TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/26 I419 2208237-1

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Entscheidungsdatum

26.11.2018

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §31 Abs1 Z3
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z2
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2208237-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings - und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 09.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,

dass Spruchpunkt I zu lauten hat: "Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 AsylG wird Ihnen nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 29.04.2018 von Amsterdam kommend über Deutschland ins Bundesgebiet ein und weiter nach Salzburg und Klagenfurt. Er führte in seinem Körper Suchtgift mit sich und wurde festgenommen.

2. Mit dem bekämpften Bescheid hat das BFA dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel "aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt I), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II), festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III), keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV, bezeichnet als VI) sowie gegen ihn ein auf sieben Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V).

3. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer verfüge in Deutschland über einen ständigen Wohnsitz, Familie und eine Aufenthaltsberechtigung. Er habe einmalig Drogen transportiert, weil er Geld für Therapien seiner Lebensgefährtin aufgewendet hätte. Österreich stehe es nicht zu, eine Interessensabwägung für Deutschland durchzuführen und eine die Bundesrepublik Deutschland bindende Entscheidung zu treffen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine privaten, familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Bindungen, abgesehen von der Justizanstalt auch über keine eigene gesicherte Unterkunft und keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Sein Privatleben beschränkt sich auf die Kontakte zu Mithäftlingen und Justizpersonal sowie Behördenverfahren.

Er ist volljährig und arbeitsfähig, seit spätestens 01.06.2017 in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft und Inhaber eines Reisepasses seines Herkunftsstaates, den dessen Vertretung am 26.04.2017 in Berlin ausgestellt hat, sowie einer Bescheinigung seiner deutschen Wohngemeinde, dass seine mit 26.07.2018 abgelaufene deutsche Aufenthaltsberechtigung auf Grund seines Verlängerungsantrags als fortbestehend gilt. Diese "Fiktionsbescheinigung" ist bis 11.01.2019 gültig. Dem BFA wurde sie nach Erlassung des bekämpften Bescheids vorgelegt.

Der Beschwerdeführer ist Christ, ledig und nach eigenen Angaben für mindestens eine Person in Deutschland sorgeberechtigt. Dort zog er am XXXX mit einer rund XXXX Jahre älteren Frau zusammen, mit der er einen Anfang XXXXgeborenen Sohn hat. An der deutschen Meldeadresse des Beschwerdeführers sind auch XXXX geborene Zwillinge mit dem Nachnamen der Frau und des Sohnes gemeldet.

Die genannte Frau befindet sich wegen einer Panikstörung seit mindestens drei Jahren in ambulanter psychiatrischer Behandlung, wobei die behandelnde Fachärztin bestätigt, dass der Beschwerdeführer diese im Haushalt sowie bei der Erziehung des gemeinsamen Kindes und der beiden aus "vorherigen Beziehungen" unterstützt habe. Dieser habe sich als sehr vertrauenswürdig und hilfreich erwiesen, sowie durch seinen Glauben Zuversicht und Ruhe ausgestrahlt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass eine der genannten Personen zum Beschwerdeführer in einem Abhängigkeitsverhältnis stünde oder umgekehrt.

Das LG XXXX hat den Beschwerdeführer am 13.07.2018 wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels und der Vorbereitung von Suchtgifthandel zu 24 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, 16 davon mit einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, weil er am Tag der Einreise Kokain in einer das 15-fache der Grenzmenge des § 28b SMG übersteigenden Menge, konkret das 17,73-Fache in Form von 70 Bodypacks mit 689,7 g, enthaltend mindestens 266 g Reinsubstanz Cocain, eingeführt und mit dem Vorsatz befördert und besessen hat, dass es in Verkehr gesetzt werde. Das Urteil wurde infolge Rechtsmittelverzichts rechtskräftig.

Mildernd wertete das Strafgericht das umfassende reumütige Geständnis, den Beitrag zur Wahrheitsfindung, den bisher ordentlichen Lebenswandel und die Unbescholtenheit, erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen. Der Beschwerdeführer gab dazu im Verwaltungsverfahren an, er habe ein großes Problem, das sich mit Geld lösen lasse ("problem to solve with money").

Der Beschwerdeführer wurde im Süden des Herkunftsstaats geboren, kam nach eigenen Angaben vor drei Jahren nach Deutschland, spricht Englisch, Ibo und auf unbekanntem Niveau Deutsch. Seine Identität steht fest. Er leidet an keiner schweren Krankheit. Er ist nach Österreich eingereist, um dadurch und danach Verbrechen nach dem SMG zu begehen.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die Informationen zur Lage von Rückkehrenden von Relevanz. Demnach ist festzustellen:

1.2.1 Behandlung nach Rückkehr

Zum Zeitpunkt der Berichtslegung kann aufgrund der dargelegten Gründe kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen generell festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung iSv Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse, aus selbstständiger Arbeit, sichern kann, insbesondere dann wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖBA 9.2016).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden. Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen. Die Einwanderungsbehörde führt ein Fahndungsbuch, anhand dessen bei aus dem Ausland zurückkehrenden Nigerianern eine Überprüfung bereits bei Ankunft am Flughafen erfolgt: Bei Notierung im Fahndungsbuch wird der Betreffende noch im Flughafengebäude verhaftet; im anderen Fall wird der betroffenen Person ein vorläufiges Identifikationspapier durch die nigerianische Einwanderungsbehörde ausgestellt, wenn sie lediglich über einen vorläufigen Reiseausweis einer nigerianischen Botschaft verfügt (AA 21.11.2016).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere

außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch der Drogenpolizei (National Drug Law Enforcement Agency/NDLEA) befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 21.11.2016). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖBA 9.2016).

Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt. Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten. Im Mai 2012 erhielt die Deutsche Botschaft in Abuja ein Schreiben des nigerianischen Justizministers mit der Bestätigung der Nichtanwendung des "Decree 33" (AA 21.11.2016). Da die österreichische Botschaft stets "overstay" als Abschiebungsgrund angibt, sind Verhaftungen bei Ankunft in Nigeria unwahrscheinlich. Dadurch ist das "Dekret 33" nicht geeignet, ein Rückschiebungshindernis für eine Person darzustellen (ÖBA 9.2016).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z. B. eine ausreichende Versorgung von minderjährigen Rückkehrern dort nicht ohne weiteres gewährleistet wäre (AA 21.11.2016).

1.3 Zum Vorbringen:

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei der keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsaktes des BFA einschließlich des Urteilsvermerks des Strafgerichts und des Beschwerdeaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben sowie die vorliegenden Urkunden, ansonsten auch auf die unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Die Feststellungen zu Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit beruhen auf den Feststellungen des Strafgerichts zum Tathergang und den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er nach der Entlassung ein "Jobangebot" habe und zurück nach Deutschland gehen werde, um zu arbeiten. Betreffend die Deutschkenntnisse konnte das Niveau nicht festgestellt werden, da der Beschwerdeführer keinen Nachweis erbracht und seine Stellungnahme in Englisch erstattet hat. Auch in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht wurde eine Dolmetscherin eingesetzt.

Seine Identität betreffend liegt der Reisepass vor, die fehlenden integrativen Bezüge ergeben sich aus den Registerabfragen und den unstrittigen Feststellungen des BFA. Zu den bei der Einreise vorhandenen Mitteln war eine Feststellung entbehrlich, aber auch nicht möglich, weil zwar eine Geldbörse des Beschwerdeführers aktenkundig ist, nicht aber deren Inhalt.

Die Negativfeststellung betreffend Abhängigkeiten folgt daraus, dass sich eine Angewiesenheit, wie die Beschwerde sie vorbringt (S. 3, AS 118) nicht aus der Bestätigung der Therapeutin ergibt und andere Beweismittel nicht vorgelegt wurden.

2.3 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht entgegen.

2.4 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Das Vorbringen zu den familiären Anknüpfungen in Deutschland konnte übernommen werden, wobei die laut Beschwerdeführer "Enkelkinder" ("grand children") offenkundig nicht wörtlich gemeint sein konnten, sondern die festgestellten Zwillinge sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) (Abweisung der Beschwerde):

3.1 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt I)

Im Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheids sprach das BFA aus, dass dem Beschwerdeführer ein "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt werde. Damit war offensichtlich das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemeint (S. 29 des Bescheids, AS 92). Dem war durch die Richtigstellung des Spruchs Rechnung zu tragen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt. Der Beschwerdeführer hätte zudem im Falle des § 57 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 den Ausschlussgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens gegen sich gelten zu lassen.

3.2 Zur Rückkehrentscheidung

Nach § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ein Drittstaatsangehöriger sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Dabei geht das BFA davon aus, dass der Beschwerdeführer einreisen durfte, und der Aufenthalt durch die Straftaten rechtswidrig wurde. Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer mit den im Körper befindlichen Kokainbehältern nicht einreisen konnte, ohne dabei zugleich auch das erste seiner Verbrechen zu begehen, verbleibt für die Annahme eines legalen Aufenthalts schon aus diesem logischen Grund kein Raum.

Die rechtliche Klärung ergibt darüber hinaus Folgendes: Nach § 31 Abs. 1 Z. 3 FPG halten sich Fremde unter anderem dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat - z. B. also Deutschland - ausgestellten Aufenthaltstitels sind, und zwar solange sie keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen und höchstens bis zu drei Monate, wobei Art. 21 SDÜ gilt.

Letztere Bestimmung regelt in ihrem Abs. 1, dass Drittausländer, die Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels einer Vertragspartei sind, sich auf Grund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments höchstens bis zu drei Monaten frei im Hoheitsgebiet der anderen Vertragsparteien bewegen dürfen, soweit sie die in Art. 5 Abs. 1 lit. a, c und e SDÜ genannten Einreisevoraussetzungen erfüllen und nicht auf der nationalen Ausschreibungsliste der betroffenen Vertragspartei stehen.

Zu diesen Einreisevoraussetzungen gehören, neben dem Besitz allenfalls nötiger weiterer Dokumente, ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts, oder die Fähigkeit, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben. Die Person darf außerdem keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, nationale Sicherheit oder internationalen Beziehungen einer Vertragspartei sein.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass für einen rechtmäßigen Aufenthalt mindestens eine der erforderlichen Voraussetzungen fehlte. Es bleibt offen, ob der Beschwerdeführer daneben die genannten ausreichenden Mittel hatte oder immerhin in der Lage war, sich diese legal zu verschaffen. Jedenfalls war er in Anbetracht der mitgeführten Menge an Kokain zweifellos eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie schon aus der demonstrativen Aufzählung von delinquentem Verhalten in § 53 Abs. 3 Z. 1 f FPG erhellt, wo bereits eine Verurteilung zu drei Monaten unbedingter Freiheitsstrafe zur zwingenden Annahme sogar schwerwiegender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit führt, ebenso aber auch die rechtskräftige Verurteilung wegen einer in den ersten drei Monaten nach Einreise begangenen Vorsatztat.

Damit erweist sich der gegenwärtige Aufenthalt des Beschwerdeführers als von Beginn an unrechtmäßig, weil die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 SDÜ nicht vorlagen, konkret der lit. e.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist demnach bereits seit der Einreise unrechtmäßig. Im Ergebnis ist damit die Voraussetzung des § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erfüllt. Nach Bescheiderlassung hat sich ergeben, dass der Beschwerdeführer neuerlich eine (gesetzlich fingierte) Aufenthaltsberechtigung für Deutschland hat. Die Sonderbestimmung des § 52 Abs. 6 FPG ordnet an, dass bei Fremden, die eine Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedsstaates haben, die Rückkehrentscheidung zudem nur unter der Voraussetzung zu erlassen ist, dass diese ihrer Pflicht nicht nachkommen, unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates auszureisen, oder ihre sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Unverzüglich bedeutet ohne unnötigen Aufschub. Die Tatsache der Inhaftierung seit dem Tag der Einreise hindert den Beschwerdeführer an der Ausreise und bewirkt deren notwendigen Aufschub. Allerdings ist unmittelbar anschließend seine sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, wie sich aus der massiven, wenn auch durch die Festnahme auf kurze Zeit beschränkten, Delinquenz zusammen mit dem angegebenen dringenden Geldbedarf des Beschwerdeführers ergibt. Auch aus § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG folgt, dass fallbezogen seine Verurteilung die Annahme rechtfertigt, dass der Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ist. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer verfügt über kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Unter diesem Aspekt ist auf die Feststellung zu verweisen, dass ein solches über die genannten Alltags- und Behördenkontakte hinaus nicht vorliegt.

Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer zu seinem Herkunftsstaat, in dem er geboren ist und - folgt man den Angaben zum Zeitpunkt seiner Einreise nach Deutschland und den angegebenen Sprachkenntnissen - einen prägenden Teil seines Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und die Möglichkeit, alte oder neue soziale Kontakte zu pflegen.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Im konkreten Fall kommt dazu, dass der Beschwerdeführer die Legalität seiner Einreise vorgetäuscht hat, indem er zwar mit Reiseurkunden, aber ohne die materiellen Voraussetzungen legaler Einreise die Binnengrenze querte. Er lebt nun als Strafgefangener in der Justizanstalt und weist kaum Integrationsmerkmale auf.

Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot verpflichten Drittstaatsangehörige zur Ausreise in den Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat und enthalten die normative Anordnung, für den festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet derjenigen Mitgliedsstaaten einzureisen, für die die Rückführungs-RL gilt, und sich dort nicht aufzuhalten (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151 mwH). Die Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen darf daher nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, vielmehr muss auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten mitberücksichtigt werden (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237).

Was die Rückkehrentscheidung alleine anbelangt, wird dabei der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Deutschland angesichts der vorangehenden Trennung durch die Strafhaft in Österreich an Gewicht verloren haben, auch in Hinblick auf die nur knapp 11 Monate währende Lebensgemeinschaft. Der Eingriff in die Beziehung zum Sohn ist in seiner Schwere dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer durch seine Verbrechen die räumliche Trennung bewusst riskierte, sodass er gegenüber der Notwendigkeit, die von der Anwesenheit des Beschwerdeführers ausgehende Gefahr zu bannen, keine solche Bedeutung erlangt, dass von der - grundsätzlich nicht im Ermessen stehenden (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) - Rückkehrentscheidung abzusehen wäre. Diese Gefahr ergibt sich schon aus der zitierten gesetzlichen Vermutung des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG.

Sollten die deutschen Behörden die Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers nicht verlängern, wäre der Kontakt mit dem Sohn und dessen Mutter sowie den Zwillingen außer im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers z. B. mittels Treffen in Drittländern, telefonisch, durch Austausch von Videoaufnahmen und Fotos sowie (außer beim Sohn) über elektronische Medien möglich. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig betont die Rechtsprechung des VwGH jedoch unter Hinweis auf jene des EGMR, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Das gilt auch, wenn eine Unterstützung durch seine Schwester oder eventuelle andere Angehörige ausbleiben sollte. Der Beschwerdeführer ist ausreichend gesund und daher erwerbsfähig.

Er spricht zwei Landessprachen, ist arbeitsfähig und hat in Nigeria bereits gelebt, weshalb er dort zweifelsfrei die Möglichkeit hat, am Arbeitsmarkt fündig zu werden, ob mit körperlicher oder anderer Arbeit.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich - auch ohne Drogenhandel - wirtschaftlich besser leben kann, genügt nicht für die Annahme, er würde in Nigeria keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Es ist dem Beschwerdeführer auch unbenommen, sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden. Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Spruchteil II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.4 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde (Spruchpunkt IV ["VI"]):

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Durchsetzungsaufschub und zur aufschiebenden Wirkung ausgeführt, dass gesondert zu begründen ist, inwieweit die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers geboten sein soll. Die auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes nicht zu ersetzen (VwGH vom 21.11.2006, 2006/21/0171 mwH).

Nach § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist oder Fluchtgefahr besteht.

Die sofortige Ausreise erweist sich als nötig in diesem Sinne, wie bereits oben zu § 52 Abs. 6 FPG ausgeführt. Der Beschwerdeführer verfügt auch über keine Unterkunft und keine familiären Bindungen im Inland und, abgesehen von dem bei der Entlassung auszuzahlenden Teil der Arbeitsvergütung, über kein Arbeitseinkommen. Auch angesichts der so drohenden jederzeitigen Möglichkeit weiterer Angriffe gegen unterschiedliche geschützte Rechtsgüter besteht daher die Notwendigkeit, mit dessen Ausreise nicht zuzuwarten.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 4 FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht festzulegen ist, wenn die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. Es besteht daher - im Anschluss an die Haftentlassung (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237) - keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Daher war die Beschwerde auch betreffend den Spruchpunkt IV abzuweisen.

3.5 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt V):

Mit einer Rückkehrentscheidung kann auch dann ein Einreiseverbot verbunden werden, wenn der Betroffene über einen Aufenthaltstitel oder eine Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaats verfügt (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht II, Anm. 3 zu § 53 FPG), wobei mit "Mitgliedstaaten" jene gemeint sind, für welche die Rückführungs-RL gilt (VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021). Zu diesen zählt Deutschland.

Bei der Erlassung und Bemessung eines Einreiseverbots sind demnach in Bezug auf das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein seine Verhältnisse in Österreich "in den Blick zu nehmen", sondern auch die Situation des Fremden in den anderen Mitgliedstaaten (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037 mwH).

Der räumliche Geltungsbereich eines Einreiseverbots umfasst die genannten Staaten, eine Einschränkung ist nicht möglich (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Weder steht aber die Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) der Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels entgegen, noch muss sie ein Mitgliedstaat unter allen Umständen aufrechterhalten (13.09.2012, 2011/23/0413).

Die rechtlich gebotene Vorgehensweise beschreibt Art. 25 Abs. 2 f SDÜ: Stellt sich heraus, dass ein Drittausländer, der über einen gültigen Aufenthaltstitel einer der Vertragsparteien verfügt, zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist, konsultiert die ausschreibende Vertragspartei jene, die den Aufenthaltstitel erteilt hat, um zu prüfen, ob ausreichende Gründe für dessen Einziehung vorliegen. Ist der Aufenthaltstitel nicht eingezogen, dann zieht die ausschreibende Vertragspartei die Ausschreibung zurück, wobei es ihr unbenommen bleibt, den Betroffenen in die nationale Ausschreibungsliste aufzunehmen. Das Fortbestehen der Ausschreibung hängt also davon ab, ob der Aufenthaltstitel endet (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht II, Anm. 3 zu § 53 FPG).

Der Betroffene kann sich auf die Rechtswirkungen, die sich aus diesem vom ausschreibenden Vertragsstaat einzuleitenden Konsultationsverfahren ergeben, sowie auf die sich daraus ergebenden Verpflichtungen berufen (EuGH 16.01. 2018, C-240/17, E).

Ob die deutschen Behörden aus diesem Anlass den Aufenthaltstitel einziehen oder neuerlich erteilen, werden sie unter Wahrung des Art. 8 EMRK entscheiden können, wie oben dargelegt, auch wenn das Einreiseverbot in Kraft tritt. Je nach Inhalt der Entscheidung ist dann dem Beschwerdeführer über die Erfüllung der Sorgepflicht auf finanzieller Basis hinaus eine Fortsetzung des Familienlebens in Deutschland oder auch in Drittländern möglich, auch mit kürzeren Trennungsphasen als durch die aktuelle Strafhaft, die der Beschwerdeführer durch seine Verbrechen riskiert hat. Ergänzend dazu besteht weiterhin die oben beschriebene Kontaktmöglichkeit.

Nach § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und zwar grundsätzlich für bis zu 10 Jahre. Eine solche Tatsache, die auch bei der Bemessung der Dauer zu berücksichtigen ist, ist nach Abs. 3 Z. 1 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten, eine solche zu einer unbedingten von mindestens drei Monaten, aber auch nach Z. 2 seine Verurteilung wegen einer innerhalb von drei Monaten nach Einreise begangenen Vorsatztat.

Die Verurteilung des Beschwerdeführers erfüllt damit sowohl den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG als auch jenen des § 53 Abs. 3 Z. 2 FPG. Damit liegen die Voraussetzungen mehrfach vor, was sich auch auf die Dauer eines Einreiseverbots auswirkt. Die verhängte Freiheitsstrafe erreichte zudem das Vier- bzw. Achtfache der eben genannten Strafhöhen.

Der Beschwerdeführer hat zwei Verbrechen nach dem SMG am Tag der Einreise begangen und dabei mit Kokain im zweistelligen Dekagramm-Bereich die Volksgesundheit gefährdet.

Der VwGH hat im Fall eines Drittstaatsangehörigen, der ein nach Verurteilung zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verhängtes Einreiseverbot von zehn Jahren bekämpfte, entschieden, dass die dadurch entstehenden Beeinträchtigungen seines in Deutschland ablaufenden Privat- und Familienlebens wegen seines großen Gefährdungspotentials im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Kauf genommen werden müssen (15.12.2011 2011/21/0237).

Insofern hat das BFA die Verhältnismäßigkeit gewahrt, wenn es angesichts der Verurteilung zu zwei Jahren das Einreiseverbot mit sieben Jahren bemisst.

Der Beschwerdeführer befindet sich gegenwärtig in Strafhaft, sodass die Zeit noch zu wenig weit fortgeschritten ist, um ihm einen Gesinnungswandel zu attestieren. Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass vom Beschwerdeführer keine Gefahr ausgehe, da seine finanzielle Belastung nach dem Abklingen der Gesundheitsprobleme seiner Lebensgefährtin nicht mehr bestehe, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer sein Finanzproblem nicht wie geplant durch die Straftaten lösen konnte, da er als Drogenkurier gescheitert ist.

Im vorliegenden Beschwerdefall sind auch keine anderen Umstände zutage getreten, die dem Gericht eine Reduzierung der Befristung nahelegen würden. Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt V abzuweisen.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Der Sachverhalt weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund sechs Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Relevanz des Privat- und Familienlebens bei Rückkehrentscheidungen oder zur ganzheitlichen Verhaltensbeurteilung bei der Verhängung und Bemessung von Einreiseverboten.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer
Schutz, Aufenthaltstitel, berücksichtigungswürdige Gründe,
Einreiseverbot, freiwillige Ausreise, Frist, Interessenabwägung,
öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung, öffentliche Sicherheit,
Privat- und Familienleben, private Interessen, Rückkehrentscheidung,
strafrechtliche Verurteilung, Suchtgifthandel, Suchtmitteldelikt,
Verbrechen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2208237.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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