TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W262 2195473-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W262 2195473-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 04.04.2018, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 BBG und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass dem Antrag des Beschwerdeführers vom 26.09.2017 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass Folge gegeben wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer war ab 29.10.2015 Inhaber eines bis 31.12.2017 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. und der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".

In dem dieser Einschätzung zugrundliegenden Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 01.10.2015 wurden degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, degenerative Kniegelenksveränderungen links, Bluthochdruck, beidseitiger Leistenbruch, Sulcus nervi ulnaris Syndrom beidseits und degenerative Schultergelenksveränderungen diagnostiziert.

2. Am 26.09.2017 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO und legte diverse medizinische Befunde und Unterlagen vor.

Auf dem Antragsformular der belangten Behörde war folgender Hinweis zu finden:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

3. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines bisher nicht befassten Facharztes für Unfallchirurgie ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 20.02.2018 erstatteten - Gutachten vom 02.03.2018 wurde auszugsweise Folgendes festgehalten:

"...

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput unauffällig, Collum o.B., HWS in R 55-0-55, F 10-0-10, KJA 1 cm, Reklination 14 cm. BWS-Drehung 25-0-25, normale Lendenlordose, Schober 10/13 cm, FKBA 45 cm, Seitneigung bis 15 cm ober Patella. Kein Beckenschiefstand. Thorax symmetrisch, Abdomen adipös.

Beide Schultern in S 40-0-160, F 160-0-40, R bei F90 60-0-60, Ellbögen 0-0-125, Handgelenke 50-0-50, Faustschluß beidseits frei. Nacken-und Kreuzgriff möglich. Hüftgelenke in S 0-0-95, F 30-0-20, R 20-0-10, Kniegelenke beidseits 0-0-125, Sprunggelenke 10-0-40.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gang in Straßenschuhen ohne Gehbehelf durchführbar, verwendet 2 Stützkrücken.

Zehenspitzenstand und Fersenstand erschwert.

Status Psychicus: Normale Vigilanz, adäquate Fragenbeantwortung. Ausgeglichene Stimmungslage.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Multisegmentale Bandscheibeschäden lumbal, relative Spinalkanalstenose L3/4/5, Neuroforameneinengung. Eine Stufe über unterem Rahmensatz, da anhaltende Wurzelreizsymptomatik.

02.01.03

60

2

Degenerative Kniegelenksveränderungen links. Oberer Rahmensatz, da Belastungsdefizit.

02.05.18

20

3

Bluthochdruck. Fixer Rahmensatz.

05.01.02

20

4

Beidseitiger Leistenbruch. Unterer Rahmensatz, da keine dokumentierte Komplikation.

07.08.01

10

5

Sulcus nervi ulnaris Syndrom beidseits. Unterer Rahmensatz, da nur sensorisches Defizit.

04.05.05

10

6

Degenerative Schultergelenksveränderungen rechts. Fixer Rahmensatz.

02.06.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 60 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 bis 5 nicht erhöht, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.

...

Dauerzustand.

...

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Dem ausführlichen Behandlungsbericht des KH XXXX folgend (Gangbild:

diskretes Schonhinken nach rechts, Fersengang, Zehenspitzengang, Blindgang unauffällig, Rhombergversuch und Unterbergertretversuch unauffällig, Lumbalgie mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in beide Oberschenkel dorsal bis zur Kniekehle ohne sicheres sensomotorisches Defizit): Eine wesentliche Mobilitätseinschränkung besteht nicht. Die Gehstrecke ist ausreichend, das sichere Ein- und Aussteigen und der sichere Transport sind gewährleistet. Alle notwendigen Haltegriffe können erreicht werden.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

..."

4. Am 06.03.2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme mit und gab ihm die Möglichkeit, binnen einer Frist von drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

5. Dem Beschwerdeführer wurde am 03.04.2018 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 04.04.2018 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend stützte sich die belangte Behörde im Bescheid auf das Sachverständigengutachten vom 02.03.2018, wonach die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht gegeben seien.

Das Sachverständigengutachten vom 02.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.

7. Mit Schreiben vom 09.05.2019 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, fristgerecht eine Beschwerde und führte aus, dass er an multisegmentalen Bandscheibenschäden, einem Cervicalsyndrom sowie einer Claudicatio Spinalis Symptomatik bei Spinalkanalstenose L3/4 sowie L4/L5 leide. Die Gehstrecke sei auf zehn Meter eingeschränkt und er stürze vermehrt. Weiters würden ein Zustand nach Karpaltunnelsyndrom-Operation beidseits mit Restparästhesien sowie ein Sulcus ulnaris Syndrom beidseits bestehen. Er sei auf zwei Unterarmstützkrücken angewiesen und könne nur sehr kurze Strecken zurücklegen. Das Ein- und Aussteigen sowie ein sicheres Festhalten während des Transportes seien nicht gewährleistet. Der Befund aus dem Jahr 2016, auf den sich der Sachverständige stütze, entspreche nicht dem aktuellen Leidensbild. Der Fersen-, Zehenspitzen- und Blindgang seien erschwert. Schließlich würden die neurologischen Diagnosen die orthopädischen Einschränkungen und den beidseitigen Leistenbruch beeinflussen und weiters die Mobilität reduzieren. Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung eines Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Neurologie. Weiters legte er seiner Beschwerde einen Befund eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 24.04.2018 bei.

8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 16.05.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

9. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge eine Gutachtensergänzung des bereits befassten Facharztes für Unfallchirurgie ein. In der am 12.06.2018 aufgrund der Aktenlage erstatteten Gutachtensergänzung wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (ergänzt um die Fragestellung des Bundesverwaltungsgerichtes):

"...

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen Abl. 26-27 und das nervenfachärztliche Attest vom 24.04.2018 (Abl. 25) wird ersucht auszuführen, ob sich dadurch eine Änderung der Einschätzung ergibt:

...

BEURTEILUNG

Ad 1) Strenggenommen ändert das vorgelegte Attest meine Einschätzung nicht. Die maximale Gehstrecke des Patienten beträgt aktuell nach Angaben des Patienten 10 m. Das Attest ist kein Gutachten, es fehlt ein Untersuchungsbefund und ein eigentlich zur Beurteilung ganz wichtiger Neurostatus.

Der Neurobefund ist ident mit dem Befund aus 9/2017, der gewürdigt gesehen und mitverwendet wurde.

Prinzipiell glaube ich nach wie vor, dass es dem BF möglich ist, die ÖVM zu benützen, zumal beim Vorgutachten laut Neurologe 100 Meter Gehfähigkeit bestand, der BF aber frei und sicher unterwegs war. Es ist ihm vielleicht mühsam.

Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten, aber eine als grenzwertig einzustufende Einschränkung neurologischer Funktionen. Eine Claudicatio Spinalis-Symptomatik ist kein Dauerzustand, sondern ein wechselnd intensives Schmerzbild mit der Folge einer Motilitäts- und Mobilitätseinschränkung.

Der neue Befund ist eine Kopie des alten, ergänzt ist lediglich die Einschränkung beim Stiegen steigen.

Der BF hat das Problem seit zumindest 2015, eine Operation wurde aber nicht durchgeführt. 9/2017 wurde sie durch den Neurologen empfohlen, aber bis dato nicht gemacht. Diese Therapieoption besteht also.

Aus rein orthopädischer Sicht bleibe ich bei meinem Kalkül. Empfehle ein GA aus dem Fachgebiet der Neurologie. Die Einschätzung der Leiden ist unverändert.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich."

10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 02.07.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen drei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere, werde das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass derzeit eine neurologische Begutachtung in Niederösterreich nicht möglich sei und darauf hingewiesen, dass eine Begutachtung in Wien erforderlich ist.

11. Mit Schreiben vom 13.07.2018 stimmte der Beschwerdeführer einer neurologischen Untersuchung in Wien zu.

12. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie ein. In dem - aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 04.09.2018 - erstatteten Gutachten vom selben Tag wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (ergänzt um die Fragestellung des Bundesverwaltungsgerichtes):

"...

Anamnese: Kommt in Begleitung des Bruders ( XXXX ). Seit einigen Jahren besteht eine zunehmende Gangstörung bei bekannter lumbaler Vertebrostenose L3-5 mit Ausstrahlung in beide UE li > re, eine operative Therapie wurde empfohlen, jedoch auf Grund des OP-Risikos bei Adipositas nicht durchgeführt, er könne nur mit 2 Krücken gehen, es besteht eine typische Claudicatio spinals Symptomatik mit plötzlich einsetzenden sensomotorischen Ausfällen in de UE mit mehrfachen Stürzen.

Nervenärztliche Betreuung: Keine.

Subjektive derzeitige Beschwerden: Es werden Schmerzen und Schwäche in den UE angegeben, Gehstrecke vermindert.

Sozialanamnese: Lebt alleine, pensioniert, kein Pflegegeld.

Medikamente (neurologisch/ psychiatrisch): Novalgin, Trittico ret. 150mg 1/3, Hydal.

Neurostatus:

Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen.

Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten besteht li. > re. eine distal betonte Schwäche der Vorfußheber und Senker,

Fersen/ Zehenspitzen/ Einbeinstand bds. frei nicht möglich.

Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich nicht auslösbar.

Die Koordination ist intakt, die Pyramidenzeichen sind an den oberen und unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird im Bereich L5/S1 li > re., sowie in den OE bds. ulnarseitig als gestört angegeben.

Das Gangbild ist mit 2 Krücken breitbasig schwerfällig, am Gang 50m ohne Pause.

Psychiatrischer Status:

Örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert, keine Antriebsstörung, Auffassung regelrecht, keine kognitiven Defizite, Affekt ausgeglichen, Stimmungslage dysthym, Durchschlafstörung, keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.

Die dauernden Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers sind als Diagnoseliste anzuführen. Eine Einschätzung des Grades der Behinderung ist nicht vorzunehmen:

1) Diagnosen:

1. Multisegmentale Bandscheibenschäden mit Vertebrostenose

2. Degenerative Kniegelenksveränderungen

3. Bluthochdruck

4. Beidseitiger Leistenbruch

5. Sulcusulnaris Syndrom bds.

6. Degenerative Schultergelenksveränderung re.

2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor: Es bestehen von nervenärztlicher Sicht erhebliche Einschränkungen der UE bei einer lumbalen Vertebrostenose mit einer deutlich verminderten Gehstrecke, ein Aktionsradius von 10 Min. ist nicht möglich. Prinzipiell wäre eine operative Sanierung das Mittel der Wahl, der BW gibt an, dass auf Grund der Adipositas das OP Risiko zu hoch wäre (diesbezüglich liegt keine internistische fachärztliche Stellungnahme vor).

...

3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor: Aus nervenärztlicher Sicht nicht.

4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor: Es liegen erhebliche sensomotorische Einschränkungen der UE vor bei lumbaler Vertebrostenose, die im nervenärztlichen Attest angeführten Beschwerden (Abl. 25) können in der Untersuchung objektiviert werden; auch im unfallchir. Gutachten wurden die neurologischen Funktionen als grenzwertig eingeschätzt.

5) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor:

Aus nervenärztlicher Sicht nicht.

6) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor: Aus nervenärztlicher Sicht nicht

7) Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde (Abl. 26-27) erhobenen Einwendungen: Abl. 26-27: Die max. Gehstrecke von 10 m konnte von mir nicht bestätigt werden (BW konnte am Gang 50m ohne Pause gehen), jedoch liegen erhebliche sensomotorische Ausfälle der UE vor bei typischer Claudicatio Spinals Symptomatik, die rez. Stürze sind nachvollziehbar.

8) Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens/Beschwerdeverfahrens vorgelegten Befunden (Abl. 3-8; 25) und allfälligen zur Untersuchung mitgebrachten Befunden: Abl. 3-8: Im Vergleich zum Neurostatus KH XXXX (Abl. 5) ist der Zustand verschlechtert, da nunmehr der Zehenspitzen- und Fersenstand nicht mehr möglich sind und sich das Gangbild verschlechtert hat.

Abl. 25: Es liegen erhebliche sensomotorische Einschränkungen der UE vor bei lumbaler Vertebrostenose, die im nervenärztlichen Attest angeführten Beschwerden können in der Untersuchung objektiviert werden.

9) Bitte um Stellungnahme über die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel: Es liegen Funktionseinschränkungen aus nervenärztlicher Sicht vor (sensomot. Ausfälle bei lumbaler Vertebrostenose), die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m), das Ein- und Aussteigen bei den üblichen Niveauunterschieden ohne fremde Hilfe oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel erheblich erschweren. Besondere Schmerzen sind mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht verbunden.

10) Stellungnahme zu einer allfälligen zum angefochtenen Gutachten vom 02.03.2018, samt Ergänzung vom 12.06.2018 abweichenden Beurteilung: Änderung zum VGA, da die neurologischen Ausfälle eine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel bedingen, wobei eine Therapieoption besteht (operative Sanierung der Vertebrostenose). Ein evt. OP Risiko kann von meiner Seite nicht ausreichend eingeschätzt werden.

11) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist: Nachuntersuchung 9/21, da Besserung möglich."

12. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen drei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere, werde das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen.

13. Mit Schreiben vom 19.09.2018 bestätigte der Beschwerdeführer, dass ihm die Benützung öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar sei und ersuchte um ehestmögliche Erlassung einer Entscheidung. Die belangte Behörde ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war ab 29.10.2015 Inhaber eines bis 31.12.2017 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v. H. und der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".

Der Beschwerdeführer brachte am 26.09.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO ein, welcher von der belangten Behörde als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet wurde.

Der Beschwerdeführer ist seit 03.04.2018 Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Multisegmentale Bandscheibenschäden mit Vertebrostenose;

2. Degenerative Kniegelenksveränderungen;

3. Bluthochdruck;

4. Beidseitiger Leistenbruch;

5. Sulcus ulnaris Syndrom beidseits;

6. Degenerative Schultergelenksveränderung rechts.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 04.09.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Beim Beschwerdeführer bestehen aufgrund einer lumbalen Vertebrostenose und der Claudicatio Spinals Symptomatik erhebliche sensomotorische Einschränkungen der unteren Extremitäten. Aufgrund von wiederkehrenden Stürzen und plötzlich einsetzenden sensomotorischen Ausfällen werden zwei Stützkrücken verwendet. Es besteht bei breitbasigem und schwerfälligem Gangbild eine Steh- und Gangunsicherheit, die das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel erheblich erschweren. Der sichere und gefährdungsfreie Transport in (fahrenden) öffentlichen Verkehrsmitteln ist nicht gewährleistet.

Aufgrund der festgestellten Funktionseinschränkungen kann dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht zugemutet werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Behindertenpass, zur Antragstellung und Wertung des Antrages ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Funktionseinschränkungen sowie zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung gründen sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 04.09.2018. Darin wurde auf die Art und Schwere der Leiden des Beschwerdeführers sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Das Gutachten setzt sich ausführlich mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffenen medizinischen Beurteilungen basieren auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen). In diesem Gutachten wurde nachvollziehbar dargelegt, dass beim Beschwerdeführer erhebliche sensomotorische Einschränkungen der unteren Extremitäten bestehen und die zurücklegbare Wegstrecke verkürzt ist. Hinzu tritt - auch unter Verwendung von zwei Stützkrücken - eine vermehrte Sturzneigung.

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten wurde der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer unter Einräumung einer Frist zur Äußerung übermittelt. Die belangte Behörde hat sich dazu nicht mehr geäußert. Der Beschwerdeführer bekräftigte in seiner Stellungnahme die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

2.3. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 04.09.2018. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."

3.3. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:

"§ 1. ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

...

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

..."

3.4. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:

"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-

nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-

anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),

-

schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-

fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

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selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

..."

3.5.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts des Beschwerdeführers vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

3.5.2. Diese (zur Rechtslage vor Erlassung der Verordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 ergangene) Rechtsprechung ist zur Beurteilung der Voraussetzungen der Zusatzeintragung nach § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen unverändert von Bedeutung. Dies folgt bereits daraus, dass die zitierte Verordnungsbestimmung jene rechtlich relevanten Gesichtspunkte der Benützung eines Verkehrsmittels, auf die die bisherige Rechtsprechung abstellt (Zugangsmöglichkeit, Ein- und Aussteigemöglichkeit, Stehen, Sitzplatzsuche etc.), nicht modifiziert oder beseitigt hat, sondern weiterhin auf den Begriff der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel abstellt und lediglich ergänzend regelt, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen "insbesondere" als solche in Betracht kommen, die die Unzumutbarkeit nach sich ziehen können.

3.6. Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der Entscheidung das - vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig erkannte und im Rahmen des Parteiengehörs unwidersprochen gebliebene - Sachverständigengutachten eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der gutachterlichen medizinischen Beurteilung ist dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt - angesichts der bei ihm festgestellten Funktionseinschränkungen und insbesondere der festgestellten Sturzneigung - die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.

3.7. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern.

Die belangte Behörde hat folglich die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass des Beschwerdeführers vorzunehmen. Darüber hinaus wird die Behörde dem - soweit ersichtlich bisher unerledigt gebliebenen - Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) stattzugeben haben.

3.8. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.8.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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