TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/25 99/02/0077

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Veröffentlicht am 25.06.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a Z1;
VStG §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des JB in A, vertreten durch Mag. Klaus Tusch, Dr. Günther Flatz und Dr. Ernst Dejaco, Rechtsanwälte in Feldkirch, Mühletorplatz 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 2. Februar 1999, Zl. 1-0926/98/K1, 1-0927/98/E7, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 1999 war der Beschwerdeführer für schuldig befunden worden, er habe am 17. Juni 1998, nachdem er sein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug von einem näher bezeichneten Gasthaus in Fahrtrichtung seines Wohnhauses gelenkt habe, um 00.20 Uhr vor seinem Wohnhaus in St. A. die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert, obwohl er dazu von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht aufgefordert worden sei und das angeführte Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 14.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt. Die mit dem angefochtenen Bescheid weiters verfügte Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheit Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung ist nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ging auf Grund der von ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung davon aus, der Beschwerdeführer habe, nachdem er im unmittelbaren Anschluß an die Fahrt vom angeführten Gasthaus in seine Garage eingefahren sei, vor dieser Garage im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle der vom Gendarmeriebeamten S. J. an ihn gerichteten Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattests dadurch nicht Folge geleistet, daß er mit den Worten "Und ich gang jetzt ga schießa" und trotz Belehrung, dies stelle eine Verweigerung des Alkomattests dar, unter Wiederholung dieses Satzes in sein Wohnhaus gegangen und während eines Zeitraumes von mindestens fünf Minuten nicht mehr von dort herausgekommen sei. In freier Beweiswürdigung folgte die belangte Behörde dabei den Angaben des einvernommenen Gendarmeriebeamten, der im Gegensatz zum Beschwerdeführer verneinte, er habe einem Ersuchen des Beschwerdeführers, vor Durchführung des Tests die Toilette aufsuchen zu dürfen, zugestimmt.

Soweit der Beschwerdeführer gelten macht, die Aussagen des einvernommenen Gendarmeriebeamten seien in sich widersprüchlich, weil dieser in der von ihm verfaßten Anzeige ausgeführt habe, der Beschwerdeführer habe vorgebracht, "er müsse aufs Klo", während der Beamte erst im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens die eingangs angeführten Worte des Beschwerdeführers ins Spiel gebracht habe, ist ihm entgegenzuhalten, daß eine Verpflichtung zur wörtlichen Wiedergabe von Beschuldigtenäußerungen in Anzeigen, die den Tatbestand des § 5 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 betreffen, dem Gesetz nicht entnommen werden kann. Daß aber der Sinn der beiden Äußerungen ident ist und daß darin kein Ersuchen, in der Richtung, es möge mit dem Alkomattest entsprechend zugewartet werden, erblickt werden kann, ist klar ersichtlich. Der vom Beschwerdeführer gezogene Schluß, auf Grund dieser unterschiedlichen Ausdrucksweise - der Beamte hat diese damit erklärt, er habe sich zunächst "nobel" ausdrücken wollen - ergebe sich, daß der Beschwerdeführer den Alkomattest nicht verweigert habe, ist somit nicht nachvollziehbar. Auch der ins Treffen geführte Umstand, daß der Beschwerdeführer an diesem Tag unter Durchfall gelitten habe, vermag für seinen Standpunkt nichts zu bringen.

Der Beschwerdeführer versucht auch aus dem Umstand, daß die eingeschrittenen Gendarmeriebeamten noch etwa fünf Minuten vor seinem Haus gewartet hätten, abzuleiten, daß diese selbst nicht von einer Beendigung der Amtshandlung und damit einer Verweigerung ausgegangen seien. Dem ist entgegenzuhalten, daß dieses Zuwarten der Beamten durchaus auch darauf zurückgeführt werden könnte, daß sie dem Beschwerdeführer etwa noch eine Bestätigung über die Abnahme des Führerscheines hätten übergeben wollen. Der belangten Behörde kann daher nicht Rechtswidrigkeit vorgeworfen werden, wenn sie aus diesem Verhalten der Gendarmeriebeamten nicht den Schluß gezogen hat, diese hätten die Amtshandlung noch nicht beendet. Keinesfalls konnte der Beschwerdeführer, wie er nunmehr in der Beschwerde geltend macht, davon ausgehen, er habe das Zuwarten der Beamten dahin deuten können, daß diese die Äußerung des Beschwerdeführers als Ersuchen aufgefaßt hätten und mit dem Aufsuchen des WCs noch vor Durchführung des Alkomattests einverstanden gewesen seien. Bei der das Vorliegen einer unbedingten Aufforderung bloß leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers kann der belangten Behörde im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden nachprüfenden Kontrolle nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe die Beweise in unschlüssiger Weise gewürdigt.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er habe sich in einer notstandsähnlichen Situation befunden, so ist ihm zu entgegnen, daß gemäß § 6 VStG eine Tat dann nicht strafbar ist, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist, wobei von einem Notstand im Sinne dieser Gesetzesstelle nur dann gesprochen werden kann, wenn eine schwere, die Lebensmöglichkeiten unmittelbar bedrohende Gefahr vorliegt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S 793 zitierte Judikatur). Daß eine solche Gefahr gegeben gewesen wäre, wird vom Beschwerdeführer selbst nicht behauptet. Darüber hinaus sind die Straßenaufsichtorgane nicht verpflichtet, dem zur Vornahme der Atemluftuntersuchung Aufgeforderten zunächst die Gelegenheit zur Verrichtung der Notdurft im WC seines eigenen Hauses einzuräumen, hätte sich doch dadurch einerseits dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur allfälligen Verschleierung des Sachverhaltes durch Tätigung eines Nachtrunkes geboten und wurden nach den von der belangten Behörde als glaubhaft erachteten Aussagen der einschreitenden Gendarmeriebeamten vom Beschwerdeführer keine Umstände geltend gemacht, welche die Fahrt zum Gendarmerieposten und die Verrichtung der Notdurft am dortigen WC für den Beschwerdeführer unzumutbar hätten erscheinen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1993, Zl. 92/03/0260).

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe die Atemluftuntersuchung nicht konkludent verweigert, ist er auf die hg. Judikatur zu verweisen, derzufolge das Weggehen oder das Verlassen eines Raumes nach erfolgter Aufforderung zur Durchführung des Alkomattests als Verweigerung der Atemluftprobe gewertet werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. März 1974, Zl. 361/73, und vom 2. Juli 1982, Zl. 02/1327/80). Das Weggehen des Beschwerdeführers verhinderte auch eine förmliche Erklärung gegenüber dem Beschwerdeführer über die Beendigung der Amtshandlung, woraus aber entgegen seiner Ansicht nicht darauf geschlossen werden kann, die Amtshandlung sei auch etwa sieben Stunden später, als der Beschwerdeführer über neuerliche Aufforderung am Gendarmerieposten S. einen Alkomattest durchführte, noch nicht abgeschlossen gewesen.

Die vom Beschwerdeführer eingewendeten Widersprüche in den Aussagen des Gendarmeriebeamte S. J. hinsichtlich der Angaben des Beschwerdeführers über seinen Alkoholkonsum sind nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen hinsichtlich der sonstigen Vorgänge im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Vornahme des Alkomattests in Zweifel zu ziehen. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer in der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung selbst nicht abgestritten hat, Alkohol konsumiert zu haben.

Daß die belangte Behörde keine gesonderte Feststellung darüber getroffen hat, daß der Beschwerdeführer zur Vornahme der Atemluftuntersuchung auf dem Gendarmerieposten Sch. aufgefordert worden sei, vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu bewirken.

Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Juni 1999

Schlagworte

Alkotest Verweigerung Alkotest Zeitpunkt Ort Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Nachtrunk Verfahrensrecht Notstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999020077.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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