TE Bvwg Beschluss 2018/12/3 W222 1419503-4

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Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W222 1419503-4/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2018, Zl. XXXX erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Indien, beschlossen:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs.2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 14.01.2004 den ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung gab er an, er heiße XXXX , sei am XXXX in XXXX geboren und Staatsangehöriger Indiens. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, er werde aufgrund seiner politischen Gesinnung von Mitgliedern der XXXX Partei verfolgt, da er Sympathisant der Partei XXXX sei.

Dieses Verfahren wurde in der Folge am 22.03.2004 gemäß § 30 AsylG 1997 eingestellt, da der Aufenthalt des BF unbekannt war und er laut Zentralmeldeauskunft nicht in Österreich gemeldet war.

Aufgrund einer Anfrage der zuständigen Behörden in Großbritannien wurde der BF am 10.01.2011 nach den Bestimmungen der Dublin II-Verordnung nach Österreich rücküberstellt, woraufhin er am selben Tag vor der Grenzpolizeiinspektion Schwechat, Flughafen, den zweiten Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Eine EURODAC-Abfrage vom selben Tag ergab, dass der BF am 12.09.2010 in Großbritannien unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte.

Im Rahmen seiner Erstbefragung am 10.01.2011 gab der BF an, Religionsangehöriger der Sikh zu sein und führte zu seinen Fluchtgründen aus, seine Mutter sei an einem Herzinfarkt gestorben, als er fünf Jahre alt gewesen sei. Da sein Vater 1990 nach Großbritannien ausgewandert sei, habe er bei seinem Großvater gelebt. Als dieser XXXX verstorben sei, hätte er niemanden mehr in Indien gehabt. Der BF hätte beschlossen, seine Heimat zu verlassen und seinen Vater in Großbritannien zu suchen. Er habe ihn dort allerdings nicht gefunden. Da er auch in Indien niemanden mehr habe, zumal seine Schwester nach Kanada ausgewandert sei, suche er nun in Österreich um Asyl an.

Am 15.03.2011 wurde er vom Bundesasylamt einvernommen.

Der zweite Antrag des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid vom 11.05.2011, Zl. XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 nach Indien ausgewiesen, da er keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft machen habe können. Zudem bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung sowie gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers wurde vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 03.09.2013, Zl. C16 419.503-1/2011/8E als unbegründet abgewiesen, wobei inhaltlich im Wesentlichen der Entscheidung des Bundesasylamtes gefolgt wurde. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 11.09.2013 persönlich zugestellt.

Der Beschwerdeführer reiste erneut zu einem unbekannten Zeitpunkt aus Österreich aus und wurde am 21.10.2004 aus Großbritannien nach Österreich überstellt, woraufhin er den dritten Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Die Erstbefragung erfolgte am 22.10.2004 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der PI Schwechat Sondertransit. Im Wesentlichen gab er an, seine bisher genannten Fluchtgründen würden weiterbestehen. Er habe in Indien niemanden.

Am 29.10.2014 und 12.11.2014 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen

Mit Bescheid vom 21.11.2014, Zl. XXXX , wurde der dritte Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, da sich das Vorbringen lediglich auf die bereits im Vorverfahren geschilderten Fluchtgeschichte stütze.

Das BVwG wies die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 06.02.2015, Zl. W191 1419503-2/3E, als unbegründet ab.

Am 10.07.2015 beantragte der Beschwerdeführer zum vierten Mal vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes internationalen Schutz. Das Verfahren wurde jedoch am 20.08.2015 gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG eingestellt, da der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers wegen Verletzung seiner Mitwirkungspflicht weder bekannt noch leicht feststellbar war und eine Entscheidung ohne weitere Einvernahme nicht erfolgen konnte. Nachdem der Beschwerdeführer eine neue Meldeadresse bekanntgab, wurde das Verfahren fortgesetzt.

Im Zuge der Einvernahme am 12.01.2016 vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, er suche seinen Vater und habe gewusst, dass er in England sei. Er habe keine Probleme in seinem Herkunftsstaat, kenne dort aber niemanden und wolle daher nicht zurück.

Mit Bescheid vom 13.02.2016, Zl. XXXX wurde der Antrag vom 10.07.2015 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen und festgestellt, dass die Ausreise nach Indien zulässig sei. Am 20.02.2016 wurde der Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 Zustellgesetz ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde hinterlegt.

Am 14.04.2016 stellte der BF den fünften Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 27.04.2016, Zl. XXXX gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG2005 oder § 55 AsylG 2005 erteilt wurde. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass eine Abschiebung nach Indien zulässig ist. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht ausgesprochen. Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers unbekannt war, wurde der Bescheid gemäß § 8 Abs. 2 iVm § 23 ZustG ohne vorhergehenden Zustellversuch bei der Behörde am 24.07.2016 hinterlegt.

Am 12.09.2016 stellte der BF den sechsten Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung erfolgte am 13.09.2016 durch ein Organ der LPD Oberösterreich.

Am 29.09.2016 erging ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 2 Z 2 BFA-VG gegen den BF, da sein Aufenthaltsort unbekannt war. Das Verfahren wurde daher gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt. Mit 30.09.2016 wurde der Festnahmeauftrag nach freiwilliger Bekanntgabe des neuen Aufenthaltsortes widerrufen und das Verfahren fortgesetzt.

Am 19.03.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt. Er gab an, dass der Name XXXX sei ein Spitzname in England gewesen. In Indien sei er unbescholten, sei niemals vor Gericht gestanden und auch nie inhaftiert worden. Er habe weder gröbere Probleme mit den Behörden oder Militärangehörigen gehabt, noch würden aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen gegen ihn bestehen. Er sei nie politisch aktiv bzw. Mitglied einer Partei oder Organisation gewesen. Mit Privaten habe er keine Schwierigkeiten gehabt und er sei auch nicht wegen seiner Volkszugehörigkeit verfolgt worden. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, seine Mutter habe der Religion der Hindu angehört, sein Vater sei Sikh. Die Familien seien auf beiden Seiten gegen die Ehe gewesen. Die Onkel mütterlicherseits hätten den BF geschlagen, als er acht Jahre alt gewesen sei und hätten ihn auch in Delhi gemeinsam mit anderen Personen attackiert. In Indien habe er ständig Angst gehabt. Er kenne in seinem Herkunftsstaat niemanden mehr und wisse auch nicht, wohin er gehen oder wo er leben solle, wenn er zurückkehren müsse. In Großbritannien habe er zunächst auch niemanden gekannt, habe aber in einem Sikh-Tempel Leute kennengelernt, die ihm zu Schwarzarbeit verholfen hätten. Die Reise nach Großbritannien sowie die Reise von Indien nach Österreich habe er mit seinen Ersparnissen finanziert. Er habe weder Verwandte in Österreich noch in anderen EU-Mitgliedstaaten. Derzeit lebe er im Asylheim. In Vereinen sei er nicht tätig. Er beziehe Leistungen aus der Grundversorgung und habe gemeinnützige Arbeit erbracht. Um eine Arbeit zu finden, sei er bereits einmal beim AMS gewesen. Es habe jedoch keine Arbeit für ihn gegeben. In Österreich wolle er Deutsch lernen und arbeiten.

Am 23.04.2018 verständigte die Staatsanwaltschaft XXXX das Bundesamt über die Einbringung eines Strafantrags zu XXXX gegen den BF wegen § 107 (1,2) 1. Fall StGB.

Mit Verfahrensanordnung vom 03.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 der Verlust seines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet mitgeteilt.

Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Der Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ausgesprochen, dass der BF das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 03.05.2018 verloren hat (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

Mit Schreiben vom 28.08.2018 teilte das Landesgericht XXXX mit, dass das Strafverfahren gegen den BF zu XXXX unter Bestimmung einer Probezeit von 2 Jahren diversionell erledigt wurde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2018, Zl. W 124 1419503-3/10E wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: "Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 12.09.2016 wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF wegen entschiedener Sache zurückgewiesen." Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte III. und IV. des Bescheides wurde gemäß §§ 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, §§ 9, 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9 FPG als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt V. des Bescheides wurde stattgegeben und der Ausspruch über den Verlust des Aufenthaltsrechtes ersatzlos behoben. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt VI. des Bescheides wurde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser wie folgt zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wird gegen Sie ein Einreiseverbot für die Dauer von 12 Monaten erlassen."

Am 05.11.2018 stellte der BF den siebten Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Einvernahme am gleichen Tag durch die LPD Niederösterreich, gab der Beschwerdeführer auf Vorhalt, dass sein Verfahren am 09.10.2018 rechtskräftig abgeschlossen worden sei, an, dass er keine Erinnerung mehr an Indien habe, da er 19 Jahre alt gewesen sei, als er Indien verlassen habe. Die letzten 14 Jahre sei er im Ausland gewesen und habe nun keinen Bezug zu Indien mehr. Er habe psychische Probleme, könne nicht schlafen und habe Alkoholprobleme, da er schon so lange im Ausland sei und meistens keine Unterkunft habe.

Mit Verfahrensanordnung vom 07.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Behörde davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege und beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.

Die Gutachterliche Stellungnahme im Zulassungsverfahren vom 13.11.2018 ergab, dass beim Beschwerdeführer eine Anpassungsstörung, welcher dieser mit der Einnahme von ungeeigneten Mitteln behandle, vorliege sowie es keinen Hinweis für andere Störungen gebe.

Am 27.11.2018 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Auf Vorhalt, dass seine insgesamt sechs Vorverfahren fünf Mal negativ entschieden und ein Verfahren eingestellt worden sei sowie dieser am 08.11.2018 eine Verfahrensanordnung des Bundesamtes gem.§ 29 Abs. 3 AsylG erhalten habe, in welcher ihm mitgeteilt worden sei, dass sein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen und der faktische Abschiebeschutz aufgehoben werde und er nun die Gelegenheit habe, dazu Stellung zu nehmen, gab der Beschwerdeführer an: "Ich habe niemanden in Indien und möchte hier leben. Ich habe Freunde in Großbritannien." Die Frage, ob sich seine Fluchtgründe geändert hätten, verneinte der Beschwerdeführer. Weiters gab dieser an, dass er nicht an einer lebensbedrohenden Krankheit leide, aber am Abend nicht gut einschlafen könne. Er sei nicht bereit, freiwillig und allenfalls unterstützt in sein Heimatland zurückzukehren.

Mit dem oben im Spruch angeführten, mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der faktische Abschiebeschutz des betreffenden Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Dieser Bescheid wurde in der Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA, XXXX , am 27.11.2018 beurkundet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der angeführte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und werden der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Dem BF wurde zudem in der niederschriftlichen Einvernahme am 27.11.2018 ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, der entscheidungswesentliche Sachverhalt blieb dabei unbestritten.

2. Rechtliche Beurteilung:

§12a Abs. 2 AsylG 2005 idgF:

Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF:

Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

§ 22 BFA-VG:

(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

Zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

Gegen den BF liegen rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren und rechtskräftige Rückkehrentscheidungen vor. Der sechste Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2018, Zl. W 124 1419503-3/10E abgewiesen. Der Beschwerdeführer bezog sich im nunmehrigen Verfahren auf die gleichen Fluchtgründe wie im vorhergegangen Verfahren und verneinte die Frage, ob sich an seinen Fluchtgründen etwas geändert hätte. Ein neuer, entscheidungswesentlicher Sachverhalt kann sohin nicht entnommen werden.

Auch die Situation in Indien hat sich seit dem letzten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.09.2018 nicht geändert. Es ist daher davon auszugehen, dass sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.

In den bisherigen Entscheidungen hat das Bundesamt bereits ausgesprochen, dass der Asylwerber bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde (§ 50 FPG). In der Begründung des Bescheides des BFA wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland des Asylwerbers bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.

Auch im nunmehr siebenden Asylverfahren vor dem Bundesamt sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - bis dato keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a (2) Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Zum Vorbringen in der Einvernahme vom 05.11.2018, wonach er psychische Probleme habe, nicht schlafen könne und Alkoholprobleme habe, ist Folgendes auszuführen:

Der EGMR weist in seiner Judikatur zu Art. 3 EMRK regelmäßig auf den hohen Engriffsschwellenwert ("high threshold") dieser Bestimmung hin und bringt damit zum Ausdruck, dass Art. 3 EMRK lediglich einen - dafür aber absoluten und unverbrüchlichen - Mindestschutzstandard garantiert, den der EGMR offenkundig nicht erweitert. Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland und allenfalls "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend, wie die jüngere einschlägige Rechtsprechung des EGMR deutlich zum Ausdruck bringt.

Dies wird noch durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. 3. 2008, Zl B 2400/07, untermauert, wonach sich aus den (im Erkenntnis zitierten) Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben; dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts. Solche außergewöhnlichen Umstände liegen nicht vor - dem Sachverständigengutachten zufolge liegt beim Beschwerdeführer lediglich eine Anpassungsstörung vor, die der Beschwerdeführer mit der Einnahme von ungeeigneten Mitteln behandle - und ist weiters auf die grundsätzliche medizinische Basisversorgung in Indien hinzuweisen, sodass aus dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers für diesen nichts zu gewinnen ist.

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK jedenfalls gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG durch das BFA ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß am 27.11.2018 durchgeführt.

Im Lichte des § 22 BFA - VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 27.11.2018 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,
Folgeantrag, Identität der Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W222.1419503.4.00

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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