Entscheidungsdatum
17.10.2018Norm
AuslBG §12bSpruch
W151 2185356-1/7E
W151 2185679-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter Anton LIEDLBAUER als Beisitzer über den Vorlageantrag vom 17.01.2018 des Erstbeschwerdeführers XXXX, sowie des Zweitbeschwerdeführers XXXX, Staatsangehörigkeit Iran, XXXX, beide vertreten durch Mag. Alexander Henker, Rechtsanwalt, Ungargasse 4/10, 1030 Wien, in Verbindung mit den Beschwerden vom 15.11.2017 gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Tulln an der Donau, XXXX, vom 10.10.2017 betreffend die Versagung der Zulassung des iranischen Beschwerdeführers als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nach Beschwerdevorentscheidung vom 02.01.2018, XXXX, beschlossen:
A)
Die Beschwerdevorentscheidung wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX, Staatsangehörigkeit Iran (im Folgenden Zweitbeschwerdeführer oder BF 2), stellte am 20.10.2016 bei der Magistratsabteilung 35 (MA 35) einen Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft im Sinne des § 12b Z 1 AuslBG gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG. Dem angeschlossen befand sich die Arbeitgebererklärung von XXXX (im Folgenden Erstbeschwerdeführer oder BF 1) unter der Firma XXXX, wonach der BF 2 als "Junior-Berater IT" mit 40 Wochenstunden zu einem Bruttomonatsgehalt (ohne Zulagen) von € 2.950,00 für ein Jahr befristet beschäftigt werden soll. Eine Vermittlung von Ersatzkräften wurde gewünscht. Beigelegt waren weiters:
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eine Urkunde der über den Abschluss der "XXXX" (Bachelor of Science in Information Technology) an der "XXXX" vom 29.06.2010;
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eine beglaubigt übersetzte Apostille des Gouverneursamts in XXXX vom 10.04.2012;
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ein übersetzter Arbeitsnachweis der XXXX für die Zeit von 01.08.2010 bis 21.09.2013;
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eine Bestätigung des Studienerfolges der Fachhochschule XXXX vom 16.03.2015;
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eine Studienbestätigung der technischen Universität XXXX für das Bachelorstudium Technische Informatik vom 14.03.2016;
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eine Kopie eines Studienzeugnisses der "XXXX";
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Eine Einstufung der Sprachkenntnisse durch die Österreichische
XXXX vom 15.03.2013 sowie
-
ein Zeugnis über die Absolvierung eines Deutschkurses A1 am cultura wien Sprach- und Kulturinstitut.
2. Mit Schreiben von 16.05.2017 wurde der Vermittlungsauftrag des Arbeitsmarktservice Tulln an der Donau dem BF 1 zugesendet.
3. Mit zwei Schreiben des AMS Tulln an der Donau (im Folgenden AMS) vom 16.05.2017 wurde den BF mitgeteilt, dass dem BF 2 nach den vorgelegten Unterlagen nur 45 Punkte nach Anlage C zum AuslBG angerechnet werden können. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass der BF 1 bis dato keinen Vermittlungsauftrag zugesendet habe und dies eine Ablehnung des Antrags zur Folge haben könne.
4. Mit Schreiben vom 26.07.2017 wurden weitere Unterlagen durch den BF 1 nachgereicht: Arbeitszeugnis des BF 2 über seine Tätigkeit bei der XXXX sowie eine entsprechende Versicherungsbestätigung, Nachweise über die medizinischen Qualifikationen von XXXX und XXXX (Vater und Onkel des BF 2), ein Dienstvertrag mit unbefristeter Laufzeit, ein ausgefüllter Vermittlungsauftrag, eine aktualisierte Tätigkeitsbeschreibung sowie eine Mitteilung der Steuer- und der UID-Nr. des BF 1.
5. Mit den Bescheiden vom 10.10.2017, GZ: XXXX, hat das AMS den Antrag der BF nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z 1 AuslBG abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund des überzogenen und auf den beantragten Ausländer zugeschnittenen Anforderungsprofil kein Ersatzkraftverfahren eingeleitet werden konnte und somit die Voraussetzungen für die Zulassung des BF 2 nicht gegeben wären.
6. Gegen diese Bescheide erhoben die anwaltlich vertretenen BF fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellte den Antrag eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde Folge zu geben, den Bescheid aufzuheben und den BF 2 als Schlüsselkraft bei der BF 1 zuzulassen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen sowie auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ebenso wurde ein Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten gestellt. Vorgebracht wurde im Wesentlichen, dass die belangte Behörde vor Ablehnung des Antrags zwingend ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen gehabt hätte. Weiters hätte die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend genau erhoben und sei die Bescheidbegründung aufgrund fehlender Subsumtion unter die anzuwendenden Rechtsnormen mangelhaft
7. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 02.01.2018 wurde die Beschwerde vom AMS abgewiesen. Eingangs wurde festgestellt, dass dem BF 2 nunmehr 51 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG angerechnet werden können. Betreffend die erforderliche monatliche Mindestentlohnung für sonstige Schlüsselkräfte wurde ausgeführt, dass der in der Arbeitgebererklärung genannte Betrag von € 2.950,-- brutto/Monat der gesetzlichen Mindestentlohnung (2017: € 2.988,-- brutto/Monat bzw. 2018: € 3.078 brutto/Monat 2017) nicht entspricht. Betreffend das nicht durchgeführte Ersatzkraftverfahren führte die belangte Behörde aus, dass das dem Vermittlungsauftrag zu entnehmende Anforderungsprofil auf den BF 2 zugeschnitten und überzogen sei, weshalb ein Ersatzkraftverfahren nicht durchgeführt werden konnte. Das Anforderungsprofil finde - verwiesen wird unter anderem auf die Anforderung der iranischen Sprachkenntnisse - ferner in betrieblichen Notwendigkeiten keine Deckung. Darüber hinaus wurde die unrichtige Entlohnung laut vorgelegtem Dienstvertrag und der Verstoß des BF 1 gegen aufenthaltsrechtliche Meldepflichten vorgebracht.
8. Aufgrund des dagegen rechtzeitig erstatteten Vorlageantrages legte das AMS die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten am 07.02.2018 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die belangte Behörde ist an folgende Feststellungen gebunden:
Der BF 2 beantragte am 20.10.2016 bei der Magistratsabteilung 35 (MA 35) eine Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG für die für ein Jahr befristete berufliche Tätigkeit als "Junior-Berater IT" bei der XXXX, im Ausmaß von 40 Wochenstunden zu einem Bruttomonatsgehalt (ohne Zulagen) von € 2.950,00. Die Vermittlung von Ersatzarbeitskräften war erwünscht.
Der BF 2 wurde am XXXX geboren und ist iranischer Staatsangehöriger. Er verfügt über ein abgeschlossenes Bachelorstudium (Bachelor of Science in Information Technology) an der XXXX. Dafür sind ihm als Qualifikation 30 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG zuzuerkennen gewesen. Der BF 2 war im Zeitraum von 01.08.2010 bis 21.09.2013 bei der XXXX beschäftigt und sind als ausbildungsadäquate Berufserfahrung 6 Punkte anzurechnen. Er befand sich zum Antragszeitpunkt im 34. Lebensjahr weshalb ihm für sein Alter 15 Punkte zuzuerkennen sind. Somit erreicht der BF 2 insgesamt 51 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG, womit die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 50 Punkten überschritten ist.
Da der BF 2 zum Antragszeitpunkt 2016 das 30. Lebensjahr überschritten hatte, sind ihm mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen für die beabsichtigte Beschäftigung von der potentiellen Arbeitgeberin zu bezahlen. Im Jahr 2016 betrug diese monatliche Höchstbeitragsgrundlage € 4860,-, dem BF sind daher mindestens € 2.916,- zu vergüten. In der Arbeitgebererklärung wird eine Bezahlung von € 2.950,- angeführt, womit diesem Erfordernis Rechnung getragen wird.
Der BF 1 erteilte in der Arbeitgebererklärung die Zustimmung zur Vermittlung von Ersatzarbeitskräften. Er reichte ferner einen Vermittlungsauftrag nach, dem detaillierte Angaben zu Tätigkeits- bzw. Anforderungsprofil zu entnehmen sind.
Da der BF 2 sämtliche Erfordernisse gemäß § 12 b Z1 AuslBG erfüllte, wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen, was jedoch unterblieb. Dieses ist im fortgesetzten Verfahren nachzuholen, wobei sich das Tätigkeits- bzw. Anforderungsprofil nach der präzisierten Arbeitgebererklärung laut Aktenlage zu richten hat.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der dem BVwG vorgelegten Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß §§ 6 und 7 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) in Verbindung mit § 20f Absatz 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes der zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Zu A)
Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG)
Beschäftigungsbewilligung
Voraussetzungen
§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und
1. [...],
2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,
3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten zwölf Monate,
4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,
5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,
6. die Vereinbarung über die beabsichtigte Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies wusste oder hätte wissen müssen,
7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6 Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,
8. die Erklärung über die Verständigung des Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten Einstellung des Ausländers vorliegt und
9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung
a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder
b) die Einstellung eines für den konkreten Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,
es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist.
(2) bis (7) [...]
Prüfung der Arbeitsmarktlage
§ 4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.
(2) und (3) [...]
Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen
§ 12b leg. cit:
"Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen
§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie
1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder
2. [...]
und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.
Anlage C:
Anlage C
Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung
20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 10
Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2 4
Sprachkenntnisse
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung oder Englischkenntnisse zur vertieften selbständigen Sprachverwendung
10 15
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 20
bis 30 Jahre bis 40 Jahre
20 15
Summe der maximal anrechenbaren Punkte Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen
75 20
erforderliche Mindestpunkteanzahl
50
Das BVwG geht von folgenden rechtlichen Erwägungen aus, an die die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren gebunden ist (somit ist darüber nicht neuerlich zu entscheiden):
a) Zur erforderlichen Punkteanzahl gemäß Anlage C des § 12b Z 1 AuslBG:
Der BF 2 wurde am XXXX geboren und ist iranischer Staatsangehöriger. Er verfügt über ein abgeschlossenes Bachelorstudium (Bachelor of Science in Information Technology) an der XXXX. Dafür sind ihm als Qualifikation 30 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG zuzuerkennen gewesen. Der BF 2 war im Zeitraum von 01.08.2010 bis 21.09.2013 bei der XXXX beschäftigt und sind als ausbildungsadäquate Berufserfahrung 6 Punkte anzurechnen. Er befand sich zum Antragszeitpunkt im 34. Lebensjahr weshalb ihm für sein Alter 15 Punkte zuzuerkennen sind.
Somit erreicht der BF 2 - wie schon das AMS richtigerweise feststellte - insgesamt 51 Punkte gemäß Anlage C des AuslBG, womit die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 50 Punkten überschritten ist.
b) Zur Erfüllung der Voraussetzungen des geforderten Bruttomonatsentgelts:
Gemäß § 12b Z 1 AuslBG werden Ausländer/innen zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft weiters nur zugelassen, wenn sie für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt.
Soweit die belangte Behörde für die Beurteilung des in der Arbeitgebererklärung genannten Bruttomonatsentgelts die Bemessungsgrundlagen aus 2017 bzw. 2018 heranzieht, so verkennt sie, dass allein die Bemessungsgrundlage zum Antragszeitpunkt ausschlaggebend ist.
Da der BF 2 zum Antragszeitpunkt 2016 das 30. Lebensjahr überschritten hatte, sind ihm mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen für die beabsichtigte Beschäftigung von der potentiellen Arbeitgeberin zu bezahlen. Im Jahr 2016 betrug diese monatliche Höchstbeitragsgrundlage € 4860,-, dem BF sind daher mindestens € 2.916,- zu vergüten. In der Arbeitgebererklärung wird eine Bezahlung von € 2.950,- angeführt, womit diesem Erfordernis Rechnung getragen wird.
c) Nachzuholendes Ersatzkraftverfahren
Im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG ist eine Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 nur dann zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Wie unter a) und b) dargelegt, erfüllt der BF 2 sämtliche Erfordernisse gemäß § 12 b Z1, es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen, was jedoch unterblieb. Dies wurde damit begründet, dass aufgrund des überzogenen und auf den BF 2 zugeschnittenen Anforderungsprofil dieses nicht in den betrieblichen Notwendigkeiten Deckung findet und ein Abzielen auf objektive Kriterien nicht ersichtlich ist.
Gemäß § 4b Abs. 1 AuslBG hat die Behörde der Arbeitsmarktprüfung das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Aus der Aktenlage geht hervor, dass der BF 1 in der Arbeitgebererklärung der Vermittlung von Ersatzkräften zugestimmt und in seinem Vermittlungsauftrag die auszuübende Tätigkeit detailliert umschrieben hat. Die Vermittlung von Ersatzkräften wurde daher nicht von vornherein abgelehnt.
Zutreffend ist, dass das gegenständliche Anforderungsprofil sehr detailliert und präzise formuliert ist. Sofern sich die belangte Behörde in ihrem Vorbringen jedoch auf das Fehlen einer betrieblichen Deckung des Anforderungsprofils stützt, so übersieht sie, dass aus § 4b Abs. 1 AuslBG keine Rechtfertigung für die Ablehnung der Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens abgeleitet werden kann. Vielmehr ist bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage das vom Dienstgeber angegebene Anforderungsprofil nur insoweit zu Grunde zu legen, als es in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung findet (vgl. VwGH vom 24.01.2014, Zl. 2013/09/0070). Die Durchführung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens darf daher nicht von vornherein abgelehnt werden (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/09/0103).
Den bekämpften Bescheiden der belangten Behörde liegt zudem die Annahme zugrunde, dass durch das hohe und mutmaßlich auf den BF 2 zugeschnittene Anforderungsprofil nur dessen Anstellung und nicht die einer allfälligen Ersatzkraft intendiert war und die BF damit eine indirekte Aushebelung des Ersatzkraftverfahrens bezweckten. Durch die gänzliche Unterlassung eines Ersatzkraftverfahrens nimmt die belangte Behörde dem BF 1 jedoch von vornherein die Möglichkeit, an einem solchen mitzuwirken und diese Annahme zu entkräften.
Aus dem erst kürzlich ergangenen Beschluss des VwGH vom 21.03.2018, Ra 2017/09/0040-6, ergibt sich, dass das Ziel der Arbeitsvermittlung durch das AMS von Amts wegen anzustreben ist. Die belangte Behörde hat daher in weiterer Folge eine Prüfung der Arbeitsmarktlage durchzuführen und gegebenenfalls dem Arbeitgeber Arbeitssuchende, die ihrer Meinung nach fähig und bereit sind, den von dieser zu besetzenden Arbeitsplatz zu den angebotenen Bedingungen auszufüllen, namhaft zu machen. Erst dann kann rechtlich einwandfrei beurteilt werden, ob Ersatzkräfte zur Verfügung stehen oder kein Interesse an einer solchen Vermittlung besteht (vgl. dazu VwGH, 24.01.2014, 2013/09/0070 unter Verweis VwGH 06.03.1997, 94/09/0387).
Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Arbeitsmarktlage von einem Tätigkeits- somit Anforderungsprofil - auszugehen, welches sich nach der präzisierten Arbeitgebererklärung laut Aktenlage richtet.
Zum Abweisungsgrund wonach der BF 1 in Verletzung des § 53 NAG keine Anmeldebescheinigung innehabe, wird festgehalten:
Die belangte Behörde hat dem BF 1 diesbezüglich kein Parteiengehör gewährt und es somit unterlassen, diesem die Gelegenheit zur Stellungnahme oder zur Erbringung entsprechender Nachweise zu geben. Darüber hinaus übersieht die belangte Behörde, dass eine allfällige Verletzung aufenthaltsrechtlicher Meldepflichten keinen Hinderungsgrund iSd. § 4 Abs. 1 Z 1-11 AuslBG in der Person des Arbeitgebers darstellt.
Da die belangte Behörde kein Ersatzkraftverfahren durchgeführt hat, steht der maßgebliche Sachverhalt nicht fest, sodass eine Entscheidung in der Sache selbst durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zulässig ist. Die Durchführung eines Ersatzkraftverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht verbietet sich aus rechtlichen Gründen, weil das Bundesverwaltungsgericht keine Befugnis zur Arbeitsvermittlung hat und ihm eine solche auch nicht gemäß § 17 VwGVG zukommt.
Der bekämpfte Bescheid war daher zu beheben und die Beschwerdesache zur Durchführung der Arbeitsmarktprüfung sowie gegebenenfalls Prüfung des § 4 Absatz 1 Ziffern 2 bis 9 AuslBG und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 10.12.2014, Zl. Ra 2014/09/0034, mit Blick auf sein Grundsatzerkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zu § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG festgehalten, dass die Zurückverweisung einer Rechtssache wie im vorliegende Fall wegen der Notwendigkeit der Prüfung der Arbeitsmarktlage gemäß § 4 Abs. 1 und § 4b AuslBG zulässig ist. Zur Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall existiert daher eine Rechtsprechung des VwGH, weswegen im gegenständlichen Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Ersatzkraft, Kassation, mangelndeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W151.2185679.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.02.2019