TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W262 2189208-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W262 2189208-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 07.02.2018, OB XXXX , betreffend Einziehung des Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin war seit 13.03.2015 Inhaberin eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und diversen Zusatzeintragungen.

2. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vom 05.05.2015 wurde nach Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens vom 31.07.2015 mit Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als "belangte Behörde" bezeichnet), vom 14.10.2015 keine Folge gegeben. Ein weiterer Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung vom 10.08.2016 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 26.08.2016 als unzulässig zurückgewiesen, da seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr verstrichen war und keine offenkundige Änderung der Voraussetzungen glaubhaft gemacht wurde.

3. Die Beschwerdeführerin stellte am 18.08.2017 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, da sich ihr Gesundheitszustand wesentlich verschlechtert habe. Am 11.10.2017 stellte die Beschwerdeführerin darüber hinaus einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO. Auf dem Antragsformular der belangten Behörde findet sich folgender Hinweis:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

4. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 25.10.2017 erstatteten - Gutachten vom 03.01.2018 wurde auszugsweise Folgendes festgehalten:

"...

Derzeitige Beschwerden:

Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen in beide Beine, die Antragwerberin gibt an, zu wenig Muskelmasse an den Oberschenkeln zu haben, Einschränkung der Gehleistung, ein Stock als Gehhilfe, selbständig Fortbewegung möglich, die Antragwerberin gibt an, längere Wegstrecken nur schwer zurücklegen zu können.

...

Klinischer Status - Fachstatus:

Sauerstoffsättigung der Raumluft: pO2: 98 %, Puls: 82/min, keine Ruhedyspnoe

Kopf: Zähne: Prothese, Lesebrille, Sensorium frei, Zustand nach Tonsillektomie, Nervenaustrittspunkte unauff.,

Hals: keine Einflussstauung, Schilddrüse schluckverschieblich, Lymphknoten o.B.,

Thorax: symmetrisch,

Herz: normal konfiguriert, Herztöne rein, keine pathologischen Geräusche,

Lunge: vesikuläres Atemgeräusch, Basen gut verschieblich, son. Klopfschall,

Wirbelsäule: endlagige Einschränkung der Rotation der Halswirbelsäule, Kinn-Jugulum-Abstand 2cm, seichte rechtskonvexe Kyphoskoliose der Brustwirbelsäule, Hyperlordrose der Lendenwirbelsäule, Fingerbodenabstand 20cm, thorakaler Schober 30/33cm, Ott: 10/13cm, Hartspann der Lendenwirbelsäule,

Abdomen: weich, über Thoraxniveau, Hepar und Lien nicht palpabel, keine Resistenz tastbar, blande Narbe nach medianer Laparotomie, kein Bruchsack tastbar,

Nierenlager: beidseits frei,

obere Extremität: frei beweglich, Globalfunktion und grobe Kraft beidseits erhalten, Nacken- und Kreuzgriff möglich,

untere Extremität: frei beweglich bis auf endlagige Flexionsstörung beider Kniegelenke bei Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits, geringe Valgisierung ca. 10°, Umfang des rechten Kniegelenkes: 37cm (links: 35,5cm), keine signifikante Involutionsatrophie der Unterschenkelmuskulatur, Umfang des rechten Unterschenkels: 33cm (links: 32cm), keine Ödeme, keine trophischen Hautstörungen, Reflex mäßig gut auslösbar, Babinski negativ, Hallux valgus rechts > links, Zehen- und Fersengang mühevoll möglich,

...

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Degenerative Veränderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten L2/3 und L4/5, Facettengelenkssymtomatik, Osteoporose unterer Rahmensatz, da keine maßgeblichen motorischen Defizite fassbar

02.01.02

30

2

Zustand nach Kniegelenksersatz beidseits unterer Rahmensatz, da nur endlagige Funktionsstörung nachweisbar

02.05.19

20

3

periphere arterielle Verschlußkrankheit unterer Rahmensatz, da keine maßgeblichen trophischen Hautschäden nachweisbar

05.03.02

20

4

chronisch obstruktive Atemwegserkrankung oberer Rahmensatz, da ständiges Therapieerfordernis ohne signifikante Klinik und ohne Zeichen einer Oxygenierungsstörung

06.06.01

20

5

leichter Bluthochdruck fixer Rahmensatz

05.01.01

10

6

operativ sanierte Divertikulose unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis ohne chronische Schleimhautveränderungen

07.04.04

10

7

Depression unterer Rahmensatz, da kein ständiges Therapieerfordernis besteht

03.06.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 30 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden unter lf. Nr. 1) wird durch die Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 2) bis 7) nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges funktionelles Zusammenwirken besteht.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Übergewicht und erhöhter Blutfettspiegel stellen zwar einen Risikofaktor dar, erreichen jedoch keinen Grad der Behinderung.

Rotatorenmanschettenläsion ohne nachweisbare Funktionsstörung bedingt keinen Grad der Behinderung.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Hinsichtlich der bereits anerkannten Gesundheitsschädigung unter lf. Nr. 3) bis 6) ergibt sich kein abweichendes Kalkül. Leiden 1) hat sich stabilisiert und wird ohne Zeichen einer signifikanten motorischen Ausfallssymptomatik um eine Stufe niedriger bewertet. Leiden 2) hat sich nach einer längeren Rehabilitationsphase im Bewegungsumfang gebessert und wird um eine Stufe niedriger bewertet. Dies wirkt sich auf die Gesamteinschätzung aus. Durch das neu aufgenommene Leiden unter lf. Nr. 7) ist keine weitere Änderung der Gesamteinschätzung gerechtfertigt.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Durch die abweichende Beurteilung der Leiden unter lf. Nr. 1) und 2) ist die Herabsetzung der Gesamteinschätzung um 2 Stufen gerechtfertigt."

6. Dieses Gutachten wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.01.2018 dem Parteiengehör unterzogen. Die Beschwerdeführerin erstattete dazu keine Stellungnahme.

7. Mit Bescheid vom 07.02.2018 stellte die belangte Behörde gemäß §§ 41, 43 und 45 BBG fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr erfülle. In rechtlicher Hinsicht stützte sich die belangte Behörde insbesondere auf § 43 Abs. 1 BBG, wonach bei Wegfall der Voraussetzungen der Behindertenpass einzuziehen ist. Die wesentlichen Ergebnisse des durchgeführten Begutachtungsverfahrens seien dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 03.01.2018 zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde und als Beilage des Bescheides der Beschwerdeführerin übermittelt wurde.

8. Mit - hier nicht verfahrensgegenständlichem - Bescheid der belangten Behörde vom 12.02.2018 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W262 2194418-1 protokolliert (vgl. dazu auch Pkt. II.3.7.).

9. Mit Schreiben vom 08.03.2018 erhob die Beschwerdeführerin u.a. gegen den o.a. Bescheid vom 07.02.2018 eine als Berufung bezeichnete Beschwerde und führte darin aus, dass die bekannte Pathologie ihrer Lendenwirbelsäule und die dadurch verursachten Schmerzen in beiden Beinen sowie die damit verbundene Gehunfähigkeit nicht berücksichtigt worden seien. Sie könne nur mehr 20 Meter gehen, die nächste Haltestelle sei jedoch ca. 500 Meter entfernt. Insofern sei die Verwendung eines Autos unverzichtbar.

10. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 14.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

11. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In diesem nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 28.06.2018 erstellten Gutachten vom 30.06.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (ergänzt um die entsprechenden Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"...

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 160 cm, Gewicht 74 kg, RR 130/80, 85 a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: Narbe median bei Zustand nach Laparotomie und Dickdarmteilresektion, klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Schulter links: endlagige Schmerzen, sonst unauffällig, AC-Gelenk links stabil.

Sämtliche weiteren Gelenke sind handfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern endlagig eingeschränkt. Ellbogengelenke, Unterarmdrehung,

Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind

uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits

unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar. Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und

ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/3 möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, ggr. distale Unterschenkelödeme, keine Varizen, die

Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Hüftgelenk beidseits: unauffällig

Kniegelenk beidseits: Narbe nach Knietotalendoprothese, keine wesentliche

Umfangsvermehrung, keine Uberwärmung, stabil.

Sprunggelenke: unauffällig

Krallenzehen links mehr als rechts ausgeprägt

Sämtliche weiteren Gelenke sind handfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften S 0/100, IR/AR 10/0/30. Knie 0/0/120, Sprunggelenke und

Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel links geringgradig tieferstehend, in etwa im Lot, geringgradige skoliotische

Fehlhaltung mit seichter Krümmung der BWS/LWS und Asymmetrie der Taillenfalten,

Streckhaltung der LWS, geringgradige Kyphose, Körperachse leicht vorgeneigt. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig Hartspann. Geringgradig Klopfschmerz über der unteren LWS, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS; FBA: 20 cm, in allen Ebenen 1/3 eingeschränkt

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken, der Barfußgang im Untersuchungszimmer ist ohne Anhalten etwas breitbeinig, geringgradig kleinschrittig und verlangsamt, insgesamt sicher, das Gangbild hinkfrei und unauffällig.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig;

Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME:

Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung (GdB) für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

Grad der Behinderunq - Einschätzungsverordnung

ad 1) Einschätzung des Grades der Behinderung

1) Mehrsegmentaler degenerativer Wirbelsäulenschaden 02.01.02 30%

Unterer Rahmensatz, da andauernder Therapiebedarf bei pseudoradikulärer Symptomatik und mäßig eingeschränkter Beweglichkeit.

2) Knietotalendoprothese beidseits 02.05.19 20%

Unterer Rahmensatz, da guter Prothesensitz mit endlagiger Funktionsstörung.

3) Periphere arterielle Verschlusskrankheit 05.03.02 20%

Unterer Rahmensatz, da bei Stentimplantation rechter Oberschenkel, gute periphere Durchblutung.

4) Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung 06.06.01 20%

Oberer Rahmensatz, da unter ständiger Therapieerfordernis stabil und keine relevante Behinderung der Ventilation objektivierbar.

5) Bluthochdruck 05.01.01 10%

Fixer Richtsatzwert.

6) Operativ sanierte Divertikulose 07.04.04 10%

Unterer Rahmensatz, da gutes postoperatives Ergebnis ohne chronische Schleimhautveränderungen und ohne relevante Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes.

7) Depression 03.06.01 10%

Unterer Rahmensatz, da keine ständige Therapie erforderlich ist.

ad 2) Einschätzung und Begründung des Gesamt-GdB, wobei auch auf eine allfällige Erhöhung durch wechselseitige Leidensbeeinflussung eingegangen werden möge:

Gesamtgrad der Behinderung 30%

Leiden 1 wird durch Leiden 2-7 nicht erhöht, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

ad 3) Stellungnahme, ab wann der GdB anzunehmen ist:

Der Grad der Behinderung ist ab Antrag anzunehmen.

ad 4) Ausführliche fachspezifische Stellungnahme zu den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen und Befunden:

Stellungnahme zu den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen und Befunden, Abl. 5-29, Orthopädischer Bericht Dr. XXXX vom 28.9.2017 (chronische Lumbalgie, Rotatorenmanschettenruptur links, Luxation linkes AC-Gelenk Tossy II/III, Knietotalendoprothese beidseits. Mobilität deutlich verschlechtert, Zunahme der Lumbalgieschmerzen, trotz analgetischer Behandlungen zunehmende Einschränkung der Mobilität. Kfz Behindertenplakette gerechtfertigt) - Chronische Lumbalgie bei fortgeschrittenen radiologischen Veränderungen und andauerndem Therapiebedarf sowie mäßig eingeschränkter Beweglichkeit bedingt keine höhere Einstufung.

Im Bereich der Schultergelenke konnte keine relevante Funktionseinschränkungen festgestellt werden, Zustand nach Verletzung des linken AC-Gelenks ohne relevante Funktionseinschränkung erreicht keinen Behinderungsgrad. Die geringgradige Funktionseinschränkung beider Kniegelenke ist in korrekter Höhe und Position eingestuft. Eine höhergradige Einschränkung der Mobilität konnte nicht festgestellt werden, siehe Gangbildanalyse.

Abl. 30, Befund CT-gezielte infiltration vom 22.2.2018 (Segment L4/L5 bei bekannter Pseudolisthese bei beträchtlicher Fazettengelenksarthrose) - in Leiden 1 berücksichtigt.

Abl. 28, Befund Dr. XXXX , praktische Ärztin, nicht datiert (dauernde Mobilitätseinschränkung, eingeschränkte Möglichkeit auch nur beim Tragen kleiner Lasten bei Kniegelenksersatz beidseits mit belastungsabhängigen starken Schmerzen, Osteoporose, Spondylolisthese, Coxarthrose, Spondylarthrose, Spondylolisthese L5/S1, Mitralprolaps, PAVK mit 2 Stents der rechten unteren Extremität und Gehstrecke reduziert,

COPD, Coronarangiographie am 30.11.: 40-prozentige Stenose der RCA, fixierte Hiatushernie mit Schluckbeschwerden, Zustand nach Radiotherapie wegen lokaler Autonomie, Barrett-Osophagus, Eisenmangelanämie) - keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich behinderungsrelevanter Leiden.

Im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung vorgelegte Befunde, es gilt die Neuerungsbeschränkung ab 14.3.2018:

Entlassungsbericht Abteilung für Innere Medizin vom 11.6.2018 einschließlich Labor (rezidivierende Blutungsanämie bei fixiertem Zwerchfellbruch, Bluthochdruck, Verschluss der rechten Arteria subclavia, KHK mit 40-prozentiger RCA Stenose, pAVK, Zustand nach Sigma- und vorderer Rektumresektion bei Dickdarmdivertikulose, Osteoporose, Zustand nach CHE, COPD, Zustand nach HE, Knietotalendoprothese beidseits, Zustand nach Katarakt Operation beidseits, Stent rechter Oberschenkel, Coxarthrose beidseits.

Maßnahme: Erythrozytenkonzentrate und Eisensubstitution) - keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich behinderungsrelevanter Leiden.

ad 5) Ausführliche fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen in der Beschwerde: Stellungnahme zu den Einwendungen. Es möge darauf eingegangen werden, dass durch die Pathologie der Lendenwirbelsäule Schmerzen in den Beinen verursacht werden, die im Gutachten nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.

Vorgebracht werden Schmerzen der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Beine und Einschränkung der Gehstrecke auf ca. 20 m. Es konnte jedoch weder anhand von Befunden der bildgebenden Diagnostik ein morphologisches Substrat für eine höhergradige Beschwerdesymptomatik festgestellt werden, noch liegt eine maßgebliche Einschränkung des Bewegungsumfangs vor, auch konnte kein Hinweis für ein radikuläres motorisches Defizit festgestellt werden, kein Hinweis für Myelopathie bzw. ataktische Gangstörung. Anhand des beobachteten Gangbilds mit hinkfreiem, etwas breitbeinigem, geringgradig kleinschrittigem und verlangsamtem, insgesamt sicherem Gangbild und unauffälliger Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände.

ad 6) Ausführliche Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 03.01.2018 abweichenden Beurteilung:

Keine abweichende Beurteilung.

ad 7) Stellungnahme, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist .

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

..."

12. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.07.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen drei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird. Soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere werde das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen.

Beide Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin verfügte ab 13.03.2015 über einen unbefristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v. H.

Die Beschwerdeführerin stellte am 18.08.2017 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses nicht mehr erfülle. Ihr Behindertenpass wurde eingezogen.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Mehrsegmentaler degenerativer Wirbelsäulenschaden mit andauerndem Therapiebedarf bei pseudoradikulärer Symptomatik und mäßig eingeschränkter Beweglichkeit;

2) Knietotalendoprothese beidseits mit gutem Prothesensitz und endlagiger Funktionsstörung;

3) Periphere arterielle Verschlusskrankheit bei Stentimplantation im rechter Oberschenkel und guter peripherer Durchblutung;

4) Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung, unter ständigem Therapieerfordernis stabil, ohne relevante Behinderung der Ventilation;

5) Bluthochdruck;

6) Operativ sanierte Divertikulose mit gutem postoperativen Ergebnis, ohne chronische Schleimhautveränderungen und ohne relevante Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes;

7) Depression ohne Erfordernis einer ständigen Therapie.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 30 v. H.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.06.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses, zum Antrag auf Neufestsetzung des Grades der basieren auf dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.06.2018. Darin wird auf die Leiden der Beschwerdeführerin, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 30.06.2018 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für schlüssig erachtet. Die getroffene Einschätzung, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entspricht den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).

Das Sachverständigengutachten setzt sich ausführlich und nachvollziehbar mit den von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verwaltungsverfahrens und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Befunden auseinander, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte.

Diesbezüglich ist im Lichte der Anlage zur Einschätzungsverordnung zunächst festzuhalten, dass im Sachverständigengutachten in Bezug auf die festgestellten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule zutreffend die Positionsnummer 02.01.02 unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 30 v.H. gewählt wurde.

Bei Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sind allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien etwa die Beweglichkeit und Belastbarkeit, Gelenksfunktionen, Funktionen der Muskel, Sehnen, Bänder und Gelenkskapsel, Messungen des Bewegungsradius, Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung) sowie Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung. Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Die konkrete Differenzierung zwischen Funktionseinschränkungen geringen, mittleren und schweren Grades wird insbesondere auch anhand der Häufigkeit und Dauer akuter Episoden, des Ausmaßes radiologischer und/oder morphologischer Veränderungen, des Vorliegens klinischer Defizite, des jeweiligen Therapie- und Medikationsbedarfs sowie des Ausmaßes der Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben vorgenommen.

Die vorgenommene Einschätzung wurde von der Sachverständigen schlüssig unter Verweis auf die pseudoradikuläre Symptomatik und die nur mäßig eingeschränkte Beweglichkeit begründet. Seitens der Sachverständigen wurde diesbezüglich auch auf den ohne Anhalten etwas breitbeinigen, geringgradig kleinschrittigen und verlangsamten, jedoch insgesamt sicheren Barfußgang und das hinkfreie und unauffällige Gangbild verwiesen.

Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule schweren Grades, die u.a. mit maßgeblichen Einschränkungen im Alltag einhergehen und daher auch einen höheren Grad der Behinderung begründen als im Fall der Beschwerdeführerin, konnten im Rahmen der klinischen Untersuchung nicht festgestellt werden.

Das Ausmaß von Funktionseinschränkungen der Kniegelenke (geringen, mittleren oder schweren Grades) ist grundsätzlich anhand der Möglichkeit der Streckung bzw. Beugung einzuschätzen. Angesichts der bei der Beschwerdeführerin festgestellten mäßig eingeschränkten Beugefähigkeit der Kniegelenke (0/0/120°) bei stabilen Gelenken wurde hinsichtlich der beidseitigen Knietotalendoprothesen im Gutachten korrekt die Positionsnummer 02.05.19 (Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig) unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 20 v.H. angesetzt. Im Gutachten wurde schlüssig ausgeführt, dass ein guter Prothesensitz mit lediglich endlagiger Funktionsstörung vorliegt.

Funktionseinschränkungen der Kniegelenke mittleren oder schweren Grades, die u.a. mit einer geringeren Beweglichkeit als im Fall der Beschwerdeführerin einhergehen, wurden bei der Untersuchung nicht festgestellt.

Betreffend die bei der Beschwerdeführerin bestehende periphere arterielleVerschlusskrankheit wurde im Sachverständigengutachten korrekt die Positionsnummer 05.03.02 unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 20 v.H. gewählt, da bei der Beschwerdeführerin nach Stentimplantatin im rechten Oberschenkel eine gute periphere Durchblutung gegeben ist.

Die chronisch obstruktive Atemwegserkrankung ordnete die Sachverständige nachvollziehbar der Positionsnummer 06.06.01 unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 20 v.H. zu, da der Zustand der Beschwerdeführerin bei ständigem Therapieerfordernis stabil ist und keine relevante Behinderung der Ventilation objektivierbar war.

Weiters wurde im Sachverständigengutachten unter der Positionsnummer 05.01.01 eine leichte Hypertonie erfasst und mit dem dafür vorgesehenen fixen Rahmensatz von 10 v.H. eingeschätzt.

Angesichts der bei der Beschwerdeführerin operativ sanierten Divertikulose wurde bei gutem postoperativen Ergebnis ohne chronische Schleimhautveränderungen und ohne relevante Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes im Gutachten korrekt die Positionsnummer 07.04.04 (chronische Darmstörungen leichten Grades ohne chronische Schleimhautveränderungen) unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 10 v.H. angesetzt.

Die Depressio wurde ohne ständiges Therapieerfordernis korrekt der Positionsnummer 03.06.01 unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 10 v.H. zugeordnet.

Die Einwendungen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Diese wurden von der befassten Sachverständigen im Gutachten vom 30.06.2018 gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso ausführlichen wie schlüssigen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet. Betreffend die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Schmerzen aufgrund der Pathologie ihrer Wirbelsäule wurde nachvollziehbar ausgeführt, dass weder anhand von Befunden der bildgebenden Diagnostik ein morphologisches Substrat für eine höhergradige Beschwerdesymptomatik festgestellt werden konnte, noch eine maßgebliche Einschränkung des Bewegungsumfangs vorliegt. Im Hinblick auf das bei der klinischen Untersuchung beobachteten hinkfreie, etwas breitbeinige, geringgradig kleinschrittige und verlangsamte, insgesamt aber sichere Gangbild und die unauffällige Gesamtmobilität, das aktuelle Untersuchungsergebnis mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und das derzeitige Therapieerfordernis konnten die in der Beschwerde geltend gemachten höhergradigen Schmerzzustände nicht objektiviert werden.

Der Gesamtgrad der Behinderung wurde im Sachverständigengutachten schlüssig damit begründet, dass Leiden 1 durch Leiden 2 bis 7 mangels ungünstiges Zusammenwirkens zu keiner Erhöhung führt. Leiden 5 bis 7 beeinflussen den Gesamtgrad der Behinderung darüber hinaus wegen zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter.

Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffene Einschätzung der Sachverständigen zu entkräften, ist dem Sachverständigengutachten vom 30.06.2018 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Sie hat zu diesem Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr Stellung genommen.

Es wurde somit weder durch entsprechend aussagekräftige Befunde noch durch ein substantiiertes Vorbringen der Beschwerdeführerin aufgezeigt, dass eine höhere Einschätzung ihrer Leiden hätte erfolgen müssen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes besteht kein Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 30.06.2018. Es wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.4. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es der Antragstellerin frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).

Diesen von der Judikatur (sowie von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen entspricht das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten.

3.5. Wie unter Pkt. II.2.3. im Rahmen der Beweiswürdigung eingehend ausgeführt, wird der Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 30.06.2018 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 30 v.H. beträgt.

Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet den Sachverständigenbeweis zu entkräften.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt 30 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht (mehr) erfüllt.

Da der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 BBG bei Wegfall der Voraussetzungen einzuziehen ist, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.6. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

3.7. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO wird - angesichts der hierfür bestehenden Einzelrichterzuständigkeit - gesondert ergehen.

3.8. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

3.8.1. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat die Beschwerdeführerin die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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