TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/24 W133 2152764-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W133 2152764-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 09.03.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 08.11.2016 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) und legte medizinische Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten ein. In diesem Gutachten vom 09.03.2017 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

GdB %

1

mittelgradige Funktionseinschränkung Schultergelenk beidseits fixer Rahmensatz

02.06.04

30

2

Achillodynie, Abnützungserscheinung unteres Sprunggelenk links, g. Z. oberer Rahmensatz bei bestehenden Schmerzen

02.05.41

30

3

Diabetes mellitus mittlerer Rahmensatz bei Auslangen mit einer oralen Monotherapie

09.02.01

20

4

Funktionseinschränkung Hüftgelenk rechts unterer Rahmensatz bei Schmerzen, ohne Einschränkung des Bewegungsumfanges, ohne wesentliche radiologische Veränderungen

02.05.07

10

5

Bluthochdruck fixer Rahmensatz

05.01.01

10

6

Hauterkrankung fixer Rahmensatz

01.01.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, Leiden 1 werde durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht. Es bestünden wesentliche wechselseitige negative Leidensbeeinflussungen. Die übrigen Leiden wiesen keine wesentlichen wechselseitigen negativen Leidensbeeinflussungen auf.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 09.03.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da er mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 40 v.H. betrage. Das Gutachten wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.03.2017 fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führt er aus, im Gutachten sei nicht berücksichtigt worden, dass seine massive Bewegungseinschränkung einen geregelten Tagesablauf nicht zulasse (große Schmerzen im linken Fuß sowie im rechten Hüftgelenk - Bandscheiben - Wirbelsäule - Schultern). Aufgrund dieser Leiden sei sein Gesamtgrad der Behinderung mindestens 50%. Der Beschwerde legte er einen orthopädischen Befund vom 22.04.2013 und vom 11.10.2016 sowie zwei Befunde eines Diagnosezentrums vom 15.09.2016 und vom 18.11.2016 bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Er brachte am 08.11.2016 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Bei dem Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) mittelgradige Funktionseinschränkung der Schultergelenke beidseits;

2) Achillodynie, Abnützungserscheinung unteres Sprunggelenk links, bei bestehenden Schmerzen;

3) Diabetes mellitus, bei Auslangen mit einer oralen Monotherapie;

4) Funktionseinschränkung Hüftgelenk rechts, bei Schmerzen, jedoch ohne Einschränkung des Bewegungsumfanges, ohne wesentliche radiologische Veränderungen;

5) Bluthochdruck;

6) Hauterkrankung.

Leiden 1 wird durch Leiden 2 um eine Stufe erhöht, da zwischen diesen beiden Leiden wesentliche wechselseitige negative Leidensbeeinflussungen bestehen. Die übrigen Leiden weisen keine wesentlichen wechselseitigen negativen Leidensbeeinflussungen auf.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 40 v. H.

Hinsichtlich der bei dem Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 09.03.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebrachten Schmerzen aufgrund der bestehenden Funktionseinschränkungen wurden im Gutachten durch die vorgenommene medizinische Beurteilung korrekt berücksichtigt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden Ausführungen verwiesen.

Unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden medizinischen Befunde und der Untersuchungsergebnisse im Gutachten ist eine höhere Einschätzung der festgestellten Leidenszustände zum Entscheidungszeitpunkt nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Kopie der Meldebestätigung und seinen eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass er seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 09.03.2017. In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen persönlicher Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.

Führendes Leiden des Beschwerdeführers ist die mittelgradige Funktionseinschränkung beider Schultergelenke. Dieses wurde von dem Sachverständigen unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung erhobenen vorliegenden eingeschränkten Beweglichkeit korrekt der Positionsnummer 02.06.04 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet, welche Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke mittleren Grades betrifft. Diesbezüglich wurde im Gutachten folgender Status der oberen Extremitäten erhoben:

"Obere Extremitäten: Linksdominanz, Schulterschiefstand + 1 cm auf der rechten Seite, der Muskelmantel mäßig kräftig symmetrisch ausgeprägt, Atrophie der Supraspinatusmuskulatur bds., ein Schürzen¬Nackengriff wird anfänglich nicht durchgeführt, hierbei keine erkennbare Flexion in beiden Ellenbogengelenken, nach Anweisung in den Ellenbogen abzubiegen, gelingt ein Berühren des Nackens bds., ein aktives Heben der Arme wird bis 80° demonstriert, das passive Heben bis 110° möglich, dann Schmerzangabe, Rotation seitengleich eingeschränkt, die Ellenbogen- und Handgelenke altersentsprechend beweglich, Faustschluss bds. vollständig und kräftig, Daumenopposition bis zum Kleinfinger möglich."

Aus dem Untersuchungsergebnis im Gutachten ergibt sich somit eine mittelgradige Funktionseinschränkung entsprechend der getroffenen Einschätzung mit einem fixen Richtsatz von 30%.

Auch das Leiden Nr. 2 wurde korrekt als gleichzuhaltender Zustand dem oberen Rahmensatz der Positionsnummer 02.05.41 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, welche ausgeprägte Funktionsbehinderungen im Bereich der Ferse betrifft, zugeordnet. Der Sachverständige begründete die Einstufung im oberen Rahmensatz dieser Positionsnummer nachvollziehbar mit den bestehenden Schmerzen aufgrund der Achillessehnenentzündung und der Abnützungserscheinungen im linken unteren Sprunggelenk. Aus den Untersuchungsergebnissen und den vorliegenden Befunden ergeben sich auch keine Hinweise auf höhere funktionelle Auswirkungen als eingeschätzt. Die von dem Gutachter gewählte Einstufung erweist sich auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes betreffend den Bewegungsapparat als nachvollziehbar und richtig.

Letzteres gilt auch für Leiden 3. Es ist unter Berücksichtigung des Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde nachvollziehbar und richtig, dass der Sachverständige bei der Beurteilung der Diabetes-mellitus-Erkrankung aufgrund des Erfordernisses einer oralen Monotherapie ohne Insulinpflicht eine Zuordnung zum mittleren Rahmensatz der Positionsnummer 09.02.01.der Anlage zur Einschätzungsverordnung vorgenommen hat.

Unter Leiden Nr. 4 berücksichtigte der Sachverständige auch die Funktionseinschränkung im rechten Hüftgelenk bei bestehenden Schmerzen, jedoch ohne Einschränkung des Bewegungsumfanges und ohne wesentliche radiologische Veränderungen. Aufgrund der im Rahmen der Untersuchung erhobenen guten Beweglichkeit beider Hüftgelenke erweist sich auch in Bezug auf diesen Leidenszustand die Zuordnung zum unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.05.07 der Anlage zur Einschätzungsverordnung als nachvollziehbar und richtig. Dies wird auch durch die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunde des Diagnose-Ambulatoriums vom 18.11.2016 und vom 15.09.2016 bestätigt, worin für den Bereich der Hüfte keine nachweisbare relevante Coxarthrose (Befund vom 15.09.2016) und lediglich eine mäßige Coxarthrose rechts (Befund vom 18.11.2016) sowie ein sonst altersentsprechender Befund dokumentiert wurden.

Auch die Leiden Nrn. 5 und 6 wurden nach dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkung vollständig und richtig eingestuft. Die Beurteilung dieser Leidenszustände wurde nicht bestritten.

Dass der Gutachter die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden. Die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers wurden umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander nachvollziehbar und richtig berücksichtigt.

Das unsubstantiierte Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde ist somit nicht geeignet, das vorliegende fachärztliche Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten im Rahmen der Beschwerde auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 09.03.2017. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

....

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vollständige, schlüssige und widerspruchsfreie allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 09.03.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 v. H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden in dem Gutachten auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen detaillierten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde erhobenen unsubstantiierten Einwendungen nicht geeignet, das vorliegende aktuelle Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 40 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf nochmals hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 Bundesbehindertengesetz eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W133.2152764.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten