TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/29 94/14/0046

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Veröffentlicht am 29.06.1999
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §4 Abs3;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6 Z4;
EStG 1972 §6 Z9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des W S in L, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in 6600 Reutte, Untermarkt 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 31. Jänner 1994, 30.039-3/94, betreffend Aufhebung des Bescheides (Berufungsvorentscheidung) des Finanzamtes Reutte hinsichtlich Einkommen- und Gewerbesteuer für das Jahr 1988 gemäß § 299 Abs 2 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 12.890 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb im Streitjahr ein Sportgeschäft sowie zwei Fremdenheime als einheitlichen Gewerbebetrieb, wobei er den Gewinn gemäß § 5 EStG 1972 nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr mit Bilanzstichtag zum 30. September ermittelte.

Zum 1. Oktober des Streitjahres übertrug der Beschwerdeführer ein Fremdenheim unentgeltlich seinem Sohn (idF: Sohn). Der Sohn führte das Fremdenheim fort, ermittelte jedoch den Gewinn gemäß § 4 Abs 3 EStG 1972.

Auf Grund der Ergebnisse einer auch das Streitjahr umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt im wiederaufgenommenen Verfahren einen Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid für das Streitjahr, wobei es zur Begründung auf die Ausführungen des Prüfers im gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht verwies. In diesem Bericht wird ausgeführt, der zum Betriebsvermögen des an den Sohn unentgeltlich übertragenen Fremdenheimes gehörende Grund und Boden sei ohne jegliche steuerliche Konsequenz aus dem Betriebsvermögen des Beschwerdeführers am Bilanzstichtag des Streitjahres entnommen worden. Der Gewinn des Streitjahres sei daher um die bei der Entnahme des Grund und Bodens realisierten stillen Reserven zu erhöhen.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, er habe dem Sohn das Fremdenheim, bei dem es sich unbestritten um einen Teilbetrieb handle, zum 1. Oktober des Streitjahres unentgeltlich übertragen. Der Sohn führe das Fremdenheim im bisherigen Umfang fort. Bei unentgeltlicher Übertragung eines Teilbetriebes habe der Übernehmer iSd § 6 Z 9 EStG 1972 die Buchwerte des bisherigen Inhabers - einschließlich des übertragenen Grund und Bodens - unabhängig davon, ob der bisherige Inhaber protokolliert sei, fortzuführen. Der Grund und Boden sei daher anlässlich der unentgeltlichen Übertragung des Fremdenheimes nicht entnommen worden. Vielmehr befinde sich der Grund und Boden weiterhin im Betriebsvermögen des Sohnes, auch wenn dieser den Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG 1972 ermittle.

Mittels Berufungsvorentscheidung gab das Finanzamt der Berufung statt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes gemäß § 299 Abs 2 BAO mit der Begründung auf, werde ein Teilbetrieb unentgeltlich übertragen, so seien iSd § 6 Z 9 EStG 1972 bei der Ermittlung des Gewinnes des bisherigen Inhabers die übertragenen Wirtschaftsgüter mit den Buchwerten anzusetzen. Der Übernehmer sei an diese Werte gebunden. Ermittle der Übernehmer eines Teilbetriebes den Gewinn gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972 oder gemäß § 4 Abs 3 leg cit, bleibe bei ihm der Wert des Grund und Bodens, der zum Anlagevermögen gehöre, nach § 4 Abs 1 letzter Satz leg cit außer Ansatz. Eine (steuerneutrale) Fortführung von Buchwerten, die bei der (steuerlichen) Gewinnermittlung des Übernehmers in der Folge unberücksichtigt blieben, sei nicht möglich. Bei unentgeltlicher Übertragung eines Teilbetriebes mit gleichzeitigem Wechsel der Gewinnermittlung von § 5 EStG 1972 beim bisherigen Inhaber zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 leg cit beim Übernehmer sei § 6 Z 9 leg cit hinsichtlich des beim Übernehmer außer Ansatz bleibenden Grund und Bodens nicht anwendbar. Das Ausscheiden von Grund und Boden aus dem Betriebsvermögen des bisherigen Inhabers habe aber bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1972 außerhalb der Sonderregel des § 6 Z 9 leg cit als Entnahme gemäß § 6 Z 4 leg cit die gewinnwirksame Realisierung der stillen Reserven des Grund und Bodens zur Folge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof geht im Einklang mit den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, dass es sich beim Fremdenheim um notwendiges Betriebsvermögen und einen Teilbetrieb des Gewerbebetriebes des Beschwerdeführers gehandelt hat.

Der Beschwerdeführer hält dem angefochtenen Bescheid entgegen, bei unentgeltlicher Übertragung eines Teilbetriebes und gleichzeitigem Wechsel der Gewinnermittlung von § 5 EStG 1972 beim bisherigen Inhaber zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 leg cit bzw § 4 Abs 3 leg cit beim Übernehmer seien die stillen Reserven aus Grund und Boden nicht gewinnerhöhend aufzulösen. Der zum Anlagevermögen gehörende Grund und Boden sei vom Übernehmer weiterhin zu erfassen. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG 1972 bzw § 4 Abs 3 leg cit bleibe nur der Wert des Grund und Bodens außer Ansatz. Stille Reserven, die sich im Grund und Boden während der Zeit der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1972 angesammelt hätten, könnten mangels Entnahme beim Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht besteuert werden. Nicht einmal bei einer Entprotokollierung werde nach der hg Rechtsprechung eine Entnahme des zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Grund und Bodens oder ein gleichwertiger Vorgang fingiert, der zur Besteuerung der stillen Reserven des nunmehr nicht mehr in den Betriebsvermögensvergleich einzubeziehenden Grund und Bodens führe.

Dieses Vorbringen ist berechtigt.

Wird ein Teilbetrieb unentgeltlich übertragen, so sind gemäß § 6 Z 9 EStG 1972 bei der Ermittlung des Gewinnes des bisherigen Inhabers die Wirtschaftsgüter mit jenen Werten anzusetzen, mit denen sie im Zeitpunkt der Übertragung nach den steuerlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung zu bewerten waren (Buchwerte). Der Rechtsnachfolger (Übernehmer) ist an diese Werte gebunden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, führt die Übertragung eines Betriebes oder Teilbetriebes zu keiner Entnahme von Wirtschaftsgütern. Vielmehr ist der Übernehmer eines Betriebes oder Teilbetriebes verpflichtet, die Buchwerte des bisherigen Inhabers fortzuführen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 20. November 1990, 89/14/0156, 0157, mwA).

Im Hinblick auf die abschließende Regelung über die Bewertung von Wirtschaftsgütern bei unentgeltlicher Übertragung eines Teilbetriebes in § 6 Z 9 EStG 1972 bleibt für die Anwendung des § 6 Z 4 leg cit entgegen der Ansicht der belangten Behörde auch dann kein Raum, wenn - wie im Beschwerdefall - bei unentgeltlicher Übertragung eines Teilbetriebes der Übernehmer statt wie bisher der Inhaber des Teilbetriebes den Gewinn nicht nach § 5 leg cit, sondern nach § 4 Abs 3 leg cit ermittelt.

Die im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht, die Besteuerung der stillen Reserven, die sich im Grund und Boden während der Zeit der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1972 angesammelt haben, habe beim Beschwerdeführer zu erfolgen, erweist sich somit als rechtswidrig, weswegen der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Das Mehrbegehren bezüglich Stempelgebührenersatz war abzuweisen, weil nach § 28 Abs 5 VwGG nur die Vorlage einer Bescheidausfertigung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war.

Wien, am 29. Juni 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994140046.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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