TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/11 L517 2191461-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.12.2018
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Entscheidungsdatum

11.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2191461-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter XXXXals Vorsitzenden und den Richter XXXX und den fachkundigen Laienrichter XXXX als Beisitzer über die Beschwerde vonXXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, XXXX vom 12.12.2017, XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

04.07.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei ("bP") auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice, XXXX (belangte Behörde, "bB")

28.11.2017 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, GdB 30 v.H.

12.12.2017 - Bescheid der bB / Abweisung des Antrages der bP auf Ausstellung eines Behindertenpasses

22.12.2017 - Beschwerde der bP / Befundvorlage

26.03.2018 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens / GdB 30 v.H.

05.04.2018 - Beschwerdevorlage am Bundesverwaltungsgericht

17.08.2018 - Parteiengehör / RSa-Brief nicht behoben

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist türkische Staatsangehörige und an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Am 04.07.2017 stellte die bP unter Vorlage von Befunden den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

Ein im Auftrag der bB nach der Einschätzungsverordnung erstelltes Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin vom 28.11.2017 weist nachfolgenden Inhalt auf:

"Anamnese:

2002 CHCE

seit 2014 DM II

2014 Lap. Sigmaresektion

2016 Teilresektion der Schilddrüse, substituierte euthyreot.

Funktion

Derzeitige Beschwerden:

Der Patient klagt über Schmerzen in beiden Knien. Nach Gehstrecke 100 m muss er sich hinsetzten. Cardiale Beschwerden werden negiert. Keine angegebenen Stuhlprobleme. Die Kommunikation ohne Dolmetscher ist schwierig.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Metformin 1000, Pantoprazol, Thyrex, Amlodipin

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

1.11.2013 XXXX - Lap. Sigmaresektion wegen chron.

Sigmadivertikulitis, end to end

Anastomose

19.4.2017 XXXX - Atp. angina pectoris - Egometrie- keine

Belastungscoronarinsuffizienz, HBA1C 8,1%

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

64 jähriger Patient, älter wirkend.

Rechtshänder

Ernährungszustand:

Adipositas

Größe: 168,00 cm Gewicht: 89,00 kg Blutdruck: 150/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Brillenträger - Visus korrigiert

Schilddrüse palpatorisch nicht vergrößert, kaum sichtbare blande Narbe ventral nach

Teilresektion, kein Zeichen von gestörter

Funktion. Halsvenen normal gefüllt.

Thorax - sym., HT rhythmisch, rein, normofrequent, keine NG

Lungenbasen frei verschiblich, sonor KS, VA, keine NG, Eupnoe

Kein Zeichen von cardialer Insuff.

Abdomen- vorgewölbt, Meteorismus, blande Laparoskopienarben, keine Druckdolenz,

keine tastbare Resistenz,

Leber nicht vergrößert, normale Peristaltik

Blande Narbe am Rücken rechts nach Muttermal (?) Entfernung

Extremitäten- beide Kniegelenke mit Krepitation, keine Schwellung, schmerzhaft

eingeschränkte aktive Beweglichkeit

S 0-0-90, Bakercyste nicht geschwollen, kein Schubladenfenomen,

sonst alle Gelenke normal konfiguriert und voll beweglich

Normale Durchblutung

Keine neurologische Ausfälle

Keine Ödeme

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen,

welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1 Kniegelenk - Untere Extremitäten, Bewegungseinschränkung in beiden Knien

oberer RS, entsprechend der Funktionseinschränkung mit Schmerzen, kein röntgenlog. Befund vorhanden, Aggravierung der Beschwerden

Pos.Nr. 02.05.19 GdB 30%

2 Diabetes mellitus II

mittlerer RS, da orale Monomedikation bei erhöhtem HBA1C Wert

Pos.Nr. 09.02.01 GdB 20%

3 Hypertonie

Fixsatz

Pos.Nr. 05.01.01 GdB 10%

4 Zustand nach Sigmaresektion wegen chronischer Divertikulitis

unterer RS, da keine Stuhlprobleme, guter Ernährungszustand

Pos.Nr. 07.04.04 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Der Grad der Behinderung beträgt somit 30%. Keine Steigerung durch das Leiden unter Pos.Nr. 090201, da das Grundleiden damit nicht verschlechtert ist.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten

Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Atypische Angina pectoris - erreicht keinen KHW, da keine Coronarinsuffizienz festgestellt, gute

cardiale Leistung, keine Befunde und keine entsprechend notwendige Therapie

Zustand nach Teilresektion der Schilddrüse - durch die Operation ausgeheilt, euthyr.

Stoffwechsellage

Zustand nach Cholecystektomie - ausgeheilt, kein KHW"

Mit Bescheid vom 12.12.2017 wies die bB, unter Zugrundelegung des eingeholten Gutachtens, welches einen Grad der Behinderung von 30 v. H. feststellte, den Antrag der bP auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde führte die bP aus, dass sie unter starken Knie- und Wirbelsäulenschmerzen leide und nicht weiter als 100m zu Fuß gehen könne, ihre Beine würden gleich geschwollen, in der Nacht könne sie wegen der starken Schmerzen nicht schlafen. Noch dazu leide sie unter "CHCE-2002, seit 2014 DM II, seit 2014 Lap. Sigmaresektion und seit 2016 Teilresektion der Schilddrüse, substituierte euthyreot. Funktion". Sie nehme zur Zeit Metformin 1000, Pantoprazol, Thyrex, Alodizin und für die Schmerzen in der Nacht Parkemed 500 mg.

Bei der Untersuchung sei kein Dolmetscher dabei gewesen, weshalb sie ihre Beschwerden nicht ganz erklären habe können.

Aufgrund der vorgelegten Befunde erfolgte im Auftrag der bB am 26.03.2018 die erneute Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, welches im Wesentlichen folgenden Inhalt aufweist:

"...

Anamnese:

Vorgutachten 4.10.2017.

Bewegungseinschränkung beide Kniegelenke.

Diabetes mellitus Typ II.

Arterielle Hypertonie.

Z.n. Sigmaresektion bei chronischer Divertikulitis.

Neu:

Benigne Prostatahyperplasie.

Steatosis hepatis - Z.n. Cholezystektomie.

Derzeitige Beschwerden:

Herr XXXX kommt in Begleitung von Herrn XXXX zur Untersuchung, der übersetzt. Er ist mit dem Letztgutachten unzufrieden, da er "viel mehr Probleme habe".

Angegeben werden Wirbelsäulenschmerzen, eine bildgebende Diagnostik wurde bisher nicht durchgeführt, anamnestisch lt. Hausarzt Wirbelsäulenbeschwerden, eine Physiotherapie wurde gemacht, keine selbständige aktive Therapie.

Die Schmerzen seien eigentlich in der linken Flanke und würden noch seit der Darmoperation bestehen.

Halsschmerzen nach Schilddrüsenoperation, diese würden derzeit im Vordergrund stehen, alle anderen Beschwerden seien "eigentlich eh eingeschätzt worden".

Der einzig vorliegende Langzeitzuckerwert ist von April 2017 mit einem HbA1c von 8,1%. Auch auf mehrmalige Nachfrage werden keine weiteren Beschwerden angegeben.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Ranitidin, Pantoprazol, Gaviscan, Thyrex, Parkemed, Metformin, Amlodipin

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Schilddrüsenuntersuchung vom 19.9.2016

Diagnose: 1. Lobektomie links 12/2015 wg. großem kalten Knoten links, histologisch kein Malignitätshinweis; 2. Postoperative Substitution.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 168,00 cm Gewicht: 93,00 kg Blutdruck: n.g.

Klinischer Status - Fachstatus:

Alkohol und Nikotin negiert.

Caput/Collum: Brille wird verwendet; Hörvermögen altersentsprechend unauffällig; Gebiß: OK+UK Prothese.

Thorax: symmetrisch, unauffällige Atemexkursionen,

Pulmo: SKS, VA, keine RG's.

Cor: HA rhythmisch, HT rein, normofrequent, keine pathologischen Geräusche.

Abdomen: blande Narben, BD weich, kein DS im Epigastrium, keine pathologischen Resistenzen palpabel, Hepar und Lien nicht palpiert, Nierenlager bds. frei,

Miktion und Defäkation: unauffällig

WS-HWS: gerade, Nackenhartspann, Kinn-Sternumabstand: 3 cm, kein KS über gesamter HWS; Rotation: 50-0-50°,

WS-BWS: erhaltene physiologische Kyphose, paravertebrale Muskulatur mäßig verspannt, kein Klopfschmerz thorakolumbaler Übergang

WS-LWS: kein Klopfschmerz über unterer LWS, ISG bds. frei; Lasegue bds. negativ, Lendenlordose, Beckengeradstand;

FBA: 20cm

Obere Extremität: KG 5 bds.; Sensibilität stgl. und unauffällig.

Schulter,-Ellbogen-, Hand und Fingergelenke zeigen sich weitgehend unauffällig, frei von äußeren Entzündungszeichen und in ihren jeweiligen Richtungen uneingeschränkt beweglich.

Untere Extremität: KG 5 beidseits, Sensibilität stgl. und unauffällig.

Hüften bds.: kein Leistendruck- oder Trochanterklopfschmerz; kein Stauchungs- oder Rüttelschmerz,

Extension / Flexion S: 0-120°; Ab/Adduktion: 30-0-20°;

Außen/Innenrotation: 40-0-30° Kniegelenke: Extension / Flexion S:

0-130°, endlagig schmerzhaft, kein Druckschmerz medialer Gelenksspalt, bandstabil, keine Entzündungszeichen;

Valgus/Varusstress: negativ; Zohlenzeichen: negativ, minimale Krepitationen hör- und spürbar.

Pulse allseits palpabel, keine Varizen, keine Ödeme;

Sprunggelenk bds. unauffällig.

Gesamtmobilität - Gangbild:

frei gehend ohne hinken und raumgreifend

Status Psychicus:

Der Patient von klarer Bewusstseinslage, er ist räumlich, örtlich, zeitlich, zur Person und situativ orientiert.

Aufmerksamkeit, Konzentration und formales Denken sind unauffällig. Es besteht keine Angstsymptomatik, keine Halluzinationen vorhanden.

Affektivität und Antrieb ebenfalls unauffällig.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktions-einschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes: 1 Funktionseinschränkung beide Kniegelenke

angegebene belastungsabhängige Schmerzen, keine Bildgebung

vorliegend, geringe Bewegungseinschränkung Pos.Nr. 02.05.19 GdB 30%

2 Zuckerkrankheit - aktueller Langzeitzuckerwert nicht bekannt laufende orale Medikation Pos.Nr. 09.02.01 GdB 20%

3 Angegebene Funktionseinschränkung Wirbelsäule - keine Befunde vorliegend

keine aktive Therapie, Schmerzmedikation wird eingenommen Pos.Nr. 02.01.01 GdB 20%

4 Bluthochdruck

unter medikamentöser Monotherapie Pos.Nr. 05.01.01 GdB 10%

5 Z.n. Darmteilentfernung bei chronischer Divertikulitis keine Stuhlprobleme, guter Ernährungszustand. Pos.Nr. 07.04.04 GdB 10%

6 Z.n. Schilddrüsenoperation medikamentös substituiert Pos.Nr. 09.01.01 GdB 10%

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Hauptleiden ist das Leiden in Position 1, die weiteren Leiden erhöhen wegen fehlender zusätzlicher erheblicher Einschränkung und Geringfügigkeit nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

WS-Leiden - keine Befunde vorhanden, klinisch eingestuft Prostatahyperplasie - kein Krankheitswert, keine Einschätzung.

Mittel- bis höhergradige diffuse Steatosis hepatis - kein Krankheitswert, keine Einschätzung. Atypische Angina pectoris -keine Beschwerden angegeben, daher keine Einschätzung bei guter körperlicher Leistungsfähigkeit.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Bisher nicht eingeschätztes Schilddrüsenleiden wurde eingeschätzt, vorbekannte Leiden unverändert.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Der Antragsteller ist in seiner Gehleistung nicht höhergradig eingeschränkt, eine Wegstrecke von 400m kann frei und ohne Hilfe zurückgelegt werden. Niveauunterschiede, wie sie zum Erreichen eines öffentlichen Verkehrsmittels notwendig sind, können überwunden werden. Festhalten an Haltegriffen ist möglich.

..."

Nach Beschwerdevorlage wurde die bP seitens des BVwG vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, das Schreiben an der gemeldeten Adresse allerdings, trotz, laut aktueller ZMR-Abfrage, aufrechtem Wohnsitzes, von der bP nicht behoben.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen (...)."; vgl dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036) Begründung.

Nach der Rsp des VwGH (vgl. z.B. VwGH vom 11.07.2006, 2001/12/0194) kann ein mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten eines (Amts-)Sachverständigen in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten, somit auf gleicher fachlicher Ebene (durch Einholung eines Gutachtens eines Privatsachverständigen), bekämpft werden. Widersprüche zu den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen, sowie zu den von der sich erst herausbildenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes akzeptierten Bewertungen können aber auch ohne sachverständige Untermauerung aufgezeigt werden. Auch Hinweisen auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Gutachtens muss nachgegangen werden.

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens einer bestimmten Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, 0705/77). Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei ein Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, 2005/07/0108).

Im Rahmen des Parteiengehörs, und damit ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, steht es der Partei offen, Mängel des Gutachtens aufzuzeigen (Hengstschläger/Leeb, AVG², § 52 AVG Rz 64).

Es ist nach stRsp des VwGH einer Partei nicht verwehrt, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten - also die Darlegung eines Widerspruchs zu den Denkgesetzen oder zur allgemeinen Lebenserfahrung - einschließlich der Behauptung, die Befundaufnahme sei unzureichend bzw. der Sachverständige gehe von unrichtigen Voraussetzungen aus -, sowie Widersprüchlichkeiten des Gutachtens eines Amtssachverständigen, auch ohne Gegengutachten aufzuzeigen (vgl VwGH vom 27.05.2003, 2002/07/0100).

Aufgrund der im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Befunde wurde das Ermittlungsverfahren durch die bB erneut eröffnet und ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt. Dieses kommt, in Übereinstimmung mit dem Erstgutachten, zum Ergebnis, dass ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. vorliegt.

Im Gutachten vom 26.03.2018 kam die Allgemeinmedizinerin zu dem Ergebnis, dass das Schilddrüsenleiden mit einem GdB von 10 v.H. unter der Pos.Nr. 09.01.01 neu eingeschätzt wurde, jedoch den Grad der Behinderung nicht steigere, und die vorbekannten Leiden unverändert eingeschätzt worden seien.

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind die eingeholten Sachverständigengutachten schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen sie auch die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

In den angeführten Gutachten wurde von den Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In den Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Die Sachverständigen haben sich ausführlich mit den Beschwerdebildern der bP auseinandergesetzt und diese nachvollziehbar und schlüssig einer Würdigung und Beurteilung zugeführt.

Die Würdigung und Beurteilung der Beschwerden, unter Zugrundelegung der Angaben der bP sowie der vorgelegten Befunde wurden von den Sachverständigen ausreichend dargelegt.

Die im Rahmen der Beschwerde erhobenen Einwände und die Vorlage der Befunde waren zwar geeignet, eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens herbeizuführen, indem die bB im Zuge der Beschwerdevorentscheidung ein neues Gutachten in Auftrag gab, doch führte dieses im Ergebnis auch zum selben Grades der Behinderung von 30 v.H.

Zusammenfassend und in einer Gesamtschau wird festgestellt, dass die Gutachten als schlüssig, vollständig und nachvollziehbar der Entscheidung des erkennenden Gerichts zugrunde gelegt werden.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen. Die Sachverständigengutachten wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Gemäß diesen Gutachten besteht übereinstimmend ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

-

Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

-

Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.

Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen

Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs 2 vorliegt.

Gemäß § 41 Abs 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

Gemäß § 42 Abs 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 43 Abs 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

Gemäß § 43 Abs 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.

Gemäß § 45 Abs 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 2 Abs 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

Gemäß § 2 Abs 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gemäß § 3 Abs 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß § 3 Abs 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

Gemäß § 3 Abs 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

Gemäß § 3 Abs 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Gemäß § 4 Abs 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

Gemäß § 4 Abs 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. (u.a. VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).

Das Sachverständigengutachten wurde im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in den angeführten Verordnungen normierten Voraussetzungen.

Mit den Ausführungen in der Beschwerde trat die bP den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen und konnte die bP dessen Aussagen nicht entkräften.

Die erstellten Gutachten erfüllen auch die im § 4 Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 - also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden.

Die bP erachtete in der Beschwerde im Ergebnis, dass aufgrund ihrer körperlichen Beeinträchtigungen die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses vorlägen. Gemäß den an

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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