TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/2 G304 2183726-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.2018
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Entscheidungsdatum

02.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G304 2183726-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER, und den fachkundigen Laienrichter Helmut WEIß als Beisitzer als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle

Kärnten, vom 05.12.2017, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend

Neufestsetzung des Grades der Behinderung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 05.10.2017 brachte der BF beim Sozialministeriumservice, (im Folgenden: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung samt Beilagen ein.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde von Amts wegen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 09.11.2017, wird aufgrund der am 08.11.2017 durchgeführten Begutachtung der BF im Wesentlichen folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Chronisches Schmerzsyndrom im Bereich der Wirbelsäule bei chronisch degenerativer Hals- und Lendenwirbelsäule, Spinalkanalstenose L3 bis L5, Neuroforamenstenose L3 bis S1 Rahmensatzwert gleich dem Vorgutachten, die Antragstellerin ist auf wenige Meter ohne Gehhilfe mobil, Lähmungserscheinungen der unteren Extremitäten liegen keine vor, es wird hier das chronische Schmerzsyndrom, das unbestreitbar vorliegt, berücksichtigt

02.01.03

60

2

Schulter - Obere Extremitäten, Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk, Anheben bis auf 90° möglich Vorgegebener Rahmensatzwert bei mittlerer Bewegungseinschränkung des Schultergelenkes.

02.06.03

20

3

Diabetes mellitus, nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Rahmensatzwert gleich dem Vorgutachten.

09.02.01

20

4

Hypertonie, leichte Hypertonie Rahmensatzwert gleich dem Vorgutachten

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.

 

 

 

Begründend für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:

"Führend ist GS 1, GS 2, GS 3 und GS 4 sind zu geringfügig und haben keine Wechselwirkung zu GS 1 und steigern daher nicht weiter."

Als "Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten" wurde angeführt:

"In den Vorgutachten kam es jeweils zu Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk, diese sind bei der jetzigen Untersuchung nicht mehr vorhanden gewesen, daher kam es zu einer Reduktion um 10% bei der Gesundheitsstörung Schultergelenk und damit zu einer Reduktion von 10% bei der Gesamteinschätzung.""

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.12.2017 wurde dem BF ein neuer Behindertenpass übermittelt und mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 60 % festgestellt worden sei und daher ein neuer Behindertenpass auszustellen sei. Es seien neben den Voraussetzungen für weitere Zusatzeintragungen noch die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" erfüllt.

4. Gegen diesen Behindertenpass wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei darauf hingewiesen wurde, neben dem eigentlich begehrten Parkausweis irrtümlich auch eine Neufestsetzung des Grades der Behinderung beantragt zu haben und mit der erfolgten Herabsetzung seines Grades der Behinderung nicht einverstanden zu sein. Die Herabsetzung seines Grades der Behinderung sei für den BF unverständlich, sei es doch zu keinen Beeinträchtigungen an seinen Schultern gekommen.

5. Am 19.01.2018 langten der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

6. Mit Schreiben des BVwG vom 07.02.2018, Zl. G304 2183726-1/2Z, wurde Dr. XXXX, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens auf der Grundlage der Einschätzungsverordnung ersucht.

Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 07.02.2018, Zl. G304 2183726-1/2Z, wurde die BF aufgefordert, sich am 24.04.2018 um 16:00 Uhr bei Dr. XXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.

7. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 14.06.2018, wird aufgrund der am 24.04.2018 durchgeführten Begutachtung der BF folgendes Ergebnis angeführt:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Chronisches Schmerzsyndrom im Bereich der gesamten Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, Spinalkanalstenose L3 - L5 und Neuroforamenstenose L3 - S1. Unveränderter Rahmensatzwert zum Gutachten Dr. XXXX, von 08.11.2017, bei Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und einem chronischen Schmerzsyndrom. Die Antragstellerin ist seit längerem im niedergelassenen Bereich in Schmerzbehandlung. Blockaden wurden mehrmals gesetzt. Demnächst ist eine weitere Blockade im Lumbalbereich vorgesehen. Auf Grund der unveränderten Funktion der Lendenwirbelsäule und der benötigten Schmerzmedikation, wird der unveränderte Rahmensatzwert gegenüber dem Vorgutachten gewählt.

02.01.03

60

2

Schulterschmerz beidseits, mit Funktionseinschränkung rechts Vorgegebener Rahmensatzwert, unverändert zum Vorgutachten Dr. XXXX, vom 08.11.2017, bei Schulterschmerzen beidseits und Funktionseinschränkung rechts. Gegenüber dem Vorgutachten Dr. XXXX zeigt sich keine Funktionsverschlechterung, sodass der unveränderte Rahmensatzwert gewählt wird.

02.06.03

20

3

Komplex fokale Epilepsie

 

 

Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.

 

 

 

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:

"Führend ist die Position 1, Position 2 ist zu geringfügig, um zu steigern. Zusätzlich wurde zwischenzeitlich an der Neurologischen Abteilung Klinikum XXXX die Diagnose komplex fokale Epilepsie gestellt, welche als Diagnose 3 ohne Einstufung angeführt wird."

8. Mit Verfügung des BVwG vom 03.07.2018, Zl. G304 2183726-1/4Z, der BF zugestellt am 13.07.2018, wurde der BF das eingeholte Sachverständigengutachten seitens des BVwG übermittelt und wurde ihr zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung Stellung zu nehmen.

9. Eine Stellungnahme dazu langte beim BVwG bis dato nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist österreichischer Staatsbürger.

1.2. Der GdB beträgt 60 v. H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die Feststellung hinsichtlich des GdB gründet sich auf das seitens des BVwG eingeholte Sachverständigengutachten vom 09.11.2017.

2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grund gelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen Dr. XXXX schlüssig, nachvollziehbar und weist dieses keine Widersprüche auf. In diesem Gutachten wird der Gesamtgrad der Behinderung der BF unter Berücksichtigung sämtlicher ins Verfahren eingebrachter medizinischer Beweismittel mit 60 v. H. festgesetzt und im Vergleich zum dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverständigengutachten keine Änderung festgestellt. In dem Gutachten wird auf die Art und Leiden der BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Soweit die BF in ihrer Beschwerde angegeben hat, nicht zu wissen, warum ihr GdB herabgesetzt wurde, wird auf folgende im Vorgutachten enthaltene "Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten" hingewiesen:

"In den Vorgutachten kam es jeweils zu Bewegungseinschränkungen im linken Schultergelenk, diese sind bei der jetzigen Untersuchung nicht mehr vorhanden gewesen, daher kam es zu einer Reduktion um 10% bei der Gesundheitsstörung Schultergelenk und damit zu einer Reduktion von 10% bei der Gesamteinschätzung."

Der die BF in seiner Beschwerde um Einholung eines fachärztlichen Sachverständigengutachtens - der Orthopädie - ersucht hat, und sich die in diesem vorgenommene Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen der BF mit denjenigen im dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten decken und im Vorgutachten auch angeführt wurde, dass auch die nichtorthopädischen Funktionseinschränkungen der BF - Diabetes mellitus (GS 3) und Hypertonie (GS 4) - die Einschätzung der führenden GS 1 - "chronisches Schmerzsyndrom im Bereich der Wirbelsäule bei chronisch degenerativer Hals- und Lendenwirbelsäule, Spinalkanalstenose L3 bis L5, Neuroforamenstenose L3 bis S1" - nicht weiter steigern können, war in Zusammenschau des Sachverständigengutachtens vom 14.06.2018 und des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden allgemeinmedizinischen hinsichtlich der nichtorthopädischen Funktionseinschränkungen unangefochten gebliebenen Vorgutachtens insgesamt von einem Gesamtgrad der Behinderung der BF in Höhe von 60 v.H. auszugehen.

Da gegen das orthopädische Sachverständigengutachten vom 14.06.2018 keine Einwendung erhoben wurde, wird gegenständlicher Entscheidung dieses Gutachten mit einem festgestelltem GdB der BF in Höhe von 60 v. H. zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des BVwG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - im Folgenden: BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des BVwG durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - im Folgenden: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

3.2. Zu Spruchteil A):

In der gegenständlichen Rechtssache sind die Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. I Nr. 283/1990, in der geltenden Fassung, anzuwenden.

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§1 Abs. 2 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderungen in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 45 BBG Abs. 1 sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Demzufolge kommt im gegenständlichen Fall dem ausgestellten Behindertenpass vom 14.06.2018 "Bescheidcharakter" zu.

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat gemäß § 43 Abs. 1 BBG, wenn Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG).

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Wie unter Punkt 2.2. ausgeführt, wird gegenständlicher Entscheidung das Sachverständigengutachten vom 14.06.2018, welches vom BVwG als schlüssig und nachvollziehbar gewertet wird, zugrunde gelegt, in welchem der GdB der BF mit 60 v. H. eingeschätzt wurde, zugrunde gelegt.

Da dem Sachverständigengutachten vom 14.06.2018 nicht entgegengetreten wurde, war die Beschwerde abzuweisen.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung der BF unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung festgesetzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens vom 14.06.2018, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt.

3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G304.2183726.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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