Entscheidungsdatum
29.11.2018Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W184 2199982-1/8E
W184 2199986-1/8E
W184 2199988-1/8E
W184 2199991-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX , und
4.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Syrien alias Marokko, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.06.2018, Zl. 1182084107-180174356 (ad 1.), Zl. 1182084205-180174364 (ad 2.), Zl. 1182083905-180174385 (ad 3.), Zl. 1182084009-180174399 (ad 4.), zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 4a, 10, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG
und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt, dass die Anordnungen zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide rechtmäßig waren.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbis Viertbeschwerdeführer, alle sind Staatsangehörige Syriens. Die Beschwerdeführer brachten nach der Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 19.02.2018 vorliegende Anträge auf internationalen Schutz ein.
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführer bereits in Griechenland am 09.10.2016 sowie am 18.10.2016 jeweils Anträge auf internationalen Schutz gestellt hatten.
Bei der Erstbefragung am 19.02.2018 gab die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass ihre Kinder und sie ihren Heimatstaat Ende 2016 in Richtung Türkei verlassen hätten. Anschließend hätten sie sich vom 17.11.2016 bis 16.02.2018 in Griechenland aufgehalten. In Griechenland sei die Lage aufgrund fehlender Möglichkeiten zur Schulbildung schlecht gewesen, sie hätten dort jedoch Asyl erhalten und seien anerkannte Flüchtlinge. Österreich sei ihr Reiseziel gewesen, weil dort ihr ältester Sohn aufhältig sei.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 06.03.2018 ein Informationsersuchen gemäß Art. 34 Dublin III-Verordnung mit Hinweis auf die erwähnte Asylgewährung an Griechenland. Mit Schreiben vom 27.03.2018 teilte die griechische Dublin-Behörde mit, dass den Beschwerdeführern am 08.05.2017 der Status der Asylberechtigten eingeräumt worden sei, und gab eine Alias-Identität der Erstbeschwerdeführerin an.
Bei der Einvernahme durch das Bundesamt am 07.05.2018 sagte die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass weder sie noch ihre Kinder an Krankheiten leiden oder Medikamente einnehmen würden. Ihr Schwiegersohn befinde sich seit einem Jahr als anerkannter Flüchtling in Österreich und auch ihr Sohn sei bereits seit drei Jahren im Bundesgebiet aufhältig. Ihr Sohn besuche sie alle zehn Tage und gebe ihnen jedes Mal 150 bis 200 Euro. In Griechenland habe die Erstbeschwerdeführerin einen Asylantrag gestellt und sie sei über ein Jahr dort aufhältig gewesen. Es stimme, dass sie und ihre Kinder dort einen Schutzstatus erhalten hätten. Die Erstbeschwerdeführerin und ihr Mann hätten dort auch gelegentlich gearbeitet. Die Lage sei in Griechenland insgesamt schlecht, weil Kriminalität in größerem Ausmaß vorherrsche und Flüchtlinge vernachlässigt würden.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden zu Spruchpunkt I. die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die Beschwerdeführer nach Griechenland zurückzubegeben hätten. Zu Spruchpunkt II. wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.
Diese Bescheide legen in ihrer Begründung insbesondere auch ausführlich die Lage für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Griechenland dar. Im Einzelnen lauten die Länderfeststellungen folgendermaßen:
"Schutzberechtigte
2017 erhielten in Griechenland bis Ende August 2017 5.461 Personen in erster Instanz internationalen Schutz, weitere 478 erhielten in erster Instanz subsidiären Schutz (HR 31.8.2017).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Humanitär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel ein bis zwei Monate nach der Entscheidung ausgestellt. In der Zwischenzeit gilt die Asylwerberkarte mit dem Stempel "Pending Residence Permit". Nach fünf Jahren Aufenthalt kommt ein Flüchtling für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung infrage, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Gemäß Gesetz haben Flüchtlinge in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger, aber bürokratische Hürden, staatliche Handlungsdefizite, mangelnde Umsetzung des Gesetzes und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise können den Genuss dieser Rechte schmälern. Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplätze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine Unterstützung für die Lebenshaltungskosten. In Athen etwa gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsangehörige). Aber es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind. Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen, eine zu mieten, leben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern oder werden obdachlos. Die Gesetze sehen einen vollständigen und automatischen Zugang zum Arbeitsmarkt für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte vor, ohne Verpflichtung zur Erlangung einer Arbeitserlaubnis. Aber die Krise, hohe Arbeitslosenquoten und weitere Hindernisse stehen der Integration der Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt entgegen. Es gibt keine staatlich organisierten kostenlosen Sprachkurse für Schutzberechtigte. Nur ein paar NGOs unterhalten entsprechende Programme für Flüchtlinge und Immigranten. Kostenloser Zugang zu Krankenversorgung für Schutzberechtigte ist gesetzlich vorgesehen, allerdings erschweren die Auswirkungen der Finanzkrise auf das Gesundheitssystem und strukturelle Mängel (etwa an Kulturmediatoren und Übersetzern) auch für Schutzberechtigte den Zugang zu medizinischer Versorgung (AIDA 3.2017).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine erneuerbare Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Sie haben Zugang zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Behandlung, und ihre Kinder können zur Schule gehen. Jedoch stellt der griechische Staat keine Unterbringung zur Verfügung und gewährt auch keine Beihilfen, außer für Behinderte jeglicher Art (HR o.D.a).
...
Der rechtzeitige Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung wird von einigen NGOs als eines der größten Probleme für Asylwerber, Migranten und Flüchtlinge in Griechenland betrachtet und stark in Zweifel gezogen. Dies betrifft besonders Personen, die eine orthopädische Operation, Rehabilitation oder Behandlung chronischer physischer oder psychischer Krankheiten benötigen (HRW 18.1.2017; vgl. AIDA 3.2017).
Asylwerber und Asylberechtigte erhalten dieselbe Versorgung mit Medikamenten wie arbeitslose und nicht versicherte griechische Staatsangehörige. Die Ausstellung des Rezeptes erfolgt durch das Krankenhaus oder Ärzte. Anteilsmäßige Gebühren werden je nach Einkommen (20%, 10% oder 0%) verrechnet. Seit einigen Jahren gibt es in Griechenland zusätzlich zu den öffentlichen Apotheken sogenannte "Sozial-Apotheken", die hauptsächlich von Freiwilligen, pensionierten Apothekern oder Ärzten, NGOs, usw. betrieben werden. Finanziert und ausgestattet werden diese durch Spenden von Firmen, Apotheken, Pharmafirmen und durch Rückgabe von nicht verbrauchten Medikamenten aus privatem Bestand (dies wird sogar im griechischen TV beworben). Bei diesen Sozial-Apotheken kann jegliche einkommenslose Person (Statement und Nachweis erforderlich) kostenfrei Medikamente erhalten. Die Ausgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten wird von einem Arzt überprüft (VB 20.7.2017).
UNHCR arbeitet daran, den Zugang der Asylwerber und anerkannten Flüchtlinge zu medizinischer Versorgung zu verbessern, und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen (UNHCR 10.2017).
Die derzeitigen Lebensbedingungen von Schutzberechtigten in Griechenland werden von NGOs sehr negativ gesehen, da nicht nur ein Mangel an Integrationsaussichten in die griechische Gesellschaft besteht, sondern oftmals unzureichende Lebensbedingungen, eine prekäre sozioökonomische Situation oder gar Probleme bei der grundlegenden Existenzsicherung bestehen. Finanzielle oder soziale Unterstützung oder gezielte Integrationsmaßnahmen fehlen. Es gibt keine speziell für sie gewidmeten Wohnprojekte. Viele Schutzberechtigte leben in verlassenen Häusern, in überfüllten Mietwohnungen, in Abbruchhäusern, leeren Fabrikhallen, bei Freunden oder auf der Straße. Andere bleiben für mehrere Monate nach ihrer Anerkennung in den Unterbringungslagern oder der UNHCR-Unterbringung oder gar in den Hotspots. Die meisten Schutzberechtigten in Griechenland sind arbeitslos, andere arbeiten für wenig Geld in der Schattenwirtschaft. Der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Rechten wie für griechische Staatsangehörige ist in der Praxis durch verschiedene Faktoren erschwert (z. B. mangelnde Sprachkenntnisse, mangelndes Wissen über Rechte von Schutzberechtigten, Mangel an Dokumenten bzw. Probleme beim Zugang zu diesen Dokumenten, Bürokratie, etc.). Viele sind über ihre Rechte und Pflichten nicht informiert. Beim Zugang zu Sozialleistungen und zum Gesundheits- und Bildungssystem bestehen ebenso faktische Einschränkungen (z. B. Sprachbarriere, Unwissenheit beim medizinischen Personal betreffend die Rechte von Asylwerbern und ein generell unterfinanziertes Gesundheitssystem). Der allgemeine Mangel im System als Folge von erheblichen Einschnitten infolge der Wirtschaftskrise tut ein Übriges. Im Jänner 2017 lag die Arbeitslosenquote in Griechenland bei 23,5%, bei den Personen unter 24 Jahren sogar bei 48%. Die genaue Zahl der momentan in Griechenland aufhältigen schutzberechtigten Personen ist unbekannt. Es gibt Berichte über Schutzberechtigte, die aus anderen EU-Ländern nach Griechenland zurückgeschickt wurden und ohne jegliche Versorgung auf sich gestellt und obdachlos waren (PA/RSA 23.6.2017).
Im August haben NGOs gegenüber griechischen Behörden Fragen bezüglich Integrationsmaßnahmen aufgeworfen. Sie äußerten die Besorgnis über das Fehlen eines Unterbringungsprogramms für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland. Es wurde auch dazu aufgerufen, den Zugang von Antragstellern zu Sozialversicherungsnummer, Steuernummer und Arbeitslosenkarte zu verbessern. Es wurde offiziell verlautbart, dass eine umfassende soziale Integrationspolitik für Flüchtlinge und Migranten zu den Prioritäten der Regierung für Ende 2017 gehört (UNHCR 8.2017; vgl. UNHCR 10.2017).
Quellen:
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles: Country Report Greece ...;
HR - Hellenic Republic (31.8.2017): Statistical Data of the Greek Asylum Service (from 7.6.2013 to 31.8.2017) ...;
HR - Hellenic Republic (2.2017b): Rights of Beneficiaries of International Protection ...;
HR - Hellenic Republic (o.D.a): Answers to questions regarding the rights of international protection applicants and beneficiaries of international protection ...;
HRW - Human Rights Watch (18.1.2017): Greece. Refugees with Disabilities Overlooked, Underserved - Identify People with Disabilities; Ensure Access to Services ...;
PA/RSA - Pro Asyl / Refugee Support Aegean (23.6.2017): Legal Note. On the living conditions of beneficiaries of international protection in Greece. Rights and effective protection exist only on paper: The precarious existence of beneficiaries of international protection in Greece ...;
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.2017): Europe Monthly Report ...;
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (10.2017): Fact Sheet Greece, per E-Mail;
VB des BM.I Griechenland (20.7.2017), Auskunft VB, per E-Mail ..."
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, auf das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführer einzugehen und eine Gesamtbeurteilung anhand aller verfügbaren Informationen vorzunehmen. Es bestehe kein offenkundiger Grund, an der Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführer zu zweifeln. Die Beschwerdeführer wären in Griechenland sich selbst überlassen und würden keine Hilfe erhalten, die minderjährigen Kinder könnten nicht die Schule besuchen. Es würden auf Grundlage des aktuellen Wissensstandes konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die Verfahrenspraxis in Griechenland nicht an die geforderten unions- und völkerrechtlichen Standards heranreichen und systematische Mängel des Asylverfahrens in Griechenland bestehen. Der Verweis der Behörde auf die aktuellen Länderfeststellungen zu Griechenland spiegele nicht die tagesaktuellen Gegebenheiten wider. Zahlreiche Berichte von Menschenrechtorganisationen und von Flüchtlingen, die die Situation der letzten Monate in Griechenland erlebt hätten, würden eindeutig belegen, wieweit die tatsächliche Praxis von der Theorie abweiche.
Die Beschwerdeführer wurden am 26.08.2018 nach Griechenland überstellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen Zweitbis Viertbeschwerdeführer. Die Beschwerdeführer reisten im Oktober 2016 illegal in Griechenland ein und stellten dort am 18.10.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, woraufhin ihnen der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde und sie dort Schutz vor Verfolgung fanden. Zuletzt begaben sich die Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet und brachten am 19.02.2018 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz ein.
Zur Lage im Mitgliedstaat Griechenland schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den Feststellungen der angefochtenen Bescheide an.
Zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer wird festgestellt, dass diese an keinen schweren Erkrankungen leiden.
Der erwachsene Sohn der Erstbeschwerdeführerin lebt seit drei Jahren in Österreich, und zudem befindet sich der Schwiegersohn der Erstbeschwerdeführerin als anerkannter Flüchtling in Österreich. Hingegen sind der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer sowie eine weitere Tochter der Erstbeschwerdeführerin weiterhin in Griechenland aufhältig. Der Sohn unterstützt die Beschwerdeführer regelmäßig mit Geldleistungen. Irgendwelche Merkmale der Abhängigkeit zwischen den Beschwerdeführern und den angegebenen Verwandten in Österreich können nicht festgestellt werden. Weitere beachtliche familiäre, private oder berufliche Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet bestehen nicht. Es liegen insbesondere noch keine konkreten Schritte der Beschwerdeführer zur Integration in die österreichische Gesellschaft vor, wie etwa ausreichende Sprachkenntnisse oder eine ausreichende Erwerbstätigkeit.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten des Bundesamtes, insbesondere den Niederschriften.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.
Der Gesundheitszustand sowie das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer ergeben sich aus deren eigenen Angaben. Ein Vorbringen über etwaige Schritte der Beschwerdeführer zur Integration in die österreichische Gesellschaft wurde nicht erstattet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat.
...
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
...
§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
...
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
..."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
Zur Frage der Unzulässigkeit der gegenständlichen Asylanträge schließt sich das Bundesverwaltungsgericht der Beurteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an:
Die Beschwerdeführer erhielten in Griechenland den Status von Asylberechtigten und fanden dort Schutz vor Verfolgung.
Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).
Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).
Die Beschwerdeausführungen zu verschiedenen Problemen des Asylwesens in Griechenland sind letztlich nicht geeignet, eine Anordnung zur Außerlandesbringung als unzulässig erscheinen zu lassen. Wie in den angefochtenen Bescheiden ausführlich und unter Heranziehung zahlreicher aktueller Berichte dargelegt wurde, haben Flüchtlinge dieselben Rechte wie griechische Staatsbürger. Insbesondere steht ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt offen. Im Fall der Schmälerung dieser Rechte kann in Griechenland, ebenso wie in den anderen Mitgliedstaaten der Union, ein wirksamer Rechtsschutz in Anspruch genommen werden. Nach den Länderberichten zu Griechenland kann letztlich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Griechenland konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Die Befürchtungen der Beschwerdeführer im Hinblick auf mangelnde Arbeitsmöglichkeiten oder Sozialleistungen in Griechenland stellen sich letztlich als in hohem Maße spekulativ dar.
Jedenfalls haben die Beschwerdeführer die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Griechenland und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend zu machen.
Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC wurde erwogen:
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Der Schutzbereich des Familienlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK wird als autonomer Rechtsbegriff der EMRK in der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Bereich des Ausländerrechts - im Unterschied zum Familienbegriff in den übrigen Rechtsmaterien - auf die Kernfamilie beschränkt, also auf die Beziehungen zwischen Ehegatten sowie zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern. Andere Beziehungen, etwa zwischen Eltern und ihrem erwachsenen Kind, fallen nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR nur dann unter den Schutz des Familienlebens, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (EGMR 30.06.2015, 39350/13, A.S., Rn. 49; 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 18.11.2014, 5049/12, Senchishak, Rn. 55; 20.12.2011, 6222/10, A. H. Khan, Rn. 32; 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, Rn. 32; 17.02.2009, 27319/07, Onur, Rn. 43-45; 09.10.2003, Große Kammer, 48321/99, Slivenko, Rn. 97; 10.07.2003, 53441/99, Benhebba, Rn. 36; 07.11.2000, 31519/96, Kwakye-Nti und Dufie; gelegentlich stellt der EGMR auf das Kriterium ab, ob der junge Erwachsene bereits eine eigene Familie gegründet hat, z. B. EGMR 23.09.2010, 25672/07, Bousarra, Rn. 38; vgl. Philip Czech, Das Recht auf Familienzusammenführung nach Art. 8 EMRK in der Rechtsprechung ds EGMR, EuGRZ 2017, 231; vgl. auch Rudolf Feik, Recht auf Familienleben, in: Gregor Heißl [Hg.], Handbuch Menschenrechte, 2009, S. 187, Rn. 9/22). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z. B. VfGH 09.03.2016, E 22/2016; 20.02.2014, U 2689/2013; 12.06.2013, U 485/2012;
06.06.2013, U 682/2013; 09.06.2006, B 1277/04) und des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 05.12.2017, 2017/20/0431, Rn. 10; 30.05.2017, Ra 2017/19/0143; 16.02.2017, Ra 2017/01/0024;
08.09.2016, Ra 2015/20/0296, Rn. 21; 02.08.2016, Ra 2016/20/0152, Rn. 7; 15.12.2015, Ra 2015/19/0149; 09.09.2014, 2013/22/0246;
16.11.2012, 2012/21/0065).
Eine - bisher auf vier Entscheidungen aus dem Jahr 2014 beschränkte - gegenteilige Judikaturlinie des Verfassungsgerichtshofes in "Kleiner Besetzung" (VfGH 12.03.2014, U 1904/2013; 11.06.2014, U 2380/2013; 24.11.2014, E 35/2014; 24.11.2014, E 1091/2014) erwähnt hingegen das Kriterium der zusätzlichen, über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmale der Abhängigkeit nicht und zitiert nur zwei überholte Entscheidungen des EGMR aus dem Jahr 1996 (EGMR 19.02.1996, 23218/94, Gül, Rn. 32; 24.04.1996, 22070/93, Boughanemi, Rn. 33, 35), ohne argumentativ auf die aktuelle ständige Rechtsprechung des EGMR, des VfGH und des VwGH einzugehen, weshalb insoweit offenbar von einem Rechtsirrtum des VfGH auszugehen ist.
Die Rechtsfrage, ob zwischen den Beteiligten tatsächlich noch ein Familienleben im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK besteht, kann jedoch in gewissen Fällen letztlich dahingestellt bleiben, weil etwa Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht mehr unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren sind und daher auch einen gewissen Schutz genießen, wobei allerdings bei der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK das Gewicht eines Privatlebens typischerweise geringer anzusetzen sein wird als das eines Familienlebens (EGMR 09.10.2003, Große Kammer, 48321/99, Slivenko, Rn. 97; 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, Rn. 31 ff).
Das Privatleben ist ein weiter Begriff und einer erschöpfenden Definition nicht zugänglich. So schützt Art. 8 EMRK auch ein Recht auf Identität und persönliche Entwicklung und das Recht, Beziehungen mit anderen Menschen und mit der Außenwelt zu schaffen und zu entwickeln, und kann auch Handlungen beruflichen oder geschäftlichen Charakters einschließen. Es gibt daher einen Bereich der Interaktion einer Person mit anderen, selbst in einem öffentlichen Zusammenhang, der in den Bereich des "Privatlebens" fallen kann (z. B. EGMR 28.01.2003, 44647/98, Peck, Rn. 57).
Im Rahmen der durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Achtung des Privatlebens ist Schutzgut unter anderem auch die psychische und physische Integrität des Einzelnen und damit auch die körperliche Unversehrtheit. Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität, welche nicht die von Art. 3 EMRK geforderte Schwere und Intensität erreichen, sind folglich an Art. 8 EMRK zu messen (EGMR 13.05.2008, 52515/99, Juhnke, Rn. 71; VfGH 21.09.2015, E 332/2015).
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:
Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).
Wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sie sich auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.
Es bleibt schließlich noch zu überprüfen, ob diese Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, das heißt durch ein vorrangiges soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere in Bezug auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig ist (EGMR 02.08.2001, 54273/00, Boultif, Rn. 46; 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; 16.04.2013, 12020/09, Udeh, Rn. 45; VfGH 29.09.2007, B 1150/07).
In diesem Sinn ordnet auch § 9 Abs. 1 BFA-VG an:
"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist."
Nach diesem Regelungssystem ist somit anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles eine Interessenabwägung am Maßstab des Art. 8 EMRK durchzuführen. Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme darf nur erlassen werden, wenn die dafür sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen und seiner Familie an dessen weiterem Verbleib in Österreich. Bei dieser Interessenabwägung sind folgende Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten, indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Kriterien zueinander in eine Beziehung zu setzen und eine wechselseitige Kompensation der einzelnen Gewichte vorzunehmen ist (vgl. EGMR 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001):
die Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten;
die seit der Begehung der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Zeit;
die Aufenthaltsdauer im ausweisenden Staat;
die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen;
die familiäre Situation des Beschwerdeführers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen;
die Frage, ob der Ehegatte von der Straftat wusste, als die familiäre Beziehung eingegangen wurde;
die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und welches Alter sie haben;
die Schwierigkeiten, denen der Ehegatte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers begegnen könnte;
das Wohl der Kinder, insbesondere die Schwierigkeiten, denen die Kinder des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat begegnen könnten;
die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsstaat.
Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07). Diese sowie einige weitere von der Rechtsprechung einzelfallbezogen herausgearbeiteten Kriterien für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK werden auch in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählt.
Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).
Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein. Grundsätzlich ist nach negativem Ausgang des Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).
Im vorliegenden Fall hat die mit den angefochtenen Bescheiden getroffene Entscheidung die Trennung der Beschwerdeführer von ihrem erwachsenem Sohn bzw. Bruder sowie ihrem Schwiegersohn bzw. Schwager zur Folge, die in Österreich aufhältig sind. Daher stellt die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff in den Schutzbereich des Privatlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK dar. Der Schutzbereich des Familienlebens wird nicht berührt, weil zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, nicht bestehen, auch wenn die Verwandten einander gewiss in Beruf und Alltag auf vielfältige Weise mit Rat und Tat zur Seite stehen könnten.
Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führte zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten.
Denn die Beschwerdeführer verbrachten den Großteil ihres Lebens im Herkunftstaat und zuletzt ein Jahr als Asylberechtigte in Griechenland und reisten erst vor wenigen Monaten in das österreichische Bundesgebiet ein. Zudem befindet sich der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer in Griechenland. Die Beschwerdeführer verfügten zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich, sondern stützten ihren Aufenthalt vielmehr nur auf den zeitweiligen faktischen Abschiebeschutz aufgrund der gegenständlichen unzulässigen Anträge auf internationalen Schutz.
Eine finanzielle Unterstützung durch den Sohn der Erstbeschwerdeführerin können die Beschwerdeführer nicht nur in Österreich, sondern auch in Griechenland erhalten. Zudem besteht nach den Schengen-Bestimmungen die Möglichkeit zur - wenn auch eingeschränkten - Fortsetzung des Privatlebens im Rahmen von regelmäßigen Besuchen im Ausmaß von bis zu drei Monaten.
Art. 21 Abs. 1 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) lautet:
"Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einer der Vertragsparteien ausgestellten Aufenthaltstitels sind, können sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen, soweit sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a), c) und e) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen."
§ 31 Abs. 1 Z 3 FPG ordet Folgendes an:
"(1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
...
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt)
..."
Weiters war zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sind. Etwaige Schritte zur Integration in die österreichische Gesellschaft wurden nicht einmal behauptet.
Schwer ins Gewicht fällt jedoch die Missachtung der österreichischen Einreise- und Einwanderungsvorschriften durch die Beschwerdeführer. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zum Zweck der Familienzusammenführung (vgl. § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c NAG). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. Hingegen kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung der illegalen Einwanderer gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen und den Bemühungen der Europäischen Union zur Bekämpfung der illegalen Sekundärmigration von einem Mitgliedstaat in einen anderen zuwiderlaufen (vgl. EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Wenn es also letztlich zwar auf der Hand liegt, dass für die Betroffenen ein Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich und somit in größerer Nähe zu den angegebenen Familienangehörigen vorteilhafter wäre, so überwiegen bei der Interessensabwägung dennoch klar die Interessen an der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist.
§ 21 Abs. 6a BFA-VG lautet:
"Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, der diese von Gesetz wegen nicht zukommt (§ 17) oder der diese vom Bundesamt aberkannt wurde (§ 18), und über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden."
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.
Schlagworte
Asylgewährung, Außerlandesbringung, medizinische Versorgung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W184.2199991.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.02.2019