Entscheidungsdatum
16.10.2018Norm
BBG §40Spruch
G303 2178473-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva Wendler und den fachkundigen Laienrichter Herbert WINTERLEITNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 11.10.2017, Zl. OB: XXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vom 23.11.2017 und Vorlageantrag vom 30.11.2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 22.06.2017 über die Zentrale Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Mit dem Antrag wurden medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
2.1. In dem eingeholten Gutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 25.09.2017 wurde, nach persönlicher Untersuchung der BF am 18.09.2017, im Wesentlichen folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Handgelenksoperation links mit Versteifung nach kompliziert geheiltem Kahnbeinbruch Fixer Rahmensatzwert. Die Position entspricht der hochgradigen Funktionseinschränkung mit Beeinträchtigung der Handfunktion links
02.06.24
30
2
Pseudoradikuläres Lumbovertebralsyndrom bei bekanntem Beckenschiefstand mit einer Beinlängendifferenz von 1,5 cm Unterer Rahmensatzwert der gewählten Position entspricht den gelegentlich geringgradigen Funktionseinschränkungen.
02.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
30 vH
Der Gesamtgrad der Behinderung ergebe sich aus der führenden Gesundheitsschädigung (GS) 1. Die GS 2 führe bei einer inkonstanten geringgradigen Einschränkung der Wirbelsäulenfunktion zu keiner weiteren Anhebung.
3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.10.2017 wurde der Antrag vom 22.06.2017 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen.
3.1. Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das eingeholte, unter I.2.1. angeführte, ärztliche Sachverständigengutachten. Danach betrage der Grad der Behinderung der BF 30 %. Das genannte Gutachten wurde dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen. Als rechtliche Begründung wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) zitiert.
4. Gegen diesen Bescheid vom 11.10.2017 erhob die BF mit Schreiben vom 31.10.2017 Beschwerde. Begründend führte die BF aus, dass der Grad der Behinderung, auch hinsichtlich der Auswirkungen ihrer Funktionsbeeinträchtigungen, zu gering eingeschätzt worden sei. Der Gesamtgrad der Behinderung sei zu addieren, da eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen bestehe.
Sie habe eine dauernde erhebliche Funktionseinschränkung mit einer maßgeblichen Einschränkung im Alltag und Berufsleben, welche therapeutisch schwer beeinflussbar sei. Seit Juli 2016 bestehe ein Dauerschmerz in der linken Hand. Es sei auch notwendig, bei Haushaltstätigkeiten eine stabilisierende Orthese zu tragen. Die BF müsse vermeiden, schwere Objekte zu heben bzw. damit zu hantieren.
Überdies zählte die BF Tätigkeiten auf, welche sie aufgrund ihrer Leiden nicht durchführen könne, beispielsweise Staubsaugen und Boden wischen, Fenster putzen, Blumen umtopfen.
Auch sei die Arbeit am Computer zu Qual geworden. Es erfolge eine dauernde Überanstrengung der rechten Hand. In einem brachte die BF einen aktuellen Befundbericht dazu vom September 2017 in Vorlage.
5. Im Rahmen der Überprüfung der Beschwerdepunkte der BF wurde seitens der belangten Behörde ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten von XXXX vom 20.11.2017, welches aufgrund der Aktenlage erstellt wurde, eingeholt.
5.1. Darin wurde vom Sachverständigen zusammengefasst ausgeführt, dass die von der BF beschriebenen Einschränkungen und Schmerzen bei und nach Belastung in der Gesundheitsschädigung "hochgradige Funktionseinschränkung des linken Handgelenkes" vollumfänglich berücksichtigt worden seien; auch die noch geplante Operation zur Metallentfernung. Es sei eine langfristige Besserbarkeit der derzeitigen Schmerzsymptomatik bei der BF anzunehmen. Dies sei auch im letzten Befundbericht dargelegt. Weitere Befundbelege seien nicht in Vorlage gebracht worden. Es habe sich daher der Gesamtgrad der Behinderung nicht geändert.
6. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 23.11.2017 wurde die Beschwerde der BF vom 31.10.2017 abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Begründend wurde auf die Ergebnisse der ärztlichen Begutachtung verwiesen. Danach betrage der Grad der Behinderung 30%. Daher seien die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegend. Das eingeholte Aktengutachten von XXXX wurde der Beschwerdevorentscheidung als Beilage angefügt.
7. Mit E-Mail vom 30.11.2017 übermittelte die BF an die belangte Behörde einen Vorlageantrag und führte darin wiederholt aus, dass der Grad der Behinderung, insbesondere die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen der BF, zu gering eingeschätzt worden seien. Der Gesamtgrad der Behinderung sei zu addieren, da eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen bestehe. Die beiden vorliegenden Gesundheitsschädigungen würden gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung mit einer maßgeblichen Einschränkung im Alltag und im Berufsleben, welche therapeutisch schwer beeinflussbar sei, führen. Wie im Beschwerdevorbringen dargelegt, leide die BF seit Juli 2016 an einen Dauerschmerz in der linken Hand.
8. Die gegenständliche Beschwerde, der Vorlageantrag und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 01.12.2017 vorgelegt.
9. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
9.1. Im Sachverständigengutachten von XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 04.06.2018 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF am selben Tag, im zusammengefassten Ergebnis folgendes festgehalten:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Versteifung des linken Handgelenkes nach kompliziert geheiltem Kahnbeinbruch Fixer Rahmensatzwert entsprechend der hochgradigen Funktionseinschränkung des Handgelenkes samt Schmerzaktivierung mit Beeinträchtigung der Handfunktion links
02.06.24
30
2
Beginnende Knorpelabnützung im Bereich des linken Kniegelenkes Unterer RSW entsprechend der Belastungsschmerzen
02.05.18
10
3
Pseudoradikuläres Lumbovertebralsyndrom bei bekanntem Beckenschiefstand mit einer Beinlängendifferenz von 1,5 cm Unterer Rahmensatzwert entsprechend den gelegentlichen geringgradigen Funktionseinschränkungen
02.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
30 vH
Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde begründend ausgeführt, dass dieser durch die GS 1 gebildet werde und die GS 2 und die GS 3 nicht weiter anheben würden, da keine negative Leidenserhöhung gegeben sei.
Die subjektiven Leiden und deren Wahrnehmung seien zu würdigen. Objektiv zeige sich eine funktionelle Versteifung des linken Handgelenkes mit der angeführten Richtsatzposition, welche schon im Amtsgutachten korrekt gewählt worden sei. Die weiteren Leiden würden zu keiner relevanten Leidenserhöhung und negativen Leidensbeeinflussung der führenden GS 1 führen.
10. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 28.06.2018 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
10.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung wurde dazu seitens der Verfahrensparteien nicht übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF hat einen Wohnsitz im Inland.
Die BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:
-
Versteifung des linken Handgelenkes nach kompliziert geheiltem Kahnbeinbruch (Grad der Behinderung: 30 %)
-
Beginnende Knorpelabnützung im Bereich des linken Kniegelenkes (Grad der Behinderung: 10 %)
-
Pseudoradikuläres Lumbovertebralsyndrom bei bekanntem Beckenschiefstand mit einer Beinlängendifferenz von 1,5 cm (Grad der Behinderung: 10 %).
Weitere behinderungsrelevante Gesundheitsschädigungen konnten bei der BF nicht festgestellt werden.
Im Vordergrund des Gesamtleidenszustandes der BF steht die Versteifung des linken Handgelenkes mit einem Grad der Behinderung von 30 %. Der Grad der Behinderung wird durch die beiden weiteren, oben angeführten, Gesundheitsschädigungen nicht angehoben, da keine negative wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 von Hundert (vH).
2. Beweiswürdigung:
Der unter I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der Beschwerde, dem Vorlageantrag sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters (ZMR) und den Angaben der BF im verfahrenseinleitenden Antrag.
Das vom erkennenden Gericht eingeholte Sachverständigengutachten von XXXX vom 04.06.2018 ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Im vorliegenden Sachverständigengutachten wurde auf die Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen und wurden sie bezüglich des Grades der Behinderung entsprechend der anzuwendenden Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt und nachvollziehbar eingeschätzt.
Aus dem Sachverständigengutachten ergibt sich eindeutig, dass zwischen den Gesundheitsschädigungen keine negative Leidensbeeinflussung besteht. Daher kann dem nicht näher erläuterten Vorbringen der BF, dass eine wechselseitige Beeinflussung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen bestehe, nicht gefolgt werden. Zum Vorbringen der BF, dass der Gesamtgrad der Behinderung zu addieren sei, wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung unter Punkt II.3.2. verwiesen.
Insgesamt wurde durch das Sachverständigengutachten von XXXX daher ein Grad der Behinderung von 30 vH objektiviert.
Der Inhalt des Sachverständigengutachtens von XXXX wurde von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens. Es wird daher der gegenständlichen Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung [idgF]) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 leg. cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen. Abweichend davon beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 46 BBG zwölf Wochen.
Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung der BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 in der geltenden Fassung, angehören.
Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 idgF) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind gemäß § 2 der Einschätzungsverordnung als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist § 3 Abs. 2 der Einschätzungsverordnung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
In der vorliegenden Rechtssache wurde gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung eines medizinischen Sachverständigen der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt.
Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung erfolgt gemäß § 3 der Einschätzungsverordnung. Eine Addition der einzelnen Behinderungsgrade, wie in der Beschwerde und im Vorlageantrag seitens der BF vorgebracht wurde, hat nicht zu erfolgen. Im gegenständlichen Fall ergibt sich der Gesamtgrad der Behinderung aus der führenden Gesundheitsschädigung "Versteifung des linken Handgelenkes" mit 30%. Die weiteren Leiden der BF sind mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 10% außer Betracht zu lassen, da sie auch im Zusammenwirken keine Leidenserhöhung bewirken und somit keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursachen.
Insgesamt wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 30 vH objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097) ist.
Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Ausstellung des beantragten Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie spruchgemäß abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen war.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Die angewendeten Teile des Bundesbehindertengesetzes und der Einschätzungsverordnung sind - soweit im Beschwerdefall relevant - eindeutig. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:G303.2178473.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.02.2019