Entscheidungsdatum
24.10.2018Norm
BBG §40Spruch
W207 2199356-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, OB: XXXX , vom 07.03.2018, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.
Der Grad der Behinderung beträgt 50 v.H.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 13.12.2017 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin legte diesem Antrag einen zusammenfassenden Befundbericht eines näher genannten Krankenhauses vom 12.10.2016 bei.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Lungenheilkunde unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Sachverständigengutachten vom 06.03.2018 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.01.2018 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:
"...
Anamnese:
Die Kundin leidet an ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, 2016 wurde ein Wirbelkörpereinbruch in der BWS durchgemacht.
Asthma ist seit 1976 bekannt, steht in lungenärztlicher Kontrolle bei Dr. V. Eine polyvalente Allergieneigung ist ebenfalls bekannt.
Bluthochdruck bestünde nicht.
Osteoporose ist vorbekannt und steht in Behandlung.
Eine kardiologische Durchuntersuchung 2016 ergab keinen Hinweis auf eine koronare Herzkrankheit.
Allergie: Gräser, Hausstaubmilbe, Pollen, Tierhaar Alkohol: negiert,
Nikotin: negiert
Derzeitige Beschwerden:
Asthma seit 1976 mit wiederkehrender Atemnot, Reizhusten und Verschleimung, Atembeschwerden auch bei Anstrengungen, Rückenschmerzen, ziehende Schmerzen, welche von der LWS in den linken Oberschenkel ausstrahlen, der Blutdruck sei ohne Behandlung normal, eine Langzeitsauerstofftherapie hätte sie keine, sie benötige auch keinen Gehstock
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Novalgin, Spiriva, Unifyl, Singulair, Simvastatin, Pantoloc, Cetirizin, Tebofortan, Sultanol, Temgesic, Budesonid, Formoterol, Astec
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
KH. 12.10.2016: Asthma, COPD, Osteoporose, Allergieneigung, keine Stenose an den Herzkranzgefäßen, normales Lungenröntgen
Magnetresonanz der BWS und LWS 28.09.2016: degenerative Veränderungen und Höhenminderung des 6.+7. Brustwirbelkörpers, weiterer Einbruch des 4. Brustwirbelkörpers, keine Bandscheibenveränderungen objektivierbar.
Lungenfunktion 07.10.2016: mittelschwere Obstruktion, deutliche Ruhehypoxämie
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
55-jährige Frau im altersentsprechenden normalen Allgemeinzustand, keine Ruhedyspnoe, keine Lippenzyanose, keine mobile Sauerstoffversorgung, Sauerstoffsättigung bei Raumluftatmung mit 97% im Normbereich
Ernährungszustand:
übergewichtiger Ernährungszustand
Größe: 162,00 cm Gewicht: 73,00 kg Blutdruck: 100/60
Klinischer Status - Fachstatus:
Kopf, Hals: keine obere Einflussstauung, keine Struma, keine Lippenzyanose, die Hirnnerven frei
Herz: reine rhythmische Herztöne, Frequenz: 88 pro Minute
Lunge: hypersonorer Klopfschall, abgeschwächtes Atemgeräusch wie bei Emphysem mit exspiratorischem Giemen
Leib: weich, adipös, über Brustkorbniveau, reizlose Narbe nach Blinddarm-Operation, kein Druckschmerz, Leber und Milz nicht tastbar, die Nierenlage frei
Gliedmaßen: keine Krampfadern, keine Beinödeme, die großen Gelenke frei beweglich Wirbelsäule: Klopfschmerz über der BWS, Finger-Boden-Abstand 40 cm (Untersuchung unter Schmerzen)
Lungenfunktionsprüfung: mittelschwere obstruktive Ventilationsstörung, normale Sauerstoffsättigung, moderates Asthma bronchiale
Gesamtmobilität - Gangbild:
altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität innerhalb der Untersuchungsräume, freier Stand und freies Sitzen ungehindert möglich, Hinlegen und Wiederaufstehen von der Untersuchungsliege flüssig möglich, normales Gangbild, es wird keine Gehhilfe verwendet
Status Psychicus:
unauffällig, zeitlich und örtlich orientiert, keine fassbaren kognitiven Defizite, ausgeglichene, freundliche Stimmungslage
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Mittelschweres persistierendes allergisches Asthma bronchiale mit sekundärem Emphysem Unterer Rahmensatz, da vermehrte Atembeschwerden mehr als 2x wöchentlich und auch nachts, sowie ständige mittelschwere Einschränkung der Atemfunktion, allerdings ohne gehäufte Exazerbationen.
06.05.03
50
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderung Unterer Rahmensatz, da belegte Einbrüche von osteoporotischen Brustwirbelkörpern mit Schmerzen, jedoch ohne Wurzelkompressionen.
02.01.02
30
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden Nr. 1 wird durch das Leiden Nr. 2 nicht weiter erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: keines vorliegend
[X] Dauerzustand
Frau R. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
[X]JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Kardiorespiratorisch stabiler kompensierter Zustand mit normaler Sauerstoffsättigung, ohne Hinweise auf kardiale Dekompensation, ohne höhergradige Funktionsstörung des Stütz- und Bewegungsapparates, sowie ohne fassbare kognitive Defizite, sodaß eine erhebliche Erschwernis der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht objektivierbar ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
..."
Am 07.03.2018, OB: XXXX , wurde der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde ein unbefristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt. Diesem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Mit Schreiben vom 27.03.2018 erhob die Beschwerdeführerin gegen diesen in Form eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid fristgerecht eine Beschwerde folgenden Inhaltes, hier in anonymisierter Form wiedergegeben:
"...
Die Einschätzung meines Asthmas mit einem GdB von 50 v.H. ist korrekt.
Dagegen sind meine Wirbelsäulenprobleme vom Sachverständigen Dr. X. (Lungenfacharzt) massiv unterschätzt worden. Zwar hat Dr. X. meine Medikamente richtig wiedergegeben und auch "ziehende Schmerzen, welche von der LWS in den linken Oberschenkel ausstrahlen" angeführt (S. 2 des Gutachtens), daraus jedoch nicht die richtigen Schlussfolgerungen getroffen.
Zum einen hat Dr. X. in der lfd. Nr. 2 (auf S. 4 des Gutachtens) nur die Probleme mit der Brustwirbelsäule vermerkt, die mich wesentlich stärker beeinträchtigenden Probleme mit der Lendenwirbelsäule (siehe oben) jedoch nicht berücksichtigt.
Und Temgesic und Astec sind Opioide, die mir wegen meiner chronischen Dauerschmerzen verschrieben wurden (seit September 2016!), weil die einfache analgetische Therapie keine zufrieden stellenden Ergebnisse mehr erbrachte. Ich bin trotz Opioidmedikation so gut wie nie schmerzfrei und muss mich oft für 20 bis 30 Minuten niederlegen, um überhaupt noch zu "funktionieren".
Ich habe weiters eine starke Fehlsichtigkeit, die ich in meinem Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erwähnt habe. Das Ergebnis meines nächsten Augenarzttermins (Mitte April) werde ich Ihnen umgehend zukommen lassen.
Ich habe auch zunehmende Probleme mit der rechten Schulter (Abduktion nur sehr schmerzhaft und nur eingeschränkt möglich), auf die Dr. X. nicht eingegangen ist, obwohl ich auf sie bei der Untersuchung hingewiesen habe. Siehe auch den Antrag auf ambulante Rehabilitation vom 28.2.2018, den ich Ihnen in Kopie beigelegt habe.
Im Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses habe ich überdies - möglicherweise aus Scham - unerwähnt gelassen, dass es mir psychisch sehr schlecht geht. Dies aus mehreren Gründen: Meine Tochter J. ist vor einem Jahr mit 16 Jahren unter unschönen Begleitumständen ausgezogen, worunter ich sehr leide, weil ich stark darauf fixiert war, ihr trotz bescheidener finanzieller Mittel ein gutes Leben zu ermöglichen; meine gesundheitlichen Probleme (insbesondere der therapieresistente Dauerschmerz) ziehen mich weiter hinunter; und schließlich sorgen finanzielle Probleme für den Rest. Es gibt Tage, an denen ich nicht einmal aus dem Bett heraus möchte. Ich habe über den Verein für ambulante Psychotherapie 10+30 Stunden Psychotherapie in Anspruch nehmen können und über die AKH-Schmerzambulanz an einer Schmerzbewältigungsgruppe teilgenommen. Leider haben diese Therapien nicht die erhoffte Wirkung gebracht. Ich werde mich daher an einen Psychiater wenden.
Zwischen meinen körperlichen Problemen (insbesondere der Problematik mit der Wirbelsäule) und der psychischen Beeinträchtigung ist im Übrigen eine wechselseitige Leidensbeeinflussung gegeben, da ich wegen meiner angeschlagenen Psyche die körperlichen Probleme stärker wahrnehme, und da sich umgekehrt die körperlichen Probleme negativ auf meine psychische Befindlichkeit auswirken.
..."
Dieser Beschwerde legte die Beschwerdeführerin Unterlagen betreffend eine Rehabilitation vom 28.02.2018 bei.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.04.2018 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Schreibens, aktuelle Befunde vorzulegen.
Mit Schreiben vom 03.05.2018 übermittelte die Beschwerdeführerin einen Befund einer näher genannten Fachärztin für Augenheilkunde vom 16.04.2018 und ein Schreiben eines näher genannten Krankenhauses vom 27.04.2018 (Besuch der Schmerzambulanz).
Aufgrund des Beschwerdevorbringens und der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen wurde von der belangten Behörde, die offenkundig die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht ausschloss, ein weiteres Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag gegeben. In diesem Sachverständigengutachten vom 26.06.2018 wurde nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.06.2018 Folgendes - hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - ausgeführt:
"...
Anamnese:
Letzte Begutachtung im Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen am 17.1.2018, Gesamtgrad der Behinderung 50 % (mittelschweres persistierendes allergisches Asthma bronchiale mit sekundärem Emphysem 50 %, degenerative Wirbelsäulenveränderung 30 %)
Zwischenanamnese seit 01/2018:
keine Operation, kein stationärer Aufenthalt.
frühere Erkrankungen: AE, TE, Laparoskopie Unterbauch bei Verwachsungen, Curettage. 2016 CT-gezielte Infiltration der LWS, keine Besserung 2013 Schambeinbruch, seither BLD von - 1 cm links
Derzeitige Beschwerden:
"Beschwerden habe ich vor allem im Bereich der Wirbelsäule, vor allem im Bereich der unteren Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung seitlich links ins Bein und rechts zunehmend in Gesäßbereich bis hinunter zum Kniegelenk. Wenn die Schmerzen sehr stark sind, kann ich nicht einmal weitergehen. 2011 hatte ich einen Bruch im Bereich der rechten Schulter, habe 4 Wochen einen Bauerverband gehabt, jetzt habe ich Schmerzen, wenn ich mich auf die rechte Seite lege, auf der linken Seite kann ich nicht gut liegen, weil ich Schmerzen in der linken Hüfte habe. Habe immer wieder Physiotherapie. War bisher einmal bei Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, habe Medikamente bekommen. Bzgl. Psyche habe ich noch nicht gesprochen, beim nächsten Termin bei Dr. M. möchte ich darüber sprechen."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: Pregabalin 250 mg, Novalgin Tropfen dreimal 40, Spiriva, Unifyl, Singulair, Simvastatin, Pantoloc, Cetirizin,Tebofortan, Temgesic 0,3 mg bis 6x täglich, Sultanol bei Bedarf,Novolizer Budesonid und Formoterol, Astec alle 3 Tage, Dogmatil, Sormodren
Allergie: Tierhaare, Gräser, Pollen
Nikotin:0
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr.Klapper, 1120
Sozialanamnese:
ledig, eine Tochter, lebt alleine in Wohnung im Erdgeschoss.
Berufsanamnese: AMS seit 01/2015, zuvor Clubbetreuerin in Pensionistenwohnhaus
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Beschwerde vom 27.3. 2018 (Einschätzung des Asthmas mit 50 % sei korrekt. Die Probleme der Wirbelsäule, vor allem Lendenwirbelsäule, seien zu wenig berücksichtigt worden. Sie müsse Temgesic und Astec nehmen und sei trotz Opioidmedikation so gut wie nie schmerzfrei und müsse sich immer wieder 20-30 min niederlegen. Sie habe eine starke Fehlsichtigkeit. Sie habe zunehmende Probleme mit der rechten Schulter. Es gehe ihr psychisch sehr schlecht, sie habe gesundheitliche Probleme, private Probleme und finanzielle Probleme. Sie habe ambulante Psychotherapie (10 + 30 h) und sei in der Schmerzambulanz im KH. Es bestehe eine wechselseitige Leidensbeeinflussung.)
Befund KH, Schmerzambulanz vom 27. 4. 2018 (Diagnosen:
Lumboischialgie li, Foramenstenose L5/S1 li, Spondylarthrosen L4-S1; lnzip. Mb.Baastrup, ListheseL4/L5, zusatzlich multisegmentale Osteochondrosen der mittleren und unteren BWS; Höhenreduktion des WK TH8 im Sinne einer Osteoporose, Asthma bronchiale, Behandlung beim Lungenfacharzt, kein Heimsauerstoff, zuhause gemessene Sp02-Werte zwischen 90% und 95% bei Raumluft.
Pat. berichtet nach versuchter Reduktion der Schmerzmedikation über eine Schmerzexazerbation im Bereich der WS; hier vor allem der BWS und LWS mit Ausstrahlung in beide Hüftgelenke; li sogar bis zum Knie (neuropathischer Schmerz). Aus diesem Grund Wiederaufnahme der urspr. Dosierung der Schmerzmedikation; dadurch deutl. Schmerzerleichterung erfahren.
Empfohlene Schmerztherapie: Astec TTS 35mcg/h > Wechsel alle 72h, Temgesic sublingual 0,2mg bis zu 4x/Tag, bei Bedarf Novalgin 40 gtt 1-1-1, Pregablin 100mg-0-100mg > evt. beim nächsten Mal Erhöhung, falls keine Besserung der neuropathischen Schmerzen.)
Befund Dr. S., Facharzt für Augenheilkunde vom 16.4.2018 (Visus rechts 0,5, links 1,0)
Nachgereichte Befunde:
Röntgen HWS mit Funktionsaufnahmen vom 9.5.2018 (mäßige degenerative Veränderungen)
Befund Dr. M., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie vom 23.5.2018 (Schwindel und Übelkeit seit 3-4 Wochen, HWS betroffen, HNO noch ausständig, wegen Wirbelsäule in Schmerzambulanz. Neurostatus:
Verspannungen, keine radikulären Ausfälle, aktuell Vertigo nicht objektivierbar. Diagnose: rezidivierende Vertigo und Nausea, vertebragenes Syndrom, dysthyme Störung, derzeit kein Hinweis für
Neuronitis Vestibularis. Therapievorschlag: Dogmatil)
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut, 56 Jahre
Ernährungszustand:
BMI 30,5
Größe: 161,00 cm Gewicht: 79,00 kg Blutdruck: 120/70
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch, Lungenbasen tiefer stehend, sonst Auskultation unauffällig, keine Ruhedyspnoe. keine Lippenzyanose, keine mobile Sauerstoffversorgung
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Schulter rechts: Druckschmerz am Ansatz der Rotatorenmanschette, keine Impingement Symptomatik, Beweglichkeit frei.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.
Beinlänge nicht ident, links -1 cm.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Hüftgelenk links: unauffällig
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA 25 cm, Rotation und Seitneigen jeweils 20°
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit Längenausgleich, das Gangbild hinkfrei und unauffällig.
Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Mittelschweres persistierendes allergisches Asthma bronchiale mit sekundärem Emphysem Unterer Rahmensatz, da vermehrte Atembeschwerden mehr als 2x wöchentlich und auch nachts, sowie ständige mittelschwere Einschränkung der Atemfunktion, allerdings ohne gehäufte Exazerbationen.
06.05.03
50
2
Degenerative Wirbelsäulenveränderung Unterer Rahmensatz, da belegte Einbrüche von osteoporotischen Brustwirbelkörpern mit Schmerzen, jedoch ohne Wurzelkompressionen.
02.01.02
30
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Das führende Leiden Nr. 1 wird durch das Leiden Nr. 2 nicht weiter erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Mit Brille korrigierbarer Visus erreicht nicht das Ausmaß eines behinderungsrelevanten Leidens
Schultergelenk rechts, Hüftgelenk links: kein behinderungsrelevantes Leiden objektivierbar
Psychiatrisches Leiden: nicht durch aktuelle fachärztliche Befunde belegt
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
keine Veränderung zu Gutachten vom 17.1.2018
[X] Dauerzustand
Frau R. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
[X]JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten. Es sind belastungsabhängige Probleme der Wirbelsäule im Vordergrund, welche die Steh- und Gehleistung mäßig einschränken. Die Gesamtmobilität ist jedoch ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400 m zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. Eine Gehhilfe wird nicht verwendet. An den oberen Extremitäten sind keine höhergradigen Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist. Eine erhebliche Erschwernis beim Erreichen, Be- und Entsteigen sowie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist daher nicht begründbar. Kardiorespiratorisch liegt ein stabiler kompensierter Zustand ohne Hinweise auf kardiale Dekompensation vor, sodass eine erhebliche Erschwernis der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht objektivierbar ist.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
nein
..."
Die belangte Behörde räumte betreffend das Gutachten vom 26.06.2018 kein Parteiengehör ein, da die Frist für die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung am 28.06.2018 bereits abgelaufen war. Sie legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Verwaltungsakt am 27.06.2018 zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2018, entsprechend dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis zugestellt am 17.09.2018, wurde die Beschwerdeführerin unter Übermittlung des Sachverständigengutachtens vom 26.06.2018, das von einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. ausgeht, über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben. Die Beschwerdeführerin wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass, sollte sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragen, das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden. Die Beschwerdeführerin wurde weiters darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.
Die Beschwerdeführerin erstattete keine Stellungnahme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 13.12.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden Funktionseinschränkungen:
1. Mittelschweres persistierendes allergisches Asthma bronchiale mit sekundärem Emphysem; vermehrte Atembeschwerden mehr als 2x wöchentlich und auch nachts, sowie ständige mittelschwere Einschränkung der Atemfunktion, allerdings ohne gehäufte Exazerbationen.
2. Degenerative Wirbelsäulenveränderung; belegte Einbrüche von osteoporotischen Brustwirbelkörpern mit Schmerzen, jedoch ohne Wurzelkompressionen.
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 50 v.
H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten vom 06.03.2018 und 26.06.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister und ist im Übrigen unbestritten.
Der Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. gründet sich auf die oben wiedergegebenen, von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Lungenheilkunde vom 06.03.2018 sowie einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.06.2018. Aus letzterem medizinischen Sachverständigengutachten, welches das erste medizinischen Sachverständigengutachten bestätigt, ergibt sich nachvollziehbar ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H., dies auf Grundlage der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage persönlicher Untersuchungen der Beschwerdeführerin am 17.01.2018 und am 04.06.2018. In beiden Gutachten wird das führende Leiden 1 unter der Pos.Nr. 06.05.03 "Mittelschweres persistierendes allergisches Asthma bronchiale mit sekundärem Emphysem" der Anlage der Einschätzungsverordnung mit einem (Gesamt)Grad der Behinderung von 50 v.H. eingestuft. Auch das Leiden 2 wird in beiden Gutachten unter der Pos.Nr. 02.01.02 "Degenerative Wirbelsäulenveränderung" der Anlage der Einschätzungsverordnung mit einem (Gesamt)Grad der Behinderung von 30 v.H. eingestuft. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. In beiden Gutachten wird ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch das Leiden 2 nicht weiter erhöht wird, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Das erste Gutachten vom 06.03.2018 wurde von einem Facharzt für Lungenheilkunde erstellt. Aufgrund der erhobenen Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin unter anderem ausführt, dass ihre Wirbelsäulenprobleme vom Facharzt für Lungenheilkunde massiv unterschätzt worden seien, und der vorgelegten medizinischen Unterlagen wurde von der belangten Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten nunmehr einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.06.2018 eingeholt. In diesem Gutachten führt die Sachverständige zum Vorgutachten vom 06.03.2018 aus, dass es bei der Beschwerdeführerin keine gesundheitlichen Änderungen gegeben habe. Die Sachverständige führt weiters aus, dass bei der Beschwerdeführerin mit einer Brille ein korrigierbarer Visus erreicht werde, der nicht das Ausmaß eines behinderungsrelevanten Leidens erreiche. Auch betreffend das Schultergelenk rechts und das Hüftgelenk links seien keine behinderungsrelevanten Leiden objektivierbar. Die vorgebrachten psychischen Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht durch aktuelle fachärztliche Befunde belegt.
Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2018 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihr in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit für eine Stellungnahme eingeräumt. Die Beschwerdeführerin erstattete innerhalb der ihr eingeräumten Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens vom 11.09.2018 - und bis zum heutigen Tag - keine Stellungnahme.
Die Beschwerdeführerin ist daher dem medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.06.2018, welches das Vorgutachten vom 06.03.2018 bestätigt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der beiden vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Lungenheilkunde vom 06.03.2018 und einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.06.2018. Diese seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
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§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
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§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen.
(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpaß vorzulegen.
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
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§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
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Wie bereits oben in den beweiswürdigenden Ausführungen ausgeführt, werden der gegenständlichen Entscheidung die von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 06.03.2018 und 26.06.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 50 v.H. beträgt.
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht substantiiert entgegengetreten, sie hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und sie hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keinerlei Unterlagen vorgelegt, die - insbesondere in Bezug auf die vorgebrachten psychischen Leidenszustände - ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden.
Die medizinischen Sachverständigengutachten vom 06.03.2018 und 26.06.2018 sind auch nicht zu beanstanden, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sehen.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.
Die Beschwerde zielt allerdings auf einen höheren Grad der Behinderung als 50 v.H. ab. Aktuell ist aber - wie aus den Gutachten vom 06.03.2018 und 26.06.2018 hervorgeht - kein höherer Grad der Behinderung als 50 v.H. objektiviert. Die Beschwerdeführerin ist dem medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 26.06.2018, welches das Vorgutachten vom 06.03.2018 bestätigt, trotz der eingeräumten Möglichkeit zu einer Stellungnahme nicht entgegengetreten.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung - trotz diesbezüglichen Hinweises im Parteiengehörsschreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.09.2018 - nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2199356.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.02.2019