TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/13 L503 2202891-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2018
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Entscheidungsdatum

13.09.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L503 2202891-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die Richterin Mag.a JICHA sowie den fachkundigen Laienrichter RgR PHILIPP über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 17.07.2018, XXXX, zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: "BF") beantragte am 16.2.2018 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: "SMS") die Ausstellung eines Behindertenpasses. Beigefügt wurde vom BF ein "Befundbericht" seines Hausarztes Dr. T. G. vom 11.2.2018, in dem dem BF ohne weitere Ausführungen des Arztes eine Diskushernie (Bandscheibenvorfall), Radikulopathie (Wurzelneuritis) C8, Coxarthrose (Hüftarthrose), Varusgonarthrosen mit Kreuzband- und Meniskusteilrupturen, eine Insektengiftallergie, Hämorrhoiden Grad III, Multiple Colonpolypen (Verwölbungen von Dickdarmschleimhaut), arterielle Hypertonie (Bluthochdruck), KHK (koronare Herzerkrankung) mit Stentrevaskularisation Ramus interventricularis ant. 2017, Diabetes mellitus II, Hypercholesterinämie, Hyperuricämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut), Hämangiom linker Leberlappen (gutartiger Tumor), sowie COPD bei Nikotinabusus diagnostiziert wurden.

2. Mit Schreiben des SMS vom 21.2.2018 wurde der BF aufgefordert, innerhalb von vier Wochen aktuelle Befunde (aus den letzten beiden Jahren) über die bei ihm vorliegenden Gesundheitsschädigungen nachzureichen.

3. Am 11.4.2018 langten beim SMS ein CT-Befund der LWS vom Juli 2011, ein MRT-Befund des rechten Kniegelenks vom April 2012, ein MRT-Befund des linken Kniegelenks vom September 2012, ein vorläufiger Entlassungsbericht vom April 2016 (Hämorrhoidektomie), ein Ambulanzbericht vom 24.3.2017 (Koloskopie und Poypektomie), ein vorläufiger Entlassungsbericht vom 17.10.2017 (Koronare Herzerkrankung - Stentrevaskularisation des Ramus), ein Befundbericht vom 18.12.2017 (KHK - Stentrevaskularisation des RIVA), eine Bestätigung des Hausarztes des BF vom 8.3.2018, wonach der BF an Diabetes mellitus II leidet, ein lungenfachärztlicher Befund vom 5.4.2018 (COPD II), sowie ein radiologischer Befund des linken Schultergelenks vom 5.4.2018, ein.

4. Daraufhin holte das SMS ein Sachverständigengutachten ein und wurde der BF am 4.6.2018 von Dr. G. P., einem Arzt für Allgemeinmedizin, untersucht.

In dem in weiterer Folge von Dr. G. P. am 4.6.2018 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wird eingangs zu den derzeitigen Beschwerden des BF wie folgt ausgeführt:

"BZ gut eingestellt, HbA1c 6,9%, Blutdruck 140/90, keine Herzbeschwerden, braucht kein Nitro, öfter Schweißausbruch

Exraucher seit 2/2018, seither nur gel. Asthmaspray notwendig

zw. Schmerzen beide Knie, beim Bücken, längeren Gehen, auch zw. Kreuzschmerzen, DP [Anmerkung des BVwG: Bandscheibenvorfall] seit vielen Jahren bekannt"

Zusammengefasst wurde als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, der Grad der Behinderung ergebe sich aus dem führenden Leiden (koronare Herzkrankheit), bei fehlendem Zusammenhang bzw. Geringfügigkeit erfolge keine Steigerung durch die übrigen Leiden.

Folgende diagnostizierte Gesundheitsschädigungen würden im Übrigen keinen Grad der Behinderung erreichen: Erhöhung Harnsäure, Cholesterin; Leberhämangiom; Colonpolypen; Allergie; Hämorrhoiden.

5. Mit Schreiben zur Wahrung des Parteiengehörs vom 19.6.2018 übermittelte das SMS dem BF das dargestellte Gutachten von Dr. G. P. vom 4.6.2018 und wies darauf hin, dass der Grad der Behinderung 30 vH betrage. Der BF könne dazu binnen drei Wochen schriftlich Stellung nehmen.

Eine Stellungnahme langte nicht ein.

6. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 17.7.2018 sprach das SMS aus, dass der BF mit einem Grad der Behinderung von 30 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle; sein Antrag vom 16.2.2018 sei daher abzuweisen.

Neben der Zitierung der rechtlichen Grundlagen (§§ 40, 41 und 45 BBG) wurde nochmals betont, dass laut eingeholtem Gutachten beim BF lediglich ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliege. Das dem Bescheid beiliegende und einen Teil der Begründung bildende Sachverständigengutachten sei als schlüssig erkannt und der Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt worden. Der BF habe im Übrigen, obwohl ihm das Gutachten mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt worden sei, keine Stellungnahme abgegeben.

7. Mit Schreiben vom 31.7.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 17.7.2018. Darin führte der BF aus, 30% Behinderung sei ihm zu wenig, weil er schon seit 2004 einen "Bescheid" einer Amtsärztin habe, in dem ihm seit 1999 eine dauerhafte Minderung seiner Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von 50% attestiert worden sei; diesbezüglich legte der BF seiner Beschwerde eine nicht weiter begründete Bestätigung einer Amtsärztin (für das Finanzamt) vom 12.11.2004 vor, wonach er seit 1999 dauernd im Ausmaß von 50% erwerbsgemindert sei. Dies müsse seiner Ansicht nach auch für das Sozialamt bindend sein.

Zu seinem Gesundheitszustand führte der BF aus, er leide beidseitig an schwerer Arthrose und habe aus diesem Grunde 1999 seinen Beruf aufgeben und seine Sportarten einstellen müssen. Nach seiner Stent-OP habe er eine berufsbegleitende Reha nach dem dritten Tag abbrechen müssen, weil er weder Radfahren noch am Laufband habe trainieren können, ohne Schmerzmittel einzunehmen, die den Blutdruck erhöhen. Weder sein Wirbelsäulenleiden, noch seine Bewegungseinschränkung der linken Schulter, noch sein Lungenschaden seien berücksichtigt worden.

Er erleide finanzielle Einbußen dadurch, dass er für seine "nicht bewerteten chronischen Krankheiten" auch Tabletten einnehmen und Rezeptgebühr zahlen müsse; auch steuerlich verliere er bei einer Behinderung von lediglich 30% ca. € 168 im Jahr.

8. Am 7.8.2018 legte das SMS den Akt dem BVwG vor, wobei das SMS mit Aktenvermerk vom selben Tag festhielt, dass der BF seiner Beschwerde keine neuen Befunde beigeschlossen habe und auch ein Parteiengehör erfolgt sei, sodass keine Beschwerdevorentscheidung erlassen werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist 1959 geboren, von Beruf Haustechniker und in Österreich wohnhaft.

Beim BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen und daraus resultierend folgender Gesamtgrad der Behinderung:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Führend ist das Leiden unter Punkt 1 (koronare Herzkrankheit), bei fehlendem Zusammenhang bzw. Geringfügigkeit erfolgt keine Steigerung durch die übrigen Leiden.

Folgende diagnostizierte Gesundheitsschädigungen erreichen im Übrigen keinen Grad der Behinderung: Erhöhung Harnsäure, Cholesterin; Leberhämangiom; Colonpolypen; Allergie; Hämorrhoiden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des SMS.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zu den beim BF bestehenden Funktionseinschränkungen beruhen auf dem vom SMS eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. G. P., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 4.6.2018.

Dazu ist zunächst zu betonen, dass dieses Sachverständigengutachten ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar ist und keine Widersprüche aufweist. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der klinischen Untersuchung am 4.6.2018 erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen. Die vom BF vorgelegten Befunde stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens, vielmehr wurden sie vom Sachverständigen eingesehen und in die Einschätzung miteinbezogen. Nachvollziehbar hat der Sachverständige zudem dargelegt, dass das Leiden unter Punkt 1 (koronare Herzkrankheit) führend sei und dass aufgrund eines fehlenden Zusammenhangs bzw. aufgrund von Geringfügigkeit keine Steigerung durch die übrigen Leiden erfolgt, sodass beim BF von einem Gesamtgrad der Behinderung im Ausmaß von 30 vH auszugehen ist.

Konkret wurde vom Sachverständigen nachvollziehbar die beim BF bestehende koronare Herzkrankheit als führendes Leiden bewertet und zutreffend der Position 05.02.02 unterstellt (Rahmensatz 30-40%), zumal dem BF 2017 ein Stent gesetzt worden war, wobei der BF an keiner Angina pectoris leidet, keine Nitropräparate benötigt und sein Blutdruck gut eingestellt ist. Vom Sachverständigen wurde in diesem Sinne auch ausgeführt, dass der BF an keinen akuten Herzbeschwerden leidet, wenngleich es öfters zu Schweißausbrüchen komme. Der BF wandte diesbezüglich in seiner Beschwerde ein, dass er eine berufsbegleitende Reha nach seiner Stent-OP am dritten Tag habe abbrechen müssen, da er weder Radfahren noch am Laufband habe trainieren können. Mit diesen Ausführungen betreffend seinen Zustand unmittelbar im Anschluss an die Stent-OP im Jahr 2017 tritt der BF aber nicht den Ausführungen des Sachverständigen, der sich mit der aktuellen Gesundheitssituation des BF auseinandersetzte, entgegen.

Nachvollziehbar hat der Sachverständige zudem die beidseitigen Kniegelenks-Arthrosen und den Meniskusschaden der Position 02.05.19 unterstellt und mit 20 vH bewertet, da die mögliche Streckung/Beugung dieser Position entsprach. Auch dem trat der BF in seiner Beschwerde nicht entgegen, sondern verwies auf seine beidseitigen Arthrosen und den Umstand, dass er 1999 seinen Beruf habe aufgeben und seine "Sportarten" habe einstellen müssen.

Den beim BF vorliegenden, nicht insulinpflichtigen Diabetes mellitus II hat der Sachverständige zutreffend der Position 09.02.01 (Rahmensatz 10-30%) unterstellt und in Anbetracht der guten Einstellung mittels Tabletten und des HbA1c-Werts von 6,9% mit 20 vH bewertet, wobei der BF dem in seiner Beschwerde auch nicht entgegengetreten ist.

Nachvollziehbar hat der Sachverständige die beim BF vorliegende Form der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung der Position 06.06.01 unterstellt (Leichte Form - COPD I, Rahmensatz 10-20%) und mit 10 vH bewertet: So folgt aus sämtlichen aktuellen Befunden und den Angaben des BF dem Sachverständigen gegenüber, dass er seit Anfang 2018 nicht mehr raucht, sodass aktuell nur mehr eine leichte Form der COPD vorliegt, wobei der BF nur mehr zeitweise ein Asthmaspray benötigt. Der BF trat dem in seiner Beschwerde auch nicht entgegen, sondern bemängelte - nicht den Tatsachen entsprechend - lediglich wie folgt: "Lungenschaden wurde auch nicht berücksichtigt".

Schließlich hat sich der Sachverständige auch eingehend mit den Wirbelsäulenbeschwerden des BF auseinandergesetzt und kam zum Ergebnis, dass der BF aufgrund eines alten Bandscheibenvorfalls L5/S1 zeitweise Kreuzschmerzen hat, wobei die Bewegungseinschränkung lediglich gering ist und kein neurologisches Defizit besteht. Zutreffend hat der Sachverständige dieses Leiden folglich der Position 02.01.01 (Funktionseinschränkungen geringen Grades, Rahmensatz 10-20%) unterstellt und mit 10 vH bewertet. Unzutreffend ist vor diesem Hintergrund der Einwand des BF in seiner Beschwerde "Auch mein Wirbelsäulenleiden wurde nicht berücksichtigt".

Was letztlich den Einwand des BF in seiner Beschwerde anbelangt, seine "Bewegungseinschränkung der linken Schulter" sei nicht berücksichtigt worden, so ist es zwar zutreffend, dass allfällige Probleme des BF mit seiner Schulter unter den konkreten Positionen im Gutachten nicht aufscheinen. Allerdings ist zum einen zu betonen, dass sich der Gutachter sehr wohl mit der Schulter des BF auseinandersetzte und wird diesbezüglich im Gutachten betont, dass die oberen Extremitäten des BF frei beweglich seien; zum anderen aber muss man sich die Ausführungen in dem vom BF hier einzig vorgelegten radiologischen Befund vom 5.4.2018 (welcher auch dem Gutachter vorlag) betreffend seine linke Schulter vor Augen halten, in dem als Ergebnis zwar eine inzipiente (einsetzende) Sehnenentzündung festgehalten, im Detail jedoch wortwörtlich wie folgt ausgeführt wird: "Im abgebildeten Skelettabschnitt durchwegs normale Knochenstrukturen, altersgemäß regelrechte Knochendichte. Die gelenksbildenden Skelettanteile finden sich in normaler Stellung zueinander, sind normal geformt und regelrecht konturiert, keine wesentlichen degenerativen oder destruierenden Veränderungen, keine KV. Die periartikulären Weichteile sind regelrecht. Die Sonografie zeigt eine ansatzweise Verkalkung im Bereich der Subscapularissehne, die RM intakt, keine Flüssigkeit in der Bursa subdeltoidea und im Peritendineum der langen Bizepssehne." Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann nicht beanstandet werden, dass der Zustand der Schulter des BF nicht weiter Niederschlag - im Sinne der Unterstellung unter einer Position - im Sachverständigengutachten von Dr. G. P. gefunden hat.

Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass der BF in seiner Beschwerde den - nachvollziehbaren und schlüssigen - Ausführungen von Dr. G. P. in dessen Sachverständigengutachten von 4.6.2018 in keiner Weise substantiiert entgegen getreten ist und auch keine neuen Umstände vorgebracht hat. Darüber hinaus sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass dem BF das Sachverständigengutachten von 4.6.2018 seitens des SMS bereits im Rahmen des Parteiengehörs am 19.6.2018 übermittelt worden war und er keine Stellungnahme abgegeben hatte. Was im Übrigen die vom BF erstmals in seiner Beschwerde vorgelegte Bestätigung der Amtsärztin von L. vom 12.11.2004 für das Finanzamt, dass er zu 50 % erwerbsgemindert sei, anbelangt, so sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass diese bloße Bestätigung keinerlei inhaltliche Ausführungen enthält und mittlerweile knapp 14 Jahre zurückliegt, sodass ihr keinerlei Beweiswert im Hinblick auf die aktuellen Leiden bzw. Funktionseinschränkungen des BF zukommt; im Übrigen wird darauf auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung eingegangen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG (bzw. EStG) lauten:

§ 1. [...] (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

[...]

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen [...]

§ 35 EStG lautet auszugsweise:

§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

[...]

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

[...]

- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

[...]

3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Das vom SMS eingeholte Sachverständigengutachten vom 4.6.2018 ist - wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt - richtig, vollständig und schlüssig. Die aktuellen Funktionseinschränkungen des BF wurden gemäß der Einschätzungsverordnung eingestuft, es ist beim BF sohin von einem Grad der Behinderung von 30 vH auszugehen. Der BF erfüllt somit nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs 1 BBG.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der vom BF erstmals in seiner Beschwerde vorgelegten Bestätigung der Amtsärztin von L. vom 12.11.2004 für das Finanzamt, dass er zu 50 % erwerbsgemindert sei, der verfahrensgegenständlichen Entscheidung in rechtlicher Hinsicht nicht entgegen steht. So ist zum einen zu betonen, dass diese - mittlerweile knapp 14 Jahre zurückliegende - Bestätigung keinen Bescheid darstellt und bereits insofern keine Bindungswirkung zu entfalten vermag; zum anderen hatte das SMS den aktuellen Grad der Behinderung des BF als Voraussetzung für die Ausstellung eines Behindertenpasses festzustellen. Gegenständlich lagen daher die Voraussetzungen des § 41 Abs 1 Z 1 BBG für eine Einschätzung des Grades der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung durch das SMS vor.

Folglich ist die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage betreffend Verfahren und Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses stützen.

Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.

Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2202891.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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