TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/22 W265 2109434-1

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Veröffentlicht am 22.10.2018
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Entscheidungsdatum

22.10.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W265 2109434-1/30E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom XXXX , mit welchem der Antrag auf Vornahme der der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.09.2017 gemäß § 28 VwGVG zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer wurde (erstmals) am 09.03.2012 ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" befristet bis 31.05.2013 ausgestellt. Dem Beschwerdeführer wurde ebenso ein Ausweis gemäß § 29b StVO ausgestellt.

Am 28.11.2014 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Verlängerung des befristeten Behindertenpasses unter Verwendung des Formularvordrucks sowie einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung". Er legte dabei ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und orthopädischer Chirurgie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 13.02.2015 basierenden Gutachten vom 11.03.2015 eines Facharztes für Orthopädie und orthopädischer Chirurgie, wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"Anamnese:

Seit Jänner 2013 keine Unfälle und Operationen am Bewegungsapparat.

Antrag auf Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel".

Derzeitige Beschwerden:

Belastungsschmerzen im rechten Bein beim Gehen. Beim Gehen werden auch Belastungsschmerzen in der Brustwirbelsäule mit gürtelförmiger Ausstrahlung. Belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der linken Großzehe.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Kleidung, normaler Schuh.

An- und Auskleiden selbstständig, ohne Fremdhilfe, mittelrasch. Beim An- und Auskleiden die Überkopffunktion der oberen Extremität nicht eingeschränkt. Hüftbeugung, Kniebeugung leicht über 90 Grad beim Hose An- und Ausziehen.

Guter AZ und EZ, adipös. Rechtshänder.

Klinischer Status - Fachstatus:

WS ges.: Im Lot, verstärkte phys. Krümmung mit Rundrücken, Becken-Schultergeradstand. Symmetrische Muskulatur, keine Atrophien.

HWS: S 10/0/10, R je 50, F je 20, Trapeziusdruckschmerz bds.

BWS: Rundrücken, R je 10, Ott 30/32.

LWS: FBA +50cm, Reklination 5 Grad, Seitneigen je 10, Druckschmerz L4-S1.

Peripher neurol.:

Sensibilitätsabschwächung im re. Bein ohne Dermatomzuordnung, die Kraft ist hier diskret abgeschwächt im Seitenvergleich. Hirnnerven frei. Mittellebhafte Muskeleigenreflexe. Kraft, Koordination der OE symmetrisch und seitengleich.

OE: Rechtshänder. Normale Achse, normale Gelenkkonturen, keine Muskelatrophien. Mittelkräftige Muskulatur, Durchblutung, Sensibilität seitengleich, symmetrische Gebrauchspuren. Handgelenkspulse gut tastbar.

Schulter bds.: S 50/0/110, F 110/0/10, Rotation frei.

Ellbogen bds.: S 0/0/1 30, R je 80, bandfest.

Handgelenke bds: S je 70, Radial- und Ulnarduction frei.

Langfinger bds.: Frei beweglich.

Schürzen- Nackengriff: Langsam aber gut möglich.

Kraft- Faustschluss: Seitengleich.

UE: Normale Beinlänge, normale Achse. Seitengleiche Muskulatur, keine Atrophien. Fußpulse gut tastbar.

In der Untersuchungssituation Abwehrspannung, dadurch eingeschränkte Beurteilbarkeit der Gelenkbeweglichkeit. Beim An- und Auskleiden ist sowohl in Hüft- als auch im Kniegelenk eine Beugung über 90 Grad problemlos möglich.

Hüfte re.: S 0/0/80, R je 10, F je 10.

Hüfte li.:S 0/0/90, R je 20, F je 20.

Knie bds.: S 0/0/130, bandfest, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, gutes Patellaspiel, Zohlenzeichen negativ.

OSG und USG: Frei beweglich, bandfest.

Mäßiggradiger Spreizfuß mit Hallux rigidus links mit einer Großzehenbeweglichkeit von S 5/0/10 bei bandstabilen Verhältnissen.

Mittelfuß und Fußwurzel keine Dekompensationszeichen.

Rechts: mäßiggradiger Senk- Spreizfuß ohne Dekompensationszeichen, keine wesentlichen Schwielenbildungen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Mittelschrittig, ohne Hinkkomponente. Einbeinstand ist sicher möglich. Zehen- Fersenstand wird nicht durchgeführt.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Degenerativer Wirbelsäulenschaden mit Betonung der unteren LWS

2

Cervicolumbalsyndrom mit Punctum Maximum L5/S1 rechts

3

Degenerative posttraumatische Gelenkveränderungen

4

Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

5

Arterieller Bluthochdruck

6

Belastungsreaktion

Begründung:

Bei dem 59jährigen findet sich eine deutliche einsegmentale Abnützung bei Wirbelgleiten im Segment L5/S1 sowie einer geringen Anschlussdegeneration der benachbarten Segmente.

Funktionell bedingt dies eine mäßiggradige Einschränkung der unteren

LWS.

Weiters ist durch ein chronisches Schmerzbild aufgrund von immer wiederkehrenden Überlastungsmuskelverspannungen die Funktion der HWS bei bestehender Fehlhaltung der HWS und BWS geringgradig eingeschränkt.

Relevante Achsabweichungen oder eine maßgebliche neurologische Defizitsymptomatik finden sich nicht.

An der oberen Extremität sind die großen Gelenke seitengleich beweglich, die Kraftentwicklung ist regelrecht und es zeigen sich keine Ausfallserscheinungen.

An der unteren Extremität sind die großen Gelenke seitengleich beweglich.

An den Füßen findet sich eine Abnützung des linken Großzehengrundgelenkes und eine kompensierte Spreizfußfehlstellung beider Seiten. Durch eine geeignete orthop. Schuhversorgung (veranlasst durch den behandelnden Orthopäden Dr. D.) ist dies gut kompensierbar und führt zu keiner maßgeblichen Einschränkung der Gehleistung.

Zusammenfassend ergibt sich durch die Funktionsbehinderungen am Bewegungsapparat eine geringe Einschränkung der Steh-, Geh- und Sitzleistung.

Die Überkopffunktion an der oberen Extremität und Greiffunktion der Arme sind nicht eingeschränkt.

Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

1. Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Es sind keine Funktionsbehinderungen am Bewegungsapparat fassbar, die eine höhergradige Funktionseinschränkung bedingen.

2. Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein"

Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs vom 23.03.2015 zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom 12.04.2015 wendete der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, dass seine orthopädischen Leiden, insbesondere die Einschränkungen im Wirbelsäulenbereich, nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.

Der Sachverständige Dr. M., Facharzt für Orthopädie und orthopädischer Chirurgie, nimmt im ärztlichen Sachverständigengutachten vom 24.04.2015 dazu folgendermaßen Stellung:

"Die beschriebenen Symptome im Bereich der Wirbelsäule und die dazu entsprechenden Abnützungszeichen, die bildgebend dokumentiert sind, erklären die geschilderten und auch im Rahmen der Untersuchung festgestellten Funktionsbehinderungen.

Der Grad der radiologischen Abnützung ist aber nicht auf das Ausmaß der Funktionsbehinderung ableitbar.

Die vorliegenden Befunde stellen lediglich Hilfsbefunde dar, die in Zusammenschau mit der klinischen Funktion und Symptomatik zu beurteilen sind. Durch das Wirbelsäulen-leiden ist daher, wie in der Begründung bereits erwähnt, eine Einschränkung der maximalen Gehleistung zu erwarten.

Im Bereich der Füße liegt eine suffiziente orthopädische Schuhversorgung vor.

Eine geeignete und orthopädische Schuhversorgung ist ein Hilfsmittel um Steh- und Gehfähigkeit zu verbessern.

Höhergradige, d. h. schwere Abnützungszeichen, schwere Funktionsbehinderungen, Achsfehlstellungen, Gelenkfehlstellungen, Muskelathrophien, sowie Zeichen einer Überlastung in Form von ausgeprägten Schwielenbildungen konnten im Rahmen der aktuellen Untersuchung nicht festgestellt werden.

Derartige Veränderungen sind auch aus der Aktenlage nicht ableitbar.

In Zusammenschau und unter Berücksichtigung der Einwendungen ergibt sich keine Änderung der Beurteilung. Es ist von einem Dauerzustand auszugehen."

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.06.2015 wurde der Beschwerdeführer bezugnehmend auf die positive Erledigung seines Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zur Vorlage eines Lichtbildes/Passfotos ersucht.

Mit angefochtenem Bescheid vom 29.05.2015 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. In der Begründung des Bescheides werden im Wesentlichen die Ausführungen des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 11.03.2015 und die Ausführungen in der Stellungnahme des Sachverständigen vom 24.04.2015, welche als schlüssig erachtet werden, wiedergebgeben.

Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.06.2015 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wird unter Vorlage eines Konvoluts von Unterlagen und medizinischer Beweismittel im Wesentlichen vorgebracht, der Beschwerdezustand der Gehbehinderung habe sich seit 2011 zunehmend verschlechtert. Gründe seien u.a. neurologisch nachgewiesenen Ausfallserscheinungen in den Beinen sowie in den Armen, Drehschwindelattacken bei rascher Kopfbewegung und massive thorakale Schmerzen und vermehrte Brustkyphosen, massive thorakale Schmerzen sowie Hyp- und Parästhesien im Bereich Thorax. Er sei auf Grund der Schmerzen durch die radikuläre Symptomatik LWK 5 mit pseudoradikulären Symptomen LWK 4 bds LWK 5 links mit massiver Funktionsblockierung im unteren Bereich gezwungen, selbst auf kurzen Strecken (unter 100 Meter) permanente Pausen einzulegen und sei nur unter Aufwendung überdurchschnittlicher Kraftanstrengung und großen Schmerzen in der Lage, sich fortzubewegen.

Aufgrund der Einwendungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde ersuchte das Bundesverwaltungsgericht um Erstellung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Orthopädie. In dem auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.09.2015 basierenden unfallchirurgischen/ allgemeinmedizinischen Gutachten vom 23.10.2015 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"STATUS:

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel rechts geringgradig höherstehend, symmetrische Muskelverhältnisse.

Bewegungsschmerzen werden in der rechten Schulter angegeben, geringgradig Druckschmerz im Ansatzbereich der Rotatorenmanschette rechts, kein schmerzhafter

Bogen.

Fingergelenke äußerlich unauffällig, keine Achsenabweichung, keine

Bewegungseinschränkung, keine akute entzündliche Aktivität. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Bei der Prüfung des Bewegungsumfangs hochgradige Abwehrspannung.

Aktive Beweglichkeit: Schultern F und S beidseits 0/60, Rotation beidseits zur Hälfte eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich proximal und distal KG 5/5, Tonus und Trophik unauffällig Nackengriff bis zum Ohr beidseits, Schürzengriff bis zum ISG beidseits.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang werden beidseits nicht durchgeführt. Der Einbeinstand ist ohne Anhalten beidseits kurz möglich. Die tiefe Hocke wird nicht durchgeführt.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Vorfuß links: Großzehengrundgelenk umfangsvermehrt, dorsomedian eine Schwiele,

Bewegungsschmerzen, geringgradig Hallux valgus links.

Senkspreizfuß beidseits.

Bewegungsschmerzen werden im Bereich beider Hüften angegeben, rechts mehr als links.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Bei der Prüfung des Bewegungsumfangs hochgradige Abwehrspannung.

Aktive Beweglichkeit: Hüften rechts S O/80, links 0/90, IR/AR beidseits 10/0/20, Knie rechts 0/0/120, links 0/0/130, Sprunggelenke sind seitengleich frei beweglich, Beweglichkeit GZGG links zur Hälfte eingeschränkt, sonst freie Beweglichkeit.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist rechts bis 20°, links bis 40° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, geringgradig Rundrücken, sonst regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet.

Mäßig Hartspann im Bereich der Schulter-und Nackenmuskulatur, geringgradig paralumbal. Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule angegeben, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in F 20/0/20, R 40/0/40, Kinn/Jugulum Abstand 4/10

BWS/LWS: FBA: 50 cm, F und R im Bereich der BWS und LWS jeweils 5 0 vorgeführt.

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich auslösbar. Bei der Prüfung des Bewegungsumfangs hochgradige Abwehrspannung.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit orthopädischen Schuhen mit einem Gehstock, locker rechts geführt, das Gangbild ist hinkfrei, zügig, elastisch und unauffällig.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig, bis auf die Schuhe, im Sitzen durchgeführt.

Psychopathologischer Status:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage klagsam.

Diagnosenliste:

1) degenerative Wirbelsäulenschaden mit Betonung der unteren LWS

2) Cervicolumbalsyndrom mit Punctum Maximum L5/S1 rechts

3) degenerative posttraumatische Gelenksveränderungen

4) nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus

5) arterielle Bluthochdruck

6) Belastungsreaktion

1) Ersucht wird um ausführliche Stellungnahme zu den Einwendungen und vorgelegten medizinischen Beweismittel. Bedingen diese Befunde eine abweichende Beurteilung der bisherigen Einschätzung?

Die im Berufungsverfahren vorgelegten Befunde aus den Jahren 2011 - 2015 sind teilweise ident mit den im Gutachten 1. Instanz bereits vorgelegten Befunden. Dokumentiert sind Abnützungserscheinungen im Bereich der Hals-und Lendenwirbelsäule mit Olisthesis L5/S1. Die Angaben über das Ausmaß des Wirbelgleitens variieren in den im gesamten Akt zur Verfügung gestellten Unterlagen zwischen 6 mm und 15 mm. Auch die Angaben über ein etwaiges radikuläres Defizit variieren, sodass keine eindeutige Aussage über ein neurologisches Defizit den Befunden zu entnehmen ist.

Die weiteren Befunde aus den Bereichen HNO und interne Medizin belegen kein einschätzungsrelevantes Leiden.

Sämtliche in der 2. Instanz vorgelegten Befunde bringen keine neuen Erkenntnisse.

Insbesondere konnte kein Nachweis über einen intensiveren Behandlungsbedarf, zum Beispiel ambulante oder stationäre Schmerztherapie oder Physiotherapie bzw. gesteigerten Medikamentenbedarf, erbracht werden.

Im aktuellen orthopädischen Status findet sich kein neurologisches Defizit. Die vorgeführte Beweglichkeit, deutlich überlagert von einer intensiven Abwehrspannung, kann nur mit Vorbehalt für die Beurteilung der Beweglichkeitseinschränkung der Extremitäten und der Wirbelsäule herangezogen werden. Die höhergradige Bewegungseinschränkung sämtlicher geprüfter Gelenke steht auch im Widerspruch zu der weitgehend unauffälligen Beweglichkeit beim Betreten des Untersuchungszimmers und in der gesamten Begutachtungssituation.

Das beobachtete Gangbild ist hinkfrei, zügig, elastisch und unauffällig.

Die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel stützt sich in erster Linie auf Funktionseinschränkungen, welche im Rahmen der orthopädischen Untersuchung festzustellen sind:

Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken.

Die eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der Lendenwirbelsäule ohne neurologisches

Defizit führt zwar zu einer Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des

Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie-und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet ist.

Durch das Tragen von orthopädischen Schuhen aufgrund Arthrose im Bereich des linken Großzehengrundgelenks und Senkspreizfuß beidseits kann eine gute Gehleistung erzielt werden, siehe unauffälliges Gangbild

Im Bereich der oberen Extremitäten liegen keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, das Erreichen von Haltegriffen und das Festhalten ist nicht eingeschränkt.

Kraft und Koordination sind ebenfalls zufriedenstellend und stellen kein Hindernis dar. Die Verwendung einer Gehhilfe ist zweckmäßig, steigert durch die vermehrte Sicherheit die Gehleistung und erschwert die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht in hohem Maß.

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor.

Insgesamt ist daher durch das mäßiggradige objektivierbare Ausmaß der Einschränkung des Gehvermögens eine erhebliche Erschwernis der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht begründbar.

Sämtliche im Berufungsverfahren vorgelegten Befunde aus den Jahren 2011 - 2015 bedingen keine Abweichung von der bisherigen Einschätzung.

2) Die Beurteilung weicht nicht vom bisherigen Ergebnis ab.

3) Ersucht wird um die Beurteilung der Schmerzen (Art und Ausmaß), die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer verbunden sind:

Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft gibt es keine Methode, Art und Ausmaß der

Schmerzen eindeutig zu objektivieren. Indirekte Hinweise lassen sich aus Gangbild, orthopädischem Status und Behandlungserfordernis bzw. Bedarf an Medikamenten schließen.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, radiologisch dokumentiert, führen jedoch zu keiner höhergradigen Gangleistungsminderung bzw. Gangbildbeeinträchtigung, ein radikuläres neurologisches Defizit liegt nicht vor, das festgestellte Gangbild ist unauffällig. Der Bedarf an Medikamenten beschränkt sich laut

Angabe auf Parkemed und Voltaren bei Bedarf.

Behandlungsbestätigungen von regelmäßigen therapeutischen Interventionen, physikalischen Behandlungen oder Rehabilitationsverfahren liegen nicht vor.

Ein Ausmaß der Schmerzen, welches das Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel nicht zulässt, ist nicht nachvollziehbar."

Mit Schreiben vom 02.11.2015 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde das genannte Gutachten sowie die in 1. Instanz eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten vom 11.03.2015 und 24.04.2015 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesen die Möglichkeit ein, bis längstens 23.11.2015 dazu Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 16.11.2015 wendete der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, dass weder seine in der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen noch die vorgelegten medizinischen Beweismittel ausreichend gewürdigt worden seien. Auch sei es ihm aufgrund des knappen Zeitfensters nicht möglich gewesen, einen Untersuchungstermin bei einem gerichtlich beeideten Sachverständigen zu erwirken.

Mit Schreiben vom 21.06.2016 wurde der Beschwerdeführer ersucht, dem Bundesverwaltungsgericht sämtliche in der Zwischenzeit neu eingeholte Befunde zu übermitteln.

Mit Schreiben vom 18.07.2016 legte der Beschwerdeführer ein Konvolut medizinischer Beweismittel vor.

Aufgrund der Einwendungen des Beschwerdeführers sowie der vorgelegten medizinischen Beweismittel ersuchte das Bundesverwaltungsgericht um Erstellung eines ergänzenden Sachverständigenbeweises.

In dem auf der Aktenlage basierenden unfallchirurgischen/allgemeinmedizinischen Gutachten vom 28.02.2017 wurde Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben - ausgeführt:

"SACHVERHALT:

Im Zuge des Parteiengehörs vom 16. 11. 2015 werden in weitere Einwände vorgebracht: Auf die neurologischen Defizite der Gehbehinderung, die Hyp- Parästhesien, thoracalen Schmerzen, Dysästhesien, den rezidivierenden Drehschwindel und die chronischen Schmerzen sei nicht eingegangen worden. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen Schmerzen und Organbefunden sowie funktioneller Behinderung durch Wurzelläsionen. Digitale Datenträger (CD mit Bildgebung) seien nicht eingesehen worden. Röntgenaufnahmen seien nicht angefordert worden.

Die Kernspintomographie der LWS vom 22. 7. 2011 sei nicht entsprechend gewürdigt worden. Es liege eine nachgewiesene Nervenwurzelkompression L5 rechtsbetont vor, welche wesentlich für die Beschwerdesymptomatik sei.

Nachgereichte Befunde seien nicht gewürdigt worden.

Er könne arbeitsbedingt keine stationären bzw. in der Dienstzeit zu absolvierenden, Schmerz-oder Physiotherapien wahrnehmen und er beschränke sich auf konventionelle und alternative Behandlungsverfahren außerhalb der Dienstzeit, Infiltrationen, Balneotherapie, Medikationen nach fachärztlicher und alternativmedizinische Einstellung.

Ein imperativer Harndrang vor allem in der Nacht mit zeitweilig geringer Entleerungsaktivität habe sich in letzter Zeit eingestellt.

Aufgrund plötzlichen Aussetzens des rechten Beins sei er fast zum Sturz gekommen, sei aber aufgefangen worden. Am Weg zur Arbeit müsse er sich immer wieder hinsetzen. Er benütze einen Gehstock, da unerwartete Ausfälle auftreten und er sich abstützen müsse. Beinlänge sei ident stehe im Widerspruch zur dokumentierten Anterolisthese L5 gegenüber dem Sakrum um 1,5 cm und zu Befund Dr. K. und Orthopädietechniker, die eine Beinlängendifferenz links um 6 cm diagnostiziert hätten.

Dass keine eindeutige Aussage über ein neurologisches Defizit zu entnehmen sei, steht in Widerspruch zu vorgelegten neurologischen Befunden. Erklärungsbedürftig sei, dass das beobachtete Gangbild hinkfrei, zügig, elastisch und unauffällig sei, da er doch an Großzehengrundgelenksarthrose links und Kniebeschwerden links seit einem Dienstunfall im Jahr 2004 leide.

Neurologische Befunde seien ignoriert worden.

Die Gehbehinderung habe sich insbesondere neurologisch bedingt verschlechtert seit 2011.

ln den Beilagen (Anm.: zur Beschwerde) werde die dauernd starke Gehbehinderung medizinisch bestätigt, die sich trotz Therapien insbesondere durch Zunahme der neurologischen Ausfälle mit Taubheit vor allem in den Armen und Beinkrämpfe äußern und bildgebend nachgewiesen sind. Die Gehleistung über 100 m sei beträchtlich reduziert. Er könne nicht länger stehen-über 10 min und nicht schwer heben- über 5 kg. Er habe rezidivierenden Drehschwindel und massive thorakale Schmerzen vor allem bei Überkopfanhalten.

Die neurologischen Ausfälle zerebral und vertebragen hätten zugenommen, zerebrale Herdzeichen seien deutlicher abgrenzbar, aus dem vertebragenen Bereich seien Symptome einer cervicalen Myelopathie deutlich nachgewiesen. Aus neurologischer Sicht ist von einer baldigen Verschlechterung auszugehen.

STELLUNGNAHME:

1) Stellungnahme zum Parteiengehör:

Eine objektivierbare Verschlimmerung ist in der bildgebenden Diagnostik nicht abgebildet.

Dokumentiert sind degenerative Veränderungen der HWS und LWS, Wirbelgleiten L5/S1 und weder ein Hinweis für Vertebrostenose noch für Myelopathie. Befunde der bildgebenden Diagnostik werden im Sinne von Hilfsbefunden der Begutachtung zugrunde gelegt, maßgeblich für die Beurteilung sind jedoch klinisch feststellbare Funktionsdefizite.

Im eigenen Gutachten vom 16.09.2015 konnte kein neurologisches Defizit objektiviert werden, wobei die vorgeführte Beweglichkeit deutlich von intensiver Abwehrspannung überlagert war und nur mit Vorbehalt für die Beurteilung herangezogen werden konnte. Festgestellt wurde ein freies, zügiges, elastisches und unauffälliges Gangbild.

Sensibilitätsstörungen sind nicht durch aktuelle Befunde der Nervenleitgeschwindigkeit objektiviert.

Ein Drehschwindel konnte anhand vorgenommener Untersuchung nicht festgestellt werden. Schmerzen im Sinn einer Cervicolumboischialgie mit Betonung L5/S1 rechts stehen im Einklang mit den MRT, diesbezüglich ist jedoch keine Dynamik im Verlauf der letzten Jahre feststellbar. Insbesondere ist kein für die Fragestellung relevantes motorisches Defizit objektivierbar.

Behandlungsdokumente werden nicht vorgelegt, angegeben wurde bei der Begutachtung am 16.09.2015 eine Bedarfsmedikation mit Parkemed oder Voltaren.

Ein urologischer Befund über Harnentleerungsstörungen liegt nicht vor.

Eine Beinlängendifferenz konnte hierorts nicht festgestellt werden, eine angebliche Längendifferenz von 6 mm entspricht einem geringfügigen Ausmaß, welches auf die Statik bzw. Kinematik keinen Einfluss hat und daher vernachlässigbar ist.

Eine mäßige Großzehengrundgelenksarthrose ist mit orthopädischen Schuhen kompensierbar.

Hinweise für zerebrale Herdzeichen liegen nicht vor, eine cervicale Myelopathie konnte im MRT der HWS nicht festgestellt werden, ebenso findet sich kein klinischer Hinweis darauf.

2) Stellungnahme zu Einwendungen, Urkundenvorlage und vorgelegten aktuellen Befunden:

Befund Dr. D., Facharzt für Orthopädie vom 04.07.2016:

Diagnosenliste: Verschlechterung der Lendenwirbelsäulebeschwerden seit Sturztrauma 2011 trotz Therapie. Zunehmende Schmerzen in HWS und BWS mit Ausstrahlung in beide Hände und Brustkorb mit Parästhesien. Belastbarkeit, insbesondere Gehleistung auf etwa 100 m, beträchtlich reduziert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht zumutbar.

Eine Verschlechterung seit 2011 ist weder durch Befunde noch anhand gutachterlicher Untersuchungen nachvollziehbar.

Befund Dr. M.-Th., Facharzt für Physikalische Medizin, Salzburg, vom 13.11.2012: Spondylolisthese L5/S1, Retrolisthese L4/L5, durch Sturz Irritation Nervenwurzel L5 rechts, Blockierung des rechten SIG, TH 5 und Th6 rechts.

Keine neuen Informationen.

Bericht Dr. M-Th., Facharzt für Physikalische Medizin, Salzburg, vom 30.03.2015: ausgeprägte Schmerzen rechte untere Extremität L5 bei längeren Gehstrecken über 100 m. Rezidivierender Drehschwindel, massive thorakale Schmerzen und Parästhesien im Bereich des Thorax beim Überkopfanhalten. Dysästhesien ziehen sich in den Schädel und in das linke Kiefergelenk und in die linke Gesichtshälfte. Von längeren Gehstrecken über 100 m, längerem Stehen über 10 min und jegliche Belastung über 5 Kilo ist abzuraten.

Befund Dr. M-Th., Facharzt für Physikalische Medizin, Salzburg, vom 12.07.2016: siehe Arztbrief von 01/1012 und 03/2015. Zustand nach Sprunggelenksfraktur 1986 und 2006 links. Schmerzen rechte untere Extremität, gelegentliches Auslassen, Sensorikstörung, vor allem beim Gehen über 100 m, Beschwerden mit Veränderungen der LWS vereinbar-Spondylolisthese und Retrolisthese L5/S1 9 mm. Drehschwindel rückläufig, Schmerzen im Bereich der linken BWS und unteren LWS.

Empfohlen wird, Gehstrecken über 100 m, längeres Stehen über 10 min und jegliche Hebebelastung über 5 kg zu vermeiden.

Befunde enthalten keine neuen Informationen, Empfehlungen über diverse Vermeidungsverhalten stehen nicht in Einklang mit den hierorts festgestellten Funktionseinschränkungen.

Befund Dr. G., Facharzt für Neurologie vom 29.04.2015:

Wirbelsäulendekompensationssymptomatik bei massiver Spondylolisthese der Lendenwirbelsäule. Drehschwindelreaktionen bei rascher Kopfbewegung. Vorgestellt werden Befunde der bildgebenden Diagnostik, und Befunde aus den Fachgebieten von Orthopädie, HNO und physikalische Medizin.

Hervorgehoben ist das Ergebnis der MRT der HWS vom 16.04.2015, breitbasige Discusprotrusionen HWK3 bis BWK 1 mit Einengung der Neuroforamina ohne Spinalkanalstenose. Im Röntgen der gesamten Wirbelsäule wird eine Skoliose der HWS und LWS festgestellt sowie mäßige Chondrose und Spondylose sowie Spondylolyse LWK5 und Olisthesis um 1 cm mit aufgebrauchter Bandscheibe. Im MRT der LWS vom 20.04.2015 wird Protrusion L4/L5 und Anterolisthese L5 gegenüber S1 um 9 mm festgestellt.

Im neurologischen Teil des Befundes Dr. G. wird eine radikuläre Symptomatik L5 rechts mit pseudoradikulären Symptomen L4 beidseits und L5 links angegeben. Weiters oberes und unteres Cervikalsyndrom, Dorsalgie mit pseudoradikulären Symptomen der BWS und Initialstadium einer spondylogenen cervicalen Myelopathie mit typischen Symptomen inkl. Blasenstörung. Zerebrale Herdsymptomatik frontoparietal links mit motorischen und sensiblen Halbseitenzeichen rechts. Frontalhirnsymptome. Polyneuropathie ungeklärter Ursache. Insgesamt Zunahme der neurologischen Ausfälle zerebral und vertebragene, zerebrale Herdzeichen deutlicher abgrenzbar, aus dem vertebragenen Bereich das Symptom einer cervicalen Myelopathie deutlich nachgewiesen. Rezenter zerebraler Herd nicht nachweisbar.

Hinweise für Herdsymptomatik und Halbseitenzeichen konnten nicht objektiviert werden, ebenso keine radikulären Ausfälle und kein Hinweis auf cervicale Myelopathie, weder im MRT noch bei der klinischen Untersuchung.

MRT der LWS vom 20.04.2015: mediane Protrusion L4/L5 ohne raumfordende Wirkung. Spondylolyse L5/S1, Spondylolisthese weiter 9 mm, Chondrose, keine Vertebrostenose, Tangierung beider Nervenwurzeln 5.

Befund untermauert Richtigkeit der getroffenen Beurteilung.

MRT der LWS vom 11.07.2016: Bedrängung des 5. rechten Lumbalnerven langstreckig, kurzstreckig L5 links. Spondylolisthese Grad IIL5/S1.

Keine Veränderung zu Vorbefunden.

Befund Dr. M-Th. vom 11.07.2016, Facharzt für Neurologie:

Sturzgeschehen 2011 mit Halbseltensymptomatik rechts und anhaltende Beschwerden, Sprunggelenksverletzung links 2006 und Großzehengrundgelenksarthrose links, dadurch Schwierigkeiten beim Gehen. Spondylolyse und Olisthese bei L4/L5. Polyneuropathiesyndrom mit Gangungsicherheit, Missempfindungen im Bereich der Fußsohlen und Schwankschwindel. Verspannungen der HWS und Schmerzen C7 und C8 beidseits.

Im neurologischen Status wird eine Kraftminderung Kraftgrad 3-4 im Bereich beider unterer Extremitäten festgestellt. Ausgeprägtes neuropathisches Schmerzsyndrom, lumbale Beschwerdesymptomatik mit Claudicatio spinalis.

Es konnte bei der hierorts durchgeführten klinischen Untersuchung weder eine Halbseiten-symptomatik rechts als Folge des Sturzgeschehens 2011 noch eine relevante Funktions-einschränkung des Sprunggelenks festgestellt werden, die mäßige Großzehengrundgelenks-arthrose links ist mit entsprechendem orthopädischen Schuhwerk gut kompensierbar, sodass keine relevante Gangbildbeeinträchtigung vorliegt.

Eine Kraftminderung auf KG 3-4 im Bereich beider unterer Extremitäten, sowohl betreffend die Beuge- als auch die Streckfunktion, ist nicht durch entsprechende Veränderungen der objektiven Befunde untermauert.

Laborbefund vom 29.06.2016: HbA1c 13 %:

Bekannter Diabetes mellitus, Therapieoption ist gegeben.

3) keine Änderung hinsichtlich Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel."

Mit Schreiben vom 24.03.2017 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde das genannte Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesen die Möglichkeit ein, innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Mit Schreiben vom 07.04.2017 wendete der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, das seine vorgebrachten Einwendungen sowie die vorgelegten medizinischen Beweismittel nicht ausreichend gewürdigt worden seien; vom Beschwerdeführer wurden weitere medizinische Beweismittel vorgelegt.

Zur Vorlage in der mündlichen Verhandlung am 19.09.2017 wurde von der medizinischen Sachverständigen ein weiteres Sachverständigengutachten - Ergänzung verfasst.

"Sachverhalt

Vorgelegt wird eine weitere Stellungnahme des BF vom 7.4.2017, in welcher vorgebracht wird, dass die dauernde Mobilitätseinschränkung weiterhin bestehe und sich zunehmend verschlechtere.

Die thorakalen Schmerzen bei Überkopfanhalten hätten massiv zugenommen, er habe zusätzlich neurologische Ausfälle und nachgewiesene zerebrale Herdsymptomatik frontoparietal links und rechtshirnig bei Zustand nach Hirnverletzung 2011.

Das Hinken sei sichtbar und dokumentiert.

Er habe massive vaskuläre Verkalkungen der Unterschenkelgefäße, Arthrosezeichen im Sprunggelenk, einen kleinen plantaren Fersensporn und eine Großzehengrundgelenksarthrose.

Eine motorische axonale Polyneuropathie sei mittels NLG Befund nachgewiesen.

Er habe einen Drehschwindel.

Er habe eine Beinlängendifferenz von 6 mm, die nicht durch orthopädische Schuhe kompensiert sei.

Er habe ein nachgewiesenes Polyneuropathiesyndrom mit neuropathischen Schmerzen.

Er habe einen Senkspreizfuß, nicht durch orthopädische Schuhe kompensierbar.

Es bestünden eine zerebrale Herdsymptomatik frotoparietal links mit motorischen und sensiblen Halbseitenzeichen rechts, eine cervicale Myelopathie, im MRT nachgewiesen.

Er habe 1986 eine Sprunggelenksfraktur rechts und 2006 eine Sprunggelenksfraktur links gehabt, dies sei nicht beachtet worden.

Er habe eine Kraftminderung beider Extremitäten KG3-4, ein ausgeprägtes neuropathisches Schmerzsyndrom und lumbale Beschwerdesymptomatik mit Claudicatio spinalis (neurologischer Befund Dr. B.): Vorfußheberparese rechts KG 3-4, links KG 4+, Großzehenheberparese rechts KG 3-4, links KG 4+-. Die Neurologin habe eine Wurzelirritationssymptomatik L4 und L5 rechts sowie Claudicatio spinalis Symptomatik bei spinaler Enge L5/S1, Spondylolisthese L5/S1 und hochgradige neuroforaminelle Enge L5/S1, Cervikalsyndrom mit Wurzelirritationssymptomatik C7 und C8 beidseits bei deutlichen degenerativen Veränderungen der HWS festgestellt.

Er habe eine Hüftbeugerschwäche rechts KG 3-4, Parästhesien rechts, herabgesetztes Vibrationsempfinden, Parästhesie in den Fußsohlen beidseits, fehlende Muskeleigenreflexe.

Weitere Befunde werden vorgelegt:

Röntgen linkes Sprunggelenk vom 31.10.2016: geringe Arthrosezeichen im oberen Sprunggelenk

Ambulanzbericht HNO-Abteilung Krankenhaus Barmherzige Brüder vom 31.10.2016:

Zustand nach Zahnextraktion, laut Kieferchirurgen in Ungarn Sinusitis, dentogene Sinusitis

Befund Dr. M., Facharzt für HNO vom 25.10.2016: Zustand nach Septorhinoplastik,Sensorineurale Hörstörung beidseits, Verdacht auf dentogene Sinusitis links, Nasensalbe

MRT des Neurokraniums vom 08.04.2015: Hinweis auf umschriebenes Ödem, zum Beispiel Folge einer rezenten Ischämie

Befund neurodiagnostisches Labor vom 29.09.2011: Zusammenfassung:

motorische axonale Polyneuropathie)"

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.09.2017 in Anwesenheit der ärztlichen Sachverständigen XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie, dem beisitzenden Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER, der beisitzenden fachkundigen Laienrichterin Dr. Christine MEIERSCHITZ sowie im Beisein des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Das Sozialministeriumservice als belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlungsniederschrift wurde der Erstbehörde übermittelt.

Im Wesentlichen brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor, dass die Fachärztin für Unfallchirurgie keine neurologischen Funktionsbeeinträchtigungen beurteilen könne. Neben seinen orthopädischen Leiden, insbesondere seine Wirbelsäule mit Betonung der unteren Lendenwirbelsäule betreffend, würde auch ein neurologisches Defizit vorliegen. Die bisher eingeholten Sachverständigengutachten würden einige Ungereimtheiten und Widersprüche im Vergleich zu den von ihm vorgelegten Befunden aufweisen. Er könne mit keinem öffentlichen Verkehrsmittel fahren, da er sich nicht anhalten könne. Er bekomme Drehschwindel und Herzstörungen.

Der Beschwerdeführer legte dazu einen Befund von Dr. Thomas D. vom 29.06.2017, welcher als Beilage B zum Akt genommen wurde sowie eine Auflistung der Medikation, die als Beilage C zum Akt genommen wurde, vor. Hinsichtlich seiner neurologischen Defizite verwies der Beschwerdeführer auf den NLG-Befund vom 29.09.2011.

Die Sachverständige gab in der mündlichen Verhandlung zum Vorbringen des Beschwerdeführers nachstehende Stellungnahme ab (bereinigt um grammatikalische und orthographische Fehler):

SV: Für die Beurteilung der Fragestellung ist eine neuerliche Untersuchung nicht erforderlich. Bei der Beurteilung geht es im Wesentlichen darum festzustellen, ob 300 Meter gehen möglich ist. Niveauunterschiede überwunden werden können und sich festhalten können. In welcher Weise sich die Nervengeschwindigkeit in den letzten 6 Jahren verändert hat, ob es zu einer Zunahme der axunalen Schädigung gekommen ist, oder auch zu einer Abnahme der Nervenleidgeschwindigkeit würde helfen zu differenzieren, welche Art der Neuropartie vorliegt, ob es sich eher um eine PNP handelt oder eine PNP anderer Ursachen. Diese Differenzierung ist aber für die Fragestellung nicht relevant. Ich habe eruieren wollen, wann die letzte Untersuchung durchgeführt wurde, weil die neurologische Seite so in dem Vordergrund gestellt wurde. Diese Untersuchung ist die Basis für jede neurologische Untersuchung. Zum NLP Befund vom 29.09.2011. Es steht bei der Zusammenfassung: Es zeigt sich eine motorische axunale PNP. Diese Aussage bezieht sich auf die Abweichung eines bestimmten Wertes eines Nerves, des Nervus Tipialis. Dieser Wert hat eine Streubreite, das heißt das linke und rechte Bein kann einen unterschiedlichen Wert haben. Es ist daher nicht als Beweis für eine motorische Läsion heranzuziehen. Auffallend ist, dass die Werte des Nervus Peronäus unauffällig sind, obwohl die Fachärztin für Neurologie am 11.07.2016 eine Kraftminderung angegeben hat. Diese Kraftminderung konnte bei meiner Begutachtung nicht festgestellt werden. Zusammenfassende Aussage des Befundes ist, dass es sich hier um ein Frühsyndrom einer PNP handeln kann. Maßgeblich ist der aktuelle Untersuchungsbefund. Eine Lähmung konnte nicht festgestellt werden.

VR: Nach Rücksprache mit BR und LR werden noch Ergänzungen des SV-Gutachtens eingeholt. Diese werden schriftlich an die SV übermittelt. Der BF bekommt die Ergänzungen zum Zwecke der Stellungnahme übermittelt.

Auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung wird vom BF ausdrücklich verzichtet.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde durch die ärztliche Sachverständige ein ergänzendes Gutachten unter Berücksichtigung der Einwendungen des Beschwerdeführers und vorgelegter medizinischer Beweismittel erstattet:

"Stellungnahme:

Es gibt eine Diagnosenliste mit den bekannten Erkrankungen der degenerativen Wirbelsäulenschäden mit Betonung der unteren Lendenwirbelsäule mit Cervikolumbalsyndrom mit Punctum maximum L5 S1 rechts, und mit degenerativen posttraumatischen Gelenksveränderungen die weiteren Diagnosen sind Diabetes mellitus Bluthochdruck und Belastungsreaktionen.

Relevant für die beantragte Zusatzeintragung sind die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule und Gelenke und auch bzgl. Diabetes mellitus hinsichtlich diabetischer Neuropathie.

Wann ist die letzte neurologische Untersuchung durchgeführt worden:

Die letzte neurologische Untersuchung wurde am 11.07.2016 Dr. B. vorgenommen. Die letzte orthopädisch -neurologische Untersuchung ist von Dr. D. am 26.06.2017 vorgenommen worden.

Vorgelegt wird ein Befund von Dr. D., Facharzt für Orthopädie, vom 29.06. 2017 mit folgenden Diagnosen: konsolidierte Rippenfraktur rechts, Cervicalsyndrom, Dorsalgie, Brustkyphose Spondylolisthese L5/S1, Retrolisthese L4/L5 Lumboischialgie beidseits, Spondylarthrose, skoliotischer Wirbelsäulenfehlhaltung, Hallux rigidus links, obere Sprunggelenksarthrose links, Zustand nach Knöchelfraktur beidseits, Senkspreizfuß, Beinverkürzung links 6 mm, Polyneuropathie.

Therapie: Balneotherapie, Thermalbäder, Heilgymnastik, orthopädische Schuhe.

Seit dem Sturztrauma am 28.02.2011 verschlechterte sich der Zustand des Patienten insbesondere die Lendenwirbelsäulenbeschwerden trotz Therapie zunehmend zudem klagt der Patient über Schmerzen im HWS und BWS Bereich ausstrahlendem beide Hände und Brustkorb mit Parästhesien.

Von orthopädischer Seite ist die Belastbarkeit des Patienten insbesondere seine Gehleistung auf etwa 100 m beträchtlich reduziert.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht zumutbar.

Vorgelegt wird die derzeitige Medikationsliste:

Diabetex 1000 mg, Parkemed 500 mg, Xefo 8 mg, Norgesic, rezidivierend Xyloneural

Therapien und Cortison, Neodolpasse, Tioctaninfusionen, Neurontin 300 mg dreimal 1 mit

Anpassung auf dreimal 600 mg, Tramal 100 mg zweimal 1, Voltaren 100 mg einmal 1, Mirtabene 30 mg einmal täglich.

Nehmen Sie diese Medikamente täglich ein?

Ja.

Wann war die letzte Untersuchung der Elektroneurografie sprich Nervenleitgeschwindigkeit?

Letzte bekannte Untersuchung der Nervenleitgeschwindigkeit wurde 2011 vorgenommen, der Befund ist vorliegend.

Im April 2017 wurde in Ungarn eine komplette internistische Untersuchung durchgeführt, aufgrund einer Einweisung nach einem Zusammenbruch im Hotel, Befund liegt in Ungarisch vor.

Der Befund ist zu entnehmen, dass hier vermutlich ein Verdacht auf Hinterwandinfarkt ausgesprochen wurde.

Haben sie in Österreich diesen Verdacht bestätigt bekommen?

Ob ich einen Herzinfarkt hatte oder nicht kann ich nicht sagen eine Operationsfreigabe für die kieferorthopädische Maßnahme wurde durchgeführte Operation war möglich. Außer der Operationsfreigabe gibt es keinen internistischen Befund festzuhalten ist, dass eine etwaige Einschränkung der Herzfunktionen sehr wohl eine Auswirkung auf die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hat, die Befunde die eine eingeschränkte Belastbarkeit belegen liegen allerdings nicht vor.

Somit darf ich noch einmal zusammenfassen, die letzte Nervenleitgeschwindigkeit war im Jahr 2011, Befund von 2014 liegt keiner vor, es liegt lediglich ein Befund Dr. Gerstenbrand, 07/2016 vor.

Ich möchte gerne wissen ob es einen aktuellen Befund der Nervenleitgeschwindigkeit gibt. Sie beharren, dass ich in meiner Ausbildung für die Beurteilung der Sachlage nicht kompetent bin und daher gehe ich davon aus, dass sie ständig neurologische Untersuchungen lassen durchführen lassen mit den sprechenden Befunden diese dann vorlegen würden, da ich aber keinen aktuellen Befund habe und der letzte derzeit aus 2011 ist und auch der letzte neurologische Befund aus dem Jahr 2016 ist, erwarte ich, dass sie aktuelle Befunde vorliegen hätten.

Die beantragte Zusatzeintragung verlangt eine ganzheitliche Beurteilung ihrer Einschränkungen.

Wann ist die letzte Untersuchung eines MRT der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden?

2016.

Seither haben sie keine Untersuchungen machen lassen?

Haben Sie schon einmal eine stationäre Behandlung zur Schmerztherapie durchführen lassen?

Nein. Ich kann aufgrund meiner Tätigkeit im Ministerium dies nicht durchführen lassen und mache private Behandlungen.

Haben Sie in letzter Zeit eine Schmerzambulanz aufgesucht?

Nein.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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