TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W262 2182941-1

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W262 2182941-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 27.11.2017, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer war seit 11.01.2016 Inhaber eines bis 31.10.2017 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v.H. und (u.a.) der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel".

In dem zugrundliegenden allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 03.12.2015 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt:

"...

Anamnese :

Anerkannte Leiden: Diabetes mellitus, GdB 60 %; Granuloma anulare 10%

Sitzt im Rollstuhl, kommt in Begleitung der Lebensgefährtin

Insulinpflichtiger Diabetes mellitus seit 25 Jahren, Basis-Bolus-Therapie: HbA1c zuletzt 6.5%

Immer wieder auch Hypos, die er schwer bemerke

Zustand nach Sturz mit dem Motorrad am 7.6.15, dabei Fraktur des linken Unterschenkels;

Verplattung des linken Außenknöchels/distale Tibia am 7.6.15.

Z.n. Phlegmonöser Entzündung ausgehend von 2 Hautnekrosen über der Platte nach distaler

Unterschenkelfraktur mit schwerer Weichteilkontusion mit posttraumtischer Peronäusparese

- Platte ex, Fixateur extern, VAC am 13. 8. 15, Z.n. 2 x VAC Wechsel

Entfernung des Fixateur externe, Aufbahren des Markraumes, Spongiosaplastik mit Osteomycin vancomycingetränkt. Marknagelung, distal 3 fach verriegelt, proximal dynamisch verriegelt It Entlassungsbrief KH Korneuburg v. 27. 10.15

Er könne nur kurze Strecken mit 2 UA-Stützkrücken gehen, sonst verwende er den Rollstuhl

Das linke Knie können er nicht abbiegen

Peronäusparese links

Z.n. Osteomyelitis im re. Unterkiefer 03/2007

...

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Diabetes mellitus oberer Rahmensatz, da insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit Folgeschäden

090204

60

2

Zustand nach Unterschenkelbruch links mit Komplikationen

G.Z. 020545

60

3

Granuloma anulare

010101

10

Gesamtgrad

der Behinderung 70 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 2 erhöht um eine Stufe, da schweres Leiden. Leiden 3 erhöht nicht, da geringfügig

...

Nachuntersuchung 10/2017, Begründung: Besserungsmöglichkeit von Leiden 2.

..."

2. Der Beschwerdeführer stellte am 05.09.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO und legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen und Befunden vor.

Auf dem Antragsformular der belangten Behörde findet sich folgender Hinweis:

"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."

3. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.10.2017 ein. In diesem wurde nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.10.2017 auszugsweise Folgendes festgehalten:

"...

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: kleine Granulome im Bereich der Langfingergrundgelenke

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.

Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zur Gänze möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Muskelverhältnisse: Bandmaß Unterschenkel rechts 38 cm, links 36,5 cm.

Beinlänge nicht ident, links -1 cm

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird im Bereich des linken Fußes, Fußsohle außenseitig und am Unterschenkel außenseitig als gestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Kniegelenk links: unauffällig, Sprunggelenk links: unauffällig.

Unterschenkel links mittleres Drittel unregelmäßig konturiert nach offener Tibiafraktur, Haut geschlossen, kleine Narben nach Unterschenkelmarknagel und Verschraubung.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Kraft: rechts proximal und distal KG 5, links proximal KG 5, distal:

Vorfußheberschwäche und Großzehenheberschwäche Kraftgrad 4

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Kein Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 10 cm, in allen Ebenen frei beweglich

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken in Begleitung der Gattin ohne Peroneusschiene, das Gangbild barfuß im Untersuchungszimmer ohne Gehhilfe und ohne Anhalten ist nicht hinkend, Schrittlänge nicht verkürzt, sicher und raumgewinnend möglich, eine Vorfußheberschwäche kann beim Gehen nicht festgestellt werden.

Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt

...

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Insulinpflichtiger Diabetes Oberer Rahmensatz, da funktionelle Diabeteseinstellung, stabile Stoffwechsellage und kein Nachweis höhergradiger Langzeitfolgen

09.02.02

40

2

Peroneusparese links Unterer Rahmensatz, da Gefühlstörungen und geringgradiges Kraftdefizit bei der Untersuchung, Fußhebung jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt.

04.05.13

10

3

Beinverkürzung links -1 cm Wahl dieser Position, da geringgradige Beinlängendifferenz bei Zustand nach kompliziertem Unterschenkelbruch und knöcherner Durchbauung ohne Funktionseinschränkung der angrenzenden Gelenke.

02.05.01

10

4

Granuloma anulare Wahl dieser Position, da vereinzelte Läsionen.

01.01.01

10

Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Keine.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Diabetes mellitus wird um 2 Stufen herabgesetzt, da in der Zwischenzeit nachgewiesene stabile Langzeitblutzuckerwerte, stabile Stoffwechsellage und kein Hinweis für höhergradige Langzeitschäden.

Zustand nach Unterschenkelbruch links wird nach knöcherner Durchbauung der Fraktur und gutem funktionellen Ergebnis unter Berücksichtigung der geringgradigen Beinlängendifferenz neu eingestuft. Die geringgradige Peroneusparese links wird gesondert einer Einstufung unterzogen. Leiden 3 des Vorgutachtens (Granuloma anulare) wird unverändert eingestuft.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Der Gesamtgrad der Behinderung wird um 3 Stufen herabgesetzt, da Besserung von Leiden 1 und 2 des Vorgutachtens.

..."

4. Im Rahmen des zu diesem Gutachten gewährten Parteiengehörs erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme vom 09.11.2017 und führte darin auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass es aufgrund des Diabetes immer wieder zu Unterzuckerungen komme. Seit 2014 nehme seine Sehleistung ab und er habe Granulome an den Händen und Beinen. Den Fersenbeinstand links könne er gar nicht und den Einbeinstand links nur wenige Sekunden halten. Das Gutachten sei eine Momentaufnahme und stelle den persönlichen Eindruck der Begutachterin dar. Auf die unzähligen Befunde und das bisherige Krankheitsbild sei nicht eingegangen worden. Abschließend ersuchte er um Zuerkennung eines Grades der Behinderung von zumindest 60 v.H.

5. Die belangte Behörde holte dazu eine Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dieser Stellungnahme vom 27.11.2017 wurde Folgendes auszugsweise ausgeführt:

"...

Der AW erklärt sich in einer Stellungnahme vom 9.11.2017 mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einverstanden.

Eingewendet wird, dass Diabetes mellitus Typ 1 seit 2013 zusätzlich zu NovoRapid mit Levemir behandelt werde und es immer wieder zu Unterzuckerungen komme, Blutzuckerschwankungen, Tageswerte lägen zwischen 40 bis über 400.

An Folgebeschwerden habe er Granuloma anulare, zunehmende Sehminderung seit 2014, erektile Dysfunktion.

Er verwende für längere Gehstrecken wegen der Vorfußheberschwäche nach wie vor Unterarmstützkrücke.

Er verweise nochmals auf die unzähligen Befunde und das bisherige Krankheitsbild, die Gesamtheit des Falles sei zu berücksichtigen.

Stellungnahme:

Maßgeblich für die Einstufung als behinderungsrelevantes Leiden sind objektivierbare Tatsachen und Befunde. Diabetes mellitus Typ 1 wird entsprechend der funktionellen Therapie in der dafür vorgesehenen Richtsatzposition und Höhe eingestuft. Eine höhere Einstufung ist nicht möglich, da keine relevanten Folgeschäden dokumentiert sind.

Die Vorfußheberschwäche wird entsprechend dem festgestellten Gangbild in korrekter Höhe eingestuft, eine höhergradige Peroneusschwäche konnte nicht objektiviert werden."

6. Mit Bescheid vom 27.11.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG ab, da der Beschwerdeführer mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 40 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des durchgeführten Begutachtungsverfahrens seien dem ärztlichen Sachverständigengutachten samt Stellungnahme zu entnehmen. Das Gutachten vom 18.10.2017 samt Stellungnahme vom 27.11.2017 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage des Bescheides übermittelt.

Abschließend merkte die belangte Behörde an, dass die Durchführung der beantragten Zusatzeintragung in den Behindertenpass nicht möglich sei, da die rechtliche Grundlage dafür, nämlich der Behindertenpass, nicht gegeben sei.

Weiters wurde ausgeführt, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.

7. Mit Schreiben vom 10.01.2018 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde ein, in welcher er ausführte, dass sich sein gesundheitlicher Zustand verschlechtert habe und die Herabsetzung des Grades der Behinderung zu Unrecht erfolgt sei.

8. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 16.01.2018 vorgelegt.

9. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 09.03.2018 fristgerecht eine verbesserte Beschwerde ein. Er führte darin zusammengefasst aus, dass sein Diabetes mellitus zu zahlreichen Folgeerkrankungen führe. Seit 2014 leide er an einer Sehminderung, seit 2007 an einer erektilen Dysfunktion und an schlechter Wundheilung. Granulome habe er nicht nur an den Händen, sondern auch an den Beinen. Der Einbeinstand sei links nur einige Sekunden möglich. Den Fersenstand könne er nicht durchführen. Auch habe er ein Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Füßen. Weiters könne er sich aus der Hocke nur mit Anhalten aufrichten. Sein Gangbild sei nach wie vor hinkend. Bei längeren Strecken verwende er wegen der Vorfußheberschwäche eine Unterarmstützkrücke. Zusätzlich leide er auch an einem dreifachen Bandscheibenvorfall und an depressiven Stimmungsstörungen, Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Ohne ständige Medikamenteneinnahmen wäre seine gesundheitliche Situation instabil.

10. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge eine Gutachtensergänzung der bereits befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 13.06.2018 ein.

Darin wurde auszugsweise Folgendes festgehalten:

"...

STELLUNGNAHME:

Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes wie in Abl. 27 vorgebracht, kann nicht nachvollzogen werden. Vielmehr konnte bei der Begutachtung am 16.10.2017 eine Stabilisierung hinsichtlich Langzeitblutzuckerwerten und Stoffwechsellage festgestellt werden, sodass eine Neueinstufung erforderlich wurde. Der Nachweis höhergradiger diabetischer Spätschäden konnte nicht erbracht werden. Weder liegen Befunde über eine maßgebliche Sehminderung vor, noch der Nachweis einer maßgeblichen Wundheilungsstörung.

Die kleinen Hautläsionen im Sinne eines Granuloma an den Händen sind nicht beweisend für maßgebliche diabetische Spätschäden.

Der Nachweis diabetischer Nervenschädigung im Sinne einer Polyneuropathie konnte befundmäßig nicht erbracht werden.

Die geringgradige Peroneusschwäche links mit muskulärer Seitendifferenz, jedoch ohne relevante Gangbildbeeinträchtigung wird in der Einstufung von Leiden 2 korrekt berücksichtigt. Das Erfordernis der Verwendung von Unterarmstützkrücken ist bei unauffälligem Gangbild nicht nachvollziehbar.

Die Verkürzung des linken Beins um 1 cm wird in der Einstufung in korrekter Höhe berücksichtigt.

Vorgebracht wird, dass ein dreifacher Bandscheibenvorfall bestehe und im MRT multisegmentale Discopathien und Bandscheibenprotrusionen der LWS nachgewiesen seien und er daher Infusionsbehandlungen und Physiotherapie bekomme.

Maßgeblich nach den Kriterien der EVO für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden sind objektivierbare Funktionsdefizite unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde. Es konnte jedoch im Bereich der Wirbelsäule sowohl im Bereich der HWS als auch im Bereich der LWS kein Hinweis für eine Funktionseinschränkung festgestellt werden, freie Beweglichkeit, unauffällige Reflexaktivität, kein Hinweis für Wurzelreizsymptomatik, keine Verspannungen, sodass eine Einstufung eines behinderungsrelevanten Leiden nicht möglich ist.

Es ist weder ein Bandscheibenprolaps dokumentiert, noch sind vertebragene funktionelle Einschränkungen objektivierbar.

Eine Depressio mit Antriebslosigkeit ist nicht durch fachärztliche Befunde über einen längeren Zeitraum dokumentiert und kann daher keiner Einstufung unterzogen werden. Auch nach nochmaliger Durchsicht sämtlicher im Akt vorliegender Dokumente und des aktuellen Untersuchungsergebnisses wird an der getroffenen Einschätzung festgehalten, neue Tatsachen oder noch nicht ausreichend berücksichtigte Gesundheitseinschränkungen konnten im Rahmen des Beschwerdevorbringens nicht dokumentiert werden."

11. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.07.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen drei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird. Soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere, werde das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen.

12. Die belangte Behörde ließ dieses Schreiben unbeantwortet.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 15.05.2018 die Beiziehung eines anderen Sachverständigen als der bereits im Verwaltungsverfahren befassten Gutachterin.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer war ab 11.01.2016 Inhaber eines bis 31.10.2017 befristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 v. H. und (u.a.) der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel".

Der Beschwerdeführer stellte am 05.09.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO, welcher - nach Ablauf der Befristung im zuvor ausgestellten Behindertenpass - auch als Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses gewertet wurde.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Insulinpflichtiger Diabetes mit funktioneller Diabeteseinstellung, stabiler Stoffwechsellage ohne Nachweis höhergradiger Langzeitfolgen;

2. Peroneusparese links mit Gefühlsstörungen und geringgradigem Kraftdefizit ohne wesentlicher Beeinträchtigung der Fußhebung;

3. Beinverkürzung links -1 cm, geringgradige Beinlängendifferenz bei Zustand nach kompliziertem Unterschenkelbruch und knöcherner Durchbauung ohne Funktionseinschränkung der angrenzenden Gelenke;

4. Granuloma anulare mit vereinzelten Läsionen.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 40 v.H.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.10.2017 samt Stellungnahme vom 27.11.2017 und Gutachtensergänzung vom 13.06.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Das Datum der Einbringung des Antrages und dessen Wertung basiert auf dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung und die festgestellten Funktionseinschränkungen gründen sich auf das im Verwaltungsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.10.2017 samt Stellungnahme vom 27.11.2017 sowie auf die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachtensergänzung vom 13.06.2018. Darin wird auf die Leiden des Beschwerdeführers, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Von der befassten Sachverständigen wurden die im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Befunde einbezogen, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten samt Stellungnahme und Ergänzung verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Hinsichtlich des unter Leiden 1 berücksichtigten insulinpflichtigen Diabetes mellitus wurde von der befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin zutreffend die Positionsnummer 09.02.02 mit dem oberen Rahmensatz von 40 v.H. herangezogen. Begründend wurde diesbezüglich im Gutachten auf die funktionelle Diabeteseinstellung bei stabiler Stoffwechsellage ohne Nachweis von höhergradigen Langzeitfolgen verwiesen. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Spätfolgen (maßgebliche Sehminderung, Wundheilungsstörung, erektile Dysfunktion, Plyneuropathie) konnten weder durch fachärztliche Befunde objektiviert werden, noch ist bei der klinischen Untersuchung ein Hinweis darauf hervorgekommen. Die Herabsetzung des Grades der Behinderung um zwei Stufen im Vergleich zum Vorgutachten aus 2015 begründet die Sachverständige nachvollziehbar mit nunmehr nachgewiesenen stabilen Langzeitblutzuckerwerten und stabiler Stoffwechsellage ohne befundmäßig nachweisbarer höhergradiger Langzeitschäden.

Das Granuloma anulare wurde nachvollziehbar als Leiden 4 der Positionsnummer 01.01.01 mit dem fixen Rahmensatz von 10 v.H zugeordnet. Begründend führte die Sachverständige dazu nachvollziehbar aus, dass es sich lediglich um kleine, vereinzelte Läsionen an den Händen und Beinen handelt, welche darüber hinaus nicht als maßgebliche Spätfolgen einer Diabeteserkrankung erkannt werden können.

Leiden 2 des Vorgutachtens aus 2015 wurde nunmehr als Zustand nach kompliziertem Unterschenkelbruch und knöcherner Durchbauung ohne Funktionseinschränkung der angrenzenden Gelenke sowie gutem funktionellen Ergebnis unter Berücksichtigung einer Beinverkürzung links von - 1 cm der Positionsnummer 02.05.01 (bei einem fixen Rahmensatz von 10 v.H. bei einer Beinverkürzung unter 3 cm) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet und in Leiden 3 neu eingeschätzt. Hinsichtlich der hinzukommenden und unter Leiden 2 berücksichtigten Peroneusparese links wurde zutreffend die Positionsnummer 04.05.13 mit dem unteren Rahmensatz von 10 v.H. herangezogen. Begründend wurde diesbezüglich im Gutachten korrekt ausgeführt, dass zwar eine Gefühlsstörung besteht, bei der klinischen Untersuchung jedoch nur ein geringgradiges Kraftdefizit und - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - keine wesentliche Beeinträchtigung der Fußhebung objektiviert werden konnten, da sich das Gangbild ohne Gehhilfe sicher und raumgewinnend, ohne Anhalten oder Hinken bzw. ohne verkürzte Schrittlänge gestaltete.

Letztlich führte die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Funktionseinschränkungen aufgrund eines dreifachen Bandscheibenvorfalls mit multisegmentalen Discopathien und Bandscheibenprotrusionen der Lendenwirbelsäule weder bei der klinischen Untersuchung, bei der freie Beweglichkeit ohne vertebragene funktionelle Einschränkungen, unauffällige Reflexaktivität und kein Hinweis auf eine Wurzelsymptomatik erkennbar waren, noch durch Befunde objektiviert wurden und insofern nicht eingeschätzt werden konnten. Auch eine Depression mit Antriebslosigkeit wurde nicht durch fachärztliche Befunde über einen längeren Zeitraum belegt, sodass diesbezüglich keine Einstufung erfolgen konnte.

Hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung im Ausmaß von 40 v.H. wurde im Sachverständigengutachten schlüssig ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die weiteren Leiden nicht erhöht wird, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken mit dem führenden Leiden 1 besteht, zumal die übrigen Leiden von geringem Ausmaß bzw. geringer funktioneller Relevanz sind und das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht nicht maßgeblich negativ beeinflussen, weshalb diese keine weitere Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung zu bewirken vermögen. Im Vergleich zum Vorgutachten aus 2015 wird der Gesamtgrad der Behinderung um drei Stufen herabgesetzt, da eine maßgebliche Besserung der Leiden 1 und 2 des Vorgutachtens besteht.

Der Beschwerdeführer, dem es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffene Einschätzung der Sachverständigen zu entkräften, tritt dem vorliegenden Gutachten und den Ergänzungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Insbesondere hat der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs keine Einwendungen gegen den Inhalt des Ergänzungsgutachtens erhoben oder widersprechende Beweismittel vorgelegt, sondern lediglich die Befassung der bereits im Verwaltungsverfahren beauftragten Sachverständigen gerügt (vgl. dazu Pkt. 3.7. der rechtlichen Beurteilung).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.10.2017 samt Stellungnahme vom 27.11.2017 und Gutachtensergänzunug vom 13.06.2018. Das Gutachten samt Stellungnahme und Ergänzung wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

3.2.1. Zur Wertung des Antrages auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO vom 05.09.2017 als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Demnach ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend und es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss, wobei Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 24.07.2008, 2008/07/0060 mwH).

Dabei sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass die sie abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (VwGH 19.05.1994, 92/07/0070), und es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (VwGH 16.12.1992, 89/12/0146). In einem solchen Fall hat die Behörde vielmehr von Amts wegen den wahren Willen der Partei und damit den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln und klarzustellen (VwGH 27.07.1994, 90/10/0046).

Im vorliegenden Fall wurde vom Beschwerdeführer am 05.09.2017 ein Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO eingebracht.

Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - nach Ablauf der Befristung im zuvor ausgestellten Behindertenpass auch als Antrag auf Neuausstellung eines Behindertenpasses gewertet (vgl. dazu Pkt. I.2.).

Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes wurde die Beurteilung des Parteienanbringens seitens der belangten Behörde schon deshalb in nachvollziehbarer Weise vorgenommen, weil der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe erkennbar das Ziel verfolgt hat, letztlich in den Genuss der Berechtigungen nach § 29b Abs. 2 bis 4 StVO zu kommen. Angesichts des Umstandes, dass dies ausschließlich Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz möglich ist, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, wurde das Anbringen seitens der belangten Behörde im Lichte einer rechtsschutzfreundlichen und für das Ziel des Beschwerdeführers günstigen Weise ausgelegt.

Der Beschwerdeführer ist der Wertung seines Anbringens - ausweislich des Verwaltungsaktes - weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der Beschwerde entgegengetreten.

Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das Anbringen des Beschwerdeführers vom 05.09.2017 auf die Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und letztlich auf die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet war.

3.2.2. Ausgehend von dieser Wertung des Anbringens durch die belangte Behörde ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes allerdings nicht nachvollziehbar, dass über den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" sowie auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht (auch) - entweder im Rahmen eines gesonderten Bescheides oder im Wege zusätzlicher Spruchpunkte im angefochtenen Bescheid - abgesprochen wurde.

Es trifft zwar zu, dass dem Begehren des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" bzw. auf Ausfolgung eines Parkausweises nach § 29b StVO erst dann entsprochen werden könnte, wenn ein Behindertenpass ausgestellt bzw. die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" vorgenommen wurde.

Dennoch kann die bescheidmäßige Erledigung der Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" in den Behindertenpass und auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht dadurch ersetzt werden, dass (lediglich) als Anmerkung am Ende des nunmehr angefochtenen Bescheides festgehalten wird, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

3.2.3. Vor dem Hintergrund des bereits Gesagten ist festzuhalten, dass den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens mit Blick auf den Spruch des angefochtenen Bescheides ausschließlich die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses bildet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Sache" des Berufungs- bzw. (nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. dazu etwa VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049; VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; VwGH 22.01.2015, Ra 2014/06/0055; VwGH 26.03.2015, Ra 2014/07/0077; VwGH 27.04.2015, Ra 2015/11/0022).

Aufgrund dieser Beschränkung der Sache des Beschwerdeverfahrens ist das Verwaltungsgericht nicht befugt, über von der Behörde nicht behandelte Anträge abzusprechen. Ebenso wenig darf das Verwaltungsgericht ein zusätzliches Begehren zum Gegenstand seiner Entscheidung machen, das über den bei der belangten Behörde gestellten und entschiedenen Antrag hinausginge.

Somit ist dem Bundesverwaltungsgericht eine Entscheidung über die - von der belangten Behörde nicht behandelten - Anträge auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung" in den Behindertenpass und auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO verwehrt.

Zu Spruchteil A)

3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

3.4. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht, wie bereits oben ausgeführt, im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023).

Diesen von der Judikatur (und von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen ist das Gutachten der Sachverständigen samt Gutachtensergänzung - sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen als auch hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung - nachgekommen.

3.6. Wie oben eingehend ausgeführt, wird der Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 18.10.2017 samt Stellungnahme vom 27.11.2017 und Gutachtensergänzung vom 13.06.2018 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 40 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, den Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs keinerlei Einwendungen gegen den Inhalt des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Ergänzungsgutachten erhoben oder dem Sachverständigengutachten widersprechende Beweismittel vorgelegt hat.

3.7. Der Beschwerdeführer ist der Gutachtensergänzung vom 13.06.2018 auch nicht mehr substantiiert entgegengetreten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Beiziehung einer bereits im Verwaltungsverfahren befassten Sachverständigen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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