TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/2 G304 2182156-1

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Veröffentlicht am 02.10.2018
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Entscheidungsdatum

02.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G304 2182156-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER, und den fachkundigen Laienrichter Helmut WEIß als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 13.12.2017, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben.

Der Grad der Behinderung beträgt 60 v. H.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der brachte am 05.10.2017 beim Sozialministeriumservice (im Folgende: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in den Behindertenpass samt Beilagen ein.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde amtswegig eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 30.11.2017, wird aufgrund einer am 23.11.2017 durchgeführten Begutachtung des BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Position bzw. der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Wirbelsäulenschädigung Oberer RSW entspricht der deutlichen schmerzhaften Funktionseinschränkung und den positiven Laseguezeichen

02.01.02

40

2

Hüftgelenksschädigung beidseits Unterer RSW entspricht der guten Beweglichkeit bei Zustand nach beidseitiger Hüft - TEP - Implantation

02.05.08

20

3

Schultergelenksschädigung rechts Fixer RSW entspricht der mittelgradigen schmerzhaften Funktionseinschränkung

02.06.03

20

4

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Eine Stufe über dem unteren RSW entspricht der medikamentösen Therapie.

09.02.01

20

5

Hypertonie Fixer RSW entspricht dem gut eingestellten Hypertonus

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

 

 

 

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:

"GS 1 wird durch GS 2 und die neu hinzugekommene GS 3 gemeinsam wegen Leidensverstärkung um eine Stufe angehoben. GS 4 und 5 heben wegen Geringfügigkeit nicht weiter an."

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.12.2017 wurde ausgeführt, dass mit einem GdB von 50% keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung des BF eingetreten sei, und sein Antrag vom 05.10.2017 auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung daher abgewiesen werde. Begründend wurde ausgeführt, im Ermittlungsverfahren sei ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden. Nach diesem Gutachten betrage der Grad der Behinderung 50%. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem der Beschwerde beigelegten Gutachten vom 30.11.2017 zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Da das ärztliche Begutachtungsverfahren einen Grad der Behinderung von 50% ergeben habe, sei keine Änderung seines Grades der Behinderung eingetreten. Die Voraussetzungen für die Berichtigung seines Behindertenpasses würden somit nicht vorliegen, weshalb sein Antrag abzuweisen sei.

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Dabei wurde vorgebracht, dass sich sein Gesundheitszustand seit der ersten Festsetzung des GdB in Höhe von 50 v.H. im Jahr 2014 verschlechtert habe, und der BF für eine neuerliche sachverständige Begutachtung bereitstehe.

5. Am 08.01.2018 langten der gegenständliche Verwaltungsakt und die Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein

6. Mit Verfügung des BVwG vom 26.01.2018, Zl. G304 2182156-1/2Z, wurde Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach der Einschätzungsverordnung beauftragt.

Mit einem weiteren Schreiben des BVwG vom 26.01.2018, Zl. G304 2182156-1/2Z, wurde der BF aufgefordert, sich am 19.03.2018, um 15:30 Uhr bei Dr. XXXX an näher angeführtem Ort zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.

7. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX vom 19.03.2018 wird auf Grund der an demselben Tag durchgeführten Begutachtung des BF im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

GS 1

Wirbelsäulenschädigung mit Bewegungs- und Belastungsminderung an der Hals- und Lendenwirbelsäule Oberer RSW entspricht der Bewegungs- und Belastungsminderung an der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne neuromotorische Ausfälle

02.01.02

40.

GS 2

Depression mit Panikattacken und Schlaflosigkeit Eine Stufe unter dem oberen Rahmensatzwert, entsprechend der Funktionseinschränkung, und zwar unter Medikamente stabil, jedoch beginnender sozialer Rückzug.

03.06.01

30

GS 3

Hüftgelenksschädigung beidseits Unterer RSW entspricht der guten Beweglichkeit bei Zustand nach beidseitiger Hüft - TEP - Implantation.

02.05.08

20

GS 4

Schultergelenksschädigung rechts Fixer RSW entspricht der mittelgradigen schmerzhaften Funktionseinschränkung

02.06.03

20

GS 5

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Eine Stufe über dem unteren RSW entspricht der medikamentösen Therapie.

09.02.01

20

GS 6

Hypertonie Fixer RSW entspricht dem gut eingestelltem Hypertonus.

05.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.

 

 

 

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt:

"Gebildet aus den Leiden der GS 1, wobei die Leiden der neu hinzugekommenen GS 2 um eine Stufe erhöhen und die Leiden der GS 3 und GS 4 in Zusammenwirken orthopädischer Funktionseinschränkung eine weitere Erhöhung um eine Stufe mit sich bringen. GS 5 und GS 6 führen zu keiner weiteren Erhöhung da keine negative Leidensbeeinflussung und dadurch Leidenserhöhung gegeben ist."

Folgende Stellungnahme wurde abgegeben:

Bezüglich der Wirbelsäulensymptomatik muss festgehalten werden, dass die Einschätzung mit 40% als entsprechend den Richtlinien zu betrachten ist, da keinerlei neuromotorische Ausfälle gegeben sind. Sämtliche Einschätzungen aus dem VGA sind entsprechend gewürdigt. Im Gegensatz zum Vorgutachten ist jedoch eine Depression schon seit längerer Zeit evident und auch fachärztlich dokumentiert und behandelt sodass die Depression zur Einschätzung gelangen sollte und entsprechend auch dadurch zu einer Erhöhung auf 60% führt."

8. Mit Verfügung vom 09.04.2018, Zl. G304 2182156-1/4Z, dem BF zugestellt am 14.04.2018, wurde dem BF das eingeholte Sachverständigengutachten seitens des BVwG übermittelt und wurde ihm zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen sieben Tagen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

9. Eine Stellungnahme zum dem BF vorgehaltenen Sachverständigengutachten vom 19.03.2018 ist beim BVwG bis dato nicht eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist österreichischer Staatsbürger.

Der Grad der Behinderung des BF beträgt 60 %.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die Staatsbürgerschaft des BF ergibt sich aus dem Akteninhalt. Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das seitens des BVwG eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin.

2.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden: VwGH) muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zu Grund gelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).

Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das seitens des BVwG eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen von Dr. XXXX schlüssig, nachvollziehbar und weist dieses keine Widersprüche auf.

In diesem Gutachten wird der GdB nach persönlicher Untersuchung des BF und unter Berücksichtigung seiner Angaben und der vorgelegten Befunde mit 60 v. H. festgesetzt.

In dem Gutachten wird auf die Art und Leiden des BF und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Es wurde auch eine ausführliche Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung gegeben.

Es wurde im eingeholten Sachverständigengutachten vom 19.03.2018 darauf hingewiesen, dass im Vergleich zum Vorgutachten eine Depression seit längerer Zeit evident, auch fachärztlich dokumentiert und behandelt sei, sodass die Depression zur Einschätzung gelangen sollte, was zur Folge hatte, dass die die führende Gesundheitsschädigung 1 durch die Depression als Gesundheitsschädigung 2 um eine Stufe und durch die Gesundheitsschädigungen GS 3 und 4 um eine weitere Stufe erhöht wurde.

Das Sachverständigengutachten vom 19.03.2018, gegen welches keine Stellungnahme erhoben wurde, wird in freier Beweiswürdigung gegenständlicher Beschwerde zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des BVwG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - im Folgenden: BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des BVwG durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - im Folgenden: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat gemäß § 43 Abs. 1 BBG, wenn Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG).

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)

Aufgrund des seitens des erkennenden Gerichts durchgeführten Ermittlungsverfahrens, konkret des seitens des BVwG eingeholten schlüssigen und nachvollziehbaren Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX, eines Arztes für Allgemeinmedizin, vom 19.03.2018 ergab sich ein GdB von 60 v.H.

Der BF hat gegen die Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen, denen das BVwG folgt, keine Einwendungen erhoben.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Im gegenständlichen Fall wurde der GdB des BF unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung festgesetzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens vom 19.03.2018, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt.

3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Neufestsetzung,
Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G304.2182156.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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