Index
E1E;Norm
12010E049 AEUV Art49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision des I C, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 31. August 2018, LVwG 30.38-1889/2017-19, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Hinsichtlich der Verhängung der Strafe wird das angefochtene Erkenntnis in seinem Spruchpunkt I. gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:
"Die Strafsanktionsnorm lautet § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 13/2014".
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 3. Mai 2017 wurde der Revisionswerber als gemäß § 9 Abs. 1 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der vierfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt. Über ihn wurden vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 5.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers dem Grunde nach ab (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich des Strafausmaßes gab das LVwG der Beschwerde dahingehend Folge, als die Geldstrafen mit jeweils EUR 3.000,-- (und ebenfalls die Ersatzfreiheitsstrafen) neu festgesetzt wurden (Spruchpunkt II.). Weiters erklärte das LVwG die Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt III.).
3 Begründend führte das LVwG im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei Geschäftsführer der von ihm vertretenen Gesellschaft. Diese sei Inhaberin der im Lokal vorgefundenen Glücksspielgeräte und Veranstalterin iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit einem Antrag auf Kostenersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 28.11.2018, Ra 2018/17/0164, mwN).
9 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das LVwG im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
10 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff).
11 Entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen steht auch das in § 14 Abs. 3 GSpG enthaltene Erfordernis eines inländischen Sitzes für den Erhalt einer Konzession nicht mit Unionsrecht im Widerspruch. Da § 14 Abs. 3 dritter Satz GSpG von diesem Erfordernis bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch eine Ausnahme enthält, werden mit dieser Bestimmung keine der unionsrechtlichen Vorgaben verletzt: Zwar stellt auch die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Nachsicht von der Sitzverpflichtung - nämlich eine vergleichbare Lotteriekonzession und eine vergleichbare staatliche Glücksspielaufsicht in dem Mitgliedstaat (der EU bzw. des EWR), in dem der Konzessionswerber seinen Sitz hat - eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Diese Beschränkung in § 14 Abs. 3 GSpG ist jedoch durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und genügt den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit, die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergeben (vgl. dazu näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang wurde somit auch keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
12 Die Revision erweist sich jedoch in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zur Anführung der korrekten Strafsanktionsnorm im Spruch im Umfang der Überprüfung des Strafausspruches als zulässig und begründet:
13 Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ist die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG (vgl. z.B. VwGH 14.11.2018, Ra 2018/17/0125, mwN). Dem Revisionsfall liegen vier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zu Grunde, weshalb vorliegend die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz leg. cit. zur Anwendung kommt.
14 Das Verwaltungsgericht hat insoweit, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen (vgl. nochmals VwGH 14.11.2018, Ra 2018/17/0125, mwN).
15 Gegenständlich hat das LVwG in Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses die Beschwerde des Revisionswerbers dem Grunde nach abgewiesen, die Strafsanktionsnorm jedoch trotz des diesbezüglich fehlerhaften Abspruchs im bekämpften Straferkenntnis nicht korrigiert.
16 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang seines Spruchpunktes I. - die genannten Voraussetzungen liegen vor - durch die spruchgemäße Änderung hinsichtlich der angewendeten Strafsanktionsnorm richtigzustellen.
17 Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses enthält die Revision kein Zulässigkeitsvorbringen. Sie war daher auch insoweit nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
18 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 22. Jänner 2019
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170199.L00Im RIS seit
13.02.2019Zuletzt aktualisiert am
08.04.2019