TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/11 L517 2180021-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.12.2018
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Entscheidungsdatum

11.12.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

L517 2180021-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den RichterXXXX als Vorsitzenden und den Richter Mag. XXXX und den fachkundigen Laienrichter XXXX als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid/Behindertenpass des Sozialministeriumservice, XXXX vom 24.08.2017, XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2, § 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als unbegründet abgewiesen und darüber hinaus festgestellt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 50 vH beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

01.10.2012 - Allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten, GdB 60 v.H.

08.05.2015 - Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens aufgrund

von Neuerungen, GdB 70 v.H., NU 2017

11.04.2017 - Antrag der beschwerdeführenden Partei ("bP") auf Neuausstellung eines Behindertenpasses (NU 2017) und Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" beim Sozialministeriumservice, XXXX (belangte Behörde, "bB")

21.07.2017 - Erstellung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens, GdB 50 v.H., Dauerzustand, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

22.08.2017 - Schreiben der bB / Übermittlung des Behindertenpasses mit einem GdB von 50 v.H.

24.08.2017 - negativer Bescheid der bB, Abweisung der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel"

20.09.2017 - Beschwerde der bP

15.11.2017 - Erstellung eines chirurgischen Sachverständigengutachtens, GdB 50 v.H., Dauerzustand, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel

15.11.2017 -Parteiengehör

05.12.2017 - Stellungnahme der bP

18.12.2017 - Beschwerdevorlage am Bundesverwaltungsgericht

11.05.2018 - Verbesserungsauftrag an die bP, die in der Stellungnahme angekündigten Befunde vorzulegen

29.05.2018 - Vorlage neuer Befunde durch bP

27.08.2018 - Ersuchen um Gutachtensergänzung, Dr. XXXX, auf Grundlage der neu beigebrachten Befunde

06.09.2018 - Gutachtensergänzung, GdB 50 v.H, keine Unzumutbarkeit

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

Die bP ist österreichische Staatsbürgerin und an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft.

Die bP besaß zuletzt einen 2015 ausgestellten und bis 2017 befristeten Behindertenpass mit einem ausgewiesenen Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. Im Vergleich zum Vorgutachten aus 2012 (GdB 60 v.H) wurde 2015 zusätzlich eingeschätzt die Positionsnummer 02.06.02 "Schulterbeschwerden links" mit 20 %. Aufgrund laufender Therapien und einer möglichen Verbesserung der chronischen Wirbelsäulenleiden und der COPD II Erkrankung wurde der am 09.07.2015 ausgestellte Behindertenpass bis 2017 befristet.

Am 11.04.2017 stellte die bP bei der bB als Folge des Ungültigwerdens einen Antrag auf Neuausstellung des Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel". Neue Befunde wurden keine beigebracht, die bP führte jedoch schriftlich zusätzlich aus:

"Die Schmerzen von der Halswirbelsäule bis zur Lendenwirbelsäule haben sich verschlechtert, ich kann dadurch nicht lange sitzen, stehen, liegen oder gehen, bzw. beim Gehen benötige ich eine Gehilfe.

Stiegen steigen stellt für mich ein großes Hindernis dar. Habe jetzt auch eine barrierefreie Wohnung bekommen. Neue Befunde habe ich keine, da mir die Ärzte gesagt haben, dass sich der Zustand nicht ändern wird. Ich versuche daher so gut als möglich mit meinen Behinderungen zu leben. Mein täglicher Begleiter sind Schmerztabletten."

Das in der Folge im Auftrag der bB nach der Einschätzungsverordnung, BGBl II Nr. 261/2010, erstellte orthopädische Gutachten vom 21.07.2017 weist als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung folgende Funktionseinschränkungen auf:

"...

Anamnese:

Es erfolgt heute eine Nachuntersuchung, neue Befunde wurden nicht ins GUVE eingegeben. Ein Antrag auf einen Parkausweis wurde gestellt.

Derzeitige Beschwerden:

Die Probandin berichtet, sie könne nicht lange sitzen, gehen, stehen, laufen. Wenn sie aufstehe und ein Stück gehe, habe sie das Gefühl, sie knicke weg. Sie gehe mit einem Stecken, weil sie das Gefühl habe, sie bringe die Füße nicht mehr so in die Höhe. Liegen sei für sie mühsam, eigentlich sei alles für sie mühsam. Sie leide unter Schmerzen da und da herinnen (zeigt dabei auf die Region der Lendenwirbelsäule re. und auf die Region der Halswirbelsäule re.). Sie habe starke Beschwerden in der re. Schulter und in den Fingern. Ansonsten werden auch auf Nachfrage keine weiteren orthopädischen Beschwerden angegeben.

Behandlung/Medikamente/Hilfsmittel

Physiotherapie für die Schulter und für die Hände läuft bei der GKK

eine Liste mit folgenden Medikamenten wird vorgelegt: Voltaren ret. 100 mg Tabl., Parkemed, Thrombo ASS, Nebivolol, Ramipril, Atorvastatin, Amlodipin, Euthyrox

1 Walkingstock in der re. Hand wird getragen

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

normal

Größe: 164,00 cm Gewicht: 75,00 kg Blutdruck: erhöht lt. Pat. trotz Medikation

Klinischer Status - Fachstatus:

LWS:

FBA: 25 cm

Lasegue: bds. negativ

ASR/PSR: seitengleich ++

Sensibilität: seitengleich normal

Motorik: seitengleich normal, keine Paresen

Federungstest: minimal schmerzhaft

ISG: minimal druckdolent

Paravertebrale Muskulatur: gering verspannt

Bauchmuskulatur: insuffizient

BWS:

Federungstest im Bereich der oberen BWS wird schmerzhaft angegeben, Druckschmerz über den Rippenwirbelgelenken bds.

HWS:

Links-/Rechtsrotation: 60/0/60

Links-/Rechtsseitneigung: 30/0/30

Ante-/Retroflexion: 30/0/30

Musculus trapezius: bds. verkürzt

Sensibilität und Motorik der OE: seitengleich normal, keine Paresen

keine wesentliche Schmerzauslösung bei der Testung der HWS

re. Schulter:

Innen/Außenrotation: 95/0/60

Adduktion/Abduktion: 20/0/130, dann wird eine Schmerzauslösung angegeben

Ante-/Retroflexion: 140/0/30

Muskulatur: keine Muskelatrophien

Impingementtest: etwas schmerzhaft

Bursitisschmerz: negativ

Painful Arc: negativ

AC-Gelenk: gering druckdolent

Scapulamuskulatur: keine Muskelatrophien

beide Hände:

geringer DS über dem li. Daumensattelgelenk, blande OP-Narben nach CTS-OP bds., geringe Fingergelenksschwellungen bds. bei beginnenden Arthrosen

Beide Sprung-, Knie-, Hüft-, li. Schulter-, beide Ellenbogen- und Handgelenke normal beweglich und ohne Schmerzauslösung im Untersuchungsgang.

Gesamtmobilität - Gangbild:

normal schnelles Gangbild, raumgreifende Schritte, sicher, ein Walking-Stock in der re. Hand wird getragen, dieser übernimmt keinerlei Gewicht

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1.) mittelgradige Funktionseinschränkung der Wirbelsäule - Es besteht eine geringe Bewegungseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule, mittelgradige Minderbelastbarkeit bei anamnestisch bekannter Listhese L5/S1 und Discusprolaps L5/S1, es

besteht keine radikuläre Symptomatik und keinerlei Lähmungen, daher unterer Rahmensatz

Pos. Nr. 02.01.02 30 %

2.) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung - COPD II wie im Vorgutachten, nicht orthopädisch

Pos. Nr. 06.06.02 30 %

3.) geringgradige Funktionseinschränkung des re. Schultergelenks -

Es besteht eine geringe Bewegungseinschränkung des re. Schultergelenks und eine geringe Minderbelastbarkeit mit endlagiger Schmerzauslösung, Fixsatz

Pos.Nr. 02.06.01 10 %

4.) Zust.n. Insult 2000 - wie im Vorgutachten, nicht orthopädisch

Pos. 04.11.01 20 %

5.) Koronarsklerose, Bluthochdruck wie im Vorgutachten, nicht orthopädisch

Pos. Nr. 05.05.01 20 %

6.) Funktionseinschränkung einzelner Finger - Es bestehen geringe Funktionseinschränkungen im Sinne einer Minderbelastbarkeit im Bereich der Daumensattelgelenke und der Fingergelenke, verursacht durch Abnützungen, die Gesamtfunktion beider Hände ist gut, daher mittlerer Rahmensatz wegen der Schmerzen

Pos. Nr. 02.06.26 20 %

7.) Zust.n. Strumektomie - wie im Vorgutachten, nicht orthopädisch

Pos. Nr. 09.01.01 10 %

8.) Zust.n. CTS-Operation bds. - wie im Vorgutachten, nicht orthopädisch

Pos. Nr. 04.05.06 10 %

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden (lfd. Nr. 1) wird durch lfd. Nr. 2, 4, 5, 6 um insgesamt 2 Stufen gesteigert, dies wegen der Gesamtauswirkung auf die Einschränkungen im Alltag im Sinne einer integrativen Gesamteinschätzung.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Im Vergleich zum Vorgutachten besteht nunmehr keine relevante ISG-Blockierung im Bereich der Lendenwirbelsäule mehr, keine relevante ISG-Reizung links mehr, kein relevanter klinischer Hinweis für eine blockierte 1. Rippe mehr und insbesondere keine Funktionseinschränkung schweren Grades (ergibt sich aus der vormals durchgeführten Einschätzung mit Pos. 02.01.03) mehr. Im Vergleich zum Vorgutachten besteht nunmehr ein Schulterleiden rechts und keine Schulterleiden links mehr. Das li. Schultergelenk war im Rahmen der heutigen körperlichen Untersuchung frei beweglich und ohne Schmerzauslösung. Im Vergleich zum Vorgutachten wurden nunmehr auch die Fingerarthrosen und nicht nur die Rhizarthrosen bds. neu eingeschätzt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Aufgrund der Besserung im Gesundheitszustand war der Grad der Behinderung anzupassen.

[X] Dauerzustand

Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X] JA

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Bei der Antragstellerin bestehen keine relevanten Muskelrückbildungen an den unteren Extremitäten, es ist ausreichend Kraft vorhanden. Die Gelenksbeweglichkeit beider Sprunggelenke, Kniegelenke, Hüftgelenke ist ausreichend, kurze Wegstrecken von 300-400 m können ohne Gehbehelf uneingeschränkt zurückgelegt werden. Das Ein- und Aussteigen ist bei ausreichend Kraft in den unteren Extremitäten und ausreichend Beweglichkeit in den Gelenken der unteren Extremitäten möglich, Haltegriffe können dazu benützt werden. Auch die Überwindung üblicher Niveauunterschiede von bis zu 30-40 cm ist daher uneingeschränkt möglich. Es besteht ausreichend Gang- und Standsicherheit, die Probandin kann sich daher in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu Fuß fortbewegen und auch ausreichend sicher stehen. Auch dazu können Haltegriffe benützt werden. Das Gangbild ist ausreichend sicher, ebenso besteht eine ausreichende Standfestigkeit. Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ist aus orthopädischer Sicht zumutbar.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? wird aus orthopädischer Sicht nicht beurteilt

..."

Mit Schreiben der bB vom 22.08.2017 wurde der bP der unbefristet ausgestellte Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50% übermittelt.

Betreffend die beantragte Zusatzeintragung erging am 24.08.2017 der den Antrag abweisende Bescheid der bB mit dem Hinweis, dass aufgrund der fehlenden Voraussetzungen für die Eintragung der Unzumutbarkeit auch kein Anspruch auf einen Ausweis gem. § 29b StVO besteht.

Am 20.09.2017 erhob die bP dagegen Beschwerde und brachte inhaltlich zusammengefasst vor:

Es sei ihr unverständlich warum ihr Grad der Behinderung von 70 % auf 50 % herabgesetzt worden sei, da sich ihr Gesundheitszustand stetig verschlechtere. Tag und Nacht verspüre sie die Schmerzen von der Halswirbel- und Lendenwirbelsäule runter wobei das Liegen am schlimmsten sei. Sie sei auch auf eine Gehilfe angewiesen, da sie das Gefühl habe die Lendenwirbelsäule würde einknicken und sie würde hinfallen. Sie könne sich nicht vorstellen, wie der Sachverständige in einer insgesamt eine Viertelstunde dauernden Untersuchung und Abtastung die Schmerzen habe feststellen können.

Die bP nehme jeden Tag Schmerzmittel und verwende einen Gehstock den sie aufgrund von Schulterbeschwerden abwechselnd in die linke und rechte Hand nehme. Auch wenn der Sachverständige den Eindruck gehabt habe der Stock habe keinerlei Funktion. Der Stock sei für die bP unentbehrlich um bei einem unerträglich, momentan auftretenden Schmerz im Lendenbereich einen sicheren Halt zu haben. Ohne ständiger Schmerzmittel, -infusionen und Therapie würde sie gar nicht mehr am Arbeitsleben teilnehmen können.

Der Beschwerde beigelegt wurde ein Konglomerat an Befunden.

In der Folge wurde seitens der bB im Zuge des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens ein neues Gutachten eingeholt. Das von einem chirurgischen Sachverständigen unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung erstellte Gutachten vom 15.11.2017 weist im Wesentlichen zusammengefasst folgenden Inhalt auf:

"...

Anamnese:

Derzeit besteht ein laufendes Nachuntersuchungsverfahren- gegen das Gutachten vom 12.06.2017- Einstufung mit 50 % - die Patientin hat Einspruch erhoben. Es wird neuerlich eine Begutachtung durchgeführtdiese findet am 06.11.2017 in der Zeit von 13:00-13:30 statt. Das vorliegende Gutachten wird nach den Richtlinien der EVO, den vorliegenden Befunden und einer eingehenden klinischen Untersuchung erstellt.

Die im Vorgutachten eingestuften Erkrankungen:

1.) Mittelgradige Funktionseinschränkung der Wirbelsäule- 30%.

2.) Chronisch obstruktive Lungenerkrankung- COPD II- 30 %.

3.) Geringgradige Funktionseinschränkung des rechten Schultergelenks- 10 %.

4.) Zust.n. Insult (2000)- 20 %.

5.) Koronarsklerose, Arterielle Hypertonie- 20 %.

6.) Funktionseinschränkung einzelner Finger- 20 %.

7.) Zust.n. Strumektomie- 10 %.

8.) Zust.n. CTS- Operation bds.- 10 %

Operationen: 2 Sektiones, Nabelbruch, Schilddrüse,

Derzeitige Beschwerden:

Problem sind die HWS und LWS- Schulterschmerzen ausstrahlend bis in beide Hände. Taubheitsgefühl im rechten Bein- sie beschreibt das Gefühl mit einem "Ziehen". Der Hauptschmerz sei in der LWS gelegen. Nach der Schilddrüsenoperation ist nunmehr der TSH- Wert wieder angestiegen. Die Patientin beginnt während der Untersuchung zu weinen- "Tonnen von Last auf meinen Schultern". Zur Untersuchung kommt Patientin mit dem Zug und Bus.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Symbicort, Magnosolv, Calcium, Neurobion, Thrombo ASS, Nebivolol, Ramipril, Atorvastatin, Amlodipin, Euthyrox, Voltaren bei Bedarf, Walkingstöcke- zur Untersuchung kommt sie ohne Gehbehelfe.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Vorgutachten, 2015, 70 %.

Vorgutachten, 2017, 50 %. Eintragung der Unzumutbarkeit abgelehnt.

Einspruch, 24.08.2017.

Auszug:.......da sich mein Gesundheitszustand stetig verschlechtert.

Meine Schmerzen von der Halswirbelsäule bis über die Lendenwirbelsäule hinunter bis zu den Fußsohlen verspüre ich Tag und Nacht, wobei das Liegen am schlimmsten ist. Bin auch auf eine Gehhilfe angewiesen, da ich das Gefühl habe meine Lendenwirbelsäule knickt ein und ich falle hin. Kann mir nicht vorstellen, dass Herr Dr. XXXX meine Schmerzen und meinen Gesundheitszustand bei einer Begutachtung und Abtastung von insgesamt einer 1/4 Stunde feststellen kann. Um mich besser bewegen zu können und ein besseres Gefühl beim Gehen zu haben, nehme ich täglich Schmerzmittel. Den Walking-Stock nehme ich abwechselnd in die linke bzw. rechte Hand, da ich starke Schmerzen in beiden Schulterregionen habe. Auch wenn Herr XXXX den Eindruck hatte, dass der Stock keinerlei Funktion hat, irrt er sich. Für mich ist der Walking- Stock ein ständiger Begleiter und unentbehrlich. Denn wenn der unerträgliche momentane Schmerz im Lendenbereich kommt, habe ich einen sicheren Halt.

CT der LWS und HWS, 2017.

Ergebnis- LWS: Ausgeprägte Osteochondrose im distalen LWS- Abschnitt mit insgesamt osteopenischer Knochentextur. keine Fraktur, keine Listhesen.

Ergebnis- HWS: Deutliche Osteochondrose mit verknöcherten vorderen Längsband auf Höhe C4 bis C6, keine Fraktur, keine Listhesen.

Sonografie der rechten Schulter, 2017.

Ergebnis: Mittelgradige AC-Gelenksarthrose sowie leichtgradige Omarthrose mit gering verschmälertem Subacromialraum. Bei intakter Rotatorenmanschette sowie langer Bizepssehne zeigt sich lediglich eine Ansatztendinopathie der Supraspinatussehne im vorderen und mittleren Drittel mit möglicher minimaler Partialruptur. Bild einer ausgeprägten Tendovaginitis der langen Bizepssehne sowie einer moderaten Bursitis subdeltoidea. Kein Gelenkserguß.

Krankenhaus XXXX-XXXX, 2017, Osteodensitometrie.

Ergebnis:

in der LWS finden sich - bezogen auf den T-Score - im unteren Normbereich gelegene Knochendichtewerte. Im Schenkelhals beidseits zeigt sich ein im mittleren Normbereich gelegener Knochenmineralgehalt. Der Befund spricht für eine Osteopenie, eine Osteoporose ist nicht mehr nachweisbar. Gegenüber der Voruntersuchung im Jahr 2014 zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Knochendichtewerte.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Altersgemäßer Allgemeinzustand.

Ernährungszustand:

Adipöser Ernährungszustand.

Größe: 164,00 cm Gewicht: 85,00 kg Blutdruck: 145/100

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf/ Hals: HNAP: frei, nicht druckschmerzhaft, SD: tastbar, frei verschieblich, LK: keine pathologischen Lymphknoten tastbar, Sehen/Hören: altersgemäß, Zahnstatus: saniert,

Thorax/ Lunge: knöcherner Thorax seitengleich, VA, Lungenbasen frei verschieblich, keine pathologischen RG's auskultierbar,

Herz: HT rein, rhythmisch, normofrequent,

Abdomen: Bauchdecke weich, im Thoraxniveau gelegen, keine pathologischen Resistenzen tastbar, Bruchpforten geschlossen, Leber und Milz nicht tastbar, blande Narbe nach Sektio,

Wirbelsäule: FBA: 20 cm, Lasegue: bds. negativ, KS in der LWS auslösbar, aktives Abheben beider unteren Extremitäten von der Unterlage rechts 10°, links 30°, Dreh-und Bewegungen im Bereich der LWS endlagig eingeschränkt, nicht schmerzhaft,

Obere Extremitäten:

Schultergelenke beiderseits: Abduktion bds. bis 90° möglich, Nackengriff-und Schürzengriff beiderseits durchführbar, alle übrigen Gelenke an den oberen Extremitäten im Bewegungsumfang nicht eingeschränkt, grobe Kraft altersgemäß vorhanden,

Untere Extremitäten: alle großen Gelenke an beiden unteren Extremitäten sind im Bewegungsumfang nicht eingeschränkt, grobe Kraft altersgemäß vorhanden,

Neurologischer Status: derzeit keine sensiblen und motorischen Ausfälle vorhanden,

Gefäßstatus: periphere Gefäße beiderseits gut tastbar,

Haut: altersgemäße Hautstruktur,

Nikotin: seit 10a ex,

Alkohol: gelegentlich,

Gesamtmobilität - Gangbild:

Die Gesamtmobilität ist nicht eingeschränkt- Gehstrecke von 300-400 m ist möglich (angegebene Gehstrecke 1 km), Einbeinstand beiderseits durchführbar, Zehen- und Fersengang beiderseits etwas unsicher möglich, das Gangbild ist normalschrittig und sicher.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs

Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

1.) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule- Osteochondrose im Bereich der HWS- und LWS- Osteopenie.

Einstufung wie im Vorgutachten mit 30 %- mittelgradige Bewegungseinschränkungen und degenerative Veränderungen in der bildgebenden Diagnostik vorhanden.

Pos.Nr. 02.01.02 30 %

2.) Chronisch Obstruktive Atemwegserkrankung- COPD II.

Einstufung wie im Vorgutachten mit 30 %- Einbußen der pulmonalen Leistungsbreite bei mittelgradiger Anstrengung vorliegend.

Pos.Nr. 06.06.02 30 %

3.) Degenerative Veränderungen in beiden Schultergelenken mit Bewegungseinschränkung.

Die Einstufung erfolgt aufgrund der Bewegungseinschränkung und der bildgebenden Diagnostik mit 30 %.

Pos. Nr. 02.06.04 30 %

4.) Depression

Einstufung der Erkrankung mit 30 %- subdepressive Zustandsbild mit fallweiser Rückzugstendenz.

Pos. Nr. 03.06.01 30 %

5.) Arterielle Hypertonie- Koronarsklerose.

Mittels Mehrfachtherapie ist eine Normotonie erreichbar-Einschränkung der kardialen Leistungsbreite nicht vorhanden.

Pos. Nr. 05.01.02 20 %

6.) Z.n. Strumektomie.

Einstufung wie im Vorgutachten mit 10 %- mittels Substitutionstherapie weitgehend stabil.

Pos. Nr. 09.01.01 10%

Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Position 1 als Hauptdiagnose wird durch die Veränderungen im Bereich der Lunge und der Schultergelenke (Position 2 und 3) gemeinsam um eine Stufe gesteigert. Position 3- Depression- steigert um eine weitere Stufe auf den Gesamtgrad der Behinderung von 50 %- zusätzliche Verschlechterung der Gesamtsituation dadurch gegeben. Die Positionen 4 und 5 haben keinen funktionellen Einfluss und steigern daher nicht. (Anmerkung gemeint hier wohl Positionen 5 und 6)

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Derzeit liegen keine weiteren Erkrankungen zur Einstufung vor.

Die im Vorgutachten angeführten Diagnosen:

1.) Zust.n. Insult- 20%.

2.) Funktionseinschränkung einzelner Finger- 20 %.

3.) Zust.n. CTS- Operation bds.- 10 %.

haben derzeit keine klinischen Auswirkungen und werden daher im vorliegenden Gutachten nicht mehr bewertet.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Zusätzlich zu den vorliegenden Diagnosen im Vorgutachten wird unter Position 4 die Diagnose "Depression" neu bewertet. Die Diagnosen-Zust.n. Insult, Funktionseinschränkung einzelner Finger, Zust.n. CTS- Operation bds.- werden aufgrund fehlender klinischen Auswirkungen in diesem Gutachten nicht mehr bewertet. Die degenerativen Veränderungen in beiden Schultergelenken werden nunmehr mit 30 % höher bewertet als im Vorgutachten (10 %).

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung bleibt unverändert bei 50 %.

[X] Dauerzustand

Frau XXXX kann trotz ihrer Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:

[X] Ja

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Die derzeit bestehenden Erkrankungen schränken die Mobilität zwar ein, jedoch nicht in einem erheblichen Ausmaß. Kurze Wegstrecken von 300- 400m können ohne erhebliche Einschränkungen zu Fuß zurückgelegt werden. Niveauunterschiede von 20-30cm können ohne erhebliche Einschränkungen überwunden werden. Das Gehen und Stehen in einem öffentlichen Verkehrsmittel ist bei ausreichender Kraft und Standsicherheit möglich, Haltegriffe können benützt werden. Erheblich vermehrte Schmerzen sind bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zu erwarten. Ebenso bestehen derzeit keine kardio- pulmonalen Funktionseinschränkungen, die zu einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Leistungsbreite führen und die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels verunmöglichen.

Stellungnahme: Die vorliegenden degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und in beiden Schultergelenken sind sowohl klinisch als auch in der bildgebenden Diagnostik als mittelgradig zu bewerten. Auch die Einschränkung der pulmonalen Leistungsbreite bei COPD II, ist nur bei vermehrter körperlicher Anstrengung gegeben. Die Gehstrecke wird von der Patientin mit 1 km angegeben- dies würde nach den vorliegenden Befunden und der klinischen Untersuchung auch der gutachterlichen Einschätzung entsprechen. Zur Untersuchung kommt die Patientin mit dem Zug und dem Bus- ein weiteres Indiz, dass die Patientin sehr wohl in der Lage ist ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Aus medizinischer Sicht ist die Ausstellung eines Parkausweises derzeit nicht indiziert."Für mich ist der Walking-Stock ein ständiger Begleiter und unentbehrlich"- wie im Beschwerdeschreiben angeführt, kann so nicht bestätigt werden, da die Patientin zur Untersuchung ohne Gehbehelfe erscheint.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor? Derzeit liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor, die laut den Richtlinien der EVO zu einer Ausstellung eines Parkausweises führt.

..."

Das Ergebnis des Gutachtens wurde der bP mit Schreiben vom 15.11.2017 zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. Mit Schreiben vom 05.12.2017 hielt die bP ihre bisherigen Einwendungen aufrecht und führte weiters an, die Dosierung ihrer Schmerzmittel habe sich verdoppelt sowie, ihr sei in der Woche zuvor im Krankenhaus mitgeteilt worden, dass sie sich die Lendenwirbelsäule versteifen lassen solle. Diese Diagnose habe sie bereits vor 2 Jahren erhalten, die Operation möchte sie aber nicht machen. Weitere Befunde werde sie nachreichen.

Am 18.12.2017 erfolgte die Beschwerdevorlage an das BVwG mit der Information, eine fristgerechte Beschwerdevorentscheidung sei nicht mehr möglich. Das im Zuge des Beschwerdevorentscheidungsverfahrens eingeholte Sachverständigengutachten vom 15.11.2017 sei der bP bereits zur Kenntnis gebracht worden. Den Einwendungen der bP seien keine weiteren Beweismittel beigelegt worden.

Mit Verbesserungsauftrag vom 11.05.2018 wurde der bP aufgetragen die in der Beschwerde angekündigten Befunde beizubringen.

Mit E-Mail vom 29.05.2018 übermittelte die bP folgende Befunde:

Lungenfachärztlicher Befund vom 10.04.2018, Befunde der Halswirbelsäule vom 20.12.2017, 16.02.2018 und Überweisungen für Infiltrationen, MR Schulter re vom 12.02.2018, MR Schulter li, Befund vom 21.02.2018, XXXX MR Hand re vom 27.02.2018, MR Hand li vom 02.03.2018, Patienteninformation und Einverständniserklärung zur Basistherapie mit Ebetrexat, KH XXXX Termin am 05.06.2018, Knochendichte Befund vom 15.05.2018

Am 27.08.2018 erging das Ersuchen des BVwG an XXXX auf Grundlage der von der bP beigebrachten neuen Befunde, eine Gutachtensergänzung vorzunehmen.

In der am 06.09.2018 beim BVwG eingelangten Ergänzung führte der Sachverständige inhaltlich unter Bezugnahme auf die beigebrachten Befunde aus:

"...

Neue Befunde:

1.) Arztbrief, Lungenfacharzt, 10.04.2018

Diagnosen: 1. Panlobuläres Emphysem.

2. COPD I-II

2.) MR-HWS, 20.12.2017

Ergebnis: C4/C5 und C5/C6 zeigen eine mäßige bis deutliche, breitbasige Diskusherniation ohne Hinweis auf erhebliche Einengung des Spinalkanals. Im Bereich C6/C7 ist eine minimale Protrusion erkennbar. Kein Hinweis auf eine zervikale Myelopathie.

3.) Ambulanzbericht, 16.02.2018, XXXX Abteilung für Orthopädie

4.) MRT-Schulter rechts, 12.02.2018

Ergebnis: Komplettruptur der SSP-Sehne am Ansatz mit Retraktion

5.) Arztbrief, Abteilung für Unfallchirurgie, XXXX 21.02.2018

Diagnose:

Schwere degenerative Veränderung der Bandscheiben C4/C5, C5/C6 und

C6/C7

6.) MRT Schulter links, 12.02.2018

Ergebnis: Komplettruptur der SSP-Sehne mit breiter Retraktion bis subacrominal.

7.) MRT Hand rechts, 27.02.2018

Ergebnis: Insbesondere im ulnarseitigen Handgelenksbereich mögliche rheumatische Veränderungen

8.) MRT Hand links, 02.03.2018

Ergebnis: Multiple erosive Veränderungen im Bereich der gesamten Handwurzel höhergradige Ritzarthrose.

9.) Densitometrie Befund, 15.05.2018

Ergebnis: Der Befund spricht insgesamt von einer Osteopenie eine Osteoporose ist nicht nachweisbar

10.) Patienteninformation Einverständniserklärung zur Basistherapie mit Ebetrexat

Stellungnahme:

Aufgrund der vorgelegten Befunde, ist eine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung nicht indiziert. Insgesamt hat sich im Vergleich zu den Befunden im Vorgutachten (EVO) keine wesentliche Verschlechterung ergeben. Ebenso besteht auch derzeit keine Indikation zur Eintragung der Unzumutbarkeit bzw. Ausstellung eines Parkausweises. Die ausführliche Begründung bzgl. "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" ist aus dem Vorgutachten ersichtlich. Die Einstufung des Gesamtgrades der Behinderung von 50 % bleibt aufrecht - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bzw. Ausstellung eines Parkausweises kann nicht gewährt werden.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen (...)."; vgl dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).

Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt. (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77)

Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).

Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).

Das im Verfahren vor der bB eingeholte medizinische Sachverständigengutachten zum Grad der Behinderung bedarf nach der Rsp des VwGH (vom 21.06.2017, Ra 2017/11/0040) einer ausreichenden, auf die vorgelegten Befunde eingehenden und die Rahmensätze der Einschätzungsverordnung vergleichenden (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen das hg. Erkenntnis vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036) Begründung.

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, sind, in einer Gesamtschau, die eingeholten Sachverständigengutachten schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf.

Beide Gutachten - das orthopädische und chirurgische - gehen, ebenfalls konform mit der Gewichtung der bP in der Beschwerde, von dem bestehenden Wirbelsäulenleiden als führende Positionsnummer 02.01.02 "mittlere Funktionseinschränkung der Wirbelsäule" aus.

Die Positionsnummer sieht bei einem Rahmensatz von 30 - 40 % detailliert folgende Einschätzung vor:

Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, maßgebliche radiologische Veränderungen, andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

Beispiel: Bandscheibenvorfall ohne Wurzelreizung (pseudoradikuläre Symptomatik)

30 %: Rezidivierende Episoden (mehrmals pro Jahr) über Wochen andauernd, maßgebliche radiologische Veränderungen andauernder Therapiebedarf wie Heilgymnastik, physikalische Therapie, Analgetika

40 %: Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen maßgebliche Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben.

Im Vorgutachten aus dem Jahr 2015 führte der Sachverständige betreffend die Befristung des Behindertenpasses bis 2017 begründend aus, dass laufende Therapien zu einer Verbesserung des chronischen Wirbelsäulenleidens sowie der COPD II Erkrankung führen sollten.

Der orthopädische Sachverständige geht in seinem Gutachten in vergleichender Weise darauf ein, und hält fest, dass im Unterschied zum Vorgutachten nun keine relevante ISG-Blockierung im Bereich der Lendenwirbelsäule, sowie keine relevante ISG-Reizung links, oder ein relevanter klinischer Hinweis für eine blockierte 1. Rippe mehr besteht. Aus diesem Grund sei die Einschätzung auch nicht mehr unter Positionsnummer 02.01.03 "Funktionseinschränkung schweren Grades" mit 50 - 80 % vorzunehmen.

Vielmehr bestünde aktuell eine geringe Bewegungseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule mit mittelgradige Minderbelastbarkeit bei anamnestisch bekannter Listhese L5/S1 und Discusprolaps L5/S1. Es besteht, keine radikuläre Symptomatik und keinerlei Lähmungen, weshalb auch der untere Rahmensatz heranzuziehen war.

Das aufgrund der vorgelegten Befunde (u.a. Osteodensitometrie 2017) im Zuge des Beschwerdevorverfahren eingeholte chirurgische Sachverständigengutachten steht - die Gesamteinschätzung betreffend - im Einklang mit dem orthopädischen Gutachten und führt in seiner Beurteilung, das erste Gutachten bestätigend aus, dass bei der bP eine mittelgradige 30 % entsprechende Bewegungseinschränkung bei vorliegender Osteochondrose im Bereich der HWS und Osteopenie der LWS vorliegt.

Unterschiedlich bewertet in den beiden Gutachten wurde, dass auch von der bP ins Treffen geführte Schulterleiden. Während in dem orthopädischen Gutachten im Vergleich zum Vorgutachten festgehalten wird, dass nunmehr ein Schulterleiden rechts und keine Schulterleiden links mehr bestehe - das linke Schultergelenk sei im Rahmen der körperlichen Untersuchung frei beweglich und ohne Schmerzauslösung gewesen, - berücksichtigt das chirurgische Gutachten nach Beurteilung der nunmehr vorgelegten Befunde auch die durch bildgebendes Material nachweisbaren Einschränkungen der linken Schulter ausführlich.

Ebenfalls zum gleichen Ergebnis gelangen die Sachverständigen hinsichtlich der Beurteilung der Frage der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" insbesondere hinsichtlich der Notwenigkeit der Verwendung eines Gehstockes.

Insgesamt wird von den Gutachtern, den Gesamtgrad der Behinderung betreffend, dieselbe Einschätzung vorgenommen, auch wenn sich die einzelnen tatsächlich steigernden Positionsnummern zum Teil unterscheiden. Die angeführten führenden, und den Gesamtgrad der Behinderung im Wesentlichen begründenden Leiden (Wirbelsäule und Schulter) entsprechen auch den von der bP hauptsächlich in Beschwerde gezogenen Gesundheitseinschränkungen.

Auch die Gutachtensergänzung vom 06.09.2018, in welcher die neu vorgelegten aktuellen Befunde (betreffend Lunge, Wirbelsäule, Schulter, Hand) berücksichtigt werden, kommt zu keinem neuen Ergebnis und bekräftigt die beiden Gutachten.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf die von der bB und dem BVwG eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten.

In diesen medizinischen Sachverständigengutachten wird - fußend auf persönlichen Untersuchungen der bP und unter Berücksichtigung der von der bP im Verfahren vor der bB vorgelegten medizinischen Unterlagen - auf die Art der Leiden der bP und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllen die Gutachten die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. Seitens des Gerichts bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten.

Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises.

Im Zweitgutachten wurde von dem Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß, sowie die vorgelegten Befunde der bP ausführlich eingegangen.

Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.

In den Gutachten wurden alle relevanten, von der bP beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.

Die Sachverständigen haben sich ausführlich mit den Beschwerdebildern der bP auseinandergesetzt und diese nachvollziehbar und schlüssig einer Würdigung und Beurteilung zugeführt. Den neu vorgelegten Befunden wurde seitens der bB sowie des BVwG durch erneute Aufnahme des Ermittlungsverfahrens mittels Einholung eines chirurgischen Gutachtens und einer Gutachtensergänzung Rechnung getragen.

Diese führten jedoch zu keiner Änderung des Grades der Behinderung.

Die erhobenen Einwände und die vorgelegten Befunde waren zwar geeignet, die bB dazu zu veranlassen, das Ermittlungsverfahren erneut zu eröffnen und ein Gutachten zu beauftragen, um den Aspekten Rechnung zu tragen, allerdings gelang es der bP damit nicht, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegt, zu entkräften. Das chirurgische Gutachten und die Gutachtensergänzung decken sich in der gesamtheitlichen Beurteilung mit jener des orthopädischen Gutachtens.

Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen abzugehen. Die Sachverständigengutachten wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Gemäß diesen Gutachten besteht, übereinstimmend, ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

-

Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

-

Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF

-

Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF

-

Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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