Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerden 1) des JG in L und 2) des E und der ER in L, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 49, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. März 1999, Zl. Ge-442 427/1-1999-Bi/G, sowie vom 19. März 1999, Zlen. Ge-442 424/1-1999-Bi/G, Ge-442 425/1-1999-Bi/G, Ge-442 426/2-1999-Bi/G und Ge-442 428/1-1999-Bi/G, jeweils betreffend Zurückweisung von Berufungen in Verfahren nach § 359b GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: J-Vermietungs Ges.m.b.H. in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Dem Vorbringen der vorliegenden Beschwerden und den diesen angeschlossenen Bescheidausfertigungen zufolge wurden mit den im Spruch genannten Bescheiden des Landeshauptmannes von Oberösterreich u.a. von den Beschwerdeführern erhobene Berufungen gegen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, mit denen festgestellt worden war, dass von der mitbeteiligten Partei zur Genehmigung beantragte Änderungen einer näher bezeichneten Betriebsanlage der Bestimmung des § 359b GewO 1994 entsprächen, als unzulässig zurückgewiesen. Hiezu wurde nach Darstellung des Verfahrens - im Wesentlichen gleich lautend - ausgeführt, den Nachbarn komme in einem Verfahren nach § 359b GewO 1994 lediglich ein Anhörungsrecht zu, nicht jedoch Parteistellung, sodass die von ihnen erhobene Berufung zurückzuweisen gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden. Er hat sodann erwogen:
Die Beschwerdeführer erachten sich durch die angefochtenen Bescheide im "Recht als Nachbarn darauf verletzt, dass eine gewerbliche Betriebsanlage nicht bewilligt werden darf, wenn durch die mit ihr verbundenen Auswirkungen unsere und unserer Familie Gesundheit wegen Lärm- und Abgasbeeinträchtigungen und Erhöhung des Verkehrsaufkommens gefährdet wird (§ 74 Abs. 2 Z. 1 GewO), wenn wir durch sie im Sinne des § 74 Abs. 1 Z. 2 GewO durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub und Erhöhung des Verkehrsaufkommens unerträglich und unzumutbar belästigt werden und wenn die Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt werden können, also in unserem Recht auf Nichtgenehmigung einer solchen Betriebsanlage", weiters im Recht darauf, "dass uns als Nachbarn auch im so genannten vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs. 4 GewO eine Nachbarstellung zusteht, wenn wir durch diese Betriebsanlage im obigen Sinn gefährdet sowie unerträglich und unzumutbar belästigt werden," sowie im Recht, "dass das vereinfachte Verfahren gemäß § 359b Abs. 4 GewO nicht durchgeführt werden darf, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen und daher durch die Anwendung dieses vereinfachten Verfahrens unsere Nachbarrechte zur Geltendmachung der im ersten Absatz angeführten Gefährdungen und Beeinträchtigungen durch die Betriebsanlage und daher auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage beeinträchtigt werden". "Zusammengefasst" - so die Beschwerdeführer weiter - "sind wir also in unserem Recht als Nachbarn darauf verletzt, dass eine Betriebsanlage weder genehmigt werden darf, noch festgestellt werden darf, dass sie die im § 359b GewO festgelegten Voraussetzungen erfüllt, wenn die Voraussetzungen für das vereinfachte Verfahren nicht vorliegen und die im ersten Absatz angeführten Gefährdungen und Belästigungen durch diese Betriebsanlage vorliegen". Sie bringen hiezu im Wesentlichen - gleich lautend - vor, die Auffassung der belangten Behörde, den Nachbarn stünde im Verfahren nach § 359b GewO 1994 bei einem Anhörungsrecht keine volle Parteistellung zu, sei durch das Gesetz nicht gedeckt. Nach herrschender Meinung werde den Nachbarn in diesem Verfahren jedenfalls eine, wenngleich reduzierte Parteistellung zuerkannt. Da insoweit, als eine verwaltungsrechtliche Genehmigung vorliege, ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gemäß § 364a ABGB ausscheide, bestünde eine gravierende Rechtsschutzlücke, könnten die Nachbarn ihre Rechte zur Verhinderung derartiger Beeinträchtigungen (auch) im Verwaltungsverfahren nicht geltend machen. Das vereinfachte Verfahren sei im vorliegenden Fall zu Unrecht angewendet worden, weil die dafür normierten Voraussetzungen nicht vorlägen. Über diese Frage, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens tatsächlich vorlägen, hätte allerdings unter Wahrung der Nachbarrechte entschieden werden müssen. Zufolge der Zurückweisung der Berufungen der Beschwerdeführer würden Verfahrensverletzungen der Erstbehörde auch die angefochtenen Bescheide belasten. Die Beschwerdeführer rügen in diesem Zusammenhang u.a., dass im Gegenstand fünf Einzelverfahren statt eines Einzigen durchgeführt worden seien, dies offenbar zu dem Zweck, die Nachbarn auszuschalten. Dem Antrag der Beschwerdeführer auf Verlängerung der Äußerungsfrist um ein Monat zur Vorbereitung unter Einbeziehung technischer Beratung sei nicht stattgegeben worden. Schließlich sei den Beschwerdeführern zu dem in einem Erstbescheid erwähnten, von der D Projekt Consult am 16. November 1998 verfassten Stellplatznachweis und zu einer ergänzenden Stellungnahme des Büros S kein Parteiengehör eingeräumt worden. Die verständigten Nachbarn hätten sich darauf verlassen können, dass zum Datum der Kundmachung am 5. November 1998 sämtliche zu berücksichtigenden Aktenstücke vollständig zur Akteneinsicht zur Verfügung stünden und nicht ergänzende Projekte "nachgeschoben" würden. Die Beschwerdeführer hätten durch ihren Vertreter am 12. November 1998 Akteneinsicht genommen. Da nach der fristgerecht erfolgten Akteneinsicht weitere Aktenstücke hinzugekommen seien, zu denen keine Äußerungsmöglichkeit eingeräumt worden sei, liege ein gravierender Verfahrensmangel vor. Damit sei das den Beschwerdeführern zustehende Recht zur Abgabe einer Stellungnahme, die von der Behörde in ihrer Beurteilung behandelt werden müsse, beeinträchtigt worden. Im Übrigen baue das Projekt der mitbeteiligten Partei auf in Wahrheit nicht vorhandenen Grundlagen auf, seien eingeholte Gutachten - aus näher dargelegten Gründen - unschlüssig und es sei Beweisanträgen der Beschwerdeführer nicht entsprochen worden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte über die Betriebsanlage weder ein Feststellungsbescheid gemäß § 359b GewO 1994 erlassen werden, noch hätte die Betriebsanlage in einem "Normalverfahren" genehmigt werden dürfen.
Gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass
1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden oder
2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 1.000 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 100 kW nicht übersteigt,
das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; nach Ablauf der im Anschlag angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage.
Eine nicht dem Abs. 1 Z. 1 oder 2 oder einer Verordnung gemäß Abs. 2 oder 3 unterliegende Betriebsanlage ist gemäß § 359b Abs. 4 GewO 1994 dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 1 dann zu unterziehen, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353) ergibt, dass die Anlage
1.
nicht gefahrengeneigt (§ 82a Abs. 1) ist, und
2.
ihren Standort in einem Gebiet hat, das nach den für die Widmung der Liegenschaften maßgebenden Rechtsvorschriften überwiegend oder ausschließlich gewerblichen Tätigkeiten dient und in dem nach diesen Vorschriften das Errichten und Betreiben bzw. Ändern der Anlage zulässig ist.
Gemäß § 359b Abs. 8 GewO 1994 sind nach § 81 genehmigungspflichtige Änderungen einer Betriebsanlage dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 1 zu unterziehen, wenn die Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung die im Abs. 1 Z. 1 oder 2, Abs. 4, 5 oder 6 oder in einer Verordnung gemäß Abs. 2 oder 3 festgelegten Voraussetzungen erfüllt.
Im vereinfachten Verfahren nach § 359b GewO 1994 - einem solchen wurden die verfahrensgegenständlichen Änderungen der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei unbestrittenermaßen unterzogen - kommt den Nachbarn nach der dargestellten Rechtslage lediglich das Recht auf Anhörung zu; es kommt ihnen darüber hinaus aber kein Recht zu, dessen Beeinträchtigung sie in diesem Verfahren als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen können. Sie können daher auch nicht als Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen, Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 würden nicht vermieden oder Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 GewO 1994 würden nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 99/04/0041).
Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters bereits wiederholt ausgesprochen hat, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens von der Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung ohne diesbezügliche Parteistellung der Nachbarn zu klären. Den Nachbarn ist - im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführer - kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens seien von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999 und die hier zitierte Vorjudikatur).
Soweit die Beschwerdeführer aber eine Verletzung ihres Rechtes auf Anhörung geltend machen (selbst wenn sie dieses bereits in ihrer Berufung geltend gemacht hätten), ist ihnen zu entgegnen, dass Verfahrensfehler der Behörde - um einen solchen handelte es sich bei der den Beschwerdeführern nach ihrem Vorbringen nur unvollständig eingeräumten Äußerungsmöglichkeit - nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG führen können, wenn die Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. dazu sinngemäß auch die hg. Erkenntnisse vom 23. März 1994, Zlen. 93/01/0542, 93/01/0543, sowie vom 8. Februar 1995, Zl. 93/03/0093). Die Relevanz des Verfahrensverstoßes darzutun, ist Sache des Beschwerdeführers. Er hat durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde anzuführen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verwaltungsvorschriften hätte kommen können.
Diesen Anforderungen entsprechen die eine Verletzung des Anhörungsrechtes gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 geltend machenden - oben wiedergegebenen - Darlegungen der Beschwerde nicht. Ihnen kann kein Sachverhalt entnommen werden, bei dessen Kenntnis die belangte Behörde zur Auffassung hätte gelangen können, die Projektergänzung bewirke eine die Anwendung des vereinfachten Verfahrens ausschließende Beschaffenheit der Anlage im Sinne des § 359b Abs. 1 GewO 1994 oder mache zusätzliche Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 leg. cit. wahrzunehmenden Interessen erforderlich.
Was jedoch die beantragte Verlängerung der Äußerungsfrist anlangt, übersehen die Beschwerdeführer, dass § 359b Abs. 1 GewO 1994 einen maximalen Zeitrahmen von vier Wochen für die Ausübung des Anhörungsrechtes durch die Nachbarn vorsieht.
Durch die angefochtenen Bescheide wurden die Beschwerdeführer daher in den von ihnen als Beschwerdepunkte geltend gemachten Rechten nicht verletzt.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 30. Juni 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1999040103.X00Im RIS seit
20.11.2000