TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/30 98/03/0326

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.1999
beobachten
merken

Index

24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §7 Abs1 Z4;
KFG 1967 §103 Abs2;
StGB §34 Z18;
StVO 1960 §5 Abs1;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des O H in Salzburg, vertreten durch DDr. Edith Oberlaber, Rechtsanwältin in 5020 Salzburg, Nonntalerhauptstraße 1a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 26. Jänner 1998, Zl. UVS-3/3900/15-1998, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach "§ 99 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 5 Abs. 1, 2. Satz," StVO 1960 gemäß "§ 99 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 100 Abs. 1" StVO 1960 mit einer Freiheitsstrafe von 28 Tagen bestraft, weil er am 19. November 1995 um 20.40 Uhr auf einer näher bezeichneten Örtlichkeit in Salzburg ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand "mit einem Atemalkoholgehalt in der Atemluft von über 0,4 mg/l (Ergebnis der Alkomatprobe 0,8 mg/l)" gelenkt habe. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, dass das für den Beschwerdeführer zugelassene Motorfahrrad zur Tatzeit unbestrittenermaßen von einer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindlichen Person gelenkt worden sei. Der Beschwerdeführer habe bestritten, dass es sich dabei um ihn gehandelt habe; seine Täterschaft sei jedoch "zweifelsfrei" als erwiesen anzunehmen. Er habe entgegen der den Zulassungsbesitzer im Verwaltungsstrafverfahren im Zusammenhang mit kraftfahr- und straßenpolizeilichen Übertretungen treffenden Mitwirkungspflicht nicht angeben können, wer das genannte Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe. Außerdem habe er eine angeblich missbräuchliche Verwendung seines Fahrzeuges nicht zur Anzeige gebracht. Darüber hinaus habe der von ihm namhaft gemachte Zeuge D den Aufenthaltsort (des Beschwerdeführers) zum Tatzeitpunkt nicht im konkreten bestätigen können. Schließlich hätten die beiden einschreitenden Polizeibeamten den Beschwerdeführer eindeutig als "beamtshandelte Person" identifiziert. Dass die - nach den Angaben der Polizeibeamten von der untersuchten Person stammende - Paraphe "am Alkomatprotokoll" nach dem Gutachten des dem Verfahren beigezogenen Schriftsachverständigen keine Übereinstimmung mit Vergleichsunterschriften des Beschwerdeführers aufweise, ändere nichts am Beweisergebnis, weil der Gutachter nicht habe ausschließen können, dass der Beschwerdeführer die Paraphe in Verstellungsabsicht geschrieben habe. Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, dass der Tat im Hinblick darauf, dass der - für seine Gattin und 4 Kinder sorgepflichtige - Beschwerdeführer den Grenzwert von 0,4 mg/l an Alkohol in der Atemluft um das doppelte überschritten habe, ein erheblicher Unrechtsgehalt beizumessen sei. Der Beschwerdeführer sei drei Monate vor der Tat wegen der Übertretungen nach § 5 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 StVO 1960 mit Freiheitsstrafen von jeweils 21 Tagen bestraft worden. Er weise auch einige andere Vorbeanstandungen (unter anderen eine wegen der Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG 1967) auf. Die Verhängung der ausgesprochenen Freiheitsstrafe sei insbesondere aus spezialpräventiven Gründen geboten; sie sei aber auch im Interesse der Generalprävention gelegen, weil ein gewichtiges öffentliches Interesse an einer strengen Bestrafung von Wiederholungstätern bei Alkoholdelikten bestehe.

Mit Beschluss vom 29. September 1998, B 549/98, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er dem Vorwurf der belangten Behörde entgegentritt, er habe den ihn treffenden Mitwirkungspflichten im Verwaltungsstrafverfahren nicht entsprochen. Seine Verantwortung ging dahin, dass er sich zum Zeitpunkt der Tat beim Zeugen D in Henndorf aufgehalten habe. Erst im Nachhinein sei er darauf gekommen, dass mit seinem Motorfahrrad "ein Fremder" gefahren sei; wer dies gewesen sei, habe er nicht herausbekommen. Da dieses Vorbringen die Dartuung der Unmöglichkeit der Benennung des Lenkers einschließt, kann dem Beschwerdeführer keine Verletzung der ihn als Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren treffenden Mitwirkungspflichten vorgeworfen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1998, Zl. 97/03/0381).

Dennoch begegnet die der Feststellung der Täterschaft des Beschwerdeführers zugrundeliegende Beweiswürdigung im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Prüfung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) insgesamt keinen Bedenken. Der Beschwerdeführer wurde von den als Zeugen vernommenen Polizeibeamten, welche die Amtshandlung am 19. November 1995 durchgeführt hatten, in der Verhandlung vor der belangten Behörde am 6. November 1996 eindeutig als die Person identifiziert, die von ihnen "beamtshandelt" worden war. Zur Durchführung der vom Beschwerdeführer vermissten Erhebungen, "inwieweit es den Zeugen ... ein Jahr (!) nach der Amtshandlung überhaupt noch möglich ist, den Beschwerdeführer eindeutig und ohne den geringsten Zweifel als Tatperson zu identifizieren", bestand für die belangte Behörde keine Veranlassung, können doch geschulten Exekutivbeamten derartige Identifizierungen durchaus zugemutet werden. Dass der vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeuge D die Behauptung, der Beschwerdeführer habe sich zum Tatzeitpunkt bei ihm aufgehalten, nicht konkret bestätigt hat, stimmt mit der Aktenlage überein. Der genannte Zeuge gab lediglich an, dass der Beschwerdeführer "im November 1995 bis im Dezember hinein ... meistens" bis 22.00 Uhr, teilweise bis 23.00 oder 24.00 Uhr bei ihm gewesen sei, um gemeinsam für einen Computerkurs zu lernen. An den 19. November 1995 könne er sich jedoch nicht erinnern.

Wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, dass aus der vom Amtssachverständigen festgestellten Nichtübereinstimmung der Paraphe auf dem Alkomatteststreifen mit den Unterschriftsproben des Beschwerdeführers im Hinblick auf die vom Amtssachverständigen aufgezeigte Möglichkeit, dass die Paraphe mit verstellter Handschrift geschrieben worden sein könnte, nicht zwingend darauf geschlossen werden könne, dass die Paraphe nicht vom Beschwerdeführer stamme, kann ihr gleichfalls nicht entgegengetreten werden. Das Unterbleiben von Erhebungen, ob der Beschwerdeführer beim festgestellten Alkoholisierungsgrad in der Lage gewesen sei, "die komplexe Überlegung, die Paraphe auf dem Alkomatteststreifen mit verstellter Handschrift in der Absicht zu schreiben, sie zu einem späteren Zeitpunkt in Frage zu stellen, vorzunehmen und die Paraphe in einer Form auszuführen, dass selbst der Sachverständige im graphologischen Gutachten keine graphischen Übereinstimmungen mit der Unterschriftsprobe des Beschwerdeführers finden kann", vermag keinen Verfahrensmangel zu begründen, hat doch der dem Verfahren beigezogene Amtssachverständige von sich aus auf die Möglichkeit der Verstellung der Handschrift hingewiesen. Im Übrigen hat es der Beschwerdeführer unterlassen, im Verwaltungsstrafverfahren entsprechende Beweisanträge zu stellen. In der Verhandlung am 19. Jänner 1998, in der der Amtssachverständige ergänzend vernommen worden war, hat der Beschwerdeführer lediglich die Einholung des Gutachtens "eines unabhängigen Sachverständigen zum Beweis dafür, dass die Paraphe auf dem Messstreifen und die geleistete Probeunterschriften des Beschuldigten nicht übereinstimmen", beantragt. Da dieses Beweisthema ohnedies aufgrund des Gutachtens des Amtssachverständigen geklärt war, bedurfte es dazu keines weiteren Beweises.

Die in der Beschwerde geäußerte Auffassung, dass "das durch den Amtssachverständigen ungefragt abgegebene, weitere Ergebnis, dass eine bewusste Unterschriftsfälschung nicht auszuschließen wäre," unbeachtet bleiben müsse, "da es einen Zweifel gegen den Beschwerdeführer erzeugt", entbehrt im Hinblick auf den im § 46 AVG verankerten Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel jeder rechtlichen Grundlage. Dass der Amtssachverständige der erstinstanzlichen Behörde (der Bundespolizeidirektion Salzburg) angehört, vermag keine Bedenken gegen seine Unbefangenheit zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1994, Zl. 92/03/0226).

Da somit nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens und deren Würdigung keine Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfes verblieben, hatte der Grundsatz "in dubio pro reo" nicht zur Anwendung zu kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1995, Zl. 95/03/0163).

Gegen die Strafbemessung wendet der Beschwerdeführer ein, dass die belangte Behörde nicht festgestellt habe, dass zwischen dem Zeitpunkt der Tat und dem der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein Zeitraum von mehr als 26 Monaten vergangen sei, in dem er keine einschlägigen Taten begangen habe. Dieses Vorbringen kann der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil der angeführte Zeitraum bei der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 zu kurz ist, um den dem Beschwerdeführer vorschwebenden Milderungsgrund nach § 34 Z. 18 StGB begründen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 1997, Zl. 97/02/0184).

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 MRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der MRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 95/03/0213).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. Juni 1999

Schlagworte

Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen Verfahrensrecht Mitwirkungspflicht der Partei Verfahrensrecht Strafen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998030326.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten