Entscheidungsdatum
24.10.2018Norm
BEinstG §14Spruch
W207 2198198-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 01.06.2018, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer stellte am 30.11.2017 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 BEinstG. Diesem Antrag legte der Beschwerdeführer Laborbefunde eines näher genannten Labors, einen pathologischen Befund eines näher genannten Facharztes für Pathologie vom 20.07.2017 und einen Patientenbrief eines näher genannten Spitals vom 04.09.2017 bei.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 25.01.2018 ein. Nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.01.2018 wurde - hier auszugsweise und in anonymisierter Form dargestellt - Folgendes ausgeführt:
"...
Anamnese:
2011-03-21 FLAG 50 v.H.: Colitis ulcerosa Richtsatzposition: 070406 GdB 50%, Gynäkomastie OP
Derzeitige Beschwerden:
Ich habe seit Jahren Colitis ulcerosa habe dadurch häufige Durchfälle, oft auch blutig. Ich neige dadurch zu häufigem Stuhldrang und Bauchschmerzen. Durch diese Erkrankung bin ich auch psychisch stark beeinträchtigt gehe einmal pro Woche zur Psychotherapie.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
MESAGRAN RET GRAN 3000MG BTL PANTOPRAZOL + PH MSR TBL 40MG SALOFALK KLYSMEN 4G 7X60G XYLOCAIN GEL 2% n Imurek, Symponi, Mutaflor, ANAEROBEX FTBL, Psychotherapie 1 x/Woche
Sozialanamnese:
Arbeitet in einem Callcenter, ledig und hat keine Kinder.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2017-09, Colitis Ulcerosa, Innere Med, Dr. H.:
Am 19.07.2017 wurde eine Sigmoidoskopie durchgeführt. Hierbei wurde eine floride Proktosigmoiditis ulcerosa gesehen.
Floride Proktosigmoiditis ulcerosa, (ED 2009) - St.p. Ciclosporintherapie als Jugendlicher - St.p. Imurek bis 1/2014, wurde nicht vertragen - Cortisonunverträglichkeit (Cortisonpsychose) - derzeit unter Simponi-Therapie
Stomatitis aphtosa Anpassungsstörung (Depressio bei Colitis ulcerosa) Z.n. atypischer Essstörung mit Somatisierungsstörung Z.n. CMV Infektion mit Begleithepatitis Z.n.Nephrolithiasis 2013, 2015 Z.n. zweimaliger Clavicula Fraktur re. Z.n. Gynäkomastie OP
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 177,00 cm Gewicht: 65,00 kg Blutdruck: 115/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung
Sensorium: Umgangssprache wird anstandslos verstanden
Haut und Schleimhäute: unauffällig, Lymphkoten nicht tastbar
Hals: frei beweglich
Schilddrüse nicht vergrößert, keine Gefäßgeräusche, Venen nicht gestaut
Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch,
Lunge: sonorer Klopfschall, VA, keine Dyspnoe beim Gang im Zimmer
Herz: reine Herzgeräusche
Abdomen: unauffällig, im Thoraxniveau, rektal nicht untersucht
Neurologisch: grob neurologisch unauffällig. Sensibilitätsstörungen werden keine angegeben.
WIRBELSÄULE:
Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, kein wesentlicher Hartspann der Rückenmuskulatur.
HWS: altersentsprechend frei beweglich, Drehung und Seitneigung beidseits frei. KJA: 1 cm
BWS: altersentsprechend frei beweglich
LWS: altersentsprechend frei beweglich FBA: 10 cm
Obere Extremitäten:
Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert. Schultergelenk rechts Seitliches Anheben:
140° Anheben nach vorne: 160° Schultergelenk links Seitliches
Anheben: 140° Anheben nach vorne: 160°
Nackengriff: bds möglich Schürzengriff: bds möglich
Hand- und Fingergelenke: keine signifikanten Funktionseinschränkungen
Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich.
Der Faustschluß ist beidseits mit allen Fingern möglich.
Untere Extremitäten:
Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft bds nicht signifikant vermindert. Hüftgelenk rechts: Beugung: 120° Rotation:
40-0-40°
Hüftgelenk links: Beugung: 120° Rotation: 40-0-40°
Kniegelenk rechts: 0-0-140°
Kniegelenk links: 0-0-140°
Sprunggelenke: beidseits annähernd normale Beweglichkeit, Fußheben und -senken bds durchführbar, alle Funktionen ungestört.
Zehenstand und Fersenstand beidseitig möglich, Einbeinstand bds möglich, Fußpulse bds palpabel.
Keine Ödeme, keine postthrombotischen Veränderungen.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Ungestört, kommt in normalen Straßenschuhen, ohne Gehhilfen, vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen und ist in den Bewegungsabläufen nicht maßgeblich behindert.
Status Psychicus:
Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig, freundlich, die Stimmungslage ist ausgeglichen. Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Colitis ulcerosa Unterer Rahmensatz, da ohne erhebliche Reduktion des Ernährungszustandes.
07.04.05
30
Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Depressio: ohne fachärztlich dokumentierte medikamentöse Behandlungsnotwendigkeit.
Herr S. kann trotz seiner Funktionsbeeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (allenfalls unter Zuhilfenahme von Unterstützungsstrukturen) einer Erwerbstätigkeit nachgehen:
[X]JA
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegt ein Zustand bei einer chronischen Darmerkrankung (Colitis ulcerosa) bei normalem Ernährungszustand vor. Dieses Leiden stellt zweifellos eine Beeinträchtigung des Alltagslebens dar, welches jedoch die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ebenfalls nicht erheblich erschwert.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
..."
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.06.2018 wurde - ohne dem Beschwerdeführer Parteiengehör zum eingeholten Sachverständigengutachten zu gewähren - der am 30.11.2017 eingelangte Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten abgewiesen und spruchgemäß festgestellt, dass der Grad der Behinderung 30 v.H. beträgt. Dies erfolgte unter Zugrundelegung des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 25.01.2018, wonach der Grad der Behinderung 30 v.H. betrage. Dieses Sachverständigengutachten, das dem Bescheid beigelegt sei, bilde einen Bestandteil der Begründung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 07.06.2018 fristgerecht Beschwerde und führte in inhaltlicher Hinsicht Folgendes - hier in anonymisierter Form wiedergegeben - aus:
"...
Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass ich das Gefühl hatte, das sich Hr. Dr. D. für mein Anliegen bzgl. meiner Colitis Ulcerosa nicht ausreichend Zeit genommen hat bzw. meinen Grad der Behinderung falsch bewertet hat.
Ich leide seit über 9, fast 10 Jahren an Colitis Ulcerosa. Mein Grad der Behinderung betrug zu dieser Zeit schon 40% (Antrag am 13.03.2013/Colitis seit 2009). Mein Gesundheitszustand hat sich so enorm verschlechtert, was auch in den mitgebrachten Befunden rauszulesen ist. Wie kann der Grad meiner Behinderung nun von 40% auf 30% runtergesetzt werden?
Mein Gesundheitszustand hat sich enorm verschlechtert und nicht verbessert. - Aus welchem Befund können Sie herauslesen, dass es eine Besserung gibt, wenn ich mich seit fast 1,5 Jahren in einem Schub (akutes Stadium dieser Krankheit) befinde? Ich habe 2017 bereits 2 Cortisontherapien (in meinen Befunden wurde auch eine "Cortisonunverträglichkeit" angegeben) hinter mir und habe auf keine darauf angesprochen. Es erfolgte keine Besserung- weiterhin extreme Bauchkrämpfe, aufgeblähter Bauch, der heftige Schmerzen verursacht, ständiger Stuhldrang und blutige Durchfällen?
Weiters lag ich im Spital und wurde vollgepumpt mit Medikamenten - selbst diese brachten meine Colitis Ulcerosa zu keinem Stillstand und ich blieb weiterhin im Schub. Die Ärzte begannen mir Simponi (Immunsupressiva in Spritzenform) zu verschreiben - 1 Mal pro Monat, auch das half nicht - deshalb wurde die Dosis von 50mg auf 100 mg verdoppelt und nicht nur 1 Mal pro Monat, sondern alle 2 Wochen. Wenn Sie die Nebenwirkungen dieses Medikamentes kennen, sollten Sie wissen, was das bedeutet und welche Auswirkungen auf andere Organe dieses Medikament hat. Leider brachte auch dieses Medikament nicht den erwünschten Erfolg. Auch TCM (Akupunktur - Chinesische Medizin) habe ich versucht, dachdem ich das Gefühl hatte, das kein Arzt mehr weiter weiß - auch ohne Erfolg, außer dass es viel Geld gekostet hat.
Ich kann meinen erlernten Beruf in der Gastronomie nicht mehr ausüben und sitze stattessen im Call Center, weil das der einzige Job ist, wo ich nach einem Anruf das WC aufsuchen kann und selbst das ist in einem Großraumbüro, wo zig andere Kollegen das WC nutzen nicht einfach. Nicht nur dass die WC s oftmals besetzt sind, sondern ich auch laute Geräusche am WC verursache - das ist peinlich und belastend! Zum Glück darf ich 2 Mal pro Woche von zuhause aus Arbeiten, was mich etwas entlastet. Ich muss und will auch arbeiten, da ich von Notstandshilfe alleine nicht leben kann und auch nicht will. Auch möchte ich mich nicht unterkriegen lassen von meiner Erkrankung und möchte mich nicht als Minderheit sehen. Die Arbeit ist auch das Einzige in meinem Leben, was ich noch habe, da auch soziale Kontakte wie Freunde nicht mehr vorhanden sind - warum das so ist - zu dem komme ich später noch mal.
Lactose, Fructose, Glucose, Glutenunverträglichkeit wurde alles ausgetestet - die Ergebnisse waren negativ. Medikamente wie Antifiat, Colofac und weitere diverse Medikamente wurden mir bereits verabreicht - ohne Erfolg - Ich muss mich damit abfinden, dass ich wohl weiterhin unter meinen Blähungen leiden werde und am Ende mit meinem Problem ganz alleine bin.
Wenn ich Draußen auf der Straße gehe, auf dem Weg zur Arbeit & Nachhause, begleitet mich ständig die Angst aufs WC zu müssen. Meine Augen richten sich auch nur mehr danach und es ist nicht nur 1 Mal passiert, dass ich mich in die Hose gemacht habe. Meine lieben Damen und Herren, ich trage drei Unterhosen und zusätzlich Binden, die ich immer mit mir trage. Öffentliche Verkehrsmittel versetzen mich in einen enormen Stresszustand, da es in U-Bahnen, Bussen und Straßenbahnen keine Toiletten gibt. Es gibt Tage, wo ich mehrere Anläufe brauche um das Haus zu verlassen, da sobald ich die Stufen runtergehe (Bewegung), nochmal raufgehen muss um nochmals aufs WC zu gehen. Deshalb fahre ich an Tagen, an denen ich kein Mobile Working machen darf auch immer viel früher los, da ich auch nie genau weiß im Vorhinein wie oft ich aus der Bahn aussteigen muss um eine Toilette aufzusuchen.
Neben dem werde ich von anderen Personen in öffentlichen Verkehrsmitteln boshaft angemacht, wenn ältere Menschen einsteigen, ich nicht aufstehen kann und ältere gebrechliche Personen nicht sitzen lasse. Das ist mir aber nicht möglich, wenn ich Krämpfe habe - ich kann meinen Stuhldrang im Sitzen auch besser kontrollieren als im Stehen. Man sieht mir eben die Krankheit nicht an, ich trage Sie nicht nach Außen und Menschen können in mich nicht reinsehen. Und wie wir alle wissen, verurteilen wir Menschen alle viel zu schnell und wissen gar nicht wie es Ihnen gerade geht und was, wie in meinem Fall, eine Erkrankung mit demjenigen gerademacht.
Ich hatte das Gefühl, dass Hr. Dr. D. mich großteils nur nach meinem Auftreten bewertet hat - als jungen Mann, der nicht krank aussieht, der halt hie und da mal Bauchschmerzen hat, was aber ganz anders ist, wie Sie in meinem Brief an Sie, gerade rauslesen können. Ich war beim Gutachten so früh schon fertig, kam kaum zu Wort, es war hektisch und ich hatte auch den Eindruck nicht ernst genommen zu werden. Neben dem bezweifle ich sehr, dass meine Befunde überhaupt durchgelesen wurden.
In dem Bescheid steht unter "Allgemeinzustand:" Gut. Wie kann das möglich sein? Neben meinem wie bereits obig erwähnten Problemen, fühle ich mich schlapp, müde, überfordert, belastet und habe durch die blutigen Durchfälle Eisenmangel und Anämie. Trotz 3 Eiseninfusionen war der Eisenstatus nach 1 Monat wieder im Minus. Meine Immunsupressiva machen mich Infekt-anfällig und 2 Nierenkoliken habe ich bereits auch hinter mir.
Zu meinem "Ernährungszustand" kann ich sagen, dass ich nur Zuhause essen kann, verzichte auf alle Milchprodukte, esse Gemüse nur eingeschränkt, kein rohes Obst mehr, weil all das meinem Bauch noch mehr Schmerzen bereitet. Meist esse ich immer das Gleiche wo ich weiß, dass es gut verträglich ist. Trotzdem leide ich 24/7 unter Blähungen und immer wieder kehrenden und gehenden Bauchkrämpfen ununterbrochen. Auch esse ich nie öffentlich (weil ich danach sehr oft aufs Klo muss) und nie in der Arbeit (um Schmerzen und Blähungen zu reduzieren - REDUZIEREN!!! weil vorhanden sind sie immer...). Das ist für mich eine enorm eingeschränkte Lebensqualität!!!!!!!!!!!!!!!
Ich suche wöchentlich meinen Psychotherapeuten S. auf, weil ich Freunde zum Reden ja auch keine mehr habe. Ich bin 25 Jahre jung und denken Sie andere in meinem Alter möchten davon hören wie meine Krankheit mich belastet? Oder ständig mit mir das nächste WC aufsuchen? Andere in meinem Alter haben Partnerschaft oder gehen Feiern (Meine Wochenenden verbringe ich Zuhause - alleine!!) - Denken Sie, dass ich da mithalten kann, wenn ich ständig mit meiner Krankheit konfrontiert werde? Wie kann ich an was Anderes denken, wenn mein Darm mir ununterbrochen Probleme bereitet und mir zeigt, dass irgendetwas nicht stimmt?? - Ich führe kein Leben wie die anderen, dass meinem Alter entspricht - ich bin eingeschränkt und tot unglücklich. Die letzten 3 Jahre kosteten mir so viel Kraft, da es mir schlechter denn je geht!!!!!!!
In Ihrem Bescheid steht auch "Stimmungslage" ausgeglichen. - Ich wurde nicht danach gefragt, wie ich mich fühle. - Nach dem ich Ihnen von meinem Leidensweg in diesem Brief hier berichte, würden Sie behaupten, dass meine Stimmung ausgeglichen sein kann? Ich bin depressiv, traurig und überfordert. Überfordert auch, dass ich nicht ernstgenommen werde und meine Behinderung auch noch auf 30% runterreduziert wurde - ernsthaft, wenn ich seit 2013 40% hatte (wo meine Krankheit zu dem Zeitpunkt bei weitem nicht so schlimm war) und die letzten Jahre sich so verschlechtert haben, müsste doch meine Behinderung jetzt über 40% betragen?? Oder nicht? Erklären Sie mir bitte aus welchem Befund, Sie eine "Besserung" feststellen können????
Ich ersuche um ein weiteres Gutachten und wäre sehr dankbar, wenn sie mich einem anderen Arzt zuweisen könnten. Natürlich nur, wenn dies möglich ist.
..."
Die belangte Behörde machte von der ihr gemäß § 14 VwGVG eingeräumten Möglichkeit der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung keinen Gebrauch. Sie legte dem Bundesverwaltungsgericht die eingebrachte Beschwerde mit dem Verwaltungsakt am 14.06.2018 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchteil A)
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
-
der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
-
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 28 VwGVG, Anm. 11.)
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), lauten:
"Begünstigte Behinderte
§ 2. (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:
1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,
2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,
3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.
(Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)
(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die
a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder
b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder
c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder
d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.
(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.
...
Behinderung
§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Feststellung der Begünstigung
§ 14. (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH
a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;
b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;
c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;
d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).
Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen.
(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.
..."
Der Bescheid der belangten Behörde vom 01.06.2018, mit dem ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt wurde, erweist sich in Bezug auf ein ordnungsgemäß durchgeführtes Ermittlungsverfahren als mangelhaft, und zwar aus folgenden Gründen:
Gemäß § 56 AVG hat der Erlassung eines Bescheides grundsätzlich ein Ermittlungsverfahren vorauszugehen. Zum einen ist darin der für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebliche Sachverhalt festzustellen, und zum anderen hat es den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Diese Gelegenheit wird den Parteien u.a. durch Gewährung eines Parteiengehörs zum festgestellten Sachverhalt gemäß § 45 Abs. 3 AVG eingeräumt. Das Parteiengehör ist jedenfalls vor der Entscheidung der Behörde zu gewähren. Im gegenständlichen Fall wurden dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten vom 25.01.2018 vor Bescheiderlassung nicht zur Kenntnis gebracht und ihm damit nicht die Möglichkeit gegeben, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen und bereits im Rahmen eines eingeräumten Parteiengehörs vorzubringen, dass eine seiner Ansicht nach bei ihm vorliegende Funktionseinschränkung nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt wurde.
Im gegenständlichen Fall kommt zu diesem Verfahrensmangel aber erschwerend hinzu, dass das bereits im Rahmen des Verfahrens vor der belangten Behörde erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei - neben der bei ihm vorliegenden Colitis ulcerosa - auch psychisch stark beeinträchtigt, von der belangten Behörde bei der Einschätzung des Grades der Behinderung tatsächlich nicht bzw. nicht sachgerecht berücksichtigt wurde. Die belangte Behörde hat sich sohin nicht mit der in Form der Vorlage entsprechender Befunde behaupteten Funktionseinschränkung auseinandergesetzt.
Im Rahmen seiner persönlichen Untersuchung am 19.01.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er seit Jahren Colitis ulcerosa habe. Durch diese Erkrankung sei er auch psychisch stark beeinträchtigt und gehe einmal pro Woche zur Psychotherapie. Außerdem geht aus dem vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Antragstellung vorgelegten Patientenbrief eines näher genannten Spitals vom 04.09.2017 hervor, dass der Beschwerdeführer im Zuge seines stationären Aufenthalts unter anderem auch klinisch psychologisch betreut wurde. Die Gespräche mit dem Beschwerdeführer hätten laut dem vorgelegten Patientenbrief vom 04.09.2017 der Entlastung und Ressourcenaktivierung gedient. Eine psychotherapeutische Behandlung nach der Entlassung wurde empfohlen, eine psychiatrische Abklärung hat stattgefunden, ein Antidepressivum wurde verordnet. Dieser Patientenbrief vom 04.09.2017 wurde zwar - wie sich aus dem Punkt "Zusammenfassung relevanter Befunde" im Gutachten vom 25.01.2018 ergibt - bei der Gutachtenserstellung berücksichtigt. Unter dem Punkt "Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung" führte der Gutachter jedoch aus, dass eine Depression bei der Gutachtenserstellung ohne fachärztlich dokumentierte medikamentöse Behandlungsnotwendigkeit nicht berücksichtigt habe werden können. Aus dem vorgelegten Patientenbrief vom 04.09.2017 ergibt sich jedoch, dass im Gegensatz zu den diesbezüglichen Feststellungen im Gutachten vom 25.01.2018 eine fachärztliche (psychiatrische) Abklärung beim Beschwerdeführer stattgefunden hat und ihm eine psychotherapeutische Behandlung nach der Entlassung empfohlen und ein Antidepressivum verordnet wurde.
Der vorgelegte Patientenbrief vom 04.09.2017 und das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Gutachtenserstellung betreffend seine psychische Verfassung hätten eine weitere Abklärung diesbezüglich durch die belangte Behörde notwendig gemacht, worauf auch das nunmehrige Beschwerdevorbringen Bezug nimmt. Insbesondere hätte von der belangten Behörde eine Untersuchung des Beschwerdeführers durch einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie veranlasst werden müssen; das bisher vorliegende Sachverständigengutachten ist in diesem Zusammenhang als unvollständig anzusehen.
Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der Neuerungsbeschränkung iSd § 19 Abs. 1 BEinstG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zweckmäßig, dies insbesondere auch im Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Verfahrens keine Möglichkeit gegeben wurde, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hatte sohin erst in der Beschwerde Gelegenheit, der sachverständigen Beurteilung konkret und substantiiert entgegenzutreten und darzulegen, ob und gegebenenfalls welche gutachterlichen Ausführungen dem tatsächlichen Leidensausmaß widersprechen bzw. dass bisher bereits festgestellte und - allenfalls - noch bestehende Leiden bei der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Der Sachverhalt ist daher in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig; die bisher vorliegenden Ermittlungsschritte sind im gegebenen Zusammenhang noch nicht geeignet, zur ausreichenden Sachverhaltsklärung beizutragen.
Die belangte Behörde machte von der ihr gemäß § 14 VwGVG eingeräumten Möglichkeit der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (die unter anderem auch dazu dienen kann, bei allenfalls gleichbleibendem Bescheidergebnis wesentliche Sachverhalts- oder auch Begründungselemente nachzutragen) trotz des entsprechenden Beschwerdevorbringens keinen Gebrauch.
Im gegenständlichen Fall ist jedenfalls davon auszugehen, dass die belangte Behörde im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt hat bzw. die Ermittlung des Sachverhaltes in entscheidungswesentlichen Fragen an das Bundesverwaltungsgericht delegiert hat. Im weiteren Verfahren wird der Beschwerdeführer auch durch einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie - unter Beachtung der schriftlichen Stellungnahme des Psychotherapeuten des Beschwerdeführers vom 11.07.2018 - zu untersuchen sein.
Die unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht läge angesichts des gegenständlichen mangelhaft geführten verwaltungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens nicht im Interesse der Raschheit und wäre auch nicht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Zu berücksichtigen ist auch, dass mit dem verwaltungsgerichtlichen Mehrparteienverfahren ein höherer Aufwand verbunden ist.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid der belangten Behörde gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice zurückzuverweisen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass im verwaltungsbehördlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt in Anbetracht des oben zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz keine grundsätzliche Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W207.2198198.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.02.2019