Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des TW in H, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 30. Mai 1995, Zl. UVS-23/5/8-1995, betreffend Nachsicht vom Befähigungsnachweis für die Erteilung einer Mietwagenkonzession, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der TW KG, welcher mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 11. Mai 1982 und 26. Mai 1987 die Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe an den Standorten Saalbach, Hinterglemm Nr. und Saalbach, Hinterglemm Nr., sowie mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 25. Februar 1987 die Konzession für das Hotelwagengewerbe, beschränkt auf die Verwendung von zwei Pkw bis zu neun Sitzplätzen am Standort Saalbach, Hinterglemm, erteilt wurde. Am 29. Juni 1992 stellte der Beschwerdeführer an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See - von dieser zuständigkeitshalber weitergeleitet an den Landeshauptmann von Salzburg - den Antrag, ihm die Nachsicht vom Befähigungsnachweis als Voraussetzung für die Erteilung einer Mietwagenkonzession zu erteilen und begründete dies im Wesentlichen damit, bedingt durch die getrennte Situierung der Betriebsstätten müssten permanent ältere oder gehbehinderte Gäste zu den "diversen Animationsprogrammen und Veranstaltungen" transportiert werden, wobei es sich um "Gratisfahrten" handle. Da das Hotelwagengewerbe diese Tätigkeit nicht decke, ersuche der Beschwerdeführer "mir unter Nachsicht das Mietwagengewerbe" zu erteilen. Die Betriebsführung seines Betriebes mit 100 Angestellten erlaube es ihm nicht, eine zweijährige Taxitätigkeit auszuführen. Außerdem sei er der Meinung, dass seine Konzessionsprüfung und Erfahrungen ausreichen müssten, um Hotelgäste gratis unter Versicherungsschutz zu transportieren.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Februar 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis zur Erlangung einer Mietwagenkonzession mit Pkw gemäß § 28 Abs. 1 Gewerbeordnung 1973 abgewiesen.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Mai 1995, dem Beschwerdeführer zugestellt am 21. Juni 1995, wurde der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung "gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 28 Abs. 1 GewO 1973 und § 5 Abs. 5 Gelegenheitsverkehrsgesetz" keine Folge gegeben und der Spruch des Erstbescheides vollinhaltlich bestätigt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung mit Beschluss vom 26. November 1996, B 2397/95-5, abgelehnt und sie mit Beschluss vom 11. Februar 1997, B 2397/95-7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 2 des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes, BGBl. Nr. 85/1952 (in der Fassung vor der Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 112/1996), - im folgenden: GelVerkG (1952) - gilt, soweit dieses Bundesgesetz nicht besondere Bestimmungen trifft, für die diesem Bundesgesetz unterliegenden Gewerbezweige (Abs. 1) die Gewerbeordnung 1973 mit der Maßgabe, dass die Gewerbe nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz als bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe gelten.
Gemäß § 5 Abs. 1 GelVerkG (1952) darf die Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen nur erteilt werden, wenn neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes 1. die Zuverlässigkeit, 2. die finanzielle Leistungsfähigkeit und 3. die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) vorliegen. Gemäß § 5 Abs. 2 leg. cit. ist für das "Gästewagen-Gewerbe" (früher: Hotelwagengewerbe) mit Personenkraftwagen die finanzielle Leistungsfähigkeit (Abs. 1 Z 2) und die fachliche Eignung (Befähigungsnachweis) (Abs. 1 Z 3) nicht erforderlich.
§ 5 Abs. 5 GelVerkG (1952) in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993 (vor der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 112/1996) lautete wie folgt:
"(5) Die Voraussetzung der fachlichen Eignung (Befähigungsnachweis) ist erfüllt durch
1. eine Bescheinigung über die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungskommission, die vom Landeshauptmann bestellt wird, oder
2. eine Bescheinigung der Prüfungskommission auf Grund von Hochschul- oder Fachschuldiplomen, die gründliche Kenntnisse aller Sachgebiete der Prüfung im Sinne des Abs. 8 Z 1 gewährleisten. Werden durch die Hochschul- oder Fachschuldiplome nicht alle Sachgebiete der Prüfung abgedeckt, so ersetzt die Bescheinigung die Prüfung im Sinne der Z 1 nur für jene Sachgebiete, für die auf Grund der Hochschul- oder Fachschuldiplome gründliche Kenntnisse gewährleistet sind.
Beim Taxi-Gewerbe und Mietwagen-Gewerbe mit Personenkraftwagen ist zusätzlich eine mindestens dreijährige fachliche Tätigkeit in dem jeweils angestrebten Gewerbe selbst oder in einem Betrieb, in dem dieses Gewerbe gemeinsam mit anderen Gewerben ausgeübt wird, oder in einem dem Gewerbe fachlich nahe stehenden Berufszweig durch eine Bestätigung eines Sozialversicherungsträgers nachzuweisen."
Zunächst ist der belangten Behörde entgegenzuhalten, dass sie im Hinblick auf das Datum der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 30. Mai 1995 von der Bestimmung des § 28 Gewerbeordnung 1994 in der Fassung der Kundmachung BGBl. Nr. 264/1995 auszugehen hatte. Die Absätze 1 bis 3 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
"§ 28. (1) Sofern dieses Bundesgesetz oder eine Verordnung gemäß § 20 Abs. 4 oder § 22 Abs. 4 nichts Gegenteiliges bestimmt, ist die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis zu erteilen, wenn
1. nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, dass er die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen (volle Befähigung) besitzt und keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen oder
2. eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Nachsichtswerbers angenommen werden kann, keine Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen und
a) dem Nachsichtswerber die Erbringung des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises wegen seines Alters, seiner mangelnden Gesundheit oder aus sonstigen, in seiner Person gelegenen wichtigen Gründen nicht zuzumuten ist, oder
b) wenn besondere örtliche Verhältnisse für die Erteilung der Nachsicht sprechen.
(2) Die Nachsicht gemäß Abs. 1 Z 1 darf nur für einen Teil des vorgeschriebenen Befähigungsnachweises erteilt werden, sofern der Bildungsgang und die bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers lediglich diesen Teil der Berufsausbildung zu ersetzen vermögen.
(3) Die Nachsicht gemäß Abs. 1 kann auch mit der Beschränkung auf eine Teiltätigkeit des Gewerbes erteilt werden, wenn die Befähigung lediglich in diesem Umfang gegeben ist."
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, der Beschwerdeführer habe zum Nachweis für seine Behauptung, dass er die einschlägigen Kenntnisse tatsächlich besitze, keinerlei konkrete Belege oder Zeugnisse dafür vorgelegt. Die von ihm vorgelegten Urkunden würden nicht ausreichen. Dem Beschwerdeführer wäre ohne weiteres die Ablegung einer Prüfung vor einer Prüfungskommission zuzumuten, der Beschwerdeführer habe auch keinerlei Praxiszeiten im Sinne des § 5 Abs. 5 GelVerkG nachgewiesen. Das Mietwagengewerbe, dessen Ausübung beabsichtigt werde, stelle eine andere Art der Gewerbeausübung als die bisher ausgeübte dar. Über die Intensität der Ausübung des Hotelwagen-Gewerbes habe der Beschwerdeführer keine Angaben gemacht und keine Beweise angeboten. Auch mit dem Hinweis, dass nur eine Teiltätigkeit des Mietwagengewerbes ausgeübt werden sollte, könne der Beschwerdeführer nichts für sich gewinnen. Eine Einschränkung des mit Kraftfahrzeugen ausgeübten Mietwagengewerbes auf bestimmte Beförderungszwecke (Ausflugsfahrten für Hotelgäste, Beförderung von hausfremden Restaurantgästen) bewirke keine Verminderung der an den Gewerbeinhaber hinsichtlich seiner Befähigung zu stellenden Anforderungen. Sowohl die für die beabsichtigte Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen als auch eine hinreichende tatsächliche Befähigung des Beschwerdeführers könnten nicht angenommen werden.
Mit diesen Ausführungen lässt die belangte Behörde nicht eindeutig erkennen, ob sie von einem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis zur Erlangung einer Mietwagenkonzession ohne Einschränkung (so der Spruch des angefochtenen Bescheides) oder zur Erlangung einer Mietwagenkonzession mit Pkw in eingeschränktem Umfang, somit mit der Beschränkung auf eine Teiltätigkeit des Gewerbes, ausgegangen ist (so in der Begründung des angefochtenen Bescheides) und hat die Relevanz dieser Einschränkung verkannt.
Der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. Juni 1992 - somit zu einem Zeitpunkt gestellt, als § 28 Abs. 3 der Gewerbeordnung 1973 in der Fassung BGBl. Nr. 399/1988 galt - beinhaltete das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer um Nachsicht ansuche, weil seine "Konzessionsprüfung und Erfahrungen ausreichen müßten, um Hotelgäste gratis ... zu transportieren". In seinem Schriftsatz vom 28. Juni 1993 führte er unter anderem aus, dass er eine konzessionsprüfungsrelevante Kalkulation unter Berücksichtigung der einschlägigen Tarife für irrelevant halte, "da die Konzessionswerberin auch nur eine Teiltätigkeit, nämlich den Transport der hoteleigenen Gäste innerhalb eines begrenzten örtlichen Bereiches ohne gesonderte tarifliche Verrechnung dieser Transporttätigkeit" begehre. In seinem Schriftsatz vom 25. Oktober 1993, mit dem er diverse Unterlagen vorlegte, führte der Beschwerdeführer unter anderem aus, dass er die Erstbehörde um entsprechende Mitteilung ersuche, sofern noch weitere Nachweise für erforderlich erachtet würden.
Im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 22. Feber 1994 wird generell der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis zur Erlangung einer Mietwagenkonzession mit Pkw gemäß § 28 Abs. 1 GewO 1973 abgewiesen. In seiner Berufung vom 7. März 1994 verwies der Beschwerdeführer unter anderem erneut darauf, dass von vornherein nur die Absicht bestehe, "eine Teiltätigkeit des Mietwagen-Gewerbes zu entfalten, nämlich jene, bloß Hotelgäste über die örtlichen Grenzen des § 3 Abs. 1 Z. 4 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes hinaus transportieren zu können"; dann führte er aus:
"Zusammenfassend wird daher der Antrag wiederholt, den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Nachsicht vom Befähigungsnachweis für die antragsgegenständliche Teiltätigkeit des Mietwagen-Gewerbers, nämlich den Transport von Gästen der beiden Hotelbetriebe 'Zur Dorfschmiede' und 'Haus Wolf' mit PKW, zu erteilen."
Mit dem angefochtenen Bescheid - erlassen zu einem Zeitpunkt, als bereits § 28 GewO 1994 in der Fassung BGBl. Nr. 264/1995 galt - wurde der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Ausgehend vom Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde somit über einen Antrag auf Nachsicht vom Befähigungsnachweis als Voraussetzung für die Erteilung einer Mietwagenkonzession ohne Einschränkung ab.
Dabei hat die belangte Behörde jedoch nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer eindeutig sein - schon ursprünglich eingeschränktes - Begehren dahin präzisierte, dass sich der Antrag auf Nachsicht vom Befähigungsnachweis nur auf eine Teiltätigkeit bezüglich des Mietwagengewerbes bezieht.
Die belangte Behörde hat darauf zwar - verbal - in der Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen, diesem Umstand jedoch inhaltlich keine für die Entscheidung maßgebliche Bedeutung eingeräumt und derart auch nicht begründet, ob die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 bzw. des § 28 Abs. 1 Z 2 leg. cit. jeweils bezogen auf den auf die Teiltätigkeit gerichteten Antrag gegeben seien.
Da somit der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Juni 1999
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997030033.X00Im RIS seit
20.11.2000