuchungsergebnisse nicht erklären, die Überprüfung der Eichung dieses Gerätes bzw. die Beibringung des Eichscheines beantragt. In den Verwaltungsakten findet sich in dieser Hinsicht lediglich ein Vermerk des Gendarmeriepostenkommandos A. - H., daß der Alkomat im Tatzeitpunkt einen Eichstempel aufgewiesen habe, sowie ein vom Gendarmerieposten N. übermitteltes Überprüfungsprotokoll der Herstellerfirma. Ein Eichschein oder eine eichamtliche Bestätigung darüber, daß der Alkomat im Tatzeitpunkt die erforderliche Eichung aufgewiesen hätte, ist in den Verwaltungsakten nicht enthalten. Da die Überprüfung des Alkomaten durch die Herstellerfirma der gemäß § 13 Abs. 2 Z 8 Maß- und Eichgesetz erforderlichen Eichung nicht gleichgesetzt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 91/03/0300), liegt im Beschwerdefall ein Nachweis über die Eichung des Alkomaten nicht vor, sodaß die Feststellung der belangten Behörde, das Gerät sei geeicht gewesen, nicht nachvollziehbar ist.
Da somit der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht hinreichend geklärt ist und nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung der dargelegten Verfahrensmägel zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 und 3 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. Juni 1999
Schlagworte
Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung genossene Alkoholmenge RückrechnungSachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkomatAlkotest Zeitpunkt OrtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999020074.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
03.07.2014