Entscheidungsdatum
31.10.2018Norm
BBG §40Spruch
W132 2168862-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich vom XXXX , OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 04.02.2013 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) den Antrag des Beschwerdeführers vom 16.11.2012 auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
2. Der Beschwerdeführer hat am 23.05.2017 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 18.07.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH bewertet wurde.
2.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
Dem Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie beigelegt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich entgegen den Ausführungen im Sachverständigengutachten das Wirbelsäulenleiden trotz Operation massiv verschlechtert habe. Er müsse zur Absicherung eine Gehhilfe verwenden da sein linker Fuß immer wieder Ausfälle habe und er dadurch schon zu Sturz gekommen sei.
3.1. Mit dem - im Bundesverwaltungsgericht am 28.08.2017 eingelangten - Schreiben vom 25.08.2017 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
3.2. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.09.2017 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass gemäß § 46 BBG neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.
3.3. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.11.2017, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH bewertet wurde.
3.4. Im Zuge der persönlichen Untersuchung wurden vom Beschwerdeführer weitere medizinische Unterlagen in Vorlage gebracht.
3.5. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.
Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 28.08.2017 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Die im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 17.11.2017 nachgereichten Beweismittel sind nach dem 28.08.2017 vorgelegt worden.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Guter Allgemein- und Ernährungszustand. Thorax symmetrisch.
Wirbelsäule im Lot. HWS in R 40-0-40, F 10-0-10. KJA 2 cm. Reklination 14 cm. Gering verstärkte Brustkyphose. BWS-Drehung 20-0-20. Schober Zeichen 10/13,5 cm. FKBA 35 cm. Seitneigung bis 10 cm ober Patella.
Obere Extremitäten: Schultern in S 40-0-160. F 160-0-45. R 65-0-50. Ellbögen 0-0-125. Handgelenke 50-0-70. Faustschluss beidseits möglich. Nacken- und Kreuzgriff durchführbar.
Untere Extremitäten: Hüftgelenke in S 0-0-95, F 35-0-25, R 25-0-10. Kniegelenke in S 0-0-130, bandfest, reizfrei. Sprunggelenke 10-0-45. Lasegue beidseits bis 35 Grad negativ.
Gangbild/Mobilität: Gang in Straßenschuhen ohne Gehbehelf kleinerschrittig möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand möglich, Fersenstand aber erschwert. Verwendet zwei Stützkrücken, Gang damit nicht wesentlich anders.
1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mittleren Grades Oberer Rahmensatz, da Zustand nach mehreren Eingriffen zuletzt Dekompression 2016 und 2017 lumbal, chronischer Schmerzzustand. Wahl der Position, da bis auf mäßiges sensibles kein dauerhaftes motorisches Defizit.
02.01.02
40 vH
02
Degenerative Veränderungen beider Schultergelenke geringen Grades Wahl dieser Fixposition, da Zustand nach Eingriffen.
02.06.02
20 vH
Gesamtgrad der Behinderung
40 vH
Die führende Funktionsbeeinträchtigung Nr. 1 wird durch Leiden 2 wegen zu geringer funktioneller Relevanz desselben nicht weiter erhöht.
Eine Schwindelsymptomatik liegt nicht vor.
Eine Arachnoidalzyste ohne Symptomatik bedingt keine Einschätzung.
Eine Fettverdauungsstörung bei Zustand nach Galleblasenentfernung bedingt bei sehr gutem Ernährungszustand keine Einschätzung.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist in Verbindung mit dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der bis 28.08.2017 vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die bis 28.08.2017 vorgelegten Beweismittel stehen hinsichtlich des klinischen Befundes nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein anderes Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Die bis 28.08.2017 vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die Sachverständigen haben sich eingehend damit auseinandergesetzt und fassen deren wesentliche Inhalte wie folgt zusammen:
Befund des Urologen Dr. XXXX vom 14.09.2016: Zuweisung wegen
Niereninsuffizienz, Nierensonogr. 3.5 MHz: zentrale Cyste re. mit einem DM von 30 mm, bds. normale Parenchymbreite. UB-Sonogr. 3,5
MHz: Prostatavolumen mit 18 ccm altersentspr., homogene Struktur, rektal: nicht suspekte Prostata. Von urologischer Seite ist derzeit. keine Therapie erforderlich, empfehle Harnkontrolle.
Entlassungsbericht der Neurochirurgie des KH St. Pölten vom 06.11.2016: Vertebrostenose L3/L4 und Wurzelkompressionssyndrom L3/L4 links. St. p. Carotisstenose links. Kleine Arachnoidalzyste im Kleinhirnbrückenwinkel rechts. St. p. Schulter-OP beidseits. St. p. Cholecystektomie 2002. St. p. Retina-OP rechts 2001. St. p. CTS. St.
p. mehrfache Wurzelblockaden L5/S1 bei Diskusprolaps L5/S1.
Operation: Mikrochirurgische Dekompression L3/L4 links in Allgemeinnarkose am 01.11.2016. Neurochirurgischer Aufnahmestatus:
Untere Extremität allseits Kraftgrad V, Sensibilität undulierend derzeit nicht vorhandene Sensibilitätsstörung links ventraler Oberschenkel. Unterschiedliche Gehstrecke von mehreren hundert Metern bis wenige Meter bei akuter Schmerzexazerbation, derzeit wenig Schmerzen beklagt. MER: PSR beidseits mittellebhaft, ASR beidseits nicht auslösbar, Babinski beidseits negativ, derzeit keine Sensibilitätsstörungen. Keine Harn- oder Stuhlproblematik, Reithose frei.
Entlassungsbericht der Unfallchirurgie des KH Lilienfeld vom 28.02.2017: medialer Meniskusruptur li. Arthroskopie Ii. Knie, Teilresektion des medialen Meniskus, Knorpelglättung.
MRT der LWS des Röntgen Krems vom 31.03.2017: Pseudoanterolisthese Grad I im Segment L3/4. Diskrete Retrolisthese des L4 gegenüber L5. Multiseg. Osteochondrosen der LWS. Multiseg. Discusprotrusionen wie beschrieben. Einengung der Neuroforamina wie beschrieben. Spondylarthrosen der LWS. Grenzwert. Weite des knöch. Spinalkanals auf Höhe L1/2. Mäßige Vertebrostenose auf Höhe L2/3. Einengung des Rec. lateralis auf Höhe L2/3 beidseits sowie L3/4 rechts und L4/5 beidseits sowie L5/S1 links.
Befund der Neurochirurgie des KH St. Pölten vom 7.4.2017:
Wurzelblockade L4 und L5 li.
Dr. XXXX begründet die Beurteilung des Wirbelsäulenleidens fachärztlich überzeugend und im Einklang mit der Einschätzungsverordnung damit, dass zwar ein chronisches Schmerzsyndrom mit episodischen Verschlechterungen besteht, die Funktionen der unteren Extremitäten jedoch nicht erheblich eingeschränkt sind, auch nicht vertebrogen. Ein anhaltendes motorisches Defizit des linken Beines konnte nicht erhoben werden und ist auch nicht befunddokumentiert.
Die abweichende Beurteilung des Schulterleidens gegenüber dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten resultiert aus der nunmehr fachärztlich durchgeführten klinischen Untersuchung, wobei objektiviert werden konnte, dass auch an der linken Schulter Bewegungseinschränkungen vorliegen. Eine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung resultiert daraus jedoch nicht, weil dieses Defizit nur von geringer funktioneller Relevanz ist.
Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Dem nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX , sind die Verfahrensparteien jedoch nicht entgegengetreten. Vielmehr wurde dessen Inhalt im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.
Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 vH vorliegt, zu entkräften. Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, dass die nachgereichten Beweismittel unberücksichtigt bleiben, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015)
§ 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 tritt mit 1. Juli 2015 in Kraft. (§ 54 Abs. 18 BBG)
Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 28.08.2017 vorgelegt worden ist, sind nach diesem Zeitpunkt nachgereichte Beweismittel nicht zu berücksichtigen.
Falls sich der Leidenszustand des Beschwerdeführers maßgebend verschlechtert hat bzw. sich die Funktionseinschränkungen künftig verschlechtern, ist es zulässig, abermals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu stellen und kommt eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung in Betracht. (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, Zl. 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 40 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche.
Diese Beurteilung steht im Einklang mit den Vorgaben der Einschätzungsverordnung welche für Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades die Position 02.01.02 vorsieht, wobei der Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH zu bewerten ist, wenn rezidivierende und anhaltende Dauerschmerzen bei eventuell episodischer Verschlechterung, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen und Einschränkungen im Alltag vorliegen.
Da keine maßgebenden klinischen Defizite und keine maßgeblichen Einschränkungen im Alltag objektiviert werden konnten, war die Heranziehung der Position 02.01.03 (Funktionseinschränkungen schweren Grades) nicht gerechtfertigt.
Da nunmehr eine, wenn auch geringe, so doch beidseitige Funktionseinschränkung der Schultergelenke festgestellt wurde, war die Fixposition 02.06.02 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH heranzuziehen.
Das Beschwerdevorbringen wurde insofern berücksichtigt, als nunmehr eine persönliche fachärztlich orthopädisch/unfallchirurgische Untersuchung erfolgte und die Bewegungseinschränkung der linken Schulter zusätzlich in die Beurteilung aufgenommen wurde, woraus jedoch keine Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung resultiert, weil dies nur eine geringe Funktionseinschränkung bewirkt, welche die Gesamtmobilität nicht maßgebend verschlechtert.
Da ein Grad der Behinderung von vierzig (40) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde im verwaltungsbehördlichen Verfahren allgemeinmedizinisch und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren orthopädisch-unfallchirurgisch persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und bis 28.08.2017 vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind und resultiert daraus keine geänderte Beurteilung. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2168862.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.02.2019