TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/24 W260 2178791-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.10.2018
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Entscheidungsdatum

24.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W260 2178791-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin GASTINGER sowie den fachkundigen Laienrichter DI Herbert KASBERGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Dr. Wolfgang STÜTZ, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 19.10.2017, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer gehörte seit 6.12.2012 mit dem festgestellten Gesamtgrad der Behinderung (im Folgenden "GdB") iHv 50 vH. zum Personenkreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz ("BEinstG").

2. Nach einer amtswegigen Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens wurde in der Untersuchung am 6.12.2014 ein GdB von 60 vH. aufgrund einer depressiven Störung mittleren Grades mit Stomatisierung (Pos.Nr. 03.06.02), wobei infolge einer Besserungsmöglichkeit eine Nachuntersuchung für Oktober 2016 vorgesehen wurde, festgestellt. In der Folge wurde ein Bescheid vom 10.12.2014 der GdB des Beschwerdeführers nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) ab 3.12.2014 mit 60 vH. festgestellt.

3. Im Zuge des Nachuntersuchungsverfahrens wurde nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers durch eine Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ein GdB von 40 vH. aufgrund der bipolaren Erkrankung und der Alkoholerkrankung des Beschwerdeführers festgestellt. Die Reduktion wurde auf die deutliche Besserung der Sozialphobie mit sozialer Integration in Verbindung mit der fehlenden Therapieeskalation und der fehlenden stationären Behandlung des Beschwerdeführers gestützt. Mit Bescheid vom 14.6.2017 wurde der GdB des Beschwerdeführers mit 40 vH festgesetzt und festgestellt, dass er mit Ablauf des der Bescheidzustellung folgenden Monats nicht mehr die Voraussetzungen für die Begünstigteneigenschaft nach dem BEinstG erfüllt.

4. Infolge der Beschwerde wurde ein weiters Gutachten basierend auf Aktenlage eingeholt, in welchem der GdB iHv 40 vH bestätigt wurde. Mit vom Beschwerdeführer bekämpfter Beschwerdevorentscheidung vom 29.6.2017 wies die Behörde die Beschwerde ab und stellte fest, dass der Beschwerdeführer mit einem GdB von 40 vH. nicht mehr dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Der Beschwerdeführer stellte einen Vorlageantrag, der in der Folge vom Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigen Beschluss vom 11.9.2017 zurückgewiesen wurde. In diesem wurde zusammengefasst die Zurückweisung damit begründet, dass der Beschwerdeführer mit 31.7.2017 in den Ruhestand versetzt wurde, die Ausschlusstatbestände des § 2 Abs. 2 BEinstG liegen vor.

5. Der Beschwerdeführer stellte in der Folge am 6.10.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge "belangte Behörde") und legte dem Antrag medizinische Befunde bei.

6. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie eingeholt. In dem auf Aktenlage erstatteten Gutachten vom 17.10.2017 wurden das Leiden "bipolare Störung, Alkoholkrankheit" diagnostiziert. Eine wesentliche Änderung zu den von der belangten Behörde eingeholten Vorgutachten vom 28.6.2017 und vom 10.11.2016 sei auch durch die vom Beschwerdeführer zur Vorlage gebrachten Befunde Dris. XXXX und Dris. XXXX nicht belegt.

7. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 19.10.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH fest. Dem Bescheid wurde das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie beigelegt.

8. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer bevollmächtigt vertreten durch Dr. Wolfgang STÜTZ, Rechtsanwalt in Linz, fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass alleine die bipolare Störung des Beschwerdeführers ausreichen würde, einen Grad der Behinderung von mehr als 50 vH zu erreichen. Dies würde der vorgelegte Befund Dris. XXXX , sowie der Befund Dris. XXXX belegen, die vom Beschwerdeführer bei Antragstellung zur Vorlage gebracht wurden. Weiters wurde in der Beschwerde moniert, dass das von der belangten Behörde beauftragte Sachverständigengutachten von einem Neurologen erstellt worden sei. Das Gutachten hätte aus Sicht des Beschwerdeführers jedoch von einem Facharzt der Psychiatrie erstellt werden müssen, und wurde die Einholung eines solchen Gutachtens beantragt. Weiters wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befund nochmals anfordern hätte müssen, da dieser - wie es der von der belangten Behörde beauftragte Gutachter selbst ausführe, schlecht lesbar sei. Weiters sei es unverständlich weshalb der Grad der Behinderung nunmehr 40 vH und nicht, wie es auch die Vorgutachten diagnostiziert hätten, als Dauerzustand diagnostiziert worden.

Mit der Beschwerde wurden keine ärztlichen Befunde beigelegt und der Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung übermittelt, wo dieser am 5.12.2017 eingelangt ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.

1.2.1. Art und Beurteilung der Funktionseinschränkung:

 

Funktionseinschränkung

Pos.Nr.

GdB %

 

bipolare Störung, Alkoholkrankheit

03.06.01

40

1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses langte am 6.10.2017 bei der belangten Behörde ein.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1. und 1.3.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt

Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

In dem von der belangten Behörde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten vom 17.10.2017 setzt sich der bestellte Facharzt für Neurologie mit der Art und dem Leiden des Beschwerdeführers und den vorgelegten Befunden ausreichend auseinander, zumal der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers bereits in Vorgutachten vom 28.6.2017 ausführlich erörtert wurde und das beigelegte Gutachten von Dris. XXXX vom 30.1.2017 sowohl im Sachverständigengutachten vom 17.10.2017, als auch im Vorgutachten vom 28.6.2017, berücksichtigt worden ist. Ebenso wurde im Sachverständigengutachten vom 17.10.2017 das von der belangten Behörde am 10.11.2016 eingeholte Sachverständigengutachten berücksichtigt, welches bereits zum damaligen Zeitpunkt dieselbe Funktionseinschränkung des Beschwerdeführers mit demselben GdB in der Höhe von 40 vH diagnostiziert.

Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde setzt sich der Gutachter in dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten vom 17.10.2017 sehr wohl mit den vorgelegten Gutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX auseinander. Im Ergebnis kommt der Gutachter, wie in den vorgelegten Gutachten auch diagnostiziert, zum Ergebnis, dass beim Beschwerdeführer eine bipolare Störung und Alkoholkrankheit vorliegt.

Beweiswürdigend wird an dieser Stelle ausgeführt, dass zur diagnostizierten Alkoholerkrankung eine ambulante Entzugsbehandlung im Sachverständigengutachten vom 28.6.2017 festgehalten wurde, diese war im Zeitpunkt des Gutachtens vor "1 1/2 Jahren", somit bereits Anfang 2015.

Im Sachverständigengutachten vom 17.10.2017 wird ausgeführt, dass sich aus den vorgelegten Befunden keine Änderung zum Vorgutachten vom 10.11.2016 ergibt. In diesem wird ausgeführt, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers im Vergleich zum Sachverständigengutachten vom 2.12.2014 verbessert hatte, insbesondere, da keine stationäre Behandlung des Beschwerdeführers notwendig ist, welche unter anderem zu einem GdB von 60 vH führte, mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Besserung, welche auch im Folgegutachten vom 10.11.2016 diagnostiziert wurde.

Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde aus, dass es unverständlich sei, dass der Grad der Behinderung nur 40 Prozent betrage, wenn er doch in den Vorverfahren bei 6o Prozent gelegen, und der Dauerzustand auch schon damals vorhanden gewesen sei (vgl. Beschwerde vom 14.11.2017, Seite 3). Hiebei übersieht der Beschwerdeführer, dass im Vorgutachten vom 2.12.2014, wo ein GdB von 60 vH. diagnostiziert worden ist, dies nicht als Dauerzustand diagnostiziert wurde, sondern eine Nachuntersuchung per 10/2016 angeordnet wurde, die im Ergebnis im Sachverständigengutachten vom 10.11.2016 bereits die weiterhin vorliegende bipolare Störung, Alkoholerkrankung mit einem GdB iHv. 40 vH als Dauerzustand diagnostizierte.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die belangte Behörde den vorgelegten Befund Dris. ANDERELE nochmals anfordern hätte müssen, um diesen "lesbar erscheinen zu lassen" (Beschwerde vom 14.11.2017, Seite 2) wird beweiswürdigend ausgeführt, dass der vorgelegte Befund wie es der begutachtende Sachverständige ausführt, "schwer lesbar" und eben nicht unlesbar ist, und die von Dris. XXXX diagnostizierte Erkrankung des Beschwerdeführers auch Eingang in das medizinische Sachverständigengutachten gefunden hat. Es wäre dem Beschwerdeführer ebenso freigestanden, eine aus seiner Sicht lesbare Version des Befundes im Rahmen der Beschwerde vorzulegen, was der Beschwerdeführer nicht getan hat.

Die getroffenen Einschätzungen entsprechen somit unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine aktuellen Befunde vor, die geeignet wären, eine vorgebrachte Verschlechterung seiner Leidenszustände zu belegen und die allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnten.

Insoweit in der Beschwerde beanstandet wird, der Beschwerdeführer sei nicht durch Fachärzte für Psychiatrie untersucht worden, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.6.1997, 96/08/0114 ausgeführt hat, dass die Behörden im Zusammenhang mit der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet sind, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Es besteht jedoch kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an.

Sowohl das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie sowie die zahlreichen Vorgutachten sind schlüssig und berücksichtigen sämtliche Einwendungen und die vom Beschwerdeführer vorlegten Befunde.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten. Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage eines Facharztes für Neurologie vom 17.10.2017, sowie die seitens der belangten Behörde als Vorgutachten dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrunde gelegten Sachverständigengutachten vom 28.6.2017 und 10.11.2016 werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 traten mit 1.9.2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

..."

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Die festgestellte Funktionseinschränkung des Beschwerdeführers ist eine affektive Störung, welche als "bipolare Störung, Alkoholkrankheit" gemäß Positionsnummer 03.06.01 mit dem oberen Rahmensatz eingeschätzt ist, da der Beschwerdeführer zeitweise instabil ist.

Dies wird schlüssig damit begründet, dass beim Beschwerdeführer keine Änderung zum Vorgutachten vom 10.11.2016 vorliegt. Die leichtgradig ausgeprägte depressive Episode des Beschwerdeführers, seine Soziophobie, Soimatisierung und Alkoholkrankheit sind im oberen Rahmensatz zurecht angesiedelt, da der Beschwerdeführer zeitweise instabil ist, und sind in der festgestellten Funktionseinschränkung inkludiert.

Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023). Gemäß § 3 Abs. 2 dritter Satz der Einschätzungsverordnung sind Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage eines Facharztes für Neurologie vom 17.10.2017, sowie die seitens der belangten Behörde als Vorgutachten dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrunde gelegten Sachverständigengutachten vom 28.6.2017 und 10.11.2016 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 40 vH beträgt.

Der Sachverständige hat diese Bewertung in seinem Gutachten vom 17.10.2017 wie folgt begründet "im Vergleich zum VGA (gemeint Vorgutachten vom 28.6.2017) keine Änderung". Diese Bewertung des GdB steht im Einklang mit den oben genannten rechtlich relevanten Vorgaben der Einschätzungsverordnung.

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen insgesamt nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 40 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspricht.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung eingeschätzt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der eingeholten und nicht substantiell bestrittenen Sachverständigengutachten geklärt und wurde ein mündliche Verhandlung in der Beschwerde nicht beantragt.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W260.2178791.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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