Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde 1.) des JG,
2.) des ER und der ER und 3.) der IL, alle in L, alle vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. Jänner 1998, Zl. 319.425/4-III/A/2a/97, betreffend Verfahren gemäß § 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei:
J Vermietungsgesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. F und Dr. S, Rechtsanwälte in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem (im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich ergangenen) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. November 1996 wurde der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Änderung einer genehmigten Betriebsanlage durch Errichtung eines Parkdecks samt Personenaufzugsanlage und Änderung der verbleibenden Stellplätze auf dem ostseitigen Parkplatz nach Maßgabe näher bezeichneter Projektunterlagen und einer Betriebsbeschreibung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt; die von den Nachbarn erhobenen Einwendungen und Anträge wurden teils ab- teils zurückgewiesen. Hiezu wurde - nach Darstellung der eingeholten Sachverständigengutachten sowie der angewendeten Rechtsvorschriften - unter anderem ausgeführt, das lärmtechnische Amtssachverständigengutachten stützte sich zur Beurteilung der Auswirkungen der vom ostseitigen Parkplatz ausgehenden Emissionen auf die Nachbarschaft auf ein durch ein näher bezeichnetes Zivilingenieurbüro erstelltes "lärmtechnisches Projekt". Demnach würde ohne Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen eine geringfügige Erhöhung der Ist-Situation im südseitigen Nachbarbereich eintreten. Bei Verwirklichung der vorgesehenen Schalldämmmaßnahmen werde aber selbst für die nächstgelegenen Nachbarn keine nennenswerte Erhöhung des Ist-Zustandes eintreten. Was die Immissionen an Luftschadstoffen anbelange, so trete gemäß dem Amtsgutachten, das sich auf ein "lufttechnisches Projekt" des genannten Zivilingenieurbüros beziehe, selbst im ungünstigsten Fall keine Überschreitung der in der oberösterreichischen Luftreinhalteverordnung vorgesehenen Grenzwerte bei den nächsten Nachbarn ein. Eine Gesundheitsgefährdung oder eine unzumutbare Belästigung bzw. Beeinträchtigung sei unter Hinweis auf das Gutachten der Amtssachverständigen für Medizin nicht zu erwarten. Im Übrigen gingen die Nachbarn bei ihren Einwendungen von Stellplatzzahlen aus, die einer nachvollziehbaren Grundlage entbehrten. Unter Hinweis auf das Gutachten des technischen Amtssachverständigen sei davon auszugehen, dass die Summe der im östlichen Teil der Betriebsanlage befindlichen Stellplätze 1165 Stellplätze betragen solle. Derzeit seien in diesem Bereich 637 Stellplätze vorhanden bzw. gewerbebehördlich genehmigt. Die Zunahme betrage somit 528 Stellplätze und es seien die Berechnungen daher auf diese Erweiterung abzustellen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung habe sich ergeben, dass das in Rede stehende Projekt nur dann baubehördlich genehmigt werden könne, wenn es um 75 cm in Richtung Westen parallel verschoben werde. Die mitbeteiligte Partei habe daher ihr Projekt in diesem Sinne geringfügig modifiziert. Mit dieser Modifizierung seien allerdings keine relevanten Änderungen in den Auswirkungen für die Nachbarn verbunden.
Die Beschwerdeführer beriefen und brachten vor, die Erstbehörde habe ihrer Beurteilung überholte Unterlagen zu Grunde gelegt, während das Projekt nach der Verhandlung - wie das jeweilige Datum der verwiesenen Projektunterlagen zeige - wiederholt geändert worden sei. Entgegen dem ursprünglichen Antrag sollten 1228 Stellplätze bewilligt werden; dabei handle es sich nicht bloß um eine geringfügige Modifikation. Das Vorhaben der mitbeteiligten Partei widerspreche der bestehenden Flächenwidmung, das zu erwartende Verkehrsaufkommen werde in nicht akzeptabler Weise zunehmen. Schließlich werde beantragt, weitere Sachverständigengutachten zu im einzelnen bezeichneten Themenbereichen einzuholen.
Mit Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. Jänner 1998 wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Hiezu wurde zunächst ein von der Berufungsbehörde eingeholtes Sachverständigengutachten wiedergegeben, in dem unter anderem ausgeführt wurde, es hätten sich in der Zeit zwischen dem Ansuchen der mitbeteiligten Partei und der Verhandlung und anlässlich der Verhandlung selbst vor Bescheiderlassung verschiedene Korrekturen des ursprünglichen Projektes ergeben, wodurch auch Änderungen der Planunterlagen erforderlich geworden wären. Die Planunterlagen seien daher mit Mai, Juli und August 1996 datiert, woraus sich die in der Berufung angesprochene Nichtübereinstimmung der Unterlagen erkläre. Prinzipiell hätten sich dadurch aber Verringerungen des Emissionsausmaßes ergeben; aus technischer Sicht liege kein Fehler im vorinstanzlichen Ermittlungsverfahren. Im Einzelnen handle es sich um:
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einen Verzicht auf einen ursprünglich an der Südseite des Einkaufszentrums zusätzlich vorgesehenen Freiparkplatz;
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einen Verzicht auf die Freiparkplätze entlang der Ostseite des Parkdecks (in der Betriebsbeschreibung des Bescheides irrtümlich noch enthalten);
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damit im Zusammenhang eine Verringerung der Zahl der Stellplätze, nämlich nunmehr 975 im Parkdeck und 22 im Freien gegenüber ursprünglich 986 bzw. 169 (bei derzeit an diesem Standort an der Ostseite des Einkaufszentrums bestehenden 637 Parkplätzen) und
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eine schalldämmende Verkleidung der Parkebenen 1 und 2 an der Südseite und im Eckbereich Südseite/Ostseite."
Durch das verfahrensgegenständliche Projekt werde die Zahl der Stellplätze um rund ein Drittel (derzeit 637 Stellplätze) vergrößert. Die Parkebene 2, die an der Südfassade komplett schalldämmend abgeschlossen sei, trage auch theoretisch nichts zu einer Erhöhung der vorhandenen Lärmbelastung bei. Wesentliche Beiträge kämen nur aus den Ebenen 1 und der ungedeckten Ebene 3, welche in Summe ungefähr genau so viele Stellplätze aufwiesen wie der derzeitige freie Parkplatz. Schon dieser Vergleich zeige, dass keinesfalls eine Veränderung der bestehenden Situation an Störlärm zu erwarten sei. Etwaige Verbesserungen durch die Zunahme der Abschirmung zur Kremstalbundesstraße seien hier noch gar nicht berücksichtigt. In Ansehung der Immissionsbelastung durch Abgase betrage der maximal zulässige Immissionsgrenzwert für Stickoxyde 0,2 mg/m3 als Halbstundenmittelwert. Der Immissionsbeitrag durch das Parkdeck verursache - aus näher dargelegten Gründen - etwa ein Zehntel dieses Wertes an Luftschadstoff NOX. Die Berufungsbehörde stütze ihre Entscheidung auf die klaren, eindeutigen und den Denkgesetzen entsprechenden Ausführungen des gewerbetechnischen Amtssachverständigen. Im medizinischen Gutachten des erstinstanzlichen Bescheides werde zusammenfassend festgehalten, dass bei den Lärmimmissionen bei Ausführung der Schalldämmung an der Südseite bzw. an der Ecke zur Ostseite mit keiner wesentlichen Änderung der Lärmsituation bei den ungünstigst gelegenen Nachbarn zu rechnen sei. Bei den Luftschadstoffen lägen selbst die für den ungünstigsten Fall errechneten Werte noch weit unter den vorliegenden Grenzwerten. Demgemäß sei eine Gesundheitsbeeinträchtigung nicht zu erwarten. Die Unterlagen des erstinstanzlichen Verfahrens seien einer eigenständigen rechnerischen Prüfung unterzogen worden. Zusätzlich seien auch aktuelle Unterlagen und Daten berücksichtigt worden. An der Schlussfolgerung des vorinstanzlichen Ermittlungsverfahrens hätte sich dadurch nichts geändert und es hätten sich auch die Grundlagen für die obige medizinische Beurteilung bestätigt. Eine Gefährdung der Gesundheit von Nachbarn werde daher bei Einhaltung des Projektes und der vorgeschriebenen Auflagen vermieden und würden auch keine nach dem Maßstab eines gesunden, normal empfindenden Erwachsenen oder Kindes unter Berücksichtigung der Umgebungsverhältnisse unzumutbaren Immissionen auftreten. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern im Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme werde darauf hingewiesen, dass die Nachvollziehbarkeit des Gutachtens gewährleistet sei. Sämtliche Grundlagen seien im Gutachten angegeben. Spitzengeräusche seien berücksichtigt worden, wobei sich das Gutachten nicht nur auf Startgeräusche beschränke.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei stellte in ihrer Gegenschrift einen gleichartigen Antrag.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihrem "Recht auf Unterbleiben der Bewilligung einer gewerblichen Betriebsanlage verletzt, die geeignet ist, unsere Gesundheit als Nachbarn zu gefährden und uns als Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen". In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringen sie vor, obwohl sich das Ausmaß der beantragten Parkplätze von der Einreichung des Ansuchens bis zur Bewilligung ständig geändert und erweitert habe, gingen die Projektsunterlagen (schall- und lufttechnisches Projekt) vom ursprünglichen Ausmaß aus und seien daher als Verfahrensgrundlage gegenstandslos geworden. Eine grobe Verletzung des Parteiengehörs, das den Kardinalgrundsatz jeden behördlichen Verfahrens darstelle, liege darin, dass sich das gewerberechtliche Projekt nach der gewerberechtlichen Verhandlung vom 28. März 1996 hinter dem Rücken der Parteien mehrfach geändert habe. Im Spruch des Bescheides sei von Projektunterlagen die Rede, die vom 10. Mai 1996, 14. August 1996 und 31. Juli 1996 stammten. Zu diesen Unterlagen, die im angefochtenen Bescheid als Entscheidungsgrundlage zu Grunde gelegt worden seien, sei den Nachbarn das Parteiengehör verweigert worden. Den Nachbarn vorzuwerfen, dass ihre Einwendungen nicht auf der gleichen Ebene wie die Amtssachverständigengutachten lägen, sei in Anbetracht der Beweisanträge der Nachbarn auf Einholung von Sachverständigengutachten ungerechtfertigt. Da sich die Amtssachverständigengutachten ausschließlich auf die überholten Projekte stützten und keine eigenen Überprüfungen oder Lärm- oder Abgasmessungen durchgeführt worden seien, schieden sie als Entscheidungsgrundlage für die Behörde von vornherein aus. Projektsunterlagen, die von einer viel zu geringen Parkplatzzahl ausgingen, seien nicht als objektive Beweismittel zu werten. Das Gleiche müsse für die Amtssachverständigengutachten gelten, die nur auf solchen Berechnungen aufbauten. Wenn die Behörde im Bescheid angebe, das Projekt habe modifiziert werden müssen, so sei dies das Eingeständnis, dass den Nachbarn das Parteiengehör verweigert worden sei. Darüber hinaus handle es sich um keine geringfügige Modifizierung, da entgegen der ursprünglichen Ausschreibung der Gewerbe- und Bauverhandlung nicht 986, sondern 1228 Stellplätze bewilligt werden sollten. Die Ausführungen des Amtssachverständigen für Verkehrstechnik seien völlig realitätsfremd, wenn er meine, dass sich nur eine gleichbleibende Kundenanzahl auf eine größere Anzahl von Parkplätzen aufteile. Tatsächlich sei es so, dass ein höheres Parkplatzangebot erfahrungsgemäß automatisch dazu führe, dass auch die Kunden- und Verkehrsfrequenz steige. Auf die spezifischen Lärmbelästigungen eines Großparkplatzes durch Lärmspitzen bei zuschlagenden Autotüren, Startvorgängen, Beschleunigungs- und Bremsbewegungen, Autoradios und Hupgeräusche, die gerade bei Zu- und Ausfahrtsbewegungen innerhalb eines großen Parkplatzes besonders drastisch anfallen würden, sei ebenso wie auf den von Kunden ausgehenden Gesprächslärm, weder in dem Sachverständigengutachten noch im angefochtenen Bescheid eingegangen worden. Die vorliegenden Sachverständigengutachten stellten daher keine Gutachten im Sinne dieses Begriffes dar, sondern beschränkten sich auf eine aktenmäßige Überprüfung einseitiger Projektsunterlagen der Konsenswerberin. Die Schlussfolgerungen der von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen seien weiters denkunmöglich, weil eine Änderung des Projekts, durch das die Anzahl der Stellplätze gestiegen sei, zu keiner Reduktion der Emissionen führen könne. Wenn der Amtssachverständige schließlich darauf hinweise, dass in der dem Genehmigungsbescheid zu Grunde liegenden Betriebsbeschreibung Freiparkplätze entlang der Ostseite des Parkdecks "irrtümlich noch enthalten" seien, so sei ihm zu entgegnen, dass ein Verzicht der mitbeteiligten Partei auf diese Parkplätze weder aus den Ergebnissen der Verhandlungsschrift noch aus dem Bescheid ersichtlich sei. Schon aus diesem Grunde sei der angefochtene Bescheid wegen Undeutlichkeit rechtswidrig und daher zu beheben. Das Bauvorhaben widerspreche - aus näher dargelegten Gründen - auch der Flächenwidmung des betroffenen Grundstückes. Überdies sei der vorgenommenen Umwidmung in "eingeschränktes gemischtes Baugebiet" nunmehr rechtskräftig von der Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 12. April 1996 die Genehmigung versagt worden. Nach § 77 Abs. 5 GewO 1994 sei im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren die Übereinstimmung mit der Flächenwidmung zu beachten. Durch diese Gesetzesänderung sei die Grundlage des bisherigen Verfahrens weggefallen und hätte die belangte Behörde der Berufung Folge geben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens an die Behörde erster Instanz zurückverweisen müssen. Die einzig relevante Zu- und Abfahrt von und zum Einkaufszentrum U. und damit zum beantragten Parkdeck erfolge von der Kremstal Bundesstraße über die Verkehrsfläche "Im Bäckerfeld". Bei dieser Verkehrsfläche handle es sich gleichzeitig aber auch um die faktisch einzige Zufahrt zur Siedlung, in der die Grundstücke der Beschwerdeführer lägen. Das, durch die Zu- und Abfahrt zum Parkdeck verursachte erhöhte Verkehrsaufkommen würde sich somit unmittelbar auf die Zu- und Abfahrt zum Grundstück der Beschwerdeführer auswirken. Es handle sich um eine gigantische Verkehrslawine, die durch die Errichtung des Parkdecks mit - wie sich jetzt herausstelle - 1228 Stellplätzen ausgelöst werde. Da schon jetzt die Zufahrt zum Einkaufszentrum und damit auch die Zufahrt zur Siedlung der Beschwerdeführer ständig verstopft sei, würde sich diese Situation noch drastisch verschlechtern, wenn zusätzlicher Verkehr im Ausmaß einer Steigerung von 75 % über dieselbe Zufahrt aufgenommen werden würde. Es sei durch diese zusätzlichen Parkplätze mit täglich mindestens 5000 zusätzlichen Zu- und Abfahrtsbewegungen zu rechnen. Darüber hinaus erhöhe sich das Verkehrsaufkommen durch jene zusätzlichen Fahrzeuge, die parkplatzsuchend unterwegs seien. Zu den Fahrbewegungen selbst seien auch noch weitere Lärmspitzen, die gerade bei Zu- und Ausfahrtsbewegungen innerhalb eines Großparkplatzes besonders drastisch gegeben seien, zu berücksichtigen. Ein aktuelles Verkehrskonzept, das dieses Parkdeck miteinbeziehe, existiere nicht. Da der gesamte Verkehr zwischen Kremstal Bundesstraße und Einfahrt zum U. Einkaufszentrum, damit aber auch zur Erschließung der Grundstücke der Beschwerdeführer zusammenbrechen würde, sei eine derartige drastische Erhöhung des Verkehrsaufkommens nicht akzeptabel. Weiters sei die Betriebszeit nicht mit 21.30 Uhr beschränkt, weil schon in der Vergangenheit und erst recht auf Grund geplanter Änderungen in der Zukunft Freizeit- und Unterhaltungseinrichtungen in das Einkaufszentrum eingerichtet werden sollen. Dies werde zu einer Benützung des Parkdecks auch zur Nachtzeit führen. Es sei auch unrichtig, dass Schalldämmungen Projektsbestandteil seien. In der Betriebsbeschreibung des angefochtenen Bescheides sei klar erkennbar, dass es sich um eine offene Garage handle, bei der die Betriebsgeräusche durch Düsen- , Echo- und Lärmkanalisierungseffekte noch multipliziert werden würden. Es komme keinesfalls darauf an, wie der Amtssachverständige die Projektunterlagen interpretiere, es komme ausschließlich auf den Spruch des Bescheides an. Die Zusammenfassung des Amtsgutachtens sei in keiner Weise nachvollziehbar und entspreche nicht den gesetzlich geforderten Voraussetzungen für ein Gutachten, in dem Befund und Gutachten nachvollziehbar dargestellt sein müssen. Wenn nämlich behauptete werde, dass die Unterlagen des erstinstanzlichen Verfahrens einer eigenständigen rechnerischen Prüfung unterzogen worden seien, so sei diese Behauptung nicht nachvollziehbar und würden dafür auch keine Beilagen vorliegen. Ein weiterer Verfahrensmangel liege darin, dass die von den Beschwerdeführern beantragten Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass durch die Vergrößerung der Stellplatzanzahl eine unzumutbare und unerträgliche Erhöhung der Verkehrsfrequenz sowie Lärm-, Staub- und Abgasemissionen auftreten würden, nicht eingeholt worden seien. Die vorgelegten Projekte des Konsenswerbers seien als objektive Entscheidungsgrundlage nicht heranzuziehen. Auf Grund der Bedeutung der Angelegenheit sei daher die Beiziehung von Sachverständigen notwendig, die in keinem Nahe- oder Befangenheitsverhältnis zum Konsenswerber stünden. Ein weiterer Verfahrensmangel bestehe darin, dass der angefochtene Bescheid nicht gemäß § 58 Abs. 2 AVG begründet sei. Der Bescheid beschränke sich auf die wörtliche Wiedergabe des gewerbetechnischen Amtssachverständigengutachtens, das im Berufungsverfahren eingeholt worden sei, lasse im Übrigen jedoch jegliche detaillierte sachliche und vollständige Befassung mit dem Verfahrensgegenstand vermissen. Auf die Argumente in der Berufung sei mit keinem Wort eingegangen worden. Die Behörde müsste, um ihrer Begründungspflicht zu genügen, sämtliche Einwendungen behandeln. Das Thema des widmungswidrigen Widerspruchs sei von der belangten Behörde mit keinem Wort gewürdigt worden. Die Abweisung der Beweisanträge werde mit keinem Wort begründet. Die aufgedeckten Widersprüche der Projektsunterlagen zueinander und die Unklarheit, was überhaupt Gegenstand des Projektes sei, werde mit keinem Wort gewürdigt. Auf die Einwendungen betreffend die Erhöhung des Verkehrsaufkommens werde ebenfalls nicht eingegangen. Wenn die Berufungsbehörde anführe, die Unterlagen des erstinstanzlichen Verfahrens seien einer eigenständigen rechnerischen Prüfung unterzogen worden, so sei dies nicht nachvollziehbar. Wenn dies geschehen sei, sei den Beschwerdeführern dazu kein Parteiengehör eingeräumt worden. Dies stelle einen Verfahrensmangel dar. Für die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides, dass zusätzlich auch aktuelle Unterlagen und Daten berücksichtigt worden seien, gelte das Gleiche. Der gewerbetechnische Sachverständige der Berufungsbehörde gebe keine Begründung dafür, welche aktuellen Unterlagen und Daten berücksichtigt und welche eigenständigen rechnerischen Prüfungen vorgenommen worden seien. Damit sei das Gutachten nicht nachvollziehbar und als Entscheidungshilfe der Behörde unbrauchbar.
Die Beschwerde erweist sich schon aus folgenden Gründen als berechtigt:
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden;
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder...
Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71 a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.
Von dieser Rechtslage ausgehend muss der normative Spruchinhalt eines die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage genehmigenden Bescheides unter anderem Art und Umfang dieser Änderung eindeutig erkennen lassen. Wird dabei auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke oder Pläne Bezug genommen und diese solcher Art zum Spruchbestandteil gemacht, so muss zum einen unzweifelhaft feststehen, um welche Unterlagen es sich dabei handelt und zum anderen müssen diese Unterlagen ihrerseits die erforderliche Bestimmtheit aufweisen (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 986 f referierte hg. Judikatur).
Im vorliegenden Fall bezieht sich der erstbehördliche Bescheid zur Umschreibung der genehmigten Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei auf folgende "bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Projektunterlagen":
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Parkebene 2, datiert mit 10.5.1996, Nr. 1-02,
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Parkebene 3, datiert mit 10.5.996, Nr. 1-03,
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Ansichten, Schnitte, datiert mit 10.5.1996, Nr. 1-04,
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Parkebene 1, datiert mit 14.8.1996, Nr. 1-05/A,
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Lageplan, datiert mit 14.8.1996, Nr. 1-06/A,
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Grundriss - Schnitt - Ansichten, datiert mit 31.7.1996, Nr. 1-07,
alle erstellt durch Generalplaner Delta Projekt Consult;
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Beschreibung der Abwasserbeseitigung (1 Blatt A4),
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lufttechnisches Projekt der Schreiner Consulting vom 5.1.1996,
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schalltechnische Projekt der Schreiner Consulting vom 10.1.1996,
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Projekt eine Aufzugsanlage erstellt durch Krone Sowitch Aktiengesellschaft;"
sowie auf folgende Betriebsbeschreibung:
"Mit Bescheid Ge-10.005-6-1992 vom 6.5.1992 wurde die Errichtung eines Parkplatzes im Osten des Betriebsareals einer Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 zugeführt. Dieser Parkplatz befindet sich auf den Grundstück Nr. 1364/2 (Eigentümer JOHA) und 1364/1 (Eigentümer Huber). Der Einkaufszentrum selbst befindet sich auf dem Grundstück Nr. 1410//46 alle KG Leonding. Die Zu- und Abfahrten des Parkplatzes und des vorgesehenen Parkdecks erfolgen über die bestehende verkehrsmäßige Aufschließung des Centers.
Auf dem Grundstück 1364/2 soll ein Parkdeck mit Erdgeschoß und 2 darüberliegenden Ebenen mit einem Ausmaß von 32,40 x 256,90 m errichtet werden. Gleichzeitig damit sollen auch die auf den Freiflächen verbleibenden Parkmöglichkeiten für 179 PKWs neu eingeteilt werden, wobei die Fahrstraße im Osten auch für eine Feuerwehrrundumfahrt Verwendung findet. Das Parkdeck soll zur gemeinsamen Grundgrenze der Grundstücke Nr. 1364/2 und 1364/1 einen Abstand von 6,0 m aufweisen. Das Parkdeck wird mit der Längsachse, die etwa in Nordsüdrichtung verläuft, parallel zur östlichen Außenwand des Einkaufszentrums angelegt. Durch die Errichtung des Parkdecks wird die Straße zur Anlieferung und die Feuerwehrrundumfahrt des Einkaufszentrums nicht berührt.
Die Auffahrtsrampe befindet sich im Norden.
In konstruktiver Hinsicht erfolgt die Ausführung in Stahlbetonbauweise. Die Fußböden in den 3 Geschossen werden mit einem Asphaltbelag ausgestattet, wobei die Gefällsgebung zu den Außenmauern ausgebildet wird. Bei der Anlage handelt es sich um eine offene Großgarage. Die lichte Raumhöhe soll durchgehend jedenfalls 2,20 betragen. Die Gesamthöhe des Gebäudes beträgt bis zum Fußboden des obersten Parkdeckes 6,77 m und bis zur Dachoberkante des Aufzugsmaschinenraumes 10,26 m, wobei das bestehende Niveau zum Teil bis 1,04 m unter + 0,00 m reicht.
In jedem Erdgeschoß werden 4 Parkplatzreihen und 2 Fahrstraßen, 8 Stiegenhäuser, eine Aufzugsanlage eingeplant. Im Erdgeschoß sollen 328 Stellplätze für PKW mit einem Ausmaß von mindestens 2,30 x 5,00 m und in den 2 oberen Ebenen jeweils 324 PKW-Stellplätze ausgeführt und gekennzeichnet werden. Bei den Stiegenaustritten werden Stauräume in der Form von Gehsteigen angeordnet. Weiters sollen auf jeder Ebene Stellplätze für Einkaufswagen untergebracht werden.
Auf der derzeitigen ostseitigen Parkplatzfläche sind Stellplätze für 637 PKWs vorhanden. Künftig sollen im Parkdeck 986 PKWs und im Freien 196 PKWs somit insgesamt 1165 KFZ Platz finden. Das derzeitige Parkplatzniveau ist befestigt und mit einer Asphaltdecke versehen. Oberflächenwässer werden zur Ortskanalisation der Stadt Leonding abgeführt. Eine Änderung in dieser Hinsicht ist nicht beabsichtigt.
Im Parkdeck ist ein Einbau eines Personen- und Lastenaufzuges, hauptsächlich für die Personenbeförderung, beabsichtigt. Der Aufzug soll vom Erdgeschoß bis auf die oberste Ebene führen, eine Nennlast von 1200 kg oder 16 Personen aufweisen und bei jeder der 3 Haltestellen eine Ladestelle aufweisen. Der Triebwerksraum wird auf Höhe des Zwischenpodestes oben angeordnet und von der obersten Parkdeckebene zugänglich, eingebaut. Der Aufzug wird als Hydraulik- und Seilzugaufzug geplant."
Während das der Augenscheinsverhandlung vom 28. März 1996 und den in dieser erstellten Gutachten zu Grunde liegende "lufttechnische Projekt" vom 5. Jänner 1996 ebenso wie das "schalltechnische Projekt" vom 10. Jänner 1996 die Anzahl der Stellflächen am Parkplatz Ost (Parkdeck und Stellflächen im Freien) mit insgesamt 1165 angeben, wird - den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge - in der Projektunterlage "Parkebene 2" Nr. 1-02 vom 10. Mai 1996 eine Gesamtanzahl von 1228 Stellflächen genannt, ebenso in der Projektunterlage "Parkebene 3", Nr. 1-03 vom 10. Mai 1996. In der Projektunterlage "Parkebene 1" Nr. 1-05/A, vom 14. August 1996, die den Vermerk "Lösungsvariante - Nach Ablauf des Pachtvertrages" wird schließlich eine Gesamtanzahl von 997 Stellplätzen angegeben. In der - oben wiedergegebenen - Betriebsbeschreibung ist wiederum von insgesamt 1165 Stellplätzen die Rede.
Der erstbehördliche Bescheid verweist somit zur Umschreibung der der mitbeteiligten Partei genehmigten Änderung der Betriebsanlage auf einander in der - für die Beurteilung der zu erwartenden Immissionen und damit der Genehmigungsvoraussetzungen - wesentlichen Frage der Gesamtanzahl der Stellplätze widersprechende Projektunterlagen, ohne jedoch klarzustellen, welche Angaben die maßgeblichen seien.
Schon aus diesem Grund lässt der erstbehördliche Bescheidspruch nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit erkennen, welcher Änderung der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei die Genehmigung nun erteilt wurde.
Durch die Abweisung der dagegen erhobenen Berufungen erhob die belangte Behörde in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG den Spruch des erstbehördlichen Bescheides zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die dem Spruch des erstbehördlichen Bescheides anhaftende Rechtswidrigkeit trifft daher im übernommenen Umfang auch auf den angefochtenen Bescheid zu.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aus diesem Grund als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998040047.X00Im RIS seit
20.11.2000