Entscheidungsdatum
05.12.2018Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W222 2210627-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2018, Zl. XXXX erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geboren am XXXX, StA. Indien, beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs.2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.06.2013 den ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch das PI XXXX gab er zum Fluchtgrund befragt an, dass er und sein Freund bei einer Feier gewesen sei. Er habe etwas getrunken und mit einer anderen Gruppe Männer gestritten. Dabei sei eine Person der Gegner verletzt worden. Später habe er eine Anzeige bekommen. Er sei von der Polizei gesucht worden und auch von der Familie des Verletzte. Zwei bis drei Mal hätten Familienangehörige des Verletzten ihn bedroht. Er sei geflüchtet, dort sei er aber auch gesucht worden. Aus diesem Grund habe er seine Heimat verlassen.
Im Zuge seiner Einvernahme am 14.06.2013 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle XXXX, gab der Beschwerdeführer u.a. folgendes an:
"LA: Geben Sie bitte einen kurzen Lebenslauf an, wo und mit wem Sie gelebt haben, was Sie schulisch und beruflich gemacht haben, etc.!
AW: Ich bin am XXXX in Indien. Ich habe die Grundschule und Hauptschule in Indien von 1991 bis 2003 besucht. Ich habe als Taxifahrer gearbeitet. Ich habe im Elternhaus gelebt. Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder.
LA: Wann sind Sie ausgereist aus Indien? Konkret mit allen Details?
AW: Ich habe Indien am 15.05.2013 verlassen und bin mit dem Flugzeug von Neu-Delhi nach Moskau geflogen und bin danach über dem Landweg über unbekannte Länder hierher nach Österreich gefahren.
LA: Waren Sie jemals bei einer politischen Partei?
AW: Nein.
LA: Waren Sie jemals bei bewaffneten Gruppierungen?
AW: Nein.
LA: Wann hatten sie den letzten persönlichen Kontakt zur Familie in Indien?
AW: Ich habe keinen Kontakt mehr seit der Ausreise.
LA: Was veranlasst Sie, die Heimat zu verlassen? Bitte schildern Sie möglichst konkret und detailliert!
AW: In Indien gab es einen Streit. Ich saß gemeinsam mit Freunden und wir haben Alkohol getrunken und dann gab es einen Streit zwischen uns. Wir haben einander mit Alkoholflaschen beworfen, dann wurden wir alle von der Polizei angezeigt. Dann hat die Polizei öfters nach mir gefragt und dann bin ich ausgereist, sonst habe ich keine ethnischen, politischen oder andere Gründe. Das ist alles.
LA: Wann war dieser Vorfall?
AW: Im Dezember... nachgefragt 2012.
LA: Wo war dieser Vorfall?
AW: In XXXX.
LA: Genauer?
AW: XXXX... in einem Resort.
LA: Wer war daran beteiligt?
AW: Meine Freunde .... Und noch andere.
Nachgefragt waren es unbekannte Leute.
LA: Woher wissen Sie, dass eine Anzeige gemacht wurde?
AW: Weil die Polizei zu uns gekommen ist. Damit meine ich nach Hause.
LA: Was haben Sie der Polizei gesagt?
AW: ... (Ast überlegt) ... die Polizei hat zu mir gesagt, dass
andere Personen verletzt wurden und es eine Anzeige gegen mich gem. §302 gebe.
LA: Was hat die Polizei gemacht?
AW: Die Polizei hat nach mir gesucht, ich war ja gar nicht zur Hause.
LA: Wo waren Sie?
AW: Ich war in XXXX.
LA: Wann war die Polizei bei Ihnen?
AW: Zwei oder vier Tage nach diesem Streit.
LA: Zwei oder vier Tage?
AW: Zwei.
LA: Wann sind Sie ausgereist?
AW: Am 15.Mai 2013.
LA: Wo waren Sie zwischen dieser Zeit aufhältig?
AW: Ich war in XXXX.
LA: Bei wem?
AW: Bei Freunden.
LA: Wie haben Sie die Ausreise organisiert?
AW: Ein Freund, gemeinsam mit meinem Vater hat das gemacht.
LA: War der Kontakt mit der Familie aufrecht?
AW: Telefonisch ... ja.
LA: Ist die Polizei danach noch einmal gekommen?
AW: Ja ... sie sind auch nach XXXX gekommen und haben auch dort nach
mir gesucht.
LA: Warum sind diese dorthin gekommen, woher wussten Sie, dass Sie dort aufhältig sind?
AW: Die Verletzten haben ihnen das wahrscheinlich gesagt.
LA: Können Sie Dokumente vorlegen?
AW: Nein. Meinen Reisepass hat mir der Schlepper in Moskau weggenommen.
LA: Sie sind mit dem Reisepass ausgereist?
AW: Ja.
LA: Können Sie noch mehr angeben, insbesondere zum Aufenthalt in XXXX?
AW: Nein. Mehr weiß ich nicht.
LA: Wollen bzw. können Sie mehr angeben?
AW: Nein. Das ist alles."
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 18.06.2013, ZI. XXXX, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab und erkannte dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies ihn gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus (Spruchpunkt III.).
Beweiswürdigend hielt das Bundesasylamt zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers fest: "Obwohl Sie am Beginn der Einvernahme nach möglichen Ergänzungen zur Erstbefragung gefragt worden sind, gaben Sie an alles bereit gesagt zu haben. Offensichtlich hatten Sie nichts hinzuzufügen bzw. wollen sich am Beginn nicht festlegen. Dazu darf angeführt werden, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe der Behörde ist, durch Nachfragen derartige Detail zu erfragen, vielmehr entspricht es der Erfahrung der ho. Behörde, dass Personen, die einen ins Treffen geführten Sachverhalt tatsächlich erlebt haben, aus freien Stücken bereit sind, eine Vielzahl von Details ihrer Fluchtgeschichte zu Protokoll zu geben, ohne dass seitens des Einvernehmenden immer wieder nachgefragt und der Asylwerber aufgefordert werden muss, konkrete Einzelheiten seiner Fluchtgeschichte zu erzählen bzw. dies auch unter Angaben seiner Befürchtungen und Gefühle schildert.
Darüber hinaus war die extrem vage Art und Weise, wie Sie den behaupteten Fluchtgrund vor dem Bundesasylamt am 14.06.2013 schilderten, völlig ungeeignet, um Ihr Vorbringen für glaubhaft befinden zu können (siehe dazu Einvernahmeprotokoll vom 14.06.2013, Seite 4). Es fehlte Ihren Angaben an sämtlichen Hinweisen, die annehmen ließen, dass Sie wahre Erlebnisse schilderten. Weder brachten Sie von sich aus Details vor, noch gingen ihrer Schilderung Ausführungen hervor, die von einer Erzählung sprechen lassen, die sich auf wahre Begebenheiten beziehen würde.
Weiters ist Ihre persönliche Glaubwürdigkeit durch Ihre Angabe, dass Sie von Moskau über unbekannte Länder nach Österreich gefahren seien, ohne zumindest anzugeben, wie lange die Fahrt auf bzw. in dem unbekannten Kraftfahrzeug gedauert haben soll, bereist erschüttert. Es ist offensichtlich, dass Sie den Reiseweg verheimlichen wollen.
Schon die Tatsache, dass Sie vor dem Bundesasylamt während der Einvernahme nicht schlüssig erklären konnten, zwischen wem der vermeintliche Streit und Raufhandel überhaupt stattgefunden haben soll und weshalb die Polizei nun nach Ihnen öfter gefragt haben soll und Sie überdies den Namen des Opfers nicht angeben wollen, die Tat an diesem jedoch der Auslöser Ihrer Ausreise gewesen sein soll, ist in diesem Zusammenhang Grund genug, Ihnen und Ihrem Vorbringen keinen Glauben zu schenken.
Konkret zu dem vermeintlichen Vorfall befragt, geben Sie entweder an, dass Sie Details nicht wüssten oder sich nicht an Details erinnern könnten. Auf die konkrete Frage, woher Sie nun wissen würden, dass Sie von der Polizei gesucht werden würden geben Sie an, dass Sie telefonischen Kontakt zu Ihrem Vater hielten und auch so die Schleppung ins Ausland organisierten. Sie befürchteten nicht einmal, dass Ihr Telefon überwacht sein könnte. Würden Sie sich einer Geschichte bedienen, die Sie selbst erlebt hätten, würde es wohl auch bei diesem Fragenkomplex konkrete Aussagen Ihrer Person und Ihrer Handlungen geben. Ein vernunftbegabter Mensch würde diese wesentlichen Punkte einer wahren Fluchtgeschichte von sich aus preisgeben. Ihre Aussage, dass Sie von der Polizei weiter gesucht werden würden ist völlig surreal unter dem Gesichtspunkt, wenn Sie nun angeben das erhöhte Risiko eingegangen zu sein, nämlich über die erheblich genauere Passkontrolle eines Flughafens, unter Verwendung Ihres eigenen Reisepasses, auszureisen und nicht wie sonst anzunehmen über den Landweg Indien verlassen zu haben.
Während der Einvernahme vor dem Bundesasylamt lassen Sie völlig außer Acht, das s Sie bei der Erstbefragung vor der Exekutive (Protokollpunkt 11) angaben, auch von der Familie des Gegners gesucht und sogar angegriffen worden zu sein. Diesbezüglich ist jedoch in Ihren zeitlichen Verlauf, zwischen Tagt und Reise nach XXXX offensichtlich keine Zeit und so ließen Sie diesen Teil Ihrer erfundenen Rahmengeschichte vor dem Bundesasylamt gleich zur Gänze aus. Auch auf mehrmalige Befragung ob Sie nun vor dem Bundesasylamt die gesamte Fluchtgeschichte angegeben hatten und mehrfachen Belehrungen zur Wahrheitspflicht Ihrer Aussage, gaben Sie an, sonst keiner weiteren Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein.
In Zusammenschau und im Hinblick auf die lapidar dargestellte Sachverhaltslage ist dieses Konstrukt Ihrer gesamten vermeintlichen Fluchtgeschichte keinesfalls glaubhaft.
Die Behörde geht aufgrund der obigen Ausführungen insgesamt davon aus, dass das geschilderte Vorbringen Ihrer angeblichen Bedrohungssituation nicht der Wahrheit entspricht, sondern es sich ein Schlepper vorgegebenes Konstrukt handelt und die Asylantragstellung lediglich der Erlangung eines Aufenthaltstitels unter Umgehung des Fremdenrechtes dienen sollte, was angesichts wirtschaftlicher Umstände zwar menschlich verständlich ist, aber einen klaren Missbrauch des Asylrechtes darstellt. Bestärkt wird die erkennende Behörde darin auch, dass Österreich gar nicht ihr Reiseziel war und sie den Antrag nur stellten, als sie von der Polizei aufgegriffen worden sind.
Abgesehen davon könnten Sie sich den von Ihnen dargelegten Bedrohungen, sollte es tatsächlich solche gegeben haben dadurch entziehen, dass Sie sich in andere Teile Ihres Heimatlandes begeben. Denn es kann weder davon ausgegangen werden, dass Ihnen von den von Ihnen genannten Privatpersonen im gesamten Staatsgebiet von Indien Gefahr drohen würde, zumal es sich bei ihnen um keine "High profile" Person handelt. Wie auch aus den Länderfeststellung ersichtlich, können selbst Mörder in größeren Städten unbehelligt leben und werden von der Polizei, nicht gefunden. Wie sollte sie dann eine Einzelperson ohne Fahndungsmöglichkeit so ohne weiteres aufspüren.
Dass Sie in Ihrem Heimatstaat weder wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch Religion noch mit den Behörden keine weiteren außerordentlichen Probleme hatten, ergibt sich aus dem Umstand, dass Sie dezidiert danach gefragt wurden und derartige Probleme nicht ansatzweise erkennbar waren."
Gegen diese Entscheidung wurde keine Beschwerde erhoben und erwuchs der Bescheid am 04.07.2013 in Rechtskraft.
Am 17.07.2018 wurde der Beschwerdeführer einer Personenkontrolle unterzogen und in der Folge festgenommen und einvernommen.
Mit Mandatsbescheid vom 18.07.2018, Zahl: XXXX wurde gemäß § 76 Absatz 2 Zi. 1 FPG iVm § 57 Absatz 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 12.11.2018 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft den zweiten Antrag auf internationalen Schutz und gab folgendes an: "A: Ja, ich fühle mich normal, ich bin nicht krank.
V: Sie befinden sich seit 18.07.2018 im Stande der Schubhaft, da Sie einer gegen Sie bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sind.
Von der Behörde wird derzeit die Erlangung eines Ersatzdokumentes angestrebt. Des Weiteren wird mir zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist die Schubhaft aufrechtzuerhalten.
F: Hat sich in Ihren persönlichen Verhältnissen etwas geändert?
A: Ich habe Familie und auch Freunde hier.
F: Können Sie nähere Angaben zu den Personen machen?
A: XXXX, das ist der Sohn meiner Tante, er ist ca. 50 Jahre alt und wohnt in Klagenfurt. XXXX, ist ein Freund von mir er ist ca. 25 Jahre alt und er lebt in Wien, er lebt im XXXX.Bezirk, die genaue Adresse kann ich nicht nennen. Außerdem lebt meine Schwester in Klagenfurt, sie heißt XXXX, sie ist 35 Jahre alt. Sie sind seit langem schon hier, so ca. seit 15 bis 20 Jahren.
Anmerkung: Herr XXXX behauptet, er sei im Asylverfahren nicht nach seinen Verwandten gefragt worden.
V: Dies klingt jedoch nach Ansicht der Behörde nicht glaubwürdig. Sie wurden sich bei der Ersteinvernahme nach Ihren Angehörigen gefragt.
A: Nein nur nach den in Indien lebenden Verwandten, nicht nach den bereits in Österreich lebenden Verwandten und Freunden.
F: Was hat sich noch an Ihren persönlichen Verhältnissen geändert in letzter Zeit?
A: In Österreich hat sich nichts geändert, ich habe zwar viele Freunde aber keine weiteren Verwandten. Ich bin in Indien verheiratet.
F: Haben Sie Familie mit Ihrer Frau in Indien.
A: Ja habe ich. Meine Frau heißt XXXX und ist 28 Jahre alt. Außerdem habe ich einen Sohn und eine Tochter in Indien Sie heißen XXXX und ist 9 Jahre alt und mein Sohn XXXX, er ist ca. 8 Jahre alt. Sie wohnen in XXXX, XXXX Punjab.
F: Leiden Sie an gesundheitlichen Beschwerden oder Erkrankungen?
A: Ich leide an keinen gesundheitlichen Beschwerden oder Erkrankungen.
F: Haben Sie die Nahrungsaufnahme wiederaufgenommen, essen Sie wieder?
A: Ja
F: Wollen Sie abschließend noch etwas angeben bzw. sagen?
A: Ich wollte wegen dem Asylverfahren nachfragen und noch einen Antrag stellen.
Die Einvernahme wird unterbrochen, da Genannter einen neuerlichen Asylantrag stellen will.
Herr XXXX stellt vor der Sicherheitswachebeamtin mit der Nr. XXXX neuerlich einen Asylantrag.
Ich werde nach Abschluss der Einvernahme in das PAZ XXXX rücküberstellt und verbleibe im Stande der Schubhaft.
Ich habe alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen."
Bei der Einvernahme am 13.11.2018 durch die LPD Wien gab der Beschwerdeführe auf die Frage, warum er jetzt einen neuen Asylantrag stelle, folgendes an:
"Mit der Person, mit der ich die Auseinandersetzung hatte ruft mich immer wieder an und droht mir mit dem Tod. Er sagt, falls ich nach Indien zurückkehre wird er mich umbringen. Diese Person ist die gleiche, wie ich bei meinem ersten Antrag angegeben habe. Er ist Hindu und ich Sikh, was ein weiterer Grund ist. Da er auch reich ist, hat er die Polizei in seiner Hand. Er bedroht auch meine Familie. Die Gründe meines Antrages vom ersten Mal sind somit fortlaufend und bestehen weiterhin. Ich bin Unterstützer der XXXX-Bewegung und er als Hindu möchte das nicht. Alle Sikhs die zurückkehren kommen ins Gefängnis. Ich habe hiermit alle meine Gründe genannt, warum ich mein Land verlassen habe und hier her nach Österreich gereist bin und um Asyl ansuche. Ich habe keine weiteren Gründe für meinen Asylantrag."
Mit Verfahrensanordnung vom 26.11.2018 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da die Behörde davon ausgehe, dass entschiedene Sache im Sinne des § 68 AVG vorliege und beabsichtigt sei, den faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.
Bei der Einvernahme am 28.11.2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer an:
"LA: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet).
VP: Nein.
LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.
VP: Nein, ich habe nur mit Freunden zusammen gewohnt.
LA: Ihre Gründe aus dem ersten Verfahren sind noch aufrecht?
VP: Meine alten Gründe bestehen nach wie vor. Auch kommen Bedrohungen aus Italien. Ich bin Sikh. Hindus bedrohen mich mit dem Umbringen.
LA: Warum bekommen Sie Bedrohungen aus Italien und von wem?
In Italien leben Bekannte und Verwandte von den Personen welche mich in Indien bedroht haben. Sie meinten, sie könnten herausfinden wo ich leben und könnten auch hierher kommen um mich umbringen.
LA: Dann sind Sie ja in Österreich gar nicht sicher, wenn diese Personen kommen können?
VP: Die Polizei hier ist besser, als die Polizei in Italien.
LA: Wie haben sich die Bedrohungen abgespielt?
VP: In Italien und auch in Österreich über das Telefon.
LA: Wann waren diese Anrufe?
VP: Vor ca. vier Monaten. Ich bin seit vier Monaten nun hier.
LA: Wann waren Sie in Italien?
VP: 2012 war ich in Italien. Seit 2013 bin ich durgehend in Österreich.
LA: Wo haben Sie sich in der Zeit vom August 2014 bis Jänner 2018 aufgehalten?
VP: In Österreich. Nachgefragt wegen der fehlenden Meldeadresse gebe ich an, dass ich in dieser Zeit im XXXXBezirk, XXXX gelebt habe.
LA: Erklären Sie mir, wie diese Personen Ihre Telefonnummer herausfinden konnten?
VP: Ich habe Freunde, vielleicht sind das gemeinsame Freunde. Vielleicht haben meine Feinde die Nummer daher von meinen Freunden erhalten.
LA: Erklären Sie mir, wenn Sie bereits vor über 4 Monaten bedroht wurden, Sie sich nun bereits seit 4 Monaten in Schubhaft befinden, warum Sie erst jetzt einen Asylantrag stellen?
VP: Ich habe anfangs nicht gewusst, dass ich einen Antrag stellen kann. Erst jetzt habe ich das gewusst.
V: Warum geben Sie in der Einvernahme vom 18.07.2018 an, dass Sie im XXXX Bezirk in der XXXX gewohnt haben?
VP: Ab Februar 2016 habe ich an dieser Adresse gelebt. Danach in der XXXX, bis ich hierher (gemeint PAZ XXXX) gekommen bin.
LA: Haben Sie jemals Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär Ihres Heimatlandes?
VP: Ja, mit der Regierung und der Polizei.
LA: Warum?
VP: In Indien sind alle Hindu. Die wollen keine Sikhs dort sehen.
LA: Sie können sich an einem anderen Ort in Indien niederlassen. Es gibt kein aufrechtes Meldesystem. Hinzu kommt, dass Sie als Sikh nicht erkennbar sind, zumal Sie nicht den typischen Turban bzw. die Kleidung tragen!
VP: In Indien habe ich Turban getragen, erst in Österreich habe ich das weggegeben. Auch hat mir die Polizei damals mein rotes Band weggenommen.
V: Indien hat eine Größe von fast 3,3 Millionen qkm, eine Einwohnerzahl von fast 1,34 Milliarden. Es gibt kein aufrechtes Meldesystem. Erklären Sie mir, wie Sie da in ganz Indien gefunden werden sollen?
VP: Ich kann nicht wo anders leben. Es ist gefährlich.
V: Weiters haben Sie am 16.11.2018 die Formulare bezüglich erlangen eines HRZ ausgefüllt! Sohin können die Bedrohungen - welche die Behörde ohnehin als nicht glaubwürdig erachtet - gar nicht so stark sein?
VP: Mein RP ist bei der Polizei. Die haben dann gesagt, ich soll das ausfüllen. Ich habe das dann ausgefüllt. Seit 4 Monaten werde ich nicht abgeschoben. Warum nicht. Sie haben meinen RP.
Anmerkung: AW wird seine rechtliche Situation nochmals erklärt. Noch dazu ist der RP bereits seit 2017 abgelaufen.
LA: Wer von Ihrer Familie lebt noch im Heimatland?
VP: Meine Eltern, mein Bruder, meine Frau und meine beiden Kinder.
LA: Stehen Sie in regelmäßigen Kontakt zu Ihrer Familie?
VP: Ja, über Facebook und auch über Handy.
LA: Wie geht es Ihrer Familie?
VP: Sie leben in Angst. Manchmal wohnen sie woanders.
LA: Welche Integrationsschritte haben Sie zwischenzeitlich gesetzt? Haben Sie wohltätige Arbeit verrichtet.
VP: Nein, gar nichts. Ich habe auch keinen Deutschkurs besucht.
LA: Sprechen Sie Deutsch? (wird auf Deutsch gestellt)
VP: (Antwort auf Punjabi). Nur ganz wenig.
LA: Sie haben bereits eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z. 6 erhalten, womit Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie haben nunmehr Gelegenheit zur geplanten Vorgangsweise des BFA Stellung zu nehmen. Was spricht gegen Ihre Ausweisung, über die bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist?
VP: Wie können Sie mich schnell ausreisen lassen? Ich habe vor vier Monaten meine RP abgegeben.
Nochmals rechtliche Erklärung erfolgt.
VP: Ich geben nun an, dass ich bereit bin freiwillig auszureisen. Ich bin bereit auch heute auszureisen."
Mit dem oben im Spruch angeführten, mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der faktische Abschiebeschutz des betreffenden Fremden gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben. Dieser Bescheid wurde in der Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA, XXXX, am 28.11.2018 beurkundet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der angeführte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA und werden der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
Dem BF wurde zudem in der niederschriftlichen Einvernahme am 28.11.2018 ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, der entscheidungswesentliche Sachverhalt blieb dabei unbestritten.
2. Rechtliche Beurteilung:
§12a Abs. 2 AsylG 2005 idgF:
Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 22 Abs. 10 AsylG 2005 idgF:
Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
Zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:
Gegen den BF liegt ein rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren und eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Der erste Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 18.06.2013, ZI. XXXX rechtskräftig abgewiesen. Der Beschwerdeführer bezog sich im nunmehrigen Verfahren auf die gleichen Fluchtgründe wie im vorhergegangen Verfahren, so gab dieser an, dass er seit 2013 durchgehend in Österreich sei und seine alten Fluchtgründe nach wie vor bestehen würden - die Person, mit der er die Auseinandersetzung gehabt habe, habe ihn immer wieder angerufen und ihn mit dem Tod bedroht und diese Person sei die gleiche Person, wie er in seinem ersten Antrag angegeben habe. Ein neuer, entscheidungswesentlicher Sachverhalt kann sohin nicht entnommen werden.
Auch die Situation in Indien hat sich seit dem letzten Bescheid des Bundesasylamtes nicht wesentlich geändert. Es ist daher davon auszugehen, dass sein neuerlicher Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
In den bisherigen Entscheidungen hat das Bundesasylamt bereits ausgesprochen, dass der Asylwerber bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. In der Begründung des Bescheides des BFA wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefährdung seiner Person glaubhaft machen konnte. Es sei nicht anzunehmen, dass er im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland des Asylwerbers bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.
Auch im nunmehr zweiten Asylverfahren vor dem Bundesamt sind - im Lichte der eben getroffenen Erwägungen - bis dato keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a (2) Z 3 AsylG hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Hinzuzufügen ist, dass der Beschwerdeführer weder Deutschkenntnisse erworben noch sich in anderer Form in die österreichische Gesellschaft integriert hat und seine Ehefrau und seine Kinder nach wie vor in Indien leben.
Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat stellt für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention dar bzw. ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK jedenfalls gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
Zudem ist grundsätzlich festzuhalten, dass (auch) im Verfahren zur allfälligen Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12 a Abs. 2 AsylG durch das BFA ein Ermittlungsverfahren durchzuführen ist (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der notwendigen Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37, 45 Abs. 3 AVG) zu beachten ist. Ein solches Ermittlungsverfahren wurde ordnungsgemäß am 28.11.2018 durchgeführt.
Im Lichte des § 22 BFA - VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.
Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes vom 28.11.2018 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W222.2210627.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.02.2019