TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/6 G301 2177842-1

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Veröffentlicht am 06.11.2018
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Entscheidungsdatum

06.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §70 Abs3

Spruch

G301 2177842-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Rumänien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.10.2017,

Zl. XXXX, betreffend befristetes Aufenthaltsverbot, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Salzburg, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) im Stande der Strafhaft zugestellt am 28.10.2017, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG, kein Durchsetzungsaufschub gewährt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

Mit dem am 20.11.2017 beim BFA, RD Salzburg, eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid. Darin wurde nach Darlegung der Beschwerdegründe beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen; den Bescheid ersatzlos zu beheben; in eventu das Aufenthaltsverbot wesentlich zu verkürzen; in eventu einen Durchsetzungsaufschub zu gewähren sowie in eventu den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 27.11.2017 vom BFA vorgelegt. Dabei beantragte das BFA als belangte Behörde, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Rumänien.

Der BF hielt sich ab Mai 2011 - mit kurzen Unterbrechungen - regelmäßig in Österreich auf. Er weist in Österreich von 18.05.2011 bis 07.10.2011, von 07.10.2011 bis 20.03.2012, von 20.03.2012 bis 19.04.2013, von 18.11.2013 bis 25.03.2014, von 25.03.2014 bis 10.06.2014, von 12.06.2014 bis 18.06.2014, von 18.06.2014 bis 15.01.2015 und von 03.11.2015 bis 03.04.2018 (Strafvollzug) amtliche Hauptwohnsitzmeldungen in Österreich auf.

Am 05.04.2018 wurde der BF auf dem Luftweg von Österreich nach Rumänien abgeschoben.

Am 17.11.2011 wurde dem BF auf dessen Antrag von der Bezirkshauptmannschaft XXXX eine Anmeldebescheinigung (Arbeitnehmer) für den unionsrechtlichen Aufenthalt ausgestellt.

Von 24.12.2011 bis 11.04.2012, von 08.06.2012 bis 16.10.2012, von 21.12.2012 bis 05.11.2013, von 16.12.2013 bis 12.02.2014, von 08.02.2014 bis 23.04.2014, von 05.06.2014 bis 07.06.2014 und von 13.06.2014 bis 11.09.2014 war der BF im Bundesgebiet bei insgesamt fünf verschiedenen Arbeitgebern als Arbeiter beschäftigt.

Der BF weist in Österreich folgende rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen auf:

01) LG XXXX vom 30.06.2011 RK XXXX

§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB

Datum der (letzten) TatXXXX2008

Geldstrafe von 180 Tags zu je 2,00 EUR (360,00 EUR) im NEF 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 2 Jahre

Junger Erwachsener

Vollzugsdatum XXXX2011

02) LG XXXX vom 12.08.2014 RK XXXX

§ 201 Abs. 1 StGB

§ 83 Abs. 1 StGB

Datum der (letzten) TatXXXX2014

Freiheitsstrafe 3 Jahre

Aus der Freiheitsstrafe entlassen amXXXX2018, bedingt, Probezeit 5 Jahre

Anordnung der Bewährungshilfe

(LG XXXX vom 03.01.2018)

Aufhebung der Bewährungshilfe

(LG XXXX vom 22.05.2018)

Festgestellt wird, dass der BF die mit den oben genannten Urteilen festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das in den Urteilen und im angefochtenen Bescheid jeweils näher umschriebene strafbare Verhalten gesetzt hat.

Der BF wurde zuletzt mit dem oben angeführten Urteil des LG XXXX vom 12.08.2014 wegen des Verbrechens der Vergewaltigung und des Vergehens der Körperverletzung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Der BF hat in der Nacht zumXXXX2014 wissentlich und willentlich eine im selben Hotel angestellte Kollegin gegen deren Willen in deren Personalzimmer, nachdem er das Zimmer ohne ihr Wissen in ihrer Abwesenheit betreten und auf ihre Rückkehr gewartet hatte, mit Gewalt zur Duldung des vaginalen Geschlechtsverkehrs genötigt. Im Anschluss an die Vergewaltigung verletzte der BF sein Opfer vorsätzlich am Körper, indem er es an den Haaren aus dem Bett riss, sodass es auf den Knien am Boden vor ihm landete und ihr mit beiden Händen Schläge ins Gesicht versetzte, wodurch das Opfer ein Hämatom am rechten Auge, Schwellungen im rechten Schläfenbereich, Kratzspuren am rechten Halsbereich, Prellungen (Rötungen) an beiden Knien und eine leichte Blutung am Hinterkopf unter den Haaren erlitt. Im Tatzeitpunkt war der BF mittelgradig alkoholisiert. Im Strafverfahren bzw. in der Hauptverhandlung verantwortete der BF sich sowohl hinsichtlich des Vorwurfes der Vergewaltigung als auch der Körperverletzung leugnend und gab an, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich erfolgt sei, danach zwar ein Streit zwischen ihm und dem Opfer stattgefunden und er das Opfer jedoch nie geschlagen habe. Die Verletzungen habe sich das Opfer sich bei einem Sturz zugezogen.

Bei der Strafbemessung wurden die einschlägige Vorstrafenbelastung und das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd hingegen nichts gewertet.

Der vom BF gegen dieses Urteil erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX nicht Folge gegeben, womit das angefochtene Urteil mit 10.09.2015 in Rechtskraft erwuchs.

Der zweiten - älteren - Verurteilung lag eine schwere Körperverletzung zugrunde. Die Tat gestaltete sich derart, dass der BF dem männlichen Opfer mit Verletzungsvorsatz mehrere Faustschläge gegen das Gesicht erteilte, wodurch dieses zu Boden stürzte. Die Tat hatte eine an sich schwere Verletzung des Opfers zur Folge. Als mildernd wurde neben der Unbescholtenheit und der großteils geständigen Verantwortung die eingeschränkte Diskretions- und Dispositionsfähigkeit aufgrund der Alkoholisierung (0,67 mg/l = 1,34 ‰), als erschwerend hingegen nichts gewertet.

Ab XXXX2015 verbüßte der BF die über ihn verhängte Strafhaft in verschiedenen Justizanstalten. Der BF wurde am XXXX2018 aus der Strafhaft in der Justizanstalt XXXX unter Setzung einer Probezeit von fünf Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen und am 05.04.2018 auf dem Luftweg nach Rumänien abgeschoben.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Die Schwester des BF lebt mit ihrer Familie in Österreich. Es konnte kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem BF und seiner Schwester festgestellt werden. Von 18.05.2011 bis 07.10.2011 und von 12.06.2014 bis 18.06.2014 war der BF unter der Adresse seiner Schwester gemeldet. Seine Eltern leben in Rumänien.

Konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass eine umfassende und nachhaltige Integration des BF in Österreich in wirtschaftlicher, sprachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht anzunehmen gewesen wäre, liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbedenklichen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Insoweit der BF in der Beschwerde ergänzende Ausführungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen und Lebensumständen tätigte, so waren diese glaubhaft und konnten als Sachverhalt festgestellt werden.

Die Feststellungen zur bedingten Entlassung aus der Strafhaft und zur anschließenden Abschiebung nach Rumänien ergeben sich aus den unzweifelhaften Eintragungen im Strafregister der Republik Österreich, im Zentralen Melderegister (ZMR) und im Integrierten Zentralen Fremdenregister (IZR).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zum Aufenthaltsverbot:

Gemäß § 67 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

Gemäß § 67 Abs. 3 FPG kann ein Aufenthaltsverbot unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

Gemäß § 67 Abs. 4 FPG ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

Wenn der Fremde nach dem Maßstab der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG; vgl. § 2 Abs. 4 Z 18 FPG) das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, ist es geboten, auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 FPG den erhöhten Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG heranzuziehen. Demnach darf eine Ausweisung nur "aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit2 verfügt werden. Dieser Gefährdungsmaßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen des FPG über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FPG (siehe VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057).

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche siebenjährige Aufenthaltsverbot auf § 67 Abs. 1 und 2 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand begründet, dass der Aufenthalt des BF auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und der Schwere seines bisherigen Fehlverhaltens ein Grundinteresse der Gesellschaft beeinträchtige und vom BF eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe.

In der Beschwerde ist der BF den Gründen, die zum Aufenthaltsverbot geführt haben, nur dahingehend entgegengetreten, dass er in Haft eine Psychotherapie gemacht habe und ihm der Vorfall sehr leidtue. Weitere Angaben dazu tätigte der BF allerdings nicht. Ferner verwies der BF auf seinen langen Aufenthalt in Österreich und darauf, dass seine Schwester in Österreich lebe und arbeite und zwischen den Geschwistern ein inniges Verhältnis bestehe. Der BF besuche seine Schwester, deren Ehemann und die Kinder jedes Mal, wenn er Ausgang bekomme. Das Haus der Schwester und ihrer Familie in Österreich sei der Familientreffpunkt. Auch seine in Rumänien lebenden Eltern hielten sich zurzeit in Österreich auf.

Der BF ist Staatsangehöriger von Rumänien und somit als Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

Vorauszuschicken ist, dass sich der BF nicht in einem zehn Jahre übersteigenden Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hat, weshalb der qualifizierte Tatbestand des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG (d.h. nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich durch den Verbleib im Bundesgebiet) nicht als Prüfungsmaßstab des vorliegenden Aufenthaltsverbots zur Anwendung kommt. Auch liegt kein zumindest fünfjähriger kontinuierlicher und rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich vor, weswegen der BF das unionsrechtliche Recht auf Daueraufenthalt im Sinne des Art. 16 Freizügigkeitsrichtlinie nicht erworben hat, zumal auch der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe grundsätzlich geeignet ist, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/21/0079). Daher ist bei der Prüfung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG (d.h. "tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt") anzuwenden.

Bei der Stellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 67 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Der bereits wegen schwerer Körperverletzung einschlägig vorbestrafte BF wurde zuletzt wegen des Verbrechens der Vergewaltigung und des Vergehens der Körperverletzung zu einer ausschließlich unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Die vom BF verübten strafbaren Handlungen und die vom Strafgericht verhängte Strafe, insbesondere die gänzliche Abstandnahme von der Gewährung einer bedingten Strafe im Strafurteil, zeigen, dass das persönliche Verhalten des BF eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, zumal die Straftaten noch nicht lange zurückliegen und somit der seither verstrichene Zeitraum als zu kurz anzusehen ist, um gänzlich von einem Wegfall der Gefährdung zu sprechen, insbesondere da der BF erst im April 2018 bedingt aus der Strafhaft entlassen wurde. Die in Haft verbrachte Zeit hat bei der Berechnung des Zeitraumes eines behaupteten Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben (VwGH 21.01.2010, Zl. 2009/18/0485).

Der vom BF in der Beschwerde bekundete Reue kommt keine entscheidende Bedeutung zu, zumal der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233).

In diesem Zusammenhang war jedoch zu berücksichtigen, dass sich der BF im Strafverfahren nicht geständig bzw. auch nicht reumütig zeigte und in der Hauptverhandlung im August 2014 noch ausdrücklich behauptete, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich stattgefunden und sich das Opfer die objektivierten Verletzungen durch einen selbst verschuldeten Sturz zugezogen hätte.

Gerade auch die Art der Begehung und die Schwere der zuletzt vom BF begangenen Straftat der Vergewaltigung, welcher eine besondere Verwerflichkeit zukommt, weist auf eine hohe Aggressivität und Gewaltbereitschaft des BF hin. Die konkrete Tatausführung lässt den Schluss auf einen über das übliche mit solchen strafbaren Handlungen verbundene Maß hinausgehenden besonderen Handlungs-, Gesinnungs- oder Erfolgsunwert und auf eine besondere Gefährlichkeit des BF zu. Der BF begab sich zuerst ohne Wissen des späteren Opfers in dessen Personalzimmer und wartete auf die Frau, um diese in ihrem eigenen Zimmer mit Gewalt zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zu nötigen. Im Anschluss an die erfolgte Vergewaltigung fügte der BF dem Opfer unter anderem durch Schläge ins Gesicht zusätzlich eine Körperverletzung zu. In Zusammenschau mit der bereits vorangegangenen Verurteilung des BF wegen schwerer Körperverletzung lässt dieser Geschehensablauf eine Prognose für eine Tatwiederholungsgefahr jedenfalls nicht als unbegründet erscheinen lässt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Änderung des persönlichen Verhaltens trotz der bereits im Jahr 2011 verhängten Strafe nicht stattgefunden hat, weshalb trotz der vom BF erklärten Reue eine (erneute) Rückfälligkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Bei Begehung der Straftaten war der BF jeweils alkoholisiert und hat der BF, obwohl ihm aufgrund der ersten Verurteilung bewusst war bzw. bewusst sein musste, dass Alkohol zu aggressivem Verhalten bei ihm führt, Alkohol in einer nicht geringfügigen Menge konsumiert und anschließend strafbare Handlungen gegen die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung anderer begangen.

All dies weist auf ein beträchtliches Aggressionspotenzial und auf ein schwerwiegendes persönliches Fehlverhalten des BF hin, was wiederum unter Bedachtnahme auf die Gefährdung der sexuellen und körperlichen Integrität von Menschen eine Erheblichkeit der Gefahr annehmen lässt. Allein eine in der Haft durchgeführte Psychotherapie vermag daran nichts zu ändern.

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von solchen gegen die körperliche und psychische Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung, stellt jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft dar. Zudem kommt den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 09.03.2003, Zl. 2002/18/0293).

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074).

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Fehlverhalten von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Aufenthaltsverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere des Verstoßes gegen österreichischen Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.

Letztlich waren im Lichte der nach § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK gebotenen Abwägung allenfalls vorhandene nachhaltige familiäre oder private Bindungen des BF in Österreich zu berücksichtigen.

Der BF ist alleinstehend und verfügt über keine engen familiären Bindungen in Österreich, zumal mit seinen hier lebenden Verwandten vor seiner Inhaftierung kein gemeinsamer Haushalt bestand und auch sonst kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis mit diesen Verwandten bestand. Angesichts seiner Beziehung zu seiner Schwester und deren Familie bestehen aber Anknüpfungspunkte im Rahmen seines Privatlebens, wozu auch Kontakte zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen den keine besondere Abhängigkeit besteht, zählen. Es sind keine Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht hervorgekommen sind. Allein der Umstand mehrerer saisonaler Beschäftigungsverhältnisse bei verschiedenen Arbeitgebern und ein damit einhergehendes Begründen eines Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreises machen noch keine umfassende und nachhaltige Integration aus. Seine bislang in Österreich bestehenden Kontakte zu seiner Schwester und deren Familie können sowohl über diverse Kommunikationsmittel (wie Telefon oder Internet) als auch durch Besuche der Familienangehörigen in Rumänien oder in anderen Staaten aufrechterhalten werden.

Bei der Abwägung aller relevanten Umstände überwiegt hier das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung das persönliche Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich, zumal das öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere von Gewalt- und Sexualdelikten, als sehr groß zu bewerten ist (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474).

Was die Dauer des Aufenthaltsverbotes im Ausmaß von sieben Jahren anbelangt, so hat sich diese aus folgenden Erwägungen als gerechtfertigt erwiesen:

Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Ein Tatbestand des § 67 Abs. 3 FPG liegt hier nicht vor. Bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nach § 67 Abs. 2 FPG sind - in Abgrenzung zu den in § 67 Abs. 3 FPG angeführten besonders qualifizierten Straftaten - auch strafbare Handlungen mit hohem Unrechtsgehalt und Strafen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe zu berücksichtigen.

Das dargestellte Fehlverhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Verhinderung strafbarer Handlungen gegen die körperliche und psychische Unversehrtheit anderer Menschen und die sexuelle Selbstbestimmung massiv zuwidergelaufen.

Im Vergleich zum grundsätzlich zulässigen Höchstausmaß von zehn Jahren steht die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Aufenthaltsverbotes von sieben Jahren im Hinblick auf die im gegenständlichen Fall tatsächlich verhängte unbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren (bedingte Entlassung nach 29 Monaten unter Anordnung der Bewährungshilfe und Setzung einer Probezeit von fünf Jahren) und den konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe in angemessener Relation, weshalb auch eine Herabsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes nicht in Frage kam.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich das angeordnete Aufenthaltsverbot als rechtmäßig und die Dauer des Aufenthaltsverbotes als angemessen erwiesen haben, weshalb gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgen, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortigen Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat und wie sich aus den bereits zum Aufenthaltsverbot dargelegten Erwägungen ergibt, erwies sich die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als erforderlich. Der BF hat durch sein Gesamtfehlverhalten unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung, insbesondere an die Strafgesetze, zu halten. Die Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sind somit zu Recht erfolgt.

Überdies wurde der BF am 05.04.2018 von Österreich nach Rumänien abgeschoben und hält sich somit nicht mehr im Bundesgebiet auf.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich der Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet abzuweisen und dem in der Beschwerde gestellten und als "Anregung" zu bewertenden Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zu entsprechen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).

Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG - trotz eines entsprechenden Antrages in der Beschwerde - eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.4. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot, Durchsetzungsaufschub, EU-Bürger,
Gefährdungspotenzial, Gefährdungsprognose, Interessenabwägung,
öffentliche Interessen, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G301.2177842.1.00

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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