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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Zulässigkeit (auch) der Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers (ausländischer Staatsangehöriger) gegen die Versagung der für ihn beantragten Beschäftigungsbewilligung; Quasi-Anlaßfallwirkung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit der BundeshöchstzahlV 1995Spruch
Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 19.800,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die erstbeschwerdeführende Partei beantragte bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Bregenz die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Zweitbeschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen. Dieser Antrag wurde von der Behörde I. Instanz gemäß §4 Abs6 AuslBG abgewiesen.
Der Berufungsbescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg, der sich auf §4 Abs7 AuslBG (idF BGBl. 450/1990) iVm der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1995, BGBl. 944/1994, stützte, wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1996, B729/95, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben.
Auch im zweiten Rechtsgang blieb der von der erstbeschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung der Erfolg versagt: Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg stützte ihren Bescheid nunmehr auf §4 Abs7 AuslBG (idF BGBl. 257/1995) iVm der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1996 (kurz: BHZV 1996), BGBl. 763/1995, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV, BGBl. 278/1995, und begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die in der BHZV 1996 mit 263.000 festgelegte Bundeshöchstzahl überschritten sei und festgestellt wurde, daß der beantragte ausländische Arbeitnehmer in Österreich noch nicht legal beschäftigt war, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe und daher im Zeitpunkt der Entscheidung nicht der Anrechnung auf die Bundeshöchstzahl unterliege. Es träfen auch keine der in der BHZÜV angeführten Voraussetzungen für den beantragten Ausländer oder die vorgesehene Beschäftigung zu.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die beschwerdeführenden Parteien die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behaupten und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragen.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor; eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die Beschwerde ist zulässig, und zwar auch, soweit sie vom Zweitbeschwerdeführer eingebracht worden ist. Im (Berufungs-)Verfahren waren nämlich auch dessen persönliche Umstände zu würdigen und für die Entscheidung mit von Bedeutung, was ihm nach §21 AuslBG Parteistellung verschafft: Bei einer Versagung der Beschäftigungsbewilligung aus dem Titel des §4 Abs7 AuslBG ist nämlich aufgrund der Verweisung auf §12a Abs2 leg.cit. auch zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anwendung der BHZÜV vorliegen, unter denen sich solche befinden, die persönliche Umstände des Ausländers betreffen.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
a) Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. März 1997, V114/96, ausgesprochen, daß die BHZV 1996 gesetzwidrig war.
b) Gemäß Art139 Abs6 B-VG ist eine vom Verfassungsgerichtshof für gesetzwidrig erkannte Verordnung im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind einem Anlaßfall (im engeren Sinn) jene Fälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung, bei Unterbleiben einer solchen in jenem des Beginns der nichtöffentlichen Beratung über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Verordnungsstelle anhängig sind (vgl. VfSlg. 10661/1985, 10736/1985, 10954/1986).
c) Die Beschwerde ist am 31. Oktober 1996 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt. Der Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Normenprüfungsverfahren über die BHZV 1996 war der 12. März 1997. Der Ausspruch, daß die BHZV 1996 gesetzwidrig war (vgl. Pkt. II.2.a)), wirkt daher auch für sie.
Der angefochtene Bescheid ist in Anwendung der als gesetzwidrig erkannten Verordnung ergangen. Es ist nach Lage des Falles (insbesondere im Hinblick darauf, daß §4 Abs7 AuslBG nur dann zur Anwendung gelangen kann, wenn die Gesamtzahl gemäß §12a Abs1 leg.cit. vom Bundesminister kundgemacht wurde; vgl. dazu insbesondere die Ausführungen unter Pkt. II.6.b) des oben unter Pkt. II.2.a) genannten Erkenntnisses) nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich ihre Anwendung für die beschwerdeführenden Parteien als nachteilig erweist. Diese sind demnach durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden. Der Bescheid war daher aufzuheben.
d) Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
III. Die Kostenentscheidung stützt
sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in Höhe von S 3.300,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, Parteistellung ArbeitsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1997:B3613.1996Dokumentnummer
JFT_10029390_96B03613_00