TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/30 98/04/0215

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.1999
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
GewO 1973 §353 idF 1988/399;
GewO 1973 §356 Abs1;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1994 §353 Z1 lita;
GewO 1994 §356 Abs1;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §74 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der Dr. GA in W, vertreten durch Dr. O und Dr. S, Rechtsanwälte in G, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht über die Berufung gegen den in Angelegenheit der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Februar 1994, MA 63-B 603/93, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG i.V.m. § 42 Abs. 4 VwGG werden der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Februar 1994 und der diesem zugrundeliegende Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom 16. September 1993 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 13. Oktober 1993) behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde verwiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 12. Februar 1991 beantragte Ing. JB (ASt) bei der Erstbehörde die Erteilung der "Betriebsstättengenehmigung" für das Technische Büro und den Werkzeugbau mit angeschlossener Kunststoffverarbeitung und Metallteilefertigung an einem näher bezeichneten Standort. Diesem Antrag waren eine (planliche) "Betriebsstättenbeschreibung" und ein "Lageplan mit Maschinenliste und technischen Daten" beigelegt; Namen und Anschriften der Eigentümer sowohl des Betriebsgrundstückes als auch der angrenzenden Grundstücke wurden nachgereicht.

Die Erstbehörde beraumte für den 29. April 1991 eine Augenscheinsverhandlung gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1973 an, in der nach Besichtigung der (bereits bestehenden) Betriebsanlage u. a. festgehalten wurde, dass der Grundrissplan den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten nicht entspreche, weil Türen bzw. Lüftungsöffnungen vorhanden seien, die im Plan nicht dargestellt seien. Weiters fehlten in den Unterlagen Angaben über die gelagerten Chemikalien. Da - nach Ansicht des Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 3. Aufsichtsbezirk - eine mechanische Be- und Entlüftung für die Kunststoffspritzerei, bei der Senkerosionsanlage (petroleumersatzbetrieben) und im Bereich der CNC-Fräsmaschine erforderlich sei, müsste die Lüftungsanlage planlich dargestellt und technisch beschrieben werden. Im Grundrissplan müssten die Fenster, die öffenbar eingerichtet seien, dargestellt werden. Ein Lageplan über das Betriebsgrundstück und die angrenzenden Grundstücke mit Angabe der Objektnummern sei zu erstellen, die Maschinen seien durch Angabe der Type zu konkretisieren. Die vorgelegten Pläne wurden dem Antragsteller zur Verbesserung zurückgestellt.

Mit Schreiben der Erstbehörde vom 5. Juli 1991 wurde dem Antragsteller bekannt gegeben, dass auch den von ihm nachgereichten Unterlagen folgende Unterlagen nicht angeschlossen worden seien:

1)

Lüftungsplan (planliche Darstellung der Lüftungsanlage)

2)

Darstellung der Lagerorte für Chemikalien

3)

Lageplan über das Betriebsgrundstück und über die angrenzenden Grundstücke mit Angabe der Objektnummern

              4)              Konkretisierung der Maschinen durch Angabe der Type.

In der am 22. Juni 1992 fortgesetzten Augenscheinsverhandlung wurde nach Besichtigung der Betriebsanlage und Überprüfung der Pläne u.a. festgestellt, dass die Unterlagen noch immer nicht ausreichend seien. Zur Beurteilung des Projektes seien noch Emissionsdaten bezüglich Schall und Luftschadstoffe (Kohlendioxid, Styrol, Toluol, Phenol Ethylbenzol, Methylenchlorid, Tetrahydrofuran, Kohlenmonoxid, Diphenylcarbonat und Staub) beizubringen, d.h. es müsse angegeben werden, wie viel von den angeführten Stoffen in 1 m3 ausgeblasener Luft an der Ausblasstelle vorhanden sei und es müsste die Schallemission an sämtlichen Ausblas- und Ansaugstellen bekannt gegeben werden. Im Übrigen wurden die Voraussetzungen des Lüftungsprojektes erörtert und dem Antragsteller die vorgelegten Pläne zur neuerlichen Vorlage des Projektes zurückgestellt.

Mit Schreiben vom 16. Juni 1993 gab der Antragsteller Emissionswerte bekannt und weiters, dass die "theoretische Maximalverarbeitungsmenge" bei Vollbetrieb aller Kunststoffspritzmaschinen bei ca. 200 kg/Tag liege, und dass die Verteilung der diversen Kunststoffe nach Art und Typ mit Schwerpunkt auf PBT, PA und PC liegen werde, ABS, PS, POM und PPO hingegen nur einen geringen Anteil einnehmen würden.

Auf Grund der Stellungnahme des Vertreters der MA 22 vom 21. Juni 1993, in Ansehung der Verwendung von ABS sei das vorgelegte Projekt - aus näher dargelegten Gründen - nicht genehmigungsfähig, erklärte der Antragsteller, auf die Verarbeitung von ABS gänzlich verzichten zu wollen und gab Betriebszeiten "normal von 7.00 - 17.00 Uhr, in Ausnahmesituationen von 6.00 - 23.00 Uhr, dies jedoch nur ca. 5 X/Jahr" bekannt.

In der am 13. September 1993 fortgesetzten Augenscheinsverhandlung wurde die Betriebsanlage nochmals besichtigt und wie folgt beschrieben:

"Die Betriebsanlage ist im Erdgeschoß gelegen und von der T-Gasse aus zugänglich. An der rechten Grundgrenze befindet sich straßenseitig ein technisches Büro, daran anschließend die Kunststoffspritzerei und die Werkstätte mit den Metall verarbeitenden Maschinen. An der linken Grundgrenze ist straßenseitig ein Pausenraum (Aufenthaltsraum) und ein Waschraum eingerichtet. Weiters ist an der linken Grundgrenze ein Lagerraum für Maschinenteile und diverse Ersatzteile sowie Kühl- und Schmieremulsionen und zwischengelagerte Abfallstoffe. Ein Lagerraum für Kunststoffgranulat ist zwischen Kunststoffspritzerei und Metall verarbeitender Werkstätte eingerichtet und vom Innenhof aus zugänglich.

Die Beheizung erfolgt mittels fünf Gaskonvektoren, die in den entsprechenden Räumen aufgestellt sind.

Die Belüftung der Betriebsanlage erfolgt im Bereich des Zuganges neben der Hauseinfahrt für die Kunststoffspritzerei mit einem Ventilator, der eine Leistung von ca. 1.000 m3/Stunde hat. Der Werkstättenraum wird ebenfalls mit einem Ventilator mit einer Leistung von ca. 2000 m3/Stunde belüftet.

Kunststoffspritzerei und Werkstättenraum werden mittels eines Ventilators, der im Bereich der Lichtkuppel nahe der Kunststoffspritzerei montiert werden soll, 1 m über der Dachfläche des Werkstättengebäudes entlüftet. Die Leistung des Ventilators beträgt ca. 3.000 m3/Stunde.

Die Fortluft wird lotrecht nach oben mit einer Geschwindigkeit von ca. 7 m/Sekunde ausgeblasen.

Die Belüftung der übrigen Räume erfolgt auf natürlichem Weg mittels öffenbarer Fenster.

Für die Arbeitnehmer stehen zwei WCs zur Verfügung.

In der Betriebsanlage sollen acht Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Die verwendeten Maschinen sind der Maschinenliste des Planes zu entnehmen.

Derzeit ist geplant, folgende Kunststoffe zu verarbeiten:

'PA (Polyamid), PT (Polybutylenterephtalat), PE (Polythylen), PMMA (Polymethylmethagrylat), PC (Polycarbonat), PPO (Polyphenylenoxyd), PS (Polystyrol), PS (Butadienstyorol).

In der Betriebsanlage fallen folgende Abfälle an:

Angüsse der Spritzgussteile werden in der betriebseigenen Kunstoffrecyclingmühle granuliert und dem Granulat zugeführt.

Späne aus der Metallverarbeitung werden in Metallfässern gesammelt und über den Altmetallhandel entsorgt.

An Altöl fallen maximal 15 Liter pro Jahr an.

Schneidemulsionen und Kühlemulsionen werden in der Betriebsanlage wiederverwendet."

Mit Bescheid der Erstbehörde vom 16. September 1993 wurde dem Antragsteller gemäß § 74 GewO 1973 die beantragte Genehmigung für die (wie in der Verhandlung vom 13. September 1993) beschriebene Betriebsanlage nach Maßgabe des Planes, der einen Bestandteil dieses Bescheides bildet, unter Vorschreibung von im Einzelnen genannten Auflagen erteilt. Dieser Bescheid wurde mit einem weiteren Bescheid der Erstbehörde vom 13. Oktober 1993 in Ansehung einer Auflagenvorschreibung berichtigt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, die vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 10. Februar 1994 mit der Maßgabe abgewiesen wurde, dass die Betriebsbeschreibung durch den Satz "Die Kunststoffspritzerei wird nur von 7.00 bis 17.00 Uhr betrieben" ergänzt und die Auflagenvorschreibung Nr. 26 durch eine andere ersetzt werde.

Die von der Beschwerdeführerin auch gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Februar 1996 mit der Begründung abgewiesen, die Beschwerdeführerin habe dem Projekt des Antragstellers ihre Zustimmung erteilt; sie könne das Vorhaben daher nicht mehr mit Erfolg anfechten.

Mit hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 96/04/0090, wurde der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Februar 1996 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die belangte Behörde sei zu Unrecht der Auffassung, die Beschwerdeführerin habe auf die (weitere) Geltendmachung ihrer subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in Ansehung der zur Genehmigung beantragten Betriebsanlage verzichtet.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Ersatzbescheid vom 7. November 1997 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich ab. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe zwar Einwendungen gegen die zur Genehmigung beantragte Betriebsanlage erhoben, diese seien aber zufolge einer näher dargestellten Erklärung nicht mehr aktuell, sodass die Beschwerdeführerin mit ihren Einwendungen präkludiert sei.

Auch dieser Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde mit hg. Erkenntnis vom 17. März 1998, Zl. 97/04/0249, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil die Auffassung der belangten Behörde im Widerspruch zu der im hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996 für den vorliegenden Fall gemäß § 63 Abs. 1 VwGG bindend geäußerten Rechtsanschauung stehe.

Das hg. Erkenntnis vom 17. März 1998 wurde dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten am 17. April 1998 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 11. November 1998 erhob die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht bezüglich ihrer Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 10. Februar 1994.

Mit Verfügung vom 25. November 1998 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom 30. März 1999 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Bemerken vor, dass eine Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gegeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere oder kürzere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die Frist für die Erlassung von Ersatzbescheiden nach Bescheidaufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof beginnt mit Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an die belangte Behörde (vgl. Mayer, B-VG (1997) 636 und die hier zitierte hg. Judikatur).

Diese Frist war im Hinblick auf die oben genannten Daten im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde abgelaufen.

Da die belangte Behörde den versäumten Bescheid auch innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eröffneten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Gemäß § 353 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage u.a. eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen und die erforderlichen Pläne und Skizzen anzuschließen.

Gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde (§§ 333, 334, 335) ausgenommen in den Fällen des § 359b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen. Gegenstand, Zeit und Ort der Augenscheinsverhandlung sowie die gemäß Abs. 3 bestehenden Voraussetzungen für die Begründung der Parteistellung sind den Nachbarn durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

Zufolge § 82 Abs. 7 AVG i. d. F. BGBl. I Nr. 158/1998 ist die Bestimmung des § 356 Abs. 3 GewO 1994, die die Parteistellung der Nachbarn in den in § 356 Abs. 1 GewO 1994 genannten Verfahren von der ( weiteren ) Voraussetzung abhängig machte, dass diese Einwendungen gegen die Anlage i. S. d. § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, als von der Regelung des § 42 Abs. 1 AVG abweichende Bestimmung, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft getreten. Nachbarn sind in den genannten Verfahren nunmehr auch ohne Erhebung von Einwendungen Parteien. Sie verlieren ihre Parteistellung jedoch gem. § 42 Abs. 1 AVG, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Augenscheinsverhandlung gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994, Einwendungen gegen die Anlage i. S. d. § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 erheben.

Ein Abspruch über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage wie auch über die Genehmigung der Änderung einer solchen Anlage setzt zunächst ein Ansuchen voraus (antragsbedürftiger Verwaltungsakt), wobei ein einer gewerbebehördlichen Kundmachung nach § 356 Abs. 1 GewO 1994 zugrundeliegendes Ansuchen nach ständiger hg. Judikatur im Hinblick auf die den Nachbarn gemäß § 356 Abs. 3 GewO1994 eingeräumte Berechtigung zur Erhebung von Einwendungen einen (verbalen) Inhalt erforderte, der als solcher - unabhängig von den weiteren einem derartigen Ansuchen anzuschließenden und dieses detaillierenden Unterlagen und Plänen - Art und Umfang der beantragten Genehmigung eindeutig erkennen lässt. Ein die erforderliche Klarheit aufweisender Antrag musste wegen der den Nachbarn offen stehenden Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen weiters schon der behördlichen Anberaumung der mündlichen Augenscheinsverhandlung zugrundeliegen. Eine erst nach Anberaumung der im § 356 Abs. 1 GewO 1994 vorgesehenen mündlichen Augenscheinsverhandlung erfolgende Klarstellung von Art und Umfang der beantragten Genehmigung war unzulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999 und die hier zitierte Vorjudikatur). An diesem Erfordernis hat die neue Rechtslage, wonach es der Erhebung von Einwendungen zur Begründung der Parteistellung der Nachbarn nicht mehr bedarf, nichts geändert, bewirkt doch - wie dargestellt - die Unterlassung der Erhebung von Einwendungen den Verlust der Parteistellung der Nachbarn.

Der dem Antrag anzuschließenden Betriebsbeschreibung kommt insofern wesentliche Bedeutung zu, als sie eine Grundlage für die Beurteilung bildet, welche von der Betriebsanlage ausgehende und auf Nachbarliegenschaften einwirkende Emissionen zu erwarten sind. Auch bestimmt sie die normative Tragweite des Genehmigungsbescheides. Die Betriebsbeschreibung muss daher, um den genannten Erfordernissen zu entsprechen, insbesondere präzise Angaben zu allen jenen Faktoren enthalten, die für die Beurteilung der auf den Nachbarliegenschaften zu erwartenden Immissionen von Bedeutung sind (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 14. April 1999, und die hier zitierte Vorjudikatur).

Von dieser Rechtslage ausgehend erweist sich zunächst das das gegenständliche Genehmigungsverfahren auslösende Ansuchen des Antragstellers vom 12. Februar 1991 als nicht ausreichend bestimmt. Die Eingabe beschränkt sich nämlich darauf, "um die Betriebsstättengenehmigung für das Technische Büro und den Werkzeugbau mit angeschlossener Kunststoffverarbeitung und Metallteilefertigung" zu ersuchen, ohne jedoch präzise Angaben über Art und Umfang des Betriebes zu treffen, die es überhaupt erst ermöglichen würden, die für die Nachbarn zu erwartenden Immissionen zu beurteilen.

Zwar wurden Präzisierungen der zur Genehmigung beantragten Betriebsanlage - wie dargelegt - im Zuge des Verfahrens nachgeholt. Die gebotene Klarstellung des Antragsgegenstandes vor Anberaumung der gemäß § 356 Abs. 1 GewO 1994 vorgesehenen Augenscheinsverhandlung erfolgte allerdings nicht. Nach Klarstellung des Antragsgegenstandes hat eine dem § 356 Abs. 1 GewO 1994 entsprechende Anberaumung einer Augenscheinsverhandlung nicht stattgefunden.

In einem solchen Fall hat daher die Berufungsbehörde den mit Berufung bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG zu beheben und die Angelegenheit zur Durchführung einer neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückzuverweisen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999 und die hier zitierte Vorjudikatur). Gleiches gilt für den gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache entscheidenden Verwaltungsgerichtshof.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. Juni 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998040215.X00

Im RIS seit

17.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten