Entscheidungsdatum
05.12.2018Norm
BVergG 2006 §12 Abs1 Z3Spruch
W139 2206369-2/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina Hofer als Vorsitzende sowie Mag. Wolfgang Pointner als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und Dr. Theodor Taurer als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag der XXXX , vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Dr. Michael Pichlmair, Ing.MMag. Michael A. Gütlbauer Rechtsanwälte, Eisenhowerstraße 27, 4600 Wels, vom 25.09.2018 betreffend das Vergabeverfahren "Verbandskläranlage Korneuburg, Errichtung 2. Ausbaustufe, Erweiterung auf 85.000 EW, maschinelle Ausrüstung und Schlosserarbeiten" des Auftraggebers Abwasserverband "Raum Korneuburg", Donaulände 22, 2100 Korneuburg, vertreten durch Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH, Mölker Bastei 5, 1010 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung wird
abgewiesen.
B)
Der Antrag auf Nichtigerklärung einer allenfalls bereits ergangenen bzw binnen 15 Tagen ab Zustellung der angefochtenen Ausscheidensentscheidung ergehenden Zuschlagsentscheidung wird zurückgewiesen.
C)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:
1. Mit Schriftsatz vom 25.09.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, Akteneinsicht in den Vergabeakt, Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch den Auftraggeber. Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Der Nachprüfungsantrag richte sich gegen die der Antragstellerin per Telefax am 20.09.2018 mitgeteilte Ausscheidensentscheidung einerseits und eine allenfalls bereits ergangene bzw binnen 15 Tagen ab Zustellung der angefochtenen Ausscheidensentscheidung ergehende Zuschlagsentscheidung andererseits.
Das gegenständliche Vergabeverfahren werde als offenes Verfahren im Unterschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip geführt. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein Angebot gelegt, welches hinsichtlich sämtlicher Angebote preislich an erster Stelle liege. Das Angebot der Antragstellerin sei im Sinne der in der Ausschreibung festgelegten Zuschlagskriterien nicht nur preislich das Günstigste, sondern auch insgesamt tatsächlich das Beste. Als Bestbieterin sei ihrem Angebot der Zuschlag zu erteilen. Angemerkt werde überdies, dass das nach der fortlaufenden Eingangsnummer dritteingelangte Angebot nach Ende der Angebotsfrist, d.h. verspätet eingelangt sei und zudem nicht eindeutig erkennbar sei, wer hier konkret als Bieter auftrete.
Es drohe bei Entgang bzw Nichtdurchführung des gegenständlichen Auftrages ein Schaden in der Höhe der Kosten der Angebotslegung, des entgangenen Gewinnes, sowie der anfallenden, nicht verminderten kalkulierten Geschäftsgemeinkosten, sohin das Erfüllungsinteresse. Die Nichterteilung des Zuschlages würde insbesondere auch eine fehlende Auslastung des Personalstandes, Folgekosten für die Akquisition anderer Aufträge und dergleichen mit sich bringen. Die Antragstellerin habe ein immanentes Interesse an diesem Auftrag, welches sich einerseits im dargestellten drohenden Schaden und andererseits im Umstand, dass es sich bei dem gegenständlichen Auftrag um ein weiteres Referenzprojekt im gegenständlichen Geschäftszweig handle, hinreichend manifestiere. Die Antragstellerin erachte sich in ihren Rechten auf Nichtausscheidung des Angebotes, auf Zuschlagserteilung, auf Gleichbehandlung sowie auf Durchführung eines gesetzeskonformen Vergabeverfahrens als verletzt.
Der Abwasserverband Raum Korneuburg sei ein bundesgesetzlich eingerichteter Selbstverwaltungskörper dessen Vollziehung dem Landeshauptmann in mittelbarer Bundesverwaltung zukomme; er sei Auftraggeber im Vollziehungsbereich des Bundes (Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG). Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des gegenständlichen Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren sowie zur Erlassung einstweiliger Verfügungen nach dem 4. Teil des BVergG 2018 sei sohin entgegen den Angaben des Auftraggebers gegeben.
Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit führte die Antragstellerin im Einzelnen aus, dass sie mit E-Mail vom 05.09.2018 der Aufforderung des Auftraggebers vom 29.08.2018 um Vorlage der Detailkalkulation für die Position 90.0602F "Az SRs Formst.alle L.4" entsprochen habe und die konkrete Detailkalkulation vorgelegt und nachvollziehbar dargestellt habe, dass beim Einheitspreis in der LG-Pos.Nr. 90.0602F ein evidenter Erklärungsirrtum vorliege, nämlich insoweit als sich ein Rechenfehler eingeschlichen habe und ein rund um das Zehnfache zu hoher Einheitspreis eingetragen worden sei. Grundsätzlich werde von der Antragstellerin die - gesondert anzubietende - Aufzahlung (konkret in den LG-Pos.Nr. 90.0602A bis 90.0602F) für die erforderlichen Form- und Verbindungsstücke und das Befestigungsmaterial (Formst.) für alle Leitungen zu den bezüglichen Rohren (LG-Pos.Nr. 90.0601A bis 90.0601F) als Zuschlag zum Rohrpreis der betreffenden Dimension auf den Anteil "Sonstiges" in der Höhe von rund XXXX % kalkuliert. In der LG-Pos.Nr. 90.0602F sei dieser Aufschlag konkret bei XXXX % gelegen. Genau hier sei nun auf EP-Ebene ein Rechenfehler unterlaufen, indem fälschlicherweise mit einem (um den Faktor 10 zu hohen!) prozentuellen Zuschlag von XXXX % gerechnet und damit ein rund um das 10-fache zu hoher Einheitspreis, nämlich anstatt richtig EUR XXXX ein solcher (evident falscher) von EUR XXXX , eingetragen bzw angeboten worden sei. Es sei in der gegenständlichen Branche allgemein üblich und gängige Praxis für die erforderlichen Form- und Verbindungsstücke und das Befestigungsmaterial (Formst.) für alle Leitungen zu den bezüglichen Rohren einen Zuschlag zum Rohrpreis auf den Anteil "Sonstiges" in der Höhe von rund XXXX % zu verrechnen. Für die ausschreibende Stelle und damit auch den Auftraggeber sei dieser Erklärungsirrtum sohin evident. Der Vorwurf in der Ausscheidensentscheidung, wonach die Antragstellerin "keinen Erklärungsansatz für die Plausibilisierung dieses Preisansatzes geliefert" hätte, gehe am Kern der Sache vorbei und sei unrichtig.
Ein spekulatives Angebot liege in concreto definitiv nicht vor. Eine Spekulation liege von vornherein nur dann vor, wenn die Möglichkeit einer gravierenden Abweichung zwischen ausgeschriebener und voraussichtlich abgerechneter Menge bestehe. Könne eine Menge - wie im vorliegenden Fall - genau bestimmt werden und sei sie in richtiger Größe ausgeschrieben, könne auch kein spekulativer Einheitspreis vorliegen; die Preisstabilität des Angebotes sei gegeben. Eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises, wie vom Auftraggeber behauptet, liege tatsächlich nicht vor. Auch sonst seien keine Gründe ersichtlich, auf welche ein Ausscheiden des Angebotes gestützt werden könne.
Der Auftraggeber verkenne, dass die Berichtigung eines Rechenfehlers in einem Angebot unter den Voraussetzungen des § 126 Abs 4 BVergG 2006 nicht nur zulässig, sondern auch tatsächlich vorzunehmen sei. Auch hinsichtlich der Einheitspreise gelte die Rechenfehlerregelung des § 126 Abs 4 BVergG 2006. Das (irrtümliche) Verrechnen eines um den Faktor 10 überhöhten und für jeden redlichen, zumal sachkundigen Erklärungsempfänger eindeutig erkennbar überhöhten Zuschlages stelle jedenfalls einen solchen Rechenfehler dar. Auf die Richtigkeit der rechnerischen Operation komme es nach dieser Bestimmung und der höchstgerichtlichen Judikatur nicht an. Gemäß § 126 Abs 4 BVergG 2006 und den Festlegungen in der gegenständlichen Ausschreibung sei der vorliegend bei 1,83% und damit unter 2 % des ursprünglichen Gesamtpreises ohne Umsatzsteuer liegende Rechenfehler zu berücksichtigen und damit der Einheitspreis sowie der Gesamtpreis entsprechend zu berichtigen. Es sei weder der Gesamtpreis nicht plausibel zusammengesetzt, noch das Angebot den Ausschreibungsbestimmungen widersprechend.
Darüber hinaus verfüge die Antragstellerin entgegen der Ansicht des Auftraggebers über die geforderten projektspezifischen Referenzen und habe diese ausschreibungskonform angegeben. Als Referenzprojekt sei in der Ausschreibung unmissverständlich die Beauftragung mit der maschinellen und gastechnischen Ausrüstung für den Neubau oder die Sanierung oder den Umbau eines Faulturmes (d.h. nur den Neubau oder die Sanierung oder den Umbau des ersten Teiles der sogenannten "Gaslinie") definiert. Mindestkriterium sei dabei die gastechnische Ausrüstung für einen Faulturm mit einem Gasanfall von mindestens 50 m³/h inklusive Gasdom, Schlammabzugseinrichtung, Rührwerk, Gasspeicherung, Gasreinigung und BHKW Installation. Es sei damit auch in diesem Zuschlagskriterium die maximale Punkteanzahl zuzuteilen. Soweit die Antragsgegnerin nun dahin argumentiere, dass die von uns ausgeführten Faultürme (Referenz 2 und 3) nicht anerkannt werden würden, weil diese im Rahmen eines Auftrages von uns ausgeführt worden wären, so sei dies ausschreibungswidrig.
Vorsichtshalber werde gemäß § 342 Abs 2 BVergG 2018 auch eine bereits ergangene oder binnen 15 Tagen ab Zustellung der angefochtenen Ausscheidensentscheidung vom 20.09.2018 ergehende Zuschlagsentscheidung angefochten. Die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung sei auch im Hinblick auf die Legitimation zur Anfechtung des Ausscheidens erforderlich bzw geboten. Die Zuschlagsentscheidung sei bereits aufgrund des rechtswidrigen Ausscheidens des Angebotes der Antragstellerin mit Rechtswidrigkeit behaftet.
2. Am 27.09.2018 erteilte der Auftraggeber die erbetenen allgemeinen Auskünfte zum Vergabeverfahren.
3. Am 03.10.2018 nahm der Auftraggeber zum Nachprüfungsantrag Stellung. Die Antragstellerin gestehe unter Punkt 4.1 ihres Nachprüfungsantrages ausdrücklich zu, dass sie bei einer als „wesentlich" gekennzeichneten Position im Ausschreibungsleistungsverzeichnis den um den Faktor 10 überhöhten Einheitspreis angeboten habe. Die Antragstellerin irre, wenn sie meine, dass es sich hier um einen „Rechenfehler" im Sinne des § 126 Abs 4 BVergG 2006 handle, der berichtigungsfähig wäre. Sämtliche Ausführungen der Antragstellerin würden offenlegen, dass es schlicht ein Kalkulationsfehler der Antragstellerin gewesen sei, der zu diesem nicht plausiblen Preis geführt habe.
Wie die Antragstellerin selbst ausführe, setze ein Rechenfehler im Sinne des § 126 Abs 4 BVergG 2006 voraus, dass es sich um eine "mit einem evidenten Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters" handle. Hier gehe es im Unterschied zum von der Antragstellerin zitierten VwGH-Erkenntnis nicht darum, dass im Angebot enthaltene Angaben und Positionen zu einem falschen Gesamtpreis geführt haben, sondern schlicht darum, dass die Antragstellerin in ihrem Angebot einen Einheitspreis angegeben habe, von dem sie nun behaupte, dass er falsch kalkuliert wäre. Aus keiner Stelle des Angebotes sei ableitbar, dass hier ein Erklärungsirrtum vorliege und noch viel weniger, dass es sich um einen zu hoch verrechneten Zuschlag handle, der zu diesem Einheitspreis führe. Der in den Gesetzesmaterialien verlangte "evidente Erklärungsirrtum" liege hier also nicht vor. Einzig "evident" sei, dass der in Rede stehende Positionspreis sehr hoch sei. Alles andere als evident sei hingegen, dass sich dieser Betrag nur aus einem Erklärungsirrtum ergebe. Dazu müsste sich (etwa aus anderen Stellen des Angebotes) ergeben, was die Antragstellerin hier tatsächlich gemeint habe, was aber nicht der Fall sei. Hier liege sohin ein Kalkulationsirrtum vor. Der nicht plausible Einheitspreis ergebe sich aufgrund eines Kalkulationsfehlers, nämlich der Einberechnung eines zu hohen Zuschlagssatzes.
Wenn die Antragstellerin meine, dass das irrtümliche Verrechnen eines um den Faktor 10 überhöhten Zuschlages für einen redlichen und sachkundigen Erklärungsempfänger eindeutig erkennbar sein hätte müssen, so scheitere dieser Erklärungsansatz schon daran, dass für einen sachkundigen Erklärungsempfänger nur erkennbar sei, dass der Einheitspreis auffällig hoch sei. Dass sich dieser zu hohe Einheitspreis evidenter Maßen auf einen zu hohen Zuschlag zurückführen lasse, sei alles andere als offenkundig, weil sich diese Einheitspreisposition aus einer Vielzahl von Kostenkomponenten und nicht nur dem Zuschlag zusammensetze. Noch viel weniger offenkundig sei dann für einen sachkundigen Erklärungsempfänger, dass dieser Zuschlag ausgerechnet um den Faktor 10 überhöht sei (und nicht etwa um den Faktor 3 oder 7).
Würde die Rechtsauffassung der Antragstellerin zutreffen, dass falsch kalkulierte Einheitspreise unter Bezugnahme auf die Rechenfehlerregelung des § 126 Abs 4 BVergG 2006 korrigiert werden könnten, solange die Korrektur nur innerhalb des in der Ausschreibung festgelegten Korridors bewege, wäre es jedem Bieter ermöglicht, unter Bezugnahme auf eine Rechenfehlerkorrektur im Nachhinein seine Einheitspreise abzuändern. Dies widerspreche den Grundsätzen des Vergaberechts, insbesondere dem Transparenzgebot und dem Diskriminierungsverbot und dem im offenen Verfahren geltenden Verbot der nachträglichen Abänderung des Angebotes.
Es handle sich vorliegend weder um einen Erklärungsirrtum, noch sei dieser für den Erklärungsempfänger evident, weswegen kein gemäß § 126 Abs 4 BVergG 2006 berichtigbarer Rechnungsfehler vorliege.
Die Antragstellerin irre überdies, wenn sie meine, ein nicht plausibler Gesamtpreis liege nur dann vor, wenn zu hohe oder niedrige Einheitspreise aus Gründen einer Spekulation angeboten worden seien. In der Rechtsprechung und Literatur sei hinreichend geklärt, dass der Ausscheidensgrund des § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 einen „Sammeltatbestand für sämtliche Fehler in der Preisgestaltung darstellt, somit immer dann erfüllt ist, wenn mit den Preisen nach den gesetzlichen Vorgaben und den Anforderungen in der Ausschreibung ,etwas nicht in Ordnung' ist", wovon auch das Vorliegen nicht plausibler Teilpreise erfasst sei. Eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises im Sinne des § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 liege insbesondere dann vor, wenn Einheitspreise in wesentlichen Positionen nicht plausibel seien.
Die vom Bieter im Zuge einer vertieften Angebotsprüfung zu verlangende Aufklärung diene ausschließlich der Überprüfung und Aufklärung der im Angebot enthaltenen Preise und nicht deren Neukalkulation, würde doch eine Neukalkulation dem Bieter die Möglichkeit eröffnen, einen ursprünglich möglicherweise nicht plausiblen Preis in einen plausiblen abzuändern, was dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens widerspräche, und daher in einem offenen Verfahren schon grundsätzlich nicht in Frage komme.
Die Antragstellerin gestehe selbst zu, dass der gegenständliche Positionspreis um den Faktor 10 zu hoch sei, was belege, dass der tatsächlich im Angebot enthaltene Positionspreis nicht plausibel sei und das Angebot der Antragstellerin daher zu Recht gemäß § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 ausgeschieden worden sei.
Abgesehen davon würde das Angebot der Antragstellerin den Zuschlag auch dann nicht erhalten, wenn es nicht auszuscheiden wäre. Die Antragstellerin habe drei Referenzprojekte für die Bewertung mit dem Zuschlagskriterium "projektspezifische Referenzprojekte" benannt. Referenzprojekt Nr. 2 habe den Neubau des "Faulturms 1" und Referenzprojekt Nr. 3 den Umbau des "Faulturms 2" für die Abwasserreinigungsanlage XXXX betroffen. Eine Rückfrage bei diesem Verband habe ergeben, dass diese beiden Faultürme im Zuge ein und desselben Projektes errichtet bzw umgebaut worden seien und dass die Mindestkriterien nicht erfüllt seien, weil zwar Gasdom, Schlammabzugseinrichtung und Rührwerk vom Auftragsumfang umfasst gewesen seien, nicht jedoch Anlagen zur Gasspeicherung, Gasreinigung und BHKW-lnstallationen. Damit erfülle nur eine der drei von der Antragstellerin vorgelegten "Projektspezifischen Referenzen" die (bestandsfesten) Anforderungen der Ausschreibung, sodass die Antragstellerin bei diesem Zuschlagskriterium nur 2 Punkte erreicht hätte und damit trotz des niedrigsten Angebotspreises nicht Bestbieterin wäre.
Im Übrigen habe der Auftraggeber noch keine Zuschlagsentscheidung getroffen. Noch nicht existierende Entscheidungen könnten nicht zum Gegenstand eines Nachprüfungsantrages gemacht werden. Die Nichtigerklärung von gar nicht existenten Entscheidungen sei nicht möglich.
Es werde daher beantragt, sämtliche von der Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag vom 25.09.2018 gestellten Anträge zur Gänze zurück- in eventu abzuweisen.
4. Mit Schriftsatz vom 15.10.2018 nahm die Antragstellerin Stellung. Entgegen der unrichtigen Behauptung des Antragsgegners sei in der LG-Pos.Nr. 90.0602F kein Kalkulationsfehler, sondern tatsächlich ein Rechenfehler unterlaufen, über welchen ordnungsgemäß im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung aufgeklärt worden sei.
Rechenfehler unter 2 % des ursprünglichen Gesamtpreises ohne Umsatzsteuer - wie vorliegend - seien zu berichtigen, und zwar vom Auftraggeber. Es liege also nicht im Belieben des Auftraggebers oder des Bieters Angebotspreise abzuändern.
Die Antragstellerin habe für jeden verständigen Erklärungsempfänger nachvollziehbar dargestellt, dass beim Einheitspreis in der LG-Pos.Nr. 90.0602F ein evidenter Erklärungsirrtum (Rechenfehler) unterlaufen sei. Dem Antragsgegner, respektive der einschreitenden vergebenden Stelle sei bestens bekannt, dass die Einheitspreise der Positionen LG-Pos.Nr. 90.0602A bis 90.0602F generell durch Multiplikation der Anteile "Sonstiges" der Rohrpreise (der betreffenden Dimension in LG-Pos.Nr. 90.0601A bis 90.0601F) mit dem Faktor (Multiplikator) von rund XXXX berechnet werden würden. Es liege also keine falsche Kosteneinschätzung bzw Kalkulation, sondern ein schlichter Fehler in der Rechenoperation auf Ebene des Einheitspreises in der LG-Pos.Nr. 90.0602F selbst vor, wo irrtümlich mit einem Faktor (Multiplikator) von rund XXXX anstatt rund XXXX gerechnet worden sei. Die Multiplikation sei eine der vier Grundrechenarten in der Arithmetik. Dies habe schon grundsätzlich nichts mit einer falschen Kosteneinschätzung und damit einer falschen Kalkulation zu tun.
Mit der angefochtenen Ausscheidensentscheidung gehe der Auftraggeber von den eigenen Ausschreibungsvorgaben ab bzw versuche, davon abzugehen. Dies widerspreche den Grundsätzen der Gleichbehandlung aller Bieter und des fairen Wettbewerbes.
Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung seien die Preise plausibel dargestellt worden. Der Antragsgegner irre, wenn er meine, dass ein im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung aufgeklärter Rechenfehler nicht berichtigt werden dürfte. Der Auftraggeber sei im Gegenteil aufgrund der Rechenfehlerregelung dazu verpflichtet.
Unabhängig davon, dass im gegenständlichen Vergabekontrollverfahren ohnedies lediglich über die angefochtene rechtswidrige Ausscheidensentscheidung vom 20.09.2018 abzusprechen sei, sei darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin tatsächlich auch Bestbieterin sei. In der Ausschreibung sei als Referenzprojekt jeweils "die Beauftragung mit der maschinellen und gastechnischen Ausrüstung für den Neubau oder die Sanierung oder den Umbau eines Faulturmes" definiert und mit je 2 Punkten bewertet. Mindestkriterium sei dabei die gastechnische Ausrüstung für einen Faulturm, worunter nur der erste Teil der sogenannten "Gaslinie" zu verstehen sei. Anders könne dies ein objektiv redlicher Erklärungsempfänger nicht verstehen und ergäbe die gesonderte Anführung der Sanierung und des Umbaus neben dem Neubau eines Faulturmes keinen Sinn. Die weiteren Ausführungen in diesem Punkt würden ausschließlich den Umfang und die Größenordnung der Gesamtanlage definieren, für welche die maschinelle und gastechnische Ausrüstung des Faulturmes ausgelegt sein habe müssen. Wollte der Auftraggeber zur Erlangung der vollen Punktezahl auch die Ausführung von Gasspeicherung, Gasreinigung und BHKW Installation im Rahmen des Referenzprojektes fordern, so hätte dies der Auftraggeber wohl in der Ausschreibung ausdrücklich angeführt, was aber tatsächlich nicht der Fall gewesen sei. Entgegen der nunmehrigen Darstellung des Antragsgegners sei als ein Referenzprojekt ausdrücklich ein Faulturm definiert. Es seien daher auch im Zuge eines Bauvorhabens oder eines Auftrages ausgeführte, mehrere Faultürme jeweils für sich, d.h. gesondert, als Referenzprojekt anzuerkennen, weswegen der Antragstellerin auch in diesem Zuschlagskriterium die maximale Punkteanzahl (6 Punkte) zuzuteilen wäre.
Die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung gemeinsam mit der Ausscheidensentscheidung sei gemäß § 342 Abs 2 BVergG 2018 zulässig und in der vorliegenden Konstellation geradezu geboten. Die Antragstellerin habe begründet davon ausgehen müssen, dass der Auftraggeber die Zuschlagsentscheidung der Antragstellerin nicht bekannt gegeben habe und wohl auch nicht bekannt geben werde, um jegliche Rechtsschutzmöglichkeit zu nehmen.
5. Am 23.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Der Auftraggeber führte zur Frage des Vorliegens eines Rechenfehlers aus, dass die Antragstellerin selbst nicht von exakten Werten ausgehe, die für jedermann erkennbar und immer gleich sein müssten. Die Kalkulation der Antragstellerin weiche von jenen der übrigen Bieter deutlich ab, sodass es sich keinesfalls um einen "evidenten Erklärungsirrtum" handle, weil auch für einen sachkundigen Prüfer nicht evident sei, was der hier allgemein richtige Kalkulationsansatz sein müsse. Es falle auf, dass die Antragstellerin nahezu keinen Anteil "Lohn" in dieser Position kalkuliert habe. Dies zeige eine völlig andere Kalkulationslogik als dem Auftraggeber geläufig und aus den übrigen Angeboten entnehmbar sei. Es sei entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht üblich, für alle Rohrdimensionen den gleichen prozentuellen Aufschlag anzusetzen. Weiters räume die Antragstellerin selbst ein, dass sie sich nicht verrechnet habe, sondern einen falschen Zuschlag angesetzt habe. Die gegenständliche Ausschreibung sei als Preisangebotsverfahren und nicht als Preisaufschlags- und -abschlagsverfahren geführt worden, sodass keine konkreten Positionspreisvorgaben vom Auftraggeber vorgegeben worden seien.
Die Antragstellerin betonte erneut, dass ein Rechenfehler vorliege. Der Kalkulant habe irrtümlich bei der Aufzahlungsposition mit dem Faktor XXXX statt XXXX gerechnet und dieses Ergebnis gerundet in die entsprechende Zeile des Leistungsverzeichnisses manuell eingetragen. Weiters verwies sie erneut darauf, dass es sich bei der die von ihr vorgenommene Kalkulation in Form eines Zuschlags zum Rohrpreis auf den Anteil "Sonstiges" um die einzige branchenübliche Art und Weise der Kalkulation der Aufzahlung für die erforderlichen Form- und Verbindungsstücke und das Befestigungsmaterial für die ausgeschriebenen Rohre handle, was auch der vergebende Stelle bzw dem Auftraggeber bekannt gewesen sei. Es sei grundsätzlich bei jeder Rohrdimension der gleiche Rechenansatz zugrunde zu legen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Sachverhalt:
Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Der Auftraggeber, der Abwasserverband "Raum Korneuburg", schrieb im Juni 2018 die gegenständliche Leistung "Verbandskläranlage Korneuburg, Errichtung 2. Ausbaustufe, Erweiterung auf 85.000 EW, maschinelle Ausrüstung und Schlosserarbeiten" in einem offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestbieterprinzip aus (CPV-Code: 45300000). Laut Angaben des Auftraggebers liegt der geschätzte Auftragswert des Bauvorhabens wie auch des gegenständlichen Loses jeweils unterhalb des maßgeblichen Schwellenwertes für Bauaufträge gemäß § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2006.
Die Antragstellerin legte fristgerecht ein Angebot. Die Angebotsöffnung fand am 20.08.2018 statt. Die Antragstellerin legte das Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis.
Das Leistungsverzeichnis lautet auszugsweise wie folgt:
Positionsnummer ZA Positionstext P ZZ V w G K
Menge EH Preisanteile Positionspreis
90 06 Metallrohre und Zubehör
...
90 06 01 Gewinde und Stahlrohre schwarz
...
90 06 02 Formstücke für Gewinde- und Stahlrohre schwarz
...
90 06 01 A ...
...
90 06 01 F Stahlr.nahtl. 114,3x2,9 w Z Nahtlose Stahlrohre - Siederrohre (Stahlr.nahtl) gemäß Norm.
Angegeben ist: Außendurchmesser x Wanddicke
Lohn : _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Sonstiges : _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
104,00 m Einheitspreis : _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _EUR _ _ _ _ _ _ _ _
90 06 02 Formstücke für Gewinde- u. Stahlrohre schwarz
...
90 06 02 A ...
... 90 06 02 F AzSRs Formst.alle L.4" w Z
Aufzahlung (Az) auf die Positionen Stahlrohre schwarz (SRs) für alle erforderlichen Form- und Verbindungsstücke und das Befestigungsmaterial (Formst.) für alle Leistungen (alle L.).
Lohn : _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Sonstiges : _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
104,00 m Einheitspreis : _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _EUR _ _ _ _ _ _ _ _
Im Angebot der Antragstellerin wurde die Position 90 06 02 F wie folgt ausgepreist:
Position Menge EH Bezeichnung Einzelpreis Gesamtpreis
90.0602FZ 104,00m Az SRs Formst.alle L.4"
Lohn XXXX
Sonstiges XXXX
Gesamt XXXX XXXX Die Einheitspreise der Positionen 90 06 02A bis 90 06 02E betragen EUR XXXX , EUR XXXX , EUR XXXX , EUR XXXX sowie EUR
XXXX .
Mit E-Mail vom 29.08.2018 ersuchte der Auftraggeber die Antragstellerin um Vorlage der Detailkalkulation für die Position 90.0602FZ "Az SRs Formst.alle L.4". Diesem Ersuchen kam die Antragstellerin fristgerecht nach und führte dabei aus: "Es ist uns tatsächlich ein Rechenfehler unterlaufen. Grundsätzlich wird von uns diese Position als Zuschlag zum Rohrpreis der betreffenden Dimension (also 900601F) auf den Anteil "Sonstiges" in der Höhe von rd. 150% kalkuliert. Die genauen Prozentsätze der jeweiligen Dimension finden Sie auf beiliegendem Detailkalkulationsblatt für LG 90.06. In Zeile 7 der Detailkalkulation ist der Rechenfehler beim prozentuellen Zuschlag passiert. Die richtigen Werte finden Sie in Zeile 8 der Detailkalkulation. Somit lautet der richtige Einheitspreis der LV-Pos 900602F € XXXX . Wir bitten um entsprechende Berücksichtigung."
Die von den sonstigen Bietern angebotenen Preise weichen in den Positionen 90 06 02A bis 90 06 02F von jenen der Antragstellerin in erheblichem Maß ab.
Am 20.09.2018 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, dass deren Angebot gemäß § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 ausgeschieden wird.
Dieses Schreiben lautet auszugsweise:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
wir danken für ihr Angebot in der im Betreff genannten Ausschreibung, müssen Ihnen aber leider mitteilen, dass nach durchgeführter Angebotsprüfung ihr Angebot gemäß § 129 Abs. 1 Z 3 BVergG 2006 ausgeschieden wird.
Zur Begründung dieser Entscheidung wird mitgeteilt, dass aufgrund auffälliger Einheitspreise eine vertiefte Angebotsprüfung, insbesondere der wesentlichen Positionen, durchgeführt wurde. ln diesem Zuge wurden Sie auch aufgefordert, die Detailkalkulation für die Position 900602F "Az SRs Formst.alle L.4" vorzulegen.
In Ihrer schriftlichen Aufklärung vom 05.09.2018 haben Sie bekanntgegeben, dass Ihnen bei der Kalkulation dieser-in der Ausschreibung als "wesentliche Position" gekennzeichneten - Leistungsposition ein Fehler unterlaufen ist und anstelle des im Angebot enthaltenen Positionspreises in Höhe von EUR XXXX der richtige Einheitspreis EUR XXXX laute und Sie um entsprechende Berücksichtigung ersuchen würden. ...
Ihre Antwort auf unser Aufklärungsersuchen legt offen, dass der von Ihnen in der fraglichen Position angebotene Einheitspreis nicht plausibel ist (Sie haben auch gar keinen Erklärungsansatz für die Plausibilisierung dieses Preisansatzes geliefert), sondern haben Sie versucht, den Einheitspreis im Rahmen der Aufklärung abzuändern, was - wie oben dargestellt unzulässig ist. ..."
Am 25.09.2018 brachte die Antragstellerin die gegenständlichen Nachprüfungsanträge beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Verfahren befindet im Stadium der Angebotsprüfung. Es wurde weder eine Zuschlagsentscheidung mitgeteilt oder ein Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
II.2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den eingangs (unter II.1.) angeführten Beweismitteln. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben. Die Feststellungen finden Deckung in den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den bezugnehmenden Beilagen sowie den Vergabeunterlagen und den Angaben in der mündlichen Verhandlung.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1.Anzuwendendes Recht
Am 21.08.2018 ist das Bundesvergabegesetz 2018, BGBl I, Nr 65/2018, in Kraft getreten. Dessen § 376 lautet auszugsweise:
§ 376. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 62, 66, 232, 237, 367 und 368 und der §§ 54 Abs. 2, 62 samt Überschrift, 66 samt Überschrift, 223 Abs. 2, 232 samt Überschrift, 237 samt Überschrift, 367 samt Überschrift, 368 samt Überschrift und des 2. Abschnittes von Anhang VIII samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich tritt das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, außer Kraft.
(2) ...
(4) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2018 neu gefassten Bestimmungen gilt Folgendes: Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt gemäß Abs. 1 und 2 bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage.
(5) ...
In den Erläuternden Bemerkungen (EBRV 69 BlgNR XXVI. GP) wird hierzu ausgeführt: Wenn ein Vergabeverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eingeleitet war, ist es nach den materiellrechtlichen Vorschriften des BVergG 2006 zu Ende zu führen; wenn im Zusammenhang mit einem solchen Vergabeverfahren nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ein Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht wird, dann sind für das Rechtsschutzverfahren die Regelungen des 4. Teiles dieses Bundesgesetzes anzuwenden. (Prüfungsmaßstab für die Beurteilung, ob eine Rechtswidrigkeit vorliegt oder nicht, bleiben allerdings die Bestimmungen des BVergG 2006.) Ist ein Rechtsschutzverfahren hingegen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängig, ist dieses Rechtsschutzverfahren gemäß Abs. 4 nach den Bestimmungen des BVergG 2006 fortzuführen.
Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde im Juni 2018, somit vor In-Kraft-Treten des BVergG 2018 eingeleitet. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren wurde nach In-Kraft-Treten des BVergG 2018 am 25.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht. Daraus folgt, dass materiellrechtlich die Bestimmungen des BVergG 2006 und formellrechtlich die Bestimmungen des BVergG 2018 zur Anwendung kommen.
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
II.3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 8 BVergG 2006 ist der Abwasserverband "Raum Korneuburg". Dieser wurde auf Grundlage der §§ 87 ff WRG gegründet. Es handelt sich damit um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zu dem Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind. Verbandszweck ist die Reinigung von Abwässern sowie die Reinhaltung von Gewässern. Als Wasserverband ist er eine Körperschaft öffentlichen Rechts und genießt daher Rechtsfähigkeit. Aufsichtsbehörde ist der Landeshauptmann als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung. Der Abwasserverbandverband "Raum Korneuburg" ist somit öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Abs 1 Z 2 BVergG 2006. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 4 BVergG 2006 um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt unter dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2006, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2006. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und ein Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.
Zu A)
II.3.3. Zulässigkeit des Antrags
Mit Schriftsatz vom 25.09.2018, am selben Tag beim Bundesverwaltungsgerichts eingelangt, stellte die Antragstellerin den Antrag, die Entscheidung des Auftraggebers vom 20.09.2018, wonach das Angebot der Antragstellerin gemäß § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 ausgeschieden werde, für nichtig zu erklären. Dieser genügt den formalen Voraussetzungen nach § 344 Abs 1 BVergG 2018. Ein Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 344 Abs 2 BVergG 2018 liegt vorliegend nicht vor. Der Antrag betreffend die Ausscheidensentscheidung wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 343 Abs 1 BVergG 2006 eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1 und 3 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die der Antragstellerin per Telefax am 20.09.2018 mitgeteilte Ausscheidensentscheidung. Beim Ausscheiden eines Angebotes handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit a sublit aa BVergG 2006. Die Frage der Zulässigkeit des tatsächlich erfolgten Ausscheidens bildet die Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens betreffend die Ausscheidensentscheidung, über die in der Sache zu entscheiden ist (VwGH 25.03.2014, Ra 2014/04/0001; VwGH 12.09.2007, 2005/04/0181). Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Vertragsabschluss und den ihr durch den Verlust der Chance auf Zuschlagserteilung im gegenständlichen Vergabeverfahren entstandenen bzw drohenden Schaden iSd § § 342 Abs 1 BVergG 2018 plausibel dargestellt, sodass die Antragslegitimation der Antragstellerin gegeben ist.
II.3.4. Inhaltliche Beurteilung
3.4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 (BVergG) lauten auszugsweise:
Begriffsbestimmungen
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 19. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes entsprechend den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
...
Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
§ 79. (1) ...
(4) Der Auftraggeber kann in den Ausschreibungsunterlagen die als wesentlich geltenden Positionen angeben.
(5) ...
(6) In den Ausschreibungsunterlagen ist anzugeben, ob rechnerisch fehlerhafte Angebote gemäß § 126 Abs. 4 ausgeschieden werden und ob eine Vorreihung infolge der Berichtigung eines Rechenfehlers zulässig ist.
Prüfung der Angebote und Ausscheiden von Angeboten
...
Vorgehen bei der Prüfung
§ 123. (1) Die Prüfung der Angebote erfolgt in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.
(2) Bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, ist im Einzelnen zu prüfen,
1. ...
3. ob das Angebot rechnerisch richtig ist;
4. die Angemessenheit der Preise;
5. ...
Zweifelhafte Preisangaben
§ 124. (1) Stimmt bei Angeboten mit Einheitspreisen der Positionspreis mit dem auf Grund der Menge und des Einheitspreises feststellbaren Preis nicht überein, so gelten die angegebene Menge und der angebotene Einheitspreis. Bestehen zwischen den angebotenen Einheitspreisen und einer allenfalls vorliegenden Preisaufgliederung Abweichungen, so gelten die angebotenen Einheitspreise.
(3) ...
Prüfung der Angemessenheit der Preise - vertiefte Angebotsprüfung
§ 125. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.
(2) Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.
(3) Der Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 4 und 5 vertieft prüfen, wenn
1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen,
2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 79 Abs. 4 aufweisen, oder
3. nach Prüfung gemäß Abs. 2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.
(4) Bei einer vertieften Angebotsprüfung ist zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Geprüft werden kann insbesondere, ob
1. im Preis aller wesentlichen Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze sowie die Personalkosten, diese insbesondere im Hinblick auf die dem Angebot zugrunde gelegten Kollektivverträge, nachvollziehbar sind;
2. der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen;
3. die gemäß § 97 Abs. 3 Z 3 geforderte oder vom Bieter gemäß § 109 Abs. 2 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist.
(5) Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung muss der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche - bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische - Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Auftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.
(6) ...
Vorgehen bei Mangelhaftigkeit der Angebote
§ 126. (1) Ergeben sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot, einschließlich etwaiger Varianten-, Alternativ- oder Abänderungsangebote, oder über die geplante Art der Durchführung, oder werden Mängel festgestellt, so ist, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind, vom Bieter eine verbindliche schriftliche Aufklärung zu verlangen. Die vom Bieter erteilten schriftlichen Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Bei Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.
(2) Die durch die erteilten Aufklärungen allenfalls veranlasste weitere Vorgangsweise darf die Grundsätze der §§ 19 Abs. 1, 101 Abs. 4, 104 Abs. 2 und 127 nicht verletzen.
(3) ...
(4) Rechnerisch fehlerhafte Angebote sind, sofern dies in der Ausschreibung festgelegt wurde, dann nicht weiter zu berücksichtigen, wenn die Summe der Absolutbeträge aller Berichtigungen - erhöhend oder vermindernd - 2 vH oder mehr des ursprünglichen Gesamtpreises beträgt. Berichtigungen von Seitenüberträgen der Zwischensummen im Angebot (Übertragungsfehler), mit denen nicht weitergerechnet wurde, bleiben dabei unberücksichtigt. Eine Vorreihung infolge der Berichtigung eines Rechenfehlers ist, ausgenommen der Auftraggeber hat in der Ausschreibung ausdrücklich anderes festgelegt, unzulässig.
Niederschrift über die Prüfung
§ 128. (1) Über die Prüfung der Angebote und ihr Ergebnis ist eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Angebote wesentlichen Umstände festzuhalten sind.
(3) ...
Ausscheiden von Angeboten
§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:
1. ...
3. Angebote, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen;
11. ...
(3) ...
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 325. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn
1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller in dem von ihm nach § 322 Abs. 1 Z 5 geltenden gemachten Recht verletzt, und
2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
(2) ...
3.4.2. Mit Telefax vom 20.09.2018 wurde der Antragstellerin das Ausscheiden ihres Angebots gemäß § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 bekannt gegeben. Begründend wurde seitens des Auftraggebers ausgeführt, dass die Antwort auf das Aufklärungsersuchen des Auftraggebers offenlege, dass der in der fraglichen Position angebotene Einheitspreis nicht plausibel sei. Die vertiefte Angebotsprüfung diene ausschließlich der Überprüfung der Preise des Angebots und nicht deren Neukalkulation oder Abänderung, zumal dies - insbesondere in einem offenen Verfahren - dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens widerspreche.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der gegenständliche Nachprüfungsantrag.
Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenständliche Ausschreibung nicht angefochten wurde. Deren Bestimmungen haben sohin Bestandskraft erlangt und sind Folge dessen nach ständiger Rechtsprechung selbst dann unveränderliche Grundlage für die Prüfung und Bewertung der Angebote, wenn diese unzweckmäßig oder gar vergaberechtswidrig sein sollten (ua VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029; VwGH 07.11.2005, 2003/04/0135).
Die Ausschreibung ist nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen (stRspr, zB VwGH 18.03.2015, Ra 2015/04/0017; VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024; VwGH 01.07.2010, 2006/04/0139, mwN). Gleiches gilt für die Interpretation von Willenserklärungen der Bieter (stRspr, zB VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066; VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024). Die Beurteilung der Angebote erfolgt gemäß § 123 Abs 1 BVergG 2006 in erster Linie anhand der bestandsfesten Ausschreibung (zB BVwG 04.05.2018, W187 2190113-2/23E).
Die Position 90 06 02F ("Az SRs Formst.alle L.4") ist im Leistungsverzeichnis klar und deutlich als wesentliche Position gekennzeichnet. Unstrittig ist, dass die Antragstellerin in dieser Position den Einheitspreis mit EUR XXXX und den Positionspreis (für die ausgeschriebene Menge von 104 m) mit EUR XXXX angegeben hat. Diese Position weist damit im Vergleich zu den sonstigen Aufzahlungspositionen betreffend die Form- und Verbindungsstücke für die ausgeschriebenen Gewinde- und Stahlrohre (Positionen 90 06 02A bis 90 06 02E) einen deutlich höheren Preis aus. Der Auftraggeber forderte die Antragstellerin daraufhin im Rahmen der Angebotsprüfung zur Vorlage der Detailkalkulation der Position 90 06 02F auf.
Gemäß § 19 Abs 1 BVergG 2006 hat die Vergabe an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessenen Preisen erfolgen. Folge dessen ist die Angemessenheit der Preise (zumindest jedenfalls hinsichtlich der Angebote, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen) gemäß § 123 Abs 2 Z 4 BVergG 2006 im Zuge der Angebotsprüfung entsprechend den Vorgaben des § 125 BVergG 2006 zu prüfen. Darüber hinaus ist gemäß § 123 Abs 2 Z 3 BVergG 2006 die rechnerische Richtigkeit des Angebotes zu prüfen. Die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung liegt nicht im Ermessen des Auftraggebers. Angebote sind einer solchen zu unterziehen, wenn sie (1) einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen, (2) zu hohe oder niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen enthalten oder
(3) nach der Angemessenheitsprüfung begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen. Dabei hat der Auftraggeber dem Gebot der kontradiktorischen Angebotsprüfung zu entsprechen (BVA 01.10.2004, 06N-84/04-22 unter Verweis auf EuGH 27.11.2001, Rs C-285/99 und C-286/99, Lombardini und Mantovani; VwGH 29.03.2006, 2003/04/0181; Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015], Rz 1582ff), wobei bei Verfahren im Unterschwellenbereich - wie dem gegenständlichen - hiervon abgesehen werden kann.
Bei einer vertieften Angebotsprüfung ist zu prüfen, ob die Preisgestaltung betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar ist, wobei im Einzelnen die in § 125 Abs 4 Z 1 bis 3 BVergG 2006 genannten Kriterien maßgeblich sind (Küchli in Schwartz, BVergG 2006, § 125, Rz 18; Eilmannsberger/Fruhmann in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG 2006, § 19 Rz 53). Dabei handelt es sich um eine Plausibilitätsprüfung, bei der nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen, sondern nur - grob - geprüft werden muss, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann (ua VwGH 15.09.2004, 2004/04/0032). Dies erfordert eine inhaltlich begründete, auf betriebswirtschaftlichen Fakten aufbauende Erklärung (Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG 2006, § 125 Rz 38).
Ein Ausscheiden eines Angebotes hat demnach dann zu erfolgen, wenn sich bei dieser Prüfung die Kalkulation des Angebots als betriebswirtschaftlich nicht erklärbar ("nicht plausibel") erweist (VfGH 22.09.2003, B1211/01). Der Ausscheidenstatbestand des § 129 Z 3 BVergG 2006 ist als Sammeltatbestand für sämtliche Fehler in der Preisgestaltung anzusehen, dh dass dieser immer dann erfüllt ist, wenn mit den Preisen "etwas nicht in Ordnung ist" (ua BVA 13.06.2008, N/0052-BVA/06/2008-50; BVA 03.09.2004, 10N-57/04-34; BVwG 20.02.2014, W138 2000166-1/49E; Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015], 1592). Wie sich aus den Materialien des BVergG 2006 zu § 129 Abs 1 Z 3 BVergG 2006 ergibt, ist durch die Wortfolge "nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises" auch das Vorliegen nicht plausibler Teilpreise (§ 125 Abs 3 Z 2 BVergG 2006) erfasst, da diese zu einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises führen (vgl EBRV 1171 BlgNr XXII GP, 85). Im Ergebnis zieht sohin die Unangemessenheit einer Einzelposition die nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises nach sich.
Die Überprüfung der Preise setzt bei der (scheinbaren) Unangemessenheit eines Preises an. Hinterfragt werden muss, ob der angebotene Preis mit der der Ausschreibung zugrundeliegenden Leistung in einem adäquaten Verhältnis steht. Hierbei sind sämtliche individuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen (siehe etwa BVA 30.04.2010, N/0019-BVA/04/2010-24; BVA 16.01.2004, 14N-97/03-58; Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG 2006, § 129 Rz 32).
Gemäß § 128 Abs 1 BVergG ist über die Prüfung der Angebote eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Angebote wesentlichen Umstände festzuhalten sind. Diese Norm soll im Sinne des Transparenzgebotes die Nachvollziehbarkeit jener Entscheidungen, denen das Ergebnis der Angebotsprüfung zugrunde liegt, also insbesondere der Ausscheidens-, Zuschlags- und Widerrufsentscheidungen, gewährleisten (BVA 10.12.2008, N/0138-BVA/08/2008-57; Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015], 1542).
In der vorliegenden Konstellation war der Auftraggeber aufgrund des vergleichsweise hohen Einheitspreises in der als wesentlich gekennzeichneten Position 90 06 02F zu einer entsprechend vertieften Prüfung des Preises nicht nur nicht berechtigt, sondern hierzu auch gemäß § 125 Abs 3 Z 3 BVergG 2006 bei auffälligen Preisen in einer wesentlichen Position verpflichtet. Der Auftraggeber forderte die Antragstellerin daher zur Recht zur Vorlage der bezugnehmenden Detailkalkulation auf. Zumal es sich um ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich handelt, konnte der Auftraggeber insofern zwar von einer weitergehenden kontradiktorischen Angebotsprüfung absehen. Die Antragstellerin entsprach allerdings dem Ersuchen um Vorlage der Detailkalkulation über die bloße Vorlage der Kalkulation hinaus dahingehend, als sie auch eine ergänzende Erklärung zur Kalkulation des Preises der nachgefragten Position abgab. Die Antragstellerin beruft sich darin und im Zuge des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens darauf, dass ihr hinsichtlich des betreffenden Einheitspreises ein Fehler in der Rechenoperation beim prozentuellen Zuschlag zum Rohrpreis der entsprechenden Dimension unterlaufen sei. Sie habe irrtümlich mit einem Faktor von rund 15 anstatt - wie auch bei allen anderen Aufschlagspositionen - von rund 1,5 gerechnet und den insofern fehlerhaften Einheitspreis im Leistungsverzeichnis eingetragen. Im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung habe die Antragstellerin die Preise plausibel dargestellt. Das (irrtümliche) Verrechnen eines für jeden redlichen, zumal sachkundigen Erklärungsempfänger eindeutig erkennbar überhöhten Zuschlages stelle jedenfalls einen Rechenfehler dar, welcher den Auftraggeber zur Korrektur des Preises gemäß § 126 Abs 4 BVergG 2006 und der Festlegungen in der Ausschreibung verpflichtet hätte.
Eine Definition des Begriffes "Rechenfehler" kann dem BVergG nicht ausdrücklich entnommen werden. Unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien hält der Verwaltungsgerichtshof zu § 94 Abs 4 BVergG 2002 (bzw ehemals § 126 Abs 4 BVergG 2006 und nunmehr § 138 Abs 7 BVergG 2018) fest, dass es sich bei einem Rechenfehler um eine "mit einem evidenten Erklärungsirrtum behaftete Willenserklärung des Bieters" handelt (VwGH 27.06.2007, 2005/04/0111). Ein Erklärungsirrtum liegt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dann vor, wenn sich ein Teil bei einer Erklärung, die für einen anderen bestimmt ist, bezüglich des - richtig berechneten - Preises verschreibt, einen Rechenfehler macht, sich verspricht oder dergleichen (siehe ua OGH 09.07.1997, 3 Ob 2043/96d; 15.06.1988, 1 Ob 606/88). Im einschlägigen Schrifttum wird als Rechenfehler jeder Fehler, "welcher im Rechengang, ausgehend vom angebotenen Einheitspreis und der