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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ASVG §479 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Landes Steiermark, Steiermärkische Landesbahnen, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 3. Oktober 1997, GZ 5 - s27p 2/5 - 97, betreffend Nachzahlungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nußdorferstraße 10-12), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Das mitbeteiligte Pensionsinstitut für Verkehr und öffentliche Einrichtungen (in der Folge: Pensionsinstitut) sprach mit Bescheid vom 11. März 1997 aus, dass die beschwerdeführende Partei dem Pensionsinstitut gemäß § 18 Abs. 5 der Satzung einen Nachzahlungsbeitrag in der Höhe von S 36,280.235,-- zu entrichten habe. Dieser Beitrag sei in 48 aufeinander folgenden, gleich hohen Monatsraten, beginnend ab Jänner 1997, einzuzahlen. Nach der Begründung dieses Bescheides sei das Pensionsinstitut gemäß § 479 Abs. 1 ASVG Träger der zusätzlichen Pensionsversicherung von in der gesetzlichen Pensionsversicherung pflichtversicherten Bediensteten der dem Pensionsinstitut angeschlossenen Betriebe. Das Pensionsinstitut sei Zuschusskasse öffentlichen Rechts und unterstehe der Aufsicht des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Gemäß § 479 Abs. 2 ASVG sei bis zum Inkrafttreten einer besonderen bundesgesetzlichen Regelung die zusätzliche Pensionsversicherung unter Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Institutes und auch die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten durch die Satzung des Institutes zu regeln, wobei zahlreiche Bestimmungen des ASVG entsprechend anzuwenden seien.
Die beschwerdeführende Partei sei Mitglied des Pensionsinstitutes.
Gemäß § 18 Abs. 2 der Satzung sei durch einen Sachverständigen zum 31. Dezember 1995 und in der Folge alle vier Jahre eine versicherungstechnische Bilanz aufzustellen. Auf ihrer Grundlage seien durch die Satzung die Beiträge und Versicherungsleistungen so zu bemessen, dass der Barwert aller künftigen Beiträge und sonstigen Einnahmen zusammen mit der allgemeinen Rücklage den Barwert aller künftigen Versicherungsleistungen und der sonstigen Ausgaben decke. Ergebe die versicherungstechnische Bilanz einen Abgang, so sei dieser gemäß § 18 Abs. 4 der Satzung des Pensionsinstitutes zu Lasten der Sicherheitsrücklage auszugleichen. Wenn diese hiefür nicht ausreiche oder überhaupt keine vorhanden sei - was zutreffe - seien zur Deckung des Abganges die Versicherungsleistungen herabzusetzen bzw. die Beiträge zu erhöhen. Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde könne von solchen Maßnahmen Abstand genommen werden, sofern der Abgang nicht höher sei als 25 v.H. der bilanzierten Summe.
Gemäß § 18 Abs. 5 der Satzung des Pensionsinstitutes seien anlässlich der Erstellung der versicherungstechnischen Bilanz gemäß Abs. 2 auch für alle Mitglieder versicherungstechnische Bilanzen zu erstellen. Dafür seien aus den entsprechenden Ansätzen der gemäß Abs. 2 erstellten Bilanz die Kapitalswerte der Beiträge der zukünftigen Versicherten und die Kapitalswerte der Leistungsanwartschaften der zukünftigen Versicherten anhand der Verhältnisse der Anzahl der Versicherten der einzelnen Mitglieder zur Anzahl aller beim Institut Versicherten, die kapitalisierten Verwaltungskosten anhand der Verhältnisse der Anzahl der Versicherten und Leistungsempfänger der einzelnen Mitglieder zur Anzahl aller Versicherten und Leistungsempfänger des Pensionsinstitutes sowie das Reinvermögen und der kapitalisierte Zinsengewinn anhand der Verhältnisse der Kapitalswerte der zuerkannten Leistungen und der Leistungsanwartschaften der Versicherten der einzelnen Mitglieder zur Summe der Kapitalswerte aller zuerkannten Leistungen und der Leistungsanwartschaften aller Versicherten des Pensionsinstitutes zu ermitteln. Ergebe die versicherungstechnische Bilanz eines Mitgliedes einen Abgang von mehr als 30 v.H. der für das Mitglied bilanzierten Summe, habe das Mitglied diesen 30 v.H. übersteigenden Abgang dem Institut in 48 aufeinander folgenden, gleichen monatlichen Raten, beginnend ab dem ein Jahr nach dem Bilanzstichtag liegenden Jänner, als Nachzahlungsbeitrag zu ersetzen.
Die versicherungstechnische Bilanz zum 31. Dezember 1995 habe für das ganze Institut einen versicherungstechnischen Abgang von S 703,211.000,-- oder 20,8 % der bilanzierten Summe und für die beschwerdeführende Partei einen versicherungstechnischen Abgang von S 115,692.105,-- oder 43,71 % der für dieses Mitglied bilanzierten Summe ergeben. Der 30 % der für das Mitglied bilanzierten Summe übersteigende Betrag betrage S 36,280.235,--.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde dem von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Einspruch keine Folge gegeben und festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei verpflichtet sei, dem Pensionsinstitut gemäß § 18 Abs. 5 der Satzung einen Nachzahlungsbeitrag in der Höhe von S 36,280.235,-- zu leisten. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und auszugsweiser Wiedergabe des § 479 Abs. 1 und 2 ASVG, des § 18 Abs. 1, Abs. 2 und 5 der Satzung des Pensionsinstitutes aus, dass von folgendem Sachverhalt auszugehen sei: Die beschwerdeführende Partei sei Mitglied des Pensionsinstitutes. Im Auftrag dieses Institutes sei ein versicherungstechnisches Gutachten gemäß § 18 Abs. 2 und 5 der Satzung zum 31. Dezember 1995 erstellt worden. Daraus ergebe sich für die beschwerdeführende Partei ein Abgang von 43,71 % der für sie bilanzierten Summe; dies bedeute einen Nachzahlungsbeitrag von S 36,280.235,--.
Dieser Sachverhalt ergebe sich aus dem schlüssigen und vollständigen Gutachten.
Zu den Einwendungen der beschwerdeführenden Partei sei festzuhalten, dass die Verfassungsmäßigkeit des § 479 Abs. 2 ASVG ebenso wenig zu prüfen sei wie die Frage, ob § 18 Abs. 5 der Satzung gesetzwidrig sei.
Die übrigen im Einspruch vorgebrachten Argumente seien nicht angetan, die Zahlungspflicht aufzuheben. Zum Vorwurf, das Sachverständigengutachten sei vor Bescheiderlassung der beschwerdeführenden Partei nicht zur Kenntnis gebracht worden und sie habe somit nicht die Möglichkeit gehabt, es durch ein weiteres Sachverständigengutachten zu widerlegen, sei auszuführen, dass das Gutachten in der Besprechung vom 19. März 1997 ausführlich erörtert worden sei und die Einspruchsbehörde das Gutachten trotz der Einwendungen als vollständig und schlüssig erachte. Unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns erachte es die Einspruchsbehörde nicht für notwendig, ein weiteres Gutachten erstellen zu lassen. Für den Fall, dass man die Kritikpunkte teilweise als zutreffend erachte, würde es sich ergeben, dass die Daten der versicherungstechnischen Bilanz des Pensionsinstitutes und in der Folge der Mitgliedsbetriebe ungünstiger ausfallen würden und sich der Abgang und damit der Nachzahlungsbeitrag erhöhen könnte.
Im Hinblick darauf, dass die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 1. Oktober 1997 von einer weiteren Stellungnahme (zum "überzeugenden" Vorlagebericht des Pensionsinstitutes) Abstand genommen habe, sei ohne weiteres Ermittlungsverfahren zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte keine Akten vor und erstattete auch keine Gegenschrift. Das mitbeteiligte Pensionsinstitut erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei zur Verfassungwidrigkeit des § 479 Abs. 2 ASVG und zur Gesetzwidrigkeit der Satzung des Pensionsinstitutes ist zu entgegnen, dass darüber gemäß Art. 140 bzw. 139 B-VG der Verfassungsgerichtshof zu erkennen hat. Diese Ausführungen der beschwerdeführenden Partei vermögen beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit bzw. der Gesetzwidrigkeit zu erwecken. Die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei zur Verfassungswidrigkeit des § 479 Abs. 2 erschöpfen sich in allgemein gehaltenen Ausführungen und nehmen in keiner Weise auf die detaillierten Verweisungen dieser Bestimmung Bedacht. Als gesetzwidrig werden vorerst Bestimmungen der Satzung erachtet, die nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind. Mit der bloßen Behauptung, die Satzung enthalte ein Ungleichgewicht zwischen den Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen, weil gemäß § 18 Abs. 5 allein das Mitgliedsunternehmen (Dienstgeber) den 30 v.H. übersteigenden Abgang als Nachzahlungsbeitrag abzuführen habe, zeigt die beschwerdeführende Partei nicht auf, worin das grobe Ungleichgewicht bei Bedachtnahme auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Versicherungsträger und auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Versicherten gelegen sei. Wenn die beschwerdeführende Partei schließlich eine Gesetzwidrigkeit der Satzung im § 18 Abs. 5 darin erblickt, dass die Verpflichtung zur Entrichtung eines Nachzahlungsbeitrages durch das einzelne Mitglied des Pensionsinstitutes dem Wesen der Risikogemeinschaft, die von sämtlichen Mitgliedern gebildet werde, widerspreche, verkennt sie, dass das einzelne Mitglied nur einen Teil ihres eigenen Abganges zu decken hat, während der andere Teil ohnehin von der Risikogemeinschaft zu tragen ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher zur gewünschten Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst.
Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, ihre Entscheidung im Wesentlichen auf § 18 Abs. 5 der Satzung zu stützen und keine Feststellungen zu den im Abs. 4 dieser Bestimmung normierten Alternativen, Herabsetzung der Versicherungsleistungen bzw. Erhöhung der Beiträge zu treffen. Die versicherungstechnische Bilanz zum 31. Dezember 1995 ergebe für das Pensionsinstitut einen Abgang von 20,76 % der bilanzierten Summe. Gemäß § 18 Abs. 4 der Satzung wäre dieser zunächst zu Lasten der Sicherheitsrücklage auszugleichen. Da keine Sicherheitsrücklage vorhanden sei, seien zur Deckung des Abganges die Versicherungsleistungen herabzusetzen bzw. die Beiträge zu erhöhen. Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde könne von diesen Maßnahmen Abstand genommen werden, sofern der Abgang nicht höher sei als 25 v.H. der bilanzierten Summe. Es könne nur vermutet werden, dass die Aufsichtsbehörde ihre Zustimmung zur Nichtanwendung des § 18 Abs. 4 der Satzung erteilt habe. Diese Entscheidung erscheine im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse bedenklich. Die von der beschwerdeführenden Partei und auch anderen Mitgliedsunternehmen bereits gesetzten und noch zu setzenden Rationalisierungsmaßnahmen führten zwangsläufig dazu, dass sich das Verhältnis zwischen Aktiven (Beitragszahlern) und Pensionisten (Leistungsempfänger) weiterhin verschlechtere, und könne diesem Umstand ohne eine Herabsetzung der Versicherungsleistungen bzw. Erhöhung der Beiträge nicht wirksam begegnet werden.
Mit diesen Ausführungen kann die beschwerdeführende Partei keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. § 18 Abs. 4 der Satzung regelt die Maßnahmen in Bezug auf das versicherungstechnische Bilanzergebnis des Pensionsinstitutes als solches, während Abs. 5 dieser Bestimmung die Maßnahmen des versicherungstechnischen Bilanzergebnisses der einzelnen Mitglieder regelt. Die Maßnahmen nach § 18 Abs. 4 sind unabhängig davon zu treffen, ob solche nach Abs. 5 stattzufinden haben und auch umgekehrt. Die Bestimmungen stehen daher nicht im Verhältnis einer Subsidiarität zueinander, sondern beinhalten einen voneinander völlig getrennten eigenständigen Regelungsbereich. Der angefochtene Bescheid stützt sich daher zutreffend auf § 18 Abs. 5 der Satzung. Ausführungen zu § 18 Abs. 4 der Satzung sind daher entgegen der Ausführungen in der Beschwerde entbehrlich.
Die beschwerdeführende Partei macht weiters geltend, im Einspruch bemängelt zu haben, dass der erstinstanzliche Bescheid ohne ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren erstellt worden sei. Es sei ihr keine Möglichkeit eingeräumt worden, an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, es habe kein Parteiengehör gegeben und sei es ihr nicht möglich gewesen, in das Sachverständigengutachten, das die Grundlage für die Vorschreibung des Nachzahlungsbeitrages gewesen sei, einzusehen. Auf einige nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei mangelhaften Prämissen der versicherungstechnischen Bilanz sei im Einspruch und auch anlässlich einer Besprechung bei der belangten Behörde hingewiesen worden. Trotz dieser Einwendungen habe die belangte Behörde das Gutachten als vollständig und schlüssig bezeichnet und habe es nicht für notwendig erachtet, ein weiteres Gutachten einzuholen. Die beschwerdeführende Partei habe daher nach wie vor erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der versicherungstechnischen Bilanz und teile auch nicht die Beurteilung der von der belangten Behörde dargestellten Konsequenzen einer allenfalls unrichtigen Bilanz. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei im Hinblick auf die vorgebrachten Einwendungen zweckmäßig gewesen. Die Tatsache, dass dies unterlassen worden sei, stelle einen gravierenden Verfahrensmangel dar.
Dieser Rüge kommt im Ergebnis Berechtigung zu:
Nach diesem Vorbringen wurde zwar der beschwerdeführenden Partei im erstinstanzlichen Verfahren kein Parteiengehör eingeräumt. Dieser der Behörde erster Instanz (allenfalls) unterlaufene Verfahrensmangel wurde jedoch durch die Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels saniert. Die belangte Behörde führte kein eigenes Ermittlungsverfahren durch und traf keine eigenen Feststellungen. Darüber hinaus lässt die beschwerdeführende Partei die Feststellung im angefochtenen Bescheid, dass sie mit Schreiben vom 1. Oktober 1997 von einer weiteren Stellungnahme Abstand genommen habe, unbekämpft. Eine Verletzung des Parteiengehörs im Rahmen des Einspruchsverfahrens scheidet daher aus.
Die beschwerdeführende Partei hat im Rahmen des Einspruches Einwendungen gegen das dem Bescheid zugrunde gelegte Gutachten erhoben und hiezu ausgeführt, dass auch "bei laienhafter Betrachtung der Bilanz" auffalle, dass beispielsweise
-
der jährliche Neuzugang von 105 Personen im Vergleich zur tatsächlichen Entwicklung als zu hoch angenommen worden sei,
-
eine eigene Pensionsrichttafel und nicht die aktuelle österreichische Sterbetafel verwendet worden sei und
-
mit 5,5 % ein technischer Zinsfuß verwendet worden sei, der die kontinuierliche Erhöhung der Versicherungsleistungen in den vergangenen Jahren nicht berücksichtige.
Ein Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Einholung eines weiteren Gutachtens oder auf Aufnahme irgend eines anderen Beweises kann den vorgelegten Aktenteilen nicht entnommen werden.
Die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens kann nach der Judikatur z.B. durch den Nachweis erschüttert werden, dass die Schlussfolgerungen des Gutachtens, also die aus dem Befund gezogenen Schlüsse mit den Denkgesetzen oder mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen oder dass diese Schlussfolgerungen mit dem Wissensstand bzw. Erfahrungen der in Betracht kommenden Wissenschaft in Widerspruch stehen. Im letzteren Fall genügt allerdings eine bloße gegenteilige Behauptung nicht, sondern es ist diese durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen darzutun (vgl. etwa Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, AVG § 45 ENr. 123 und 126). Im vorliegenden Fall hat aber die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren solche Einwendungen nicht erhoben. Die Ausführungen der belangten Behörde über die Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens gehen daher an den Einwendungen vorbei. Die beschwerdeführende Partei hat sich mit ihren Einwendungen im Verwaltungsverfahren nicht gegen die Schlussfolgerungen sondern gegen den Befund des Sachverständigengutachtens, der sich im vorliegenden Fall aus tatsächlichen Ereignissen und aus statistischem Material zusammensetzt, gewandt. Diesen Einwendungen gegen die nicht näher begründeten Prämissen bzw. den Befund des Gutachtens begegnet die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit der Bemerkung, das Gutachten sei vollständig und schlüssig. Dieser Hinweis sowie die Bemerkung, die Ausführungen des Einspruchsgegners in seinem Vorlagebericht vom 20. Mai 1997 seien überzeugend, gehen fehl, weil einerseits der angesprochene Vorlagebericht sich nicht in den vorgelegten Aktenteilen befindet und andererseits das als "vollständig und schlüssig" bezeichnete Gutachten keine Begründung für die im Einspruch gerügten Prämissen enthält. Somit genügte die belangte Behörde ihrer Begründungspflicht nicht. Vielmehr hätte sie auf die einzelnen Einwendungen konkret einzugehen und die vermissten Feststellungen zu treffen gehabt. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid (Seite 6, Ende des zweiten Absatzes) ausgeführt, dass sich für den Fall, als man die Kritikpunkte teilweise als zutreffend erachte, ergeben würde, dass die Daten der versicherungstechnischen Bilanz des Pensionsinstitutes und in der Folge der Mitgliedsbetriebe ungünstiger ausfallen würden. Damit hat die belangte Behörde aber an sich die Relevanz der Einwendungen bestätigt. Kommt aber den Einwendungen Relevanz zu, dann ist darüber ein Ermittlungsverfahren abzuführen. Dies ergibt sich schon aus dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit. Die Unterlassung eines Ermittlungsverfahrens über als relevant angesehene Tatumstände kann nicht mit dem Grundsatz der Sparsamkeit des Verwaltungshandelns gerechtfertigt werden. Da die Behörde die Einwendungen der beschwerdeführenden Partei trotz der angenommenen Relevanz nicht überprüfte, sei es auch nur durch Ergänzung des Gutachtens, hat sie Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Da die beschwerdeführende Partei Kosten nicht verzeichnete, unterblieb eine diesbezügliche Entscheidung.
Wien, am 29. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997080614.X00Im RIS seit
20.11.2000