Entscheidungsdatum
13.09.2018Norm
BBG §40Spruch
L503 2189111-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die Richterin Mag.a JICHA sowie den fachkundigen Laienrichter RgR PHILIPP über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Oberösterreich, vom 25.10.2017, XXXX zu Recht erkannt:
A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Am 3.10.2017 beantragte die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF") beim Sozialministeriumservice (im Folgenden kurz: "SMS") die Ausstellung eines Behindertenpasses. Beigelegt wurden von der BF diverse ärztliche Unterlagen (Augenärztlicher Befund von Dr. G. S. und Dr. M. S. vom 6.7.2017 - Amblyopie od, Hyperopie o.u, Astigmatismus o.u, Glaukomausschluss, Orthophorie, Irisnävus o.u., zunehmende Weitsichtigkeit und Presbyopie links; Audiometriebefund vom 21.9.2017, Sprachaudiometriebefund vom 21.9.2017).
2. Daraufhin holte das SMS ein Sachverständigengutachten ein und wurde die BF am 16.10.2017 von Dr. H. H., einem Allgemeinmediziner, untersucht.
Im Sachverständigengutachten vom 16.10.2017 von Dr. H. H. wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF, zusammengefasst als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Amblyopie rechtes Auge. Einstufung nach dem vorliegenden augenärztlichen Befund laut Tabelle mit 30 %- funktionelle Blindheit des rechten Auges seit der Kindheit.
11.02.01
30 vH
02
Hochgradige Schwerhörigkeit rechtes Ohr- Normalhörigkeit linkes Ohr. Einstufung nach dem vorliegenden Audiogramm und der Tabelle nach EVO mit 10%.
12.02.01
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
30 vH
Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, die Position 1 ergebe auch den Gesamtgrad der Behinderung von 30 %; die Position 2 habe aufgrund der Einstufung mit 10 % keine steigernde Wirkung.
3. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 25.10.2017 sprach das SMS aus, dass die BF mit einem Grad der Behinderung von 30 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle; ihr Antrag vom 3.10.2017 sei daher abzuweisen.
Neben der Zitierung der rechtlichen Grundlagen (§§ 40, 41 und 45 BBG) wurde nochmals betont, dass laut eingeholtem Gutachten bei der BF lediglich ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliege, sodass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses (Grad der Behinderung von mindestens 50 vH) nicht vorliegen würden. Das dem Bescheid beiliegende und einen Teil der Begründung bildende Sachverständigengutachten sei als schlüssig erkannt und der Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt worden.
4. Mit Schreiben vom 14.11.2017, beim SMS eingelangt am 16.11.2017, erhob die BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 25.10.2017. Darin führte die BF aus, sie leide an einer Hörminderung rechts und links, an einer Gehörgangsaplasie, einer Mikrotie (Anmerkung des BVwG: einer Ohrmuschelfehlbildung) rechts, an Amblyopie (Anmerkung des BVwG: einer Schwachsichtigkeit) sowie einer Weitsichtigkeit und Presbyopie (Anmerkung des BVwG: einer Alterssichtigkeit). Als Beweis beantrage sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus den Fachgebieten der HNO und Augenheilkunde; sie lege darüber hinaus einen Befund von Dr. M. M., Facharzt für Hals- Nasen- Ohrenheilkunde vom 13.11.2017 vor (Diagnose: Gehörgangsaplasie rechts, Mikrotie rechts, kombinierte Schwerhörigkeit rechts, hochtonbetonte geringgradige Innenohrschwerhörigkeit links).
Das SMS habe im bekämpften Bescheid die bei der BF bestehenden, hochgradigen Einschränkungen ihrer Seh- und Hörkraft nicht ausreichend berücksichtigt.
Beantragt wurde, das BVwG möge den angefochtenen Bescheid aufheben und dahingehend abändern, dass dem Antrag der BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses stattgegeben wird; weiters wurde zum Beweis des bisherigen Vorbringens die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachgebieten HNO und der Augenheilkunde beantragt; schließlich wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
5. Daraufhin holte das SMS weitere Sachverständigengutachten ein und wurde die BF am 12.12.2017 von Dr. R. D., einem Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, sowie am 27.2.2018 von Dr. H. W., einem Facharzt für Augenheilkunde, untersucht.
6. In dem in weiterer Folge von Dr. R. D. am 6.3.2018 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wird eingangs zu den derzeitigen Beschwerden der BF wie folgt ausgeführt:
"Die Patientin hört und versteht schlecht. Das Hörvermögen hat sich im Laufe der letzten Jahre verschlechtert. Bei Gehörgangsaplasie rechts besteht eine hochgradige, an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit. Diese macht der Patientin im privaten, wie auch beruflichen Leben Schwierigkeiten. Als Krankenschwester hat sie viel Patientenkontakt, hier kommt es oft zu Missverständnissen oder zu Fehlinterpretationen von Anweisungen. Weiters besteht eine Amblyopie rechts, die Patientin beschreibt ein eingeschränktes Gesichtsfeld.
Auf Grund des missgebildeten Ohres ist das notwendige Tragen einer Brille erschwert und vor allem in beruflicher Weise dringend erforderlich. [...]"
Nach eingehender Erhebung des HNO-Status der BF wird sodann zusammengefasst als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens Annähernd Normalhörigkeit links, hier errechnet sich aus der Tabelle eine Hörminderung von 12%. Hochgradige Schwerhörigkeit rechts, eine Hörminderung von 78%. Aus der Gesamttabelle ergibt sich somit ein Wert von 20%.
12.02.01
20 vH
02
Ohrmuschel, Mittelohr, Verlust der Ohrmuschel einseitig
12.01.01
10 vH
Gesamtgrad der Behinderung
20 vH
7. In dem sodann von Dr. H. W. am 9.3.2018 erstellten medizinischen Sachverständigengutachten wird eingangs unter anderem wie folgt ausgeführt:
"Anamnese:
Brille seit Kindheit, Diab.mell.negativ, Hypertonie seit 2011,. keine ophthalmologische OP Anamnese, Amblyopie re, Ohr OP .
Derzeitige Beschwerden:
Sehe immer schlechter.
[...]
Klinischer Status - Fachstatus:
Visus re -4,50/-3,50/105° 0,05cc, li -1,75/-0,25/110° 0,9cc, vordere
Abschnitte reizfrei, brechende Medien klar, Fundus: Papille und Macula ob, Gefäße altersentsprechend.
[...]
Sodann wird zusammengefasst als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wie folgt festgehalten:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Sehstörungen, Störung des zentralen Sehens (Sehschärfe mit Korrektur) Massive Visusminderung re
11.02.01
30 vH
Gesamtgrad der Behinderung
30 vH
8. In weiterer Folge beauftragte das SMS Dr. C. B., Ärztin für Allgemeinmedizin, mit der Erstellung einer Gesamtbeurteilung.
Auf Grundlage der Sachverständigengutachten von Dr. R. D. vom 6.3.2018 und von Dr. H. W. vom 9.3.2018 kam Dr. C. B. am 12.3.2018 zusammengefasst zu folgender Gesamtbeurteilung:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Sehstörungen, Störung des zentralen Sehens (Sehschärfe mit Korrektur) Massive Visusminderung re
11.02.01
30 vH
02
Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens Annähernd Normalhörigkeit links, hier errechnet sich aus der Tabelle eine Hörminderung von 12%. Hochgradige Schwerhörigkeit rechts, eine Hörminderung von 78%. Aus der Gesamttabelle ergibt sich somit ein Wert von 20%.
12.02.01
20 vH
03
Ohrmuschel, Mittelohr, Verlust der Ohrmuschel einseitig
12.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
30 vH
Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, führend seien die unter Position 1 angeführten Sehstörungen; die unter Punkt 2 und 3 angeführten Leiden würden zu keiner weiteren Steigerung führen.
9. Am 13.3.2018 legte das SMS den Akt dem BVwG vor und wies anlässlich der Beschwerdevorlage darauf hin, dass aufgrund der eingeholten Gutachten die fristgerechte Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht möglich gewesen sei.
10. Mit Schreiben zur Wahrung des Parteiengehörs vom 17.8.2018 übermittelte das BVwG der BF die Sachverständigengutachten von Dr. R. D. vom 6.3.2018, von Dr. H. W. vom 9.3.2018 sowie die Gesamtbeurteilung von Dr. C. B. vom 12.3.2018 und räumte ihr die Möglichkeit ein, dazu binnen einer Woche ab Zustellung schriftlich Stellung zu nehmen.
Seitens der BF langte beim BVwG keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF ist 1969 geboren, in Österreich wohnhaft und von Beruf Krankenschwester.
Bei der BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen und daraus resultierend folgender Gesamtgrad der Behinderung:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Sehstörungen, Störung des zentralen Sehens (Sehschärfe mit Korrektur) Massive Visusminderung re
11.02.01
30 vH
02
Hörorgan, Einschränkungen des Hörvermögens Annähernd Normalhörigkeit links, hier errechnet sich aus der Tabelle eine Hörminderung von 12%. Hochgradige Schwerhörigkeit rechts, eine Hörminderung von 78%. Aus der Gesamttabelle ergibt sich somit ein Wert von 20%.
12.02.01
20 vH
03
Ohrmuschel, Mittelohr, Verlust der Ohrmuschel einseitig
12.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
30 vH
Führend sind die unter Position 1 angeführten Sehstörungen; die unter Punkt 2 und 3 angeführten Leiden führen zu keiner weiteren Steigerung.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des SMS sowie ergänzend durch die Gewährung von Parteiengehör durch das BVwG.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen zu den bei der BF bestehenden Funktionseinschränkungen beruhen auf den vom SMS im Rahmen des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. R. D. (Facharzt für Hals-, Nasen-, und Ohrenheilkunde) vom 6.3.2018 und von Dr. H. W. (Facharzt für Augenheilkunde) vom 9.3.2018 sowie der von Dr. C. B. (Arzt für Allgemeinmedizin) am 12.3.2018 erstellten Gesamtbeurteilung.
Dazu ist zunächst zu betonen, dass diese Sachverständigengutachten ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar sind und keine Widersprüche aufweisen. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen der klinischen Untersuchungen am 12.12.2017 bzw. 27.2.2018 erhobenen Befund, entspricht den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Konkret hat sich der Facharzt für Hals-, Nasen-, und Ohrenheilkunde ausführlich mit den Einschränkungen des Hörvermögens der BF und dem einseitigen Verlust einer Ohrmuschel auseinandergesetzt, wobei auch entsprechende audiometrische Tests durchgeführt wurden. In nicht zu beanstandender Weise wurden die Einschränkungen des Hörvermögens der BF der Position Nr. 12.02.01 der Einschätzungsverordnung unterstellt und mit 20 vH bewertet, da zwar eine hochgradige Hörminderung rechts (Hörminderung 78 %), aber annähernd Normalhörigkeit links (Hörminderung 12 %) besteht. Den einseitigen Verlust der Ohrmuschel hat der Sachverständige darüber hinaus zutreffend der Position Nr. 12.01.01 unterstellt und mit 10 vH bewertet.
Der Facharzt für Augenheilkunde wiederum hat sich ausführlich mit den Sehstörungen der BF auseinandergesetzt und in Anbetracht der gemessenen Sehschärfe der BF (Visus re -4,50/-3,50/105° 0,05cc, li -1,75/-0,25/110° 0,9cc) die Sehstörungen der BF der Position 11.02.01 unterstellt und mit 30 vH bewertet.
In die von Dr. C. B. (einem Arzt für Allgemeinmedizin) am 12.3.2018 erstellte Gesamtbeurteilung sind die beiden dargestellten fachärztlichen Sachverständigengutachten entsprechend eingeflossen und kam der Gutachter nachvollziehbar zum Ergebnis, dass die Sehstörungen der BF mit einer Bewertung von 30 vH führend sind, während die übrigen Leiden (Einschränkung des Hörvermögens - 20 vH bzw. einseitiger Verlust einer Ohrmuschel - 10 vH) zu keiner weiteren Steigerung führen.
Zu alldem kommt noch einerseits hinzu, dass das SMS, wie dargestellt, den Beschwerdeanträgen der BF nachgekommen und sowohl ein Sachverständigengutachten aus dem Fachgebiet der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, als auch aus dem Fachgebiet der Augenheilkunde einholte. Die Gutachter haben sich mit sämtlichen von der BF in ihrer Beschwerde vorgebrachten Beeinträchtigungen auseinandergesetzt. Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass der BF die erwähnten drei im Rahmen des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens eingeholten Gutachten vom BVwG im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt worden waren, wobei seitens der BF keine Stellungnahme abgegeben wurde. Auch insofern ist davon auszugehen, dass die BF den Gutachten nichts entgegen zu setzen vermag.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gemäß § 45 Abs 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Die hier einschlägigen Bestimmungen des BBG (bzw. EStG) lauten:
§ 1. [...] (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
[...]
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen [...]
§ 35 EStG lautet auszugsweise:
§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
[...]
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
[...]
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
[...]
3.3. Im konkreten Fall bedeutet dies:
Die vom SMS im Rahmen des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. R. D. (Facharzt für Hals-, Nasen-, und Ohrenheilkunde) vom 6.3.2018 und von Dr. H. W. (Facharzt für Augenheilkunde) vom 9.3.2018 sowie die von Dr. C. B. (Ärztin für Allgemeinmedizin) am 12.3.2018 erstellte Gesamtbeurteilung sind - wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt - richtig, vollständig und schlüssig. Die aktuellen Funktionseinschränkungen der BF wurden gemäß der Einschätzungsverordnung eingestuft, es ist bei der BF sohin von einem Grad der Behinderung von 30 vH auszugehen. Die BF erfüllt somit nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs 1 BBG.
Folglich ist die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen. Das BVwG konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des VwGH bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage betreffend Verfahren und Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses stützen.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, [EMRK] noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 [GRC] entgegenstehen.
Die Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung ist am Maßstab des Art 6 EMRK zu beurteilen. Dessen Garantien werden zum Teil absolut gewährleistet, zum Teil stehen sie unter einem ausdrücklichen (so etwa zur Öffentlichkeit einer Verhandlung) oder einem ungeschriebenen Vorbehalt verhältnismäßiger Beschränkungen (wie etwa das Recht auf Zugang zu Gericht). Dem entspricht es, wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung für gerechtfertigt ansieht, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Döry / S, RN 37). Der Verfassungsgerichtshof hat im Hinblick auf Art 6 EMRK für Art 47 GRC festgestellt, dass eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Parteien im vorangegangenen Verwaltungsverfahren regelmäßig dann unterbleiben könne, wenn durch das Vorbringen vor der Gerichtsinstanz erkennbar werde, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lasse (vgl. VfGH 21.02.2014, B1446/2012; 27.06.2013, B823/2012; 14.03.2012, U466/11; VwGH 24.01.2013, 2012/21/0224; 23.01.2013, 2010/15/0196).
Im gegenständlichen Fall ergab sich aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung des Sachverhalts zu erwarten war. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich aufgrund der Aktenlage als geklärt.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2189111.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.02.2019