TE Lvwg Erkenntnis 2019/1/2 VGW-001/042/16279/2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.01.2019
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Entscheidungsdatum

02.01.2019

Index

L46109 Tierhaltung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

TierhalteG Wr §13 Abs2
TierhalteG Wr §14 Abs1
TierhalteG Wr §14 Abs2
VStG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde der Frau A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 58, vom 29.10.2018, ZL. …, wegen Übertretung des § 5a Abs. 1 und 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 und 2 und § 13 Abs. 2 Z 13 Wiener Tierhaltungsgesetz zu Recht:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der nur gegen die Strafhöhe eingebrachten Beschwerde insoweit Folge gegeben, als zwar die verhängte Geldstrafe bestätigt wird, dagegen aber der gemäß § 14 Abs. 1 Wr. TierhalteG ausgesprochene Verfall des gegenständlichen Tieres aufgehoben wird.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der Spruch und die Begründung des gegenständlich bekämpften Straferkenntnisses lauten wie folgt:

„Sie haben seit dem 9.8.2016 bis am 09.11.2017 in Wien, C.-gasse, entgegen den Bestimmungen des Wiener Tierhaltegesetzes, den von Ihnen gehaltenen hundeführscheinpflichtigen Hund, American Staffordshire Terrier, Chipnr. …, ohne den erforderlichen Sachkundenachweis im Sinne der positiven Absolvierung der Hundeführscheinprüfung gehalten.

Da Sie trotz eines bereits durchgeführten rechtskräftigen Strafverfahrens, …, den Hundeführschein bis 09.11.2017 nicht absolviert haben, wird mit Rechtskraft dieses Bescheides der von Ihnen gehaltenen Hund (American Staffordshire Terrier, Chipnr. …) für verfallen erklärt.

Dieser Hund ist daher binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Bescheides im Tierquartier Wien, Süssenbrunnerstraße 10, 1220 Wien, abzugeben.

Sollten Sie diesem Auftrag nicht binnen 14 Tagen ab Rechtskraft entsprechen, so kann die Behörde dies mittels Zwangsstrafe gegen Sie durchsetzen.

„RECHTSKRAFT“ ist der Zeitpunkt nach Ablauf von 4 Wochen, vom nächsten Tag weg gerechnet, an dem Sie diesen Bescheid erhalten haben, oder ab dem Tag, an dem dieser Bescheid am Postamt für Sie zur Abholung hinterlegt wurde.

„VERFALLEN“ bedeutet, dass Sie das Eigentum an dem genannten Hund verlieren und dieser ins Eigentum der Stadt Wien übergeht.

Es steht Ihnen jedoch selbstverständlich das Rechtsmittel der Beschwerde (siehe: Rechtsmittelbelehrung) an das Verwaltungsgericht Wien offen. Diesfalls treten Rechtswirkungen erst mit einer rechtskräftigen Entscheidung DIESER Behörde für Sie ein.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5a Abs.1 und 2 iVm § 14 Abs. 1 und 2 und § 13 Abs. 2 Z. 13 Gesetz über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz), LGBI. für Wien Nr. 39/1987 in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von € 350,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Stunden

gemäß § 13 Abs. 2 Z. 13 Wiener Tierhaltegesetz

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 35,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe

(mindestens jedoch € 10,00 je Übertretung).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher € 385,00.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Gemäß § 14 Abs. 1 Wiener Tierhaltegesetz in der geltenden Fassung wird Ihr Hund, American Staffordshire Terrier, Chipnr. …, für verfallen erklärt.

Begründung:

Die der Beschuldigten zur Last gelegte und im Spruch näher ausgeführte Verwaltungsübertretung gelangte der erkennenden Behörde durch eine Anzeige der Magistratsabteilung 60-Vetermardienste und Tierschutz (MA 60) zur Kenntnis.

ln der Rechtfertigung hat die Beschuldigte im wesentlichen die Begehung der angelasteten Übertretung nicht bestritten.

Die Beschuldigte gab in der Stellungnahme an. dass sie bisher aus finanziellen und gesundheitlichen Gründen den Hundeführschein nicht machen konnte.

Sie habe sich jedoch mittlerweile angemeldet und am 21.12.2017 die Zulassung erhalten.

Am 19.1.2018 würde der Vorbereitungskurs beginnen, sie werden eine Kopie des Hundeführscheins übermitteln.

Rechtlich ist dazu Folgendes anzuführen:

Gemäß § 5a Z. 1 des Gesetzes über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz), LGBI. f. Wien Nr. 18/2018 idgF hat jede Person, die einen hundeführscheinpflichtigen Hund (Abs. 2) hält bzw. verwahrt, einen Sachkundenachweis im Sinne der positiven Absolvierung der Hundeführscheinfprüfung gemäß § 8 Abs. 8 zu erbringen.

Gemäß § 5a Z. 2 des Gesetzes über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz), LGBI. f. Wien Nr. 18/2018 idgF hat die Landesregierung durch Verordnung festzulegen, welche Hunde und Kreuzungen dieser Hunde untereinander bzw. mit anderen Hunden als hundeführscheinpflichtig gemäß Abs. 1 anzusehen sind.

Gemäß § 5a Z 4 des Gesetzes über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz), LGBI. F. Wien Nr 18/2018 idgF muss der Halter oder die Halterin die Hundeführscheinprüfung innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Haltung eines Hundes gemäß Abs. 1 positiv absolviert haben. Die Verwahrerin oder der Verwahrer muss ab Beginn ihrer oder seiner Tätigkeit die Hundeführscheinprüfung positiv absolviert haben.

Gemäß § 13 Abs. 2 Z. 13 des Gesetzes über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz), LGBI. f Wien Nr 18/2018 idgF begeht wer einen Hund gemäß § 5a Abs. 2 ohne den erforderlichen Sachkundenachweis (§ 5a Abs. 1) hält oder verwahrt eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen

Gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz), LGBI. f. Wien Nr. 18/2018 idgF können Tiere, auf die sich das strafbare Verhalten bezogen hat, und Gegenstände, die zur Begehung der strafbaren Handlung verwendet wurden, bei Ubertretungen des § 13 Abs. 2 Z. 1,2,10,11,12,13 und 15 unter den Voraussetzungen des § 17 VStG 1991 für verfallen erklärt werden.

Nach Anfrage teilte die MA60-Veterinärdienste per Schreiben vom 26.6.2018 mit, dass bis dato keine Hundeführscheinprüfung absolviert wurde.

Es wurde der Behörde auch keine Kopie eines Hundeführscheins seitens der Beschuldigten übermittelt.

Die Behörde sah keinen Grund, den klaren und in sich widerspruchslosen Ausführungen der an den Diensteid gebundenen und somit einer qualifizierten Wahrheitspflicht unterliegenden Anzeigenleger keinen Glauben zu schenken, zumal die Rechtfertigung der Beschuldigten im Gegensatz dazu nicht der Wahrheitspflicht unterliegt.

Die Behörde hat dazu erwogen, dass auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens die Verwaltungsübertretung jedoch als erwiesen anzusehen ist.

Die Beschuldigte hat auch weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass ihr die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden nicht möglich war; es war daher die Verschuldensfrage im Sinne des § 5 VStG zu bejahen.

Bei der vorliegenden Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Zur Bemessung der Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgrunde, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrech.es sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-,Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung ging die Behörde davon aus, dass das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung der Interessen, die durch die übertretene Verwaltungsvorschrift geschützt werden sollen, nicht unbeträchtlich war.

Auf die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten wurde bei der Strafbemessung Bedacht genommen, die Strafe wurde so bemessen, dass der notwendiger Lebensunterhalt nicht gefährdet erscheint.

Bei der Strafbemessung wurde eine einschlägige Vorstrafe erschwerend gewertet, mildernd war kein Umstand.

Unter Berücksichtigung aller Strafzumessungsgründe ist die verhängte Strafe nicht zu hoch bemessen.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte zwingende Bestimmung des Gesetzes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

In der gegen dieses Straferkenntnis eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht wie folgt:

„In dieser Straferkenntnis wurde mein Hund (American Staffordshire Terrier, Chipnr.: …) für verfallen erklärt, da ich bi zum Zeitpunkt der Anfrage von Ihnen bei der MA60-Veterinärdienst den verpflichtenden Hundeführerschein noch nicht absolviert habe.

Es war mir leider auf Grund meiner familiären und privaten Situation einfach bis zu dem Zeitpunkt nicht möglich.

Mittlerweile habe ich den Hundeführerschein am 28.11.2018 positiv absolvieren können und bitte Sie darum von ganzem Herzen um die Einstellung des VERFALL-Verfahrens und somit um die Möglichkeit unser haariges Familienmitglied bei uns behalten zu dürfen.

Diese enorme Verzögerung war keine mutwillige Missachtung des Gesetzes und es lag auch nicht an mangelnder Ernsthaftigkeit meinerseits, ich habe es einfach nicht alles unter einen Hut gebracht, da ich alleinerziehend mit zwei Kindern bin.

Bezüglich der verhängten Geldstrafe, würde ich Sie um eine Ratenzahlung bitten, da ich den gesamten Betrag auf einmal sehr schwer aufbringen kann.“

Als Beilage übermittelte die Beschwerdeführerin ein Schreiben der Magistratsabteilung 60 vom 4.12.2018, in welchem diese bestätigte, dass die Beschwerdeführerin am 28.11.2018 den Hundeführschein für den gegenständlichen Hund absolviert hatte.

Dieser Beschwerde war zudem das Schreiben von Frau Mag. Dr. G. in deren Eigenschaft als Verhaltensbiologin und Hundeverhaltensberaterin sowie als Prüferin für den verpflichtenden Wiener Hundeführschein vom 15.11.2018 beigeschlossen worden, in welcher diese vorbrachte wie folgt:

„Frau B. ist seit 19.01.2018 mit ihrem Hund T. (American Staffordshire Terrier, 5 Jahre) bei mir im Training für die Vorbereitung zur Absolvierung des verpflichtenden Wiener Hundeführscheins. Seit dem haben 3 Trainingseinheiten stattgefunden. Sie war in den Trainings stets bemüht und konnte ihren Hund sicher im Straßenverkehr führen.

Frau B. ist bereits die vierte Besitzerin von T.. Er ist ein unsicherer Rüde, der viele Ängste mitbringt und dementsprechend draußen leicht überfordert ist. Daher und aufgrund von privaten Gründen bei Frau B. wurde bisher noch keine Wiener Hundeführscheinprüfung abgelegt. Eine Abnahme des Hundes wäre für den Hund mit großer Wahrscheinlichkeit traumatisierend. Daher empfehle ich Frau B. noch die Möglichkeit zu geben den Wiener Hundeführschein zu absolvieren und T. in ihrer Familie zu behalten. Aufgrund seiner Unsicherheit wird T. möglicherweise ein Langzeitinsasse im Tierquartier werden, obwohl er ein wirklich liebenswerter, freundlicher und Menschen gegenüber sehr aufgeschlossener Hund ist.“

Aus dem der Beschwerde beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist nicht ersichtlich, aufgrund welchen Beweismittels die belangte Behörde davon ausging, dass die Beschwerdeführerin die Halterin gegenständlichen Hundes ist, und dass dieser zur im Spruch angeführten Rasse gehört, und mit der im Spruch angeführten Chipnummer versehen ist. Auch ergibt sich keinerlei Hinweis, warum die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt ist, dass die Beschwerdeführerin bis zur Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses bzw. im angelasteten Zeitraum über keinen Hundeführschein für diesen Hund verfügt hat.

Vielmehr erliegt nur ein Schreiben der Magistratsabteilung 60 vom 9.11.2017 im Akt, in welchem ohne jeglichen Beleg ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Hund seit dem 9.8.2016 halte, und bislang für diesen noch keinen Hundeführschein absolviert hat.

Weiters befindet sich im Akt lediglich eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.11.2017, in welcher der Beschwerdeführerin der im Spruch angelastete Sachverhalt zur Kenntnis gebracht wurde, und dieser die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden ist.

Zudem erliegt im Akt ein Protokoll der Einvernahme der Beschwerdeführerin am 16.1.2018, in welcher diese vorbrachte, dass diese aus finanziellen und gesundheitlichen Gründen bislang nicht in der Lage gewesen sei, für den gegenständlichen Hund den Hundeführschein zu absolvieren. Auch gab diese an, am 21.12.2017 eine Zulassung zum Hundeführschein erhalten zu haben, und dass der Vorbereitungskurs am 19.1.2018 beginne.

DAS VERWALTUNGSGERICHT WIEN HAT ERWOGEN:

Infolge der erfolgten Beschwerde ausschließlich gegen die Strafhöhe ist seitens des erkennenden Gerichts auf die in der Schuldfrage ergangene erstinstanzliche Entscheidung nicht mehr einzugehen, sondern ausschließlich die von der Erstinstanz vorgenommene Strafbemessung zu überprüfen (vgl. VwGH 22.2.1990, 89/09/0137; 14.11.1997, 97/02/0232).

§ 5a Abs. 1, 2 und 9 Wr. TierhalteG samt Überschrift in der anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 5/2015 lautet wie folgt:

„Haltung von hundeführscheinpflichtigen Hunden

(1) Jede Person, die einen Hund hält bzw. verwahrt, der bei unsachgemäßer Haltung bzw. Verwahrung ein erhöhtes Potential hat, Menschen oder Tiere zu verletzen, hat einen Sachkundenachweis im Sinne der positiven Absolvierung der Hundeführscheinprüfung gemäß § 8 Abs. 8 zu erbringen. (…)

(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung festzulegen, welche Hunde und Kreuzungen dieser Hunde untereinander bzw. mit anderen Hunden als hundeführscheinpflichtig gemäß Abs. 1 anzusehen sind.

(9) Wird ein Hund gemäß Abs. 2 ohne den erforderlichen Sachkundenachweis gehalten, so hat die Behörde den Hund bei Vorliegen erschwerender Umstände auf Kosten und Gefahr des Halters bzw. der Halterin abzunehmen und ist dieser als verfallen anzusehen. Wird ein Hund gemäß Abs. 2 ohne den erforderlichen Sachkundenachweis verwahrt, so hat die Behörde den Hund bei Vorliegen erschwerender Umstände auf Kosten und Gefahr des Halters bzw. der Halterin abzunehmen und dem Halter bzw. der Halterin zurückzustellen, sofern dieser bzw. diese über die notwendigen Voraussetzungen verfügt. Ist dies nicht der Fall, ist der Hund als verfallen anzusehen.

§ 13 Abs. 2 Z 13 Wr. TierhalteG samt Überschrift in der anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 5/2015 lautet wie folgt:

Strafbestimmungen

„(2) Wer ..

     13. einen Hund gemäß § 5a Abs. 2 ohne den erforderlichen Sachkundenachweis (§ 5a Abs. 1) hält oder verwahrt, …

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen.“

§ 14 Wr. TierhalteG samt Überschrift in der anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 39/1987 lautet wie folgt:

„Verfall

§ 14. (1) Tiere, auf die sich das strafbare Verhalten bezogen hat, und Gegenstände, die zur Begehung der strafbaren Handlung verwendet wurden, können bei Übertretung des § 13 Abs. 2 Z 1, 2, 10, 11, 12, 13 und 15 unter den Voraussetzungen des § 17 VStG 1991 für verfallen erklärt werden.

(2) Hunde können unter den Voraussetzungen des § 17 VStG 1991 bei Vorliegen besonders erschwerender Umstände in den Fällen von Übertretungen des § 13 Abs. 2 Z 3 bis 9 sowie 14 für verfallen erklärt werden.“

§ 17 VStG lautet wie folgt:

„(1) Sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, dürfen nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

(2) Gegenstände, die nach Abs. 1 verfallsbedroht sind, hinsichtlich deren aber eine an der strafbaren Handlung nicht als Täter oder Mitschuldiger beteiligte Person ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht nachweist, dürfen nur für verfallen erklärt werden, wenn die betreffende Person fahrlässig dazu beigetragen hat, dass mit diesem Gegenstand die strafbare Handlung begangen wurde, oder bei Erwerb ihres Rechtes von der Begehung der den Verfall begründenden strafbaren Handlung wusste oder hätte wissen müssen.

(3) Kann keine bestimmte Person verfolgt oder bestraft werden, so kann auf den Verfall selbständig erkannt werden, wenn im Übrigen die Voraussetzungen dafür vorliegen. Die Zustellung solcher Bescheide kann auch durch öffentliche Bekanntmachung bewirkt werden.“

Gemäß § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festlegung von hundeführscheinpflichtigen Hunden gilt ein American Staffordshire Terrier als hundeführerscheinpflichtig.

Festgehalten wird, dass aufgrund des vorliegenden Akteninhalts, welcher von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden ist, der Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt anzusehen ist. Strittig ist aber, ob der als einzige Strafe ausgesprochene Verfall als rechtmäßig anzusehen ist.

Der von der belangten Behörde herangezogene Ausspruch des Verfalls des Hundes wurde auf die §§ 5a Abs. 1 und 2 i.V.m. § 13 Abs. 2 Z 13 sowie § 14 Abs. 1 Wiener Tierhaltegesetz gestützt. Es handelt sich dementsprechend um keinen Verfall gemäß § 5a Abs. 9 leg. cit., wozu der Behörde auch keine Kompetenz zukäme, da es sich bei dieser Maßnahme um einen im Konnex mit der Abnahme des Tieres stehende Rechtsfolge handelt, die ex lege eintritt (vgl. dazu auch die Materialien zu LGBl. 29/2010, Beilage 4/2010).

Nach der Rechtsordnung kann ein Verfallausspruch als bloße Sicherungsmaßnahme oder als Strafe erfolgen. Welche der beiden Erscheinungsformen des Verfalls vorliegt, ist anhand der jeweiligen Materiengesetze zu ermitteln (vgl. Weilguni, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG², Rz. 1). Der Verfall als Strafe kann als Hauptstrafe (vgl. VwGH vom 21.11.2000, Zl. 2000/05/0240) oder als Nebenstrafe (vgl. VwGH vom 26.02.2007, Zl. 2005/10/0011) ausgestaltet sein.

Zwar liegt im gegenständlichen Fall eine Verwaltungsübertretung vor, was den Ausspruch des Verfalls als Strafe denkbar macht, doch ist aufgrund der Formulierung der maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Tierschutzgesetzes der Ausspruch des Verfalls als Hauptstrafe (ohne gleichzeitigen Ausspruch einer Geldstrafe) im gegenständlichen Fall aber nicht möglich. Dies ergibt sich daraus, dass § 13 Abs. 2 Wiener Tierhaltegesetz als Strafe lediglich eine Geldstrafe von bis zu 20.000 Euro vorsieht. Der Verfall ist demgegenüber in einer weiteren Bestimmung geregelt. Aus diesem Aufbau des Wiener Tierhaltegesetzes kann gefolgert werden, dass der Verfall nur als zusätzliche Nebenstrafe verhängt werden kann und nicht anstelle einer Geldstrafe; woraus schon ein Indiz abzuleiten ist, dass der Fall nicht ausschließlich einen pönalen Zweck verfolgen kann.

Darüber hinaus darf nach der höchstgerichtlichen Judikatur ein selbständiger Verfall (d.h. ein Verfall als selbständige Maßnahme) nur dann ausgesprochen werden, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 VStG vorliegen oder es sich bei dem jeweils gesetzlich gesondert geregelten Verfall um eine bloße Sicherungsmaßnahme, nicht aber (auch) um eine Nebenstrafe handelt (VwGH 26.2.2007, Zl. 2005/10/0011, VwGH 8.6.2005, Zl. 2003/03/0084, VwGH 28.2.1996, Zl. 94/03/0263, VwGH 24.10.1990, Zl. 90/03/0152).

Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 VStG schon deshalb nicht vor, weil keine Gründe im Sinne dieser Bestimmung erkennbar sind, die eine Verfolgung oder Bestrafung der nunmehrigen Beschwerdeführerin von vornherein ausschließen würden, weshalb eine Anwendung dieser Bestimmung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt (vgl. VwGH 24.10.1990, Zl. 90/03/0152).

Aus den Bestimmungen des Wiener Tierhaltegesetzes ergibt sich wiederum, dass der in § 14 Abs. 1 Wiener Tierhaltegesetz vorgesehene Verfall nicht eine bloße Sicherungsmaßnahme darstellt (und daher der Verfall nicht bloß administrativrechtlicher Natur ist), sondern, wie bereits erörtert, als Nebenstrafe konzipiert ist. Für diese Auslegung spricht zum einen die Bestimmung des § 8 Abs. 5 Wiener Tierhaltegesetz, wonach die Behörde zur Beseitigung von – näher genannten - Gefahren, Gefährdungen und Belästigungen die „erforderlichen“ Aufträge erteilen kann, die ebenfalls eine Abnahme und sichere Verwahrung des Tieres erlauben, welche diesfalls aber nicht an eine Verwirklichung eines Straftatbestands anknüpfen. Vor dem Hintergrund des Wortlautes und des Zwecks dieser Bestimmung des § 8 Abs. 5 sind die darin vorgesehenen Maßnahmen – im Gegensatz zu dem in § 14 geregelten Verfall - als bloße Sicherungsmaßnahmen konzipiert und daher ausschließlich administrativrechtlicher Natur. Demgegenüber knüpft § 14 Abs. 1 Wiener Tierhaltegesetz beim Ausspruch des Verfalls ausdrücklich daran an, dass eine „Übertretung des § 13 Abs. 2“ vorliegt, woraus ebenfalls der Schluss zu ziehen ist, dass dem Verfall auch ein Strafcharakter zukommt. Des Weiteren wird der Verfall im angefochtenen Straferkenntnis ausdrücklich als Strafe (Nebenstrafe) festgesetzt.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeiten des Täters sind nur bei der Bemessung der Geldstrafe, nicht aber der Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. April 2011, Zl. 2009/16/0099).

Die der Bestrafung zugrundeliegende Handlung schädigte das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der öffentlichen Sicherheit und am Schutz von Leib und Leben, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat (daher gegenständlich Unterlassung) an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig zu bewerten war.

Als erschwerend war die lange Dauer der gesetzwidrigen Haltung des gegenständlichen Hundes ohne Hundeführschein zu werten und eine einschlägige Vorverurteilung zu werten.

Als mildernd wurde kein Umstand berücksichtigt.

Das Ausmaß des Verschuldens kann im vorliegenden Fall in Anbetracht der offensichtlichen Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und der beschwerdeführenden Partei zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig bezeichnet werden, da weder hervorgekommen, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift durch die beschwerdeführende Partei im konkreten Fall eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Im gegenständlichen Verfahren ist zu aller erst zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 14 leg. cit. für die Verhängung der Nebenstrafe des Verfalls des gegenständlichen Hundes zum Zeitpunkt der gegenständlichen Gerichtsentscheidung (noch) vorliegen.

Dazu ist auszuführen, dass auch die Verhängung einer als Nebenstrafe ausgesprochenen Verfallsstrafe i.S.d. § 17 Abs. 1 VStG entsprechend des einem Verfallsausspruch grundsätzlich innewohnenden Sicherungszwecks nicht bloß einen pönalen Zwecke verfolgt, sondern auch einer Sicherungsfunktion dient. Nicht nur eine bloß einem Sicherungszweck dienende administrativrechtliche Erlassung des Ausspruchs eines administrativrechtlichen Verfalls, sondern auch ein auf § 17 VStG ausgesprochener Verfall als Strafe hat daher zwingend zumindest auch einen Sicherungszweck zu verfolgen; und fällt sohin die Zulässigkeit der Verfügung eines nicht als Hauptstrafe zulässiger Weise verhängten Verfallsausspruchs jedenfalls dann weg, wenn ein allfälliger Verfallsausspruch keinerlei Sicherungszweck mehr erfüllen würde.

Genau diese Konstellation des Wegfalls des für den Verfall des gegenständlichen Tieres erforderlichen Sicherungszwecks ist nach der Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses, aber noch vor der Einbringung der gegenständlichen Beschwerde weggefallen. Da für die Strafbemessung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung der Rechtsmittelentscheidung maßgeblich ist, war daher der gegenständliche Verfallsausspruch jedenfalls aus diesem Grund zu beheben, sodass es dahingestellt bleiben kann, ob die Voraussetzungen für den gegenständlichen Verfallsausspruch zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses gegeben gewesen waren.

Die Geldstrafe war dagegen in Anbetracht der beiden obangeführten bei der Strafbemessung zur berücksichtigenden Erschwerungsgründe nicht herabzusetzen.

Aus den angeführten Gründen erscheint selbst unter Annahme eines geringen monatlichen Einkommens, bei gleichzeitig vorliegender Vermögenslosigkeit und bestehenden Sorgepflichten das nunmehr verhängte Strafausmaß durchaus als angemessen und nicht als überhöht.

Die Verhängung einer Geldstrafe ist im Übrigen auch dann gerechtfertigt, wenn der Bestrafte kein Einkommen bezieht (vgl. VwGH-E vom 6.12.1965, Zl. 926/65).

Angesichts der bisherigen Darlegungen war sohin die Geldstrafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen.

Gemäß § 16 Abs. 2 letzter Satz VStG ist die Ersatzfreiheitsstrafe ohne Bedachtnahme auf § 12 VStG nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.

Die Ersatzfreiheitsstrafe war sohin in Anbetracht der bereits genannten Strafzumessungsgründe um das nunmehr im Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen.

Eine weitere Strafherabsetzung kam unter Bedachtnahme auf die vorangeführten Strafbemessungsgründe, die general- und spezialpräventive Funktion einer Verwaltungsstrafe und den Strafsatz nicht in Betracht.

Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Verfall; Sicherungsmaßnahme; Hauptstrafe; Nebenstrafe; Verwaltungsübertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.001.042.16279.2018

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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