TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/13 W201 2169938-1

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Veröffentlicht am 13.11.2018
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Entscheidungsdatum

13.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1a

Spruch

W201 2169938-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.04.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die beschwerdeführende Partei führt laut eigenen Angaben den im Spruch genannten Namen, ist Staatsangehöriger Afghanistans, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an, ist muslimisch-sunnitischen Glaubens, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er habe Afghanistan verlassen, da sein Vater als Lehrer gearbeitet habe und die Taliban dessen weitere Tätigkeit hätten verhindern wollen. Sein Vater sei von den Taliban mit einem Gewehr an Hand und Fuß verletzt worden. Daher sei der Beschwerdeführer mit seinem Onkel vor 7 Jahren nach Pakistan geflüchtet. Auch dort sei er von den Taliban verfolgt worden, daher sei er nach Österreich geflüchtet.

3. Im Rahmen der niederschriftlichen Befragung am 03.08.2017 vor dem BFA gab der Beschwerdeführer dieselben Fluchtgründe an, wie bei seiner Erstbefragung. Korrigierend gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er verheiratet sei und dass er ca 15 Jahre in Pakistan gelebt habe. Die Fluchtgründe hielt er aufrecht.

Er gehöre der Volksgruppe der Paschtunen an, sei muslimisch-sunnitischen Glaubens und spreche Paschtu. Er sei am XXXX in XXXX (Provinz), XXXX (Distrikt), XXXX (Dorf) geboren, afghanischer Staatsbürger.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Gemäß § 55 Abs 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V), weiters wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs 1 Z 2 BVA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.)

In der Begründung stellte die belangte Behörde die Staatsangehörigkeit mit Herkunft aus der Provinz XXXX , Muttersprache Pashtu, die Volkszugehörigkeit und die Zugehörigkeit zum muslimischen Glauben, sowie die schlepperunterstützte Einreise fest. Die Identität des Beschwerdeführers stehe jedoch nicht fest.

Festgestellt wurde weiters, dass der Beschwerdeführer volljährig, gesund und kinderlos ist. Dass er verheiratet ist konnte nicht festgestellt werden.

Es sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer einer Gefahr der Taliban oder persönlicher Verfolgung in seinem Heimatland ausgesetzt sei. Im Falle einer Rückkehr sei er keiner Gefährdung durch den Staat ausgesetzt.

Die Sicherheitslage in Kabul oder Mazar-e-Sharif sei relativ sicher. In sein Heimatdorf sei eine Rückkehr nicht möglich.

Als Grund für die Erlassung eines Einreiseverbotes wurde auf die rk Verurteilung wegen § 27 Abs 2 a SMG in Anwendung 28 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten vom 05.07.2017 verwiesen.

Rechtlich führte das Bundesamt zu Spruchpunkt I. aus, der Beschwerdeführer habe keine Verfolgung und keine wohl begründete Furcht vor einer Verfolgung im Sinne der GFK vorgebracht.

Zu Spruchpunkt II. wurde angeführt, dass auch nicht anzunehmen sei, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung oder realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder Prot. 6 oder 13 zur Konvention ausgesetzt sein werde.

Spruchpunkt III. begründete die belangte Behörde damit, dass aufgrund der kurzen Dauer des Aufenthaltes, seiner Straffälligkeit und seiner privaten Situation nicht von einer nachhaltigen Integration ausgegangen werden könne.

Zu Spruchpunkt IV. führte die belangte Behörde aus, dass die Gesamtbeurteilung der Lebensumstände und der familiären und privaten Anknüpfungspunkte ergeben habe, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der angeführten Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom Beschwerdeführer ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

Spruchpunkt V. und VI wurden dahingehend begründet, dass von einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen sei, wenn die aufschiebende Wirkung aberkannt werde. Diese wurde unter Spruchpunkt VI. mit § 18 Abs 1 Z 2 (Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung) begründet.

5. Im Rahmen der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 28.08.2017 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die innerstaatliche Fluchtalternative nicht ausreichend begründet und nicht zumutbar sei. Dem Beschwerdeführer würden persönliche Kontakte und alle Überlebensvoraussetzungen fehlen. Es sei auf folgendes nicht eingegangen worden: Gefährdung von Personen, die für die Regierung arbeiten, Situation von westlich gesinnten Rückkehrern, mangelhafte Schutzfähigkeit und -willigkeit der afghanischen Sicherheitsbehörden.

Die Röntgenbilder des Vaters, die im Original vorhanden seien, wurden vorgelegt und als Beweismittel angeboten.

Der Beschwerdeführer werde aufgrund der unterstellten politischen Gesinnung, abgeleitet von jener des Vaters, von den Taliban verfolgt. Aufgrund der Sippenhaftung wäre nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer mit gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen rechnen müsse.

Dem Beschwerdeführer stehe keine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Es hätte ihm daher zumindest der Status des subsidiär Schutzberechtigten erteilt werden müssen. Der Beschwerdeführer stelle auch keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Es wäre daher ein Aufenthaltstitel gemäß Art. 8 EMRK zu erteilen gewesen.

Das Einreiseverbot sei rechtswidrig. Es sei zu hoch bemessen und es sei auch auf die Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsland Bedacht zu nehmen. Auch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei rechtswidrig.

Es wurden die Anträge gestellt, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, festzustellen, dass die Abschiebung nach Afghanistan auf Dauer unzulässig sei, in eventu den Bescheid zu beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

6. Mit Beschluss W201 2169938-1/2Z wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

7. Mit Schreiben vom 14.02.2018 wurde der Beschwerdeführer zur anberaumten mündlichen Verhandlung geladen und ihm folgende Informationen zugestellt:

-

AFGH LIB Staatendoku (Stand 30.01.2018)

-

GA Aktualisierung Mahringer (15.05.2017)

-

GA Mahringer (BVwG-KammerA)

8. Am 15.04.2018 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BVwG unter Beiziehung eines länderkundigen Sachverständigen statt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer Folgendes an:

"VR befragt den BF, ob bei ihm (chronische) Krankheiten und/oder Leiden vorliegen, er regelmäßig Medikamente nimmt, sich in medizinischer Behandlung befindet und psychisch und physisch in der Lage ist, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen, bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen.

BF: Ja. Es geht mir ganz gut.

R: Halten Sie die Beschwerdepunkte vollständig aufrecht?

BF: Ja.

VR: Verzichten Sie auf die Verlesung des Verwaltungsaktes?

BF: Ja.

R: Wie geht es Ihnen heute? Sind Sie gesund? Stehen Sie in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie regelmäßig Medikamente?

BF: Ich bin gesund.

R: Wie schaut es mit Ihrem Suchtproblem aus?

BF: Ich habe mit der Sucht aufgehört.

R: Sie nehmen seit wann keine Drogen mehr?

BF: Seit drei oder vier Wochen. Ich habe eine Therapie bekommen. Ich wollte selbst diese Therapie haben. Ich habe auch unterschrieben, dass ich will. Am 05. Mai habe ich einen Termin. Diesen Termin nehme ich wahr.

R: Sie haben schon wieder eine Anzeige wegen Suchtmittelhandel.

BF: Ich habe niemals Drogen verkauft.

R: Vom 01.05.2017 bis 01.10.2017 - haben Sie laut einem Bericht der Landespolizeidirektion Vorarlberg Drogen verkauft.

BF: Ich habe am 01.05.2017 zwei Gramm Haschisch gehabt. Sie haben es ausfindig gemacht. Ich leide unter Stress. Ich bin alleine. Meine Frau macht mir Vorwürfe, dass sie alleine ist. ich wollte mich durch Haschisch beruhigen. Ich war betrunken. Ich weiß nicht, wie mich die Polizisten festgenommen haben. Ich habe sehr viele Sachen vergessen.

R: Ist da bereits eine Gerichtsverhandlung anberaumt worden auf Grund dieser Anzeige?

BF: Ja.

R: Wann soll diese stattfinden?

BF: Diese ist schon beendet worden.

R: Sind Sie da verurteilt worden?

BF: Ja. Zwei bis zweieinhalb Monate war ich wegen zwei Gramm Haschisch im Gefängnis. Ich nehme sehr starke Medikamente (Trittico, Quetiapin Sandoz,400mg Retardtabletten).

R: Sie haben auf der Haut Unregelmäßigkeiten?

BF: Der Arzt sagte, wenn man Depressionen hat, bekommt man so etwas. Dafür habe ich eine Creme bekommen. Ich will, dass das operiert wird.

R: Haben Sie im Rahmen der Erstbefragungen und der weiteren Befragungen die Wahrheit gesagt?

BF: Zwei bis drei Dinge stimmen nicht. Ich habe keine Schwester. Als ich zuerst nach Österreich gekommen bin, bin ich auch einmal nach Afghanistan gegangen.

BFV: Im Bescheid S 7 ist seine Schwester erwähnt.

R: In der NS vom 08.03.2017 ist diese ausdrücklich angeführt. Wieso haben Sie das angegeben?

SV: Er hat einen Namen und das Alter der Schwester angegeben.

BF: Ich habe den Namen meiner Ehefrau angegeben, aber sie heißt Hajra.

R: Bathgullah ist als Name der Schwester im Protokoll angenommen.

BF: Ich habe eine Tante. Sie ist Witwe. Ich habe keine Schwester.

R: Diese Tante heißt Bathgullah?

BF: Sie heißt Fatol.

R: Wie kommen Sie dann auf den anderen Namen?

BF: Ich weiß es nicht. Dadurch habe ich auch einen negativen Bescheid bekommen.

R: Wurden Ihnen die Niederschriften rückübersetzt im Rahmen der Erstbefragung? Hatten Sie Probleme bei den Protokollen?

BF: Ich habe es vergessen.

R: Verstehen Sie den Dolmetsch gut?

BF: Ja.

R: Wie heißen Sie?

BF: XXXX .

R: Wer ist er wirklich? Können Sie das sagen?

BFV: Ich habe ihn gestern das erste Mal gesehen.

BF: Ich habe bei der 1. Befragung nicht verstanden, was sie mit meinem Nachnamen meinen. Ich habe nicht gewusst, ob sie den Namen meiner Mutter meinten.

R: Sie haben einen Facebook-Namen.

BF: Hamid XXXX .

R: Was hat es mit diesem Namen auf sich?

BF: XXXX heiße ich selbst. XXXX geht auf einen Stamm zurück. XXXX ist ein Teil dieses Stammes.

R: Wie alt sind Sie?

BF: 21 Jahre.

R: Haben Sie Identitätsdokumente aus Ihrem Herkunftsland, die Ihre Identität bestätigen?

BF: Nein. Ich habe in Afghanistan ein eigenes Haus und eigene Grundstücke. In Afghanistan habe ich Identitätsdokumente.

SV: Was haben Sie in Afghanistan?

BF: Tazkira. Vom Grundstück den Grundbuchsauszug.

R: Wo haben Sie das Grundstück?

BF: XXXX .

SV: Wo XXXX ?

BF: Im Dorf XXXX .

SV: Wo haben Sie die Tazkira bekommen?

BF: In XXXX .

SV: Wie alt waren Sie, als Sie das bekommen haben?

BF: Ungefähr 17 Jahre.

SV: Was ist XXXX ?

BF: Ein Dorf.

SV: Gibt es dort eine Behörde?

BF: Früher hat es eine solche nicht gegeben, jetzt gibt es eine. Aber die Taliban sind auch dort. Neben XXXX liegt XXXX , wo die Amerikaner auch nicht hingehen können.

R: Nennen Sie Ihren heutigen Familienstand und den Familienstand, den Sie zum Zeitpunkt der Ausreise aus Afghanistan hatten?

BF: Mit fünf Jahren habe ich Afghanistan verlassen. Ich bin verheiratet.

R: Seit wann sind Sie verheiratet?

BF: Seit vier Jahren ca.

R: Woher haben Sie Ihre Frau?

BF: Sie lebt in Pakistan. Ich war dort verheiratet. Sie kommt auch aus XXXX , aus einem Dorf namens XXXX .

R: Wie haben Sie sie kennengelernt?

BF: Ich habe vom Onkel mütterlicherseits diese Frau geheiratet.

R: Ist diese Frau mit dem Onkel mütterlicherseits verwandt?

BF: Sie sind weitschichtige Verwandte mütterlicherseits.

R: Woher kommt Ihr Nachname?

BF: XXXX ist mein Stamm. XXXX kommt von XXXX . Deswegen steht es so in Facebook.

R: Welchen Nachnamen hat Ihr Vater?

BF: XXXX .

SV: Hat er einen anderen Nachnamen auch?

BF: In der Tazkira steht ein anderer Nachname. Mein Vater ist gebildet.

SV: In der Tazkira hat Ihr Vater keinen Nachnamen.

BF: Es steht sein Nachname in der Tazkira.

D bestätigt nach Einsicht in die Tazkira dass kein Nachname des Vaters vorkommt.

SV: Einen Nachnamen gibt es nicht.

BF: XXXX bin ich vom Stamm. Ich habe psychische Probleme bekommen. Ich weiß nicht, was es früher alles gegeben hat.

R: Sie haben aber selbst diese Dokumente vorgelegt. Haben Sie diese nicht gelesen?

BF: Ich habe es nicht gesehen. Ich kann Paschtu nicht lesen.

R: Was ist der Beruf und die Ausbildung Ihres Vaters?

BF: Er war Chefdirektor von einer Schule. Die Schule heißt XXXX Schule in XXXX .

SV: Welche Ausbildung hatte Ihr Vater?

BF: Mein Vater hat in Afghanistan seine Ausbildung absolviert. Ich bin in Pakistan in die Schule gegangen.

SV: Um Lehrer zu werden, braucht man eine gewisse Ausbildung. Welche Ausbildung muss Ihr Vater gemacht haben?

BF: Ich kann von meinem Onkel mütterlicherseits diese Papiere holen.

SV: Was hat Ihr Vater alles gearbeitet, außer als Lehrer und als Direktor?

BF: Sonst nichts.

SV: Was hat Ihr Vater alles gemacht?

BF: Ich habe nur für eine Woche in Afghanistan gelebt. Dann bin ich zurück nach Pakistan geflüchtet über Torkham.

SV: Warum sind Sie nach Afghanistan gegangen? Warum sind Sie dorthin gegangen?

BF: Ich wollte meine Ehefrau zurück nach Afghanistan in mein Dorf bringen. Ich wollte zuvor mein Haus wiederaufbauen. Ich habe Holz dorthin gebracht. Die Taliban haben mitbekommen, dass ich jetzt hier bin. Die Taliban haben mein Haus verbrannt. Meine Nachbarn und Verwandten haben mich dann nach XXXX gebracht.

SV: Wo haben Sie dann diese Tazkira bekommen, in welchem Zeitraum?

BF: Der Dorfvorsteher kennt mich. Mein Vater ist dort eine bekannte Person. Fast jeder hat Respekt gegenüber meinem Vater.

SV: Bei wem haben Sie diesen Personalausweis bekommen?

BF: Vom Dorfvorsteher. Der Malek (= der Dorfvorsteher) hat mir diese Tazkira gebracht.

SV: Die Behörden geben Tazkiras aus und nicht der Malek.

BF: Ich bin mit dem Dorfvorsteher gegangen. Er hat dann diese Tazkira für mich erledigt.

SV: Wo hat der Malek die Tazkira bekommen, in welcher Behörde, in welchem Amt?

BF: In diesem Dorf in XXXX , dorthin ist der Malek gegangen. Im Registerbuch sind meine Vorfahren schon verankert. Dadurch habe ich diese Tazkira bekommen.

SV: Gibt es in der Familie, Personen, die medizinische Dienste geleistet haben?

BF: Nein.

BFV: Warum stellen Sie die Frage?

SV: Das werde ich in meinem Gutachten beantworten.

R: Sagen Sie die Wahrheit. Das geht sonst gegen Sie aus.

BF: Ich habe mein ganzes Leben in Pakistan verbracht. Ich habe nur eine Woche in Afghanistan gelebt.

R: Wo haben Sie, wie Sie in Afghanistan aufhältig waren, gewohnt?

BF: Zweimal bin ich zu meinem Dorf gegangen. Sonst habe ich in XXXX in der Stadt bei meinem Onkel mütterlicherseits gelebt.

R: Ich möchte ganz genau wissen: Name und Alter des Vaters?

BF: XXXX . Ungefähr 40, 45 Jahre alt. Ich weiß nicht ganz genau, wie alt er ist. ich selbst weiß nicht, wie alt ich bin.

R: Wo lebt Ihr Vater derzeit?

BF: Jetzt weiß ich es nicht. Er ist verschwunden. Er hat in Afghanistan gelebt, jetzt weiß ich es nicht. Ich weiß nicht, wo er jetzt lebt.

R: Seit wann hat Ihr Vater in Afghanistan gelebt? Ist er jemals nach Pakistan gekommen?

BF: Einmal ist er zu meiner Hochzeit nach Pakistan gekommen. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.

R: Wie Sie mit Ihrer Mutter und mit Ihren Geschwistern in Pakistan gelebt haben, ist da Ihr Vater auf Besuch gekommen?

BF: Ich habe keine Schwester.

R: Geschwister.

BF: Einmal ist er zu meiner Hochzeit gekommen. Ich habe ihn sonst niemals gesehen. Zwei Brüder sind jetzt in die Türkei gekommen (13 oder 14 Jahre, 19 oder 20 Jahre alt).

R: Wie viele Geschwister haben Sie, offensichtlich nur Brüder.

BF: Vier Brüder.

R: Können Sie das Alter und den Namen bitte angeben?

BF: XXXX . Ich weiß nicht, wie alt sie sind. Drei sind jünger. Einer ist 19 oder 20 Jahre alt.

R: Die drei sind jünger als der 19 oder 20jährige?

BF: Ja.

R: Wie heißt Ihre Mutter?

BF: XXXX .

R: Wo lebt Ihre Mutter derzeit?

BF: Sie ist gestorben.

R: Wann?

BF: Bei der Geburt meines jüngeren Bruders ist sie gestorben.

R: Ist Ihre Mutter durchgängig in Pakistan wohnhaft gewesen oder ist sie dazwischen nach Afghanistan gereist?

BF: Manchmal ist sie nach Afghanistan gereist.

R: Wie lange hat sie sich dort aufgehalten?

BF: Für eine Woche. Manchmal eine Woche und manchmal zehn Tage hat sie sich dort aufgehalten.

R: Wo hat sie sich dort aufgehalten?

BF: In XXXX und in XXXX .

R: Hat sie sich dort mit Ihrem Vater getroffen?

BF: Ja. Sie hat immer betont, dass wir unsere Schule beenden müssen.

R: Aus welchem Ort in Afghanistan kommen Sie genau?

BF: XXXX , Distrikt: XXXX , Dorf: XXXX .

R: Können Sie lesen und schreiben?

BF: In Paschtu nicht. In Urdu, der pakistanischen Sprache, kann ich das. Ich kann auch schreiben und lesen.

R: Nennen Sie Ihre Staatsangehörigkeit?

BF: Afghanistan.

R: Welcher Konfession gehören Sie an?

BF: Ich bin Sunnite.

R: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?

BF: Paschtune.

R: Hatten Sie wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder wegen Ihrer religiösen Überzeugung Probleme in Afghanistan?

BF: Nein.

R: Hatte Ihre Familie wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder wegen Ihrer religiösen Überzeugung Probleme in Afghanistan?

BF: Nein.

R: Warum ist die Familie dann aus Afghanistan nach Pakistan gegangen?

BF: Die Taliban haben mir gesagt, dass mein Vater Direktor einer Schule ist, wo 1.200 Schülerinnen in die Schule gehen. Das spricht gegen das Sharia-Gesetz. Zuerst haben die Taliban meinem Vater Briefe geschickt. Einmal haben sie auf ihn geschossen. Gott sei Dank wurde er nicht getroffen.

R: Er wurde bei diesem Attentat nicht verletzt?

BF: Ja. Doch. Schon. Er war verletzt. Mit 30 Patronen wurde er verletzt.

R: Wann hatten Sie mit den Taliban Kontakt?

BF: Damals war ich sehr klein, als die Taliban mit meinem Vater Kontakt gehabt haben.

R: Können Sie sich an das erinnern?

BF: Ich war fünf Jahre alt. Jetzt bin ich 21 Jahre alt.

R: Wieso ist Ihr Vater in Afghanistan geblieben?

BF: Er ist nach Pakistan auch gekommen. Er hat an einer geheimen Stelle in Pakistan gelebt. Früher ist er schon gekommen. Ja. Dann ist er zu meiner Hochzeit gekommen und danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.

R: Wann war diese Hochzeit?

BF: Ungefähr vor vier Jahren. Gemeint ist, dass ich ihn vor vier Jahren gesehen habe, danach nicht mehr.

R: Hatten Sie in irgendeiner Art und Weise Kontakt mit Ihrem Vater danach?

BF: Mein Onkel mütterlicherseits hat mit ihm Kontakt gehabt, er erzählte, wie es ihm geht und wo er lebt. Mein Onkel mütterlicherseits sagt, dass er nicht weiß, wo mein Vater lebt.

R: Wovon haben Sie denn gelebt in Pakistan und wovon haben Sie dann Ihre Flucht nach Österreich finanziert?

BF: In Pakistan bin ich in die Schule gegangen. Am Abend habe ich bei meinem Onkel mütterlicherseits Auto gewaschen, von den habe ich gelebt. Die Reise nach Österreich hat mein Onkel mütterlicherseits bezahlt. Bis heute unterstützt finanziell mein Onkel mütterlicherseits meine Familie. In Pakistan machen die Polizisten den Flüchtlingen sehr viele Probleme.

R: Sie haben über Ihre Reisekosten in der Einvernahme am 03.08.2017 angegeben, dass Sie das Geld zu einem Teil von Ihrem Onkel und zu einem anderen Teil von Ihrem Vater erhalten haben.

BF: Mein Vater hat auch wenig, nicht so viel, gegeben.

R: Wie war das möglich, wenn er nicht erreichbar ist, dass er Kenntnis davon erlangt hat, dass Sie Geld benötigen?

BF: Wir haben keinen Kontakt mit denen gehabt, aber mein Onkel mütterlicherseits schon, er hat schon nachgefragt.

SV: Wie heißt der Dorfvorsteher?

BF: XXXX . Ich weiß nicht, wer jetzt dort der Dorfvorsteher ist.

SV: Wann ist Ihr Vater seitens der Taliban angeschossen worden?

BF: Ich war damals fünf Jahre alt.

SV: 2002?

BF: Ja.

SV: Aber in einem Brief, den Sie vorgelegt haben, steht, dass Ihr Vater am 07.06.1392 (= 29. August 2013) von den Taliban angeschossen wurde.

BF: Ich war damals fünf Jahre alt. Diese Dokumente, die ich bekommen habe, habe ich "blind" genommen und hergegeben. Ich habe diese Dokumente vom Onkel mütterlicherseits bekommen.

D sieht sich die Unterlagen an.

D: Aus einem der Dokumente, die der BF der Behörde vorgelegt hat, geht folgendes hervor: "Sehr geehrter! Wie gesagt, XXXX , Sohn von XXXX , Bewohner vom Distrikt XXXX , war Lehrer. Er ist von den Taliban am 07.06.1392 (=29. August 2013) angeschossen worden. ..... In XXXX . Er ist an einer Hand behindert.

SV: Aus einem weiteren vorgelegten Dokument betreffend den Vater des BF bei welchem es sich um einen Laborbefund handelt. Darauf steht der Name des Patienten: Dr. XXXX .

BF: Wir nennen den Präsidenten Ashraf Ghani auch Doktor, obwohl er kein Doktor ist.

SV: Ashraf Ghani ist Doktor der Ethnologie.

BF: Dr. Abdullah Abdullah wird auch Doktor genannt. Er ist auch kein Doktor.

SV: Er ist auch Arzt.

BF: Mein Vater ist nicht Doktor."

Der länderkundige SV gab zu den folgenden Fragen eine Stellungnahme ab:

"1.) Bitte erstellen Sie Befund und GA zur Frage, ob auf Grund des bisherigen Vorbringens des BF zu dessen Herkunft aus Afghanistan, dessen Volksgruppenzugehörigkeit und dessen Angaben zum Wohnort diese der afghanischen Realität entsprechen.

2.) Bitte erstellen Sie Befund und GA zu den vom BF vorgelegten Dokumentenkonvolut (AS 111 bis AS 131). Finden die Angaben des BF zu seinem Vater und den Fluchtgründen in diesen Dokumenten Ihre Bestätigung?

3.) Entsprechen die Angaben des BF bezüglich seinem Vater der afghanischen Realität?

4.) Welche Aussagen können den vorgelegten Dokumenten (AS 111 bis AS 131) tatsächlich entnommen werden?

Zu 1.)

SV: Die Angaben des BF zu seiner Ethnie stimmen mit der Tatsache überein, dass er Paschtu spricht und dieser Paschtu-Dialekt, welchen der BF spricht, hauptsächlich in Pakistan gesprochen wird. Betreffend seine Herkunft hat das BFA festgestellt, dass er afghanischer Staatsbürger ist. Ich möchte nicht dem BFA widersprechen. Die vom BF genannte Provinz, XXXX , Distrikt: XXXX und das Dorf existieren in der Provinz XXXX in Afghanistan. Ob der BF tatsächlich von dort stammt, kann ich nicht feststellen, da der BF, wie er angibt, von seinem 5. Lebensjahr an, nicht mehr in Afghanistan anwesend war, ausgenommen ca. eine Woche, in der er sich in Afghanistan, nach seinen Angaben, aufgehalten hat. Auf Grund seiner widersprüchlichen Angaben kann ich seine Herkunft aus XXXX nicht bestätigen.

Zu 2.)

Betreffend die Dokumente, die der BF in Österreich der Behörde vorgelegt hat, möchte ich folgendes ausführen:

1.) Der BF hat einen Laborbefund des Labors Digital X-Ray Clinic, Computerized Radio Graphy) in Jalalabad betreffend seinen Vater vorgelegt (Dokument Nummer 1).

In dem Befund wird dem Namen seines Vaters auch ein Doktortitel

beigefügt. Dieser Satz lautet: Patient Name (=in englisch), Doktor

XXXX (=Paschtu). In der heutigen Verhandlung hat der BF definitiv

verneint, dass sein Vater einen Doktortitel getragen hätte. Außerdem gibt es in Afghanistan wie in Österreich den Titel Doktor auch für sozialwissenschaftlichen und nicht medizinische Berufe. Daher muss dieser Laborbefund einer anderen Person gehören und nicht dem Vater des BF.

2.) Der BF gibt an, dass er 5 Jahre alt war, als sein Vater von den Taliban angeschossen und verletzt wurde. Ca. 2002 war der BF nach meiner Berechnung 5 Jahre alt. Aber aus einem (Dokument Nummer 2) geht hervor, dass sein Vater am 07.06.1392 (= 29.August 2013) verletzt wurde. Zu dieser Zeit war der BF ca. 16/17 Jahre alt und er müsste schon wissen, wann genau sein Vater von den Taliban angeschossen worden war.

3.) Der BF gibt an, dass sein Vater nur unter dem Namen XXXX bekannt gewesen ist und er hätte keinen anderen Nachnamen. Der BF hat ein Dokument vorgelegt (Ministerium für Soziales, Invalide und Versehrte). In diesem Dokument kommt ein Name, ähnlich wie der Name des Vaters vor, nämlich XXXX . Hier heißt XXXX mit Nachnamen XXXX . Daher dürfte auch dieses Dokument nicht dem Vater des BF gehören, sondern einer anderen Person, da der BF wiederholt angegeben hat, dass sein Vater keinen anderen Nachnamen hat, als seinen eigenen Nachnamen XXXX . Aus dem (Dokument Nummer 3) geht hervor, dass der Vater des BF bis 2010 auf alle Fälle im Staatsdienst im Rahmen des Unterrichtsministeriums als Lehrer für verschiedene Stellen tätig gewesen ist. Diese Tatsache widerspricht den Angaben des BF, dass sein Vater angeschossen wurde, als er fünf Jahre alt war und danach nicht mehr für den Staat gearbeitet hat. Dies widerspricht den Angaben des BF, dass sein Vater sich versteckt hält und zwischen Pakistan und Afghanistan pendelt. Wenn eine Person sich in den Städten bei verschiedenen Behörden vorstellig macht, ist eine solche Person öffentlich bekannt und öffentlich aktiv.

4.) Betreffend den Personalausweis des Vaters des BF (Dokument Nummer 4), möchte ich ausführen, dass dieser Ausweis nicht vollständig ausgefüllt worden ist. In der vorgegebenen Rubrik fehlt das Ausstellungsdatum. Ebenfalls in der vorgegebenen Rubrik fehlt die Bezeichnung der Muttersprache. Außerdem wird betreffend das Geburtsjahr bzw. das Alter des Vaters folgendes angegeben: "Nach der Sichtung des Registerbuches ist sein Alter Einjähriger 1361". Das bedeutet, dass der Vater des BF 1981 geboren sei. Die Angaben, dass sein Vater 40-45 Jahre alt ist, entsprechen nicht den Altersangaben des Vaters in seinem Personalausweis. Zusammenfassend möchte ich betreffend den Personalausweis des Vaters des BF anführen, dass dieser Personalausweis nicht mit einem echten Personalausweis übereinstimmt, da dieser nicht vollständig ausgefüllt worden ist. Außerdem wird in der Rubrik des Inhabers, der Beruf des Inhabers als Doktor eingetragen. Daher bin ich nicht sicher, ob der Inhaber dieses Personalausweises der Vater des BF ist. Der BF hat definitiv verneint, dass sein Vater ein Doktor wäre oder mit Medizin zu tun hat.

Zu 3.): Die Angaben des BF zum Verbleib seines Vaters, zum Nachnamen des Vaters und zum Verbleib entsprechen nicht den Tatsachen. Der Vater des BF war bis 2010 auf alle Fälle Lehrer in XXXX und, wie aus den Dokumenten hervorgeht, bis 2015 in XXXX anwesend und öffentlich aktiv. Nach dem BF selbst in der Einvernahme vor dem BFA am 03.08.2017 war der Vater des BF Direktor einer Frauenschule. Diese Schule ist, nach dem BF, XXXX .

Wenn eine Sippenhaft zwischen den Taliban und der Familie des BF entstanden und der BF davon betroffen wäre, dann könnte der Vater des BF nicht, zumindest bis 2015, in Afghanistan weilen. Bei einer Sippenhaftung ist zuerst der Täter selbst das Ziel und nicht seine Kinder. Wenn diese Person von der Familie des Opfers nicht erwischt werden kann, sind seine Söhne und Brüder Zielscheibe für die Opferfamilie. Der Vater des BF war, soweit ich aus den vorgelegten Dokumenten entnehmen konnte, bis 2015 öffentlich in Afghanistan bekannt. Außerdem haben die Taliban seinen Vater angeblich angeschossen, weil er Lehrer war. Aus so einem Fall entsteht keine Sippenhaft. Eine Sippenhaft entsteht dann, wenn zwischen zwei Parteien die erste Todfeindschaft existiert. Zum Beispiel, wenn der Vater oder Bruder des BF jemanden physisch schwer schädigt oder tötet oder entehrt.

Zu 4.): Die Dokumente sind insgesamt Gefälligkeitsdokumente und teilweise gehören sie anderen Personen, nicht dem Vater des BF. Der BF hat diese Dokumente von seinem Onkel mütterlicherseits im Erwachsenenalter erhalten und in diesem Alter sind die afghanischen Jugendlichen in der Lage die Dokumente anzuschauen und die Inhalte dieser Dokumente begreifen zu können. Zudem hat der BF in Pakistan zehn Jahre die Schule besucht. Daher ist er eine gebildete Person. Solche Personen lassen Dokumente, die sie nicht lesen können, von Freunden oder vom Dolmetscher übersetzen.

R an SV: Geht aus den Dokumenten hervor, dass es sich bei dem darin genannten Mann um den Vater des BF handelt? Was geht aus dem Dokument AS 115 hervor?

SV: Dieses Dokument (AS 115): Darin geht es um ein Gesuch einer Person XXXX , Sohn des XXXX , u.a. schreibt er in diesem Gesuch, dass er 1392 in einem Krieg zwischen der Regierung und Regierungsgegnern von einer Kalaschnikow-Kugel getroffen wurde.

...... invalide geworden bin. Vor meiner Invalidität war ich ein

Hilfsarbeiter und Lehrer. Rest unleserlich. Aus diesen Sätzen geht hervor, dass der Vater des BF erst 2013 verletzt worden ist. "

Der Beschwerdeführer gab zum Gutachten eine Stellungnahme ab. Sein Vater sei von den Taliban angeschossen worden. Die Dokumente würden seinem Vater gehören. Er habe sie "blind" genommen.

Er versuche, Deutschkurse zu absolvieren. Bei A2 habe er Kopfprobleme bekommen und 5 Tage nicht geschlafen. Er spiele mit Österreichern Cricket. Er sei in Afghanistan nie persönlich angegriffen oder bedroht worden.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben getötet werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans, Paschtune, Sunnit, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er ist in der Provinz XXXX geboren und ist im Alter von ca 5 Jahren nach Pakistan gezogen. Der Beschwerdeführer ist verheiratet.

In Pakistan hat der Beschwerdeführer eine Schulbildung genossen und kann lesen und schreiben.

Bis zu seiner Ausreise nach Österreich lebte er in Pakistan und arbeitete als Autowäscher und Fahrer. Seine Mutter ist verstorben, sein Vater lebt in Afghanistan. Der Beschwerdeführer hat vier Brüder, die in nicht in Afghanistan leben.

Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Beweismittel wie zB ein Laborbefund und ein Personalausweis sind nicht dem Vater des Beschwerdeführers zuzurechnen.

Im Falle einer Verbringung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

Dem Beschwerdeführer steht eine zumutbare innerstaatliche Flucht- bzw. Schutzalternative in Mazar-e-Sharif zur Verfügung.

Der Beschwerdeführer hält sich nachweislich seit Juni 2015 in Österreich auf. Im Bundesgebiet verfügt er über keine intensiven sozialen Kontakte. Er hat ein paar österreichische Freunde, mit denen er Cricket spielt.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich verurteilt (§§ 27 Abs 2a iVm 28 SMG, 4 Monate). Im Jänner 2018 erfolgte eine weitere Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer wegen desselben Deliktes.

Zu Afghanistan:

Zu Afghanistan:

Neuste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 2 Sicherheitslage)

Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2018

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018).

Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).

Quellen:

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Asia Pacific (30.1.2018): Taliban and IS create perfect storm of bloodshed in Kabul,

https://www.channelnewsasia.com/news/asiapacific/taliban-and-is-create-perfect-storm-of-bloodshed-in-kabul-9909494, Zugriff 30.1.2018

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BBC (29.1.2018): Kabul military base hit by explosions and gunfire, http://www.bbc.com/news/world-asia-42855374, Zugriff 29.1.2018

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-BBC (24.1.2018): Save the Children offices attacked in Jalalabad, Afghanistan, http://www.bbc.com/news/world-asia-42800271, Zugriff 29.1.2018

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BBC (21.1.2018): Kabul: Afghan forces end Intercontinental Hotel siege, http://www.bbc.com/news/world-asia-42763517, Zugriff 29.1.2018

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DW - Deutsche Welle (21.1.2018): Taliban militants claim responsibility for attack on Kabul hotel, http://www.dw.com/en/taliban-militants-claim-responsibility-for-attack-on-kabul-hotel/a-42238097, Zugriff 29.1.2018

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NYT - The New York Times (28.1.2018): Attack Near Kabul Military Academy Kills 11 Afghan Soldiers, https://www.nytimes.com/2018/01/28/world/asia/kabul-attack-afghanistan.html, Zugriff 29.1.2018

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NYT - The New York Times (21.1.2018): Siege at Kabul Hotel Caps a Violent 24 Hours in Afghanistan,

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Reuters (28.1.2018): Shock gives way to despair in Kabul after ambulance bomb,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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