Entscheidungsdatum
25.10.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W262 2178503-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Claudia MARIK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 14.11.2017, OB XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin stellte am 21.09.2017 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (im Folgenden als "belangte Behörde" bezeichnet), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis). Ihren Anträgen legte sie diverse medizinische Beweismittel bei.
Folgender Hinweis ist im Antragsformular auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) der Behörde enthalten:
"Wenn Sie noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' sind, gilt dieser Antrag auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel' in den Behindertenpass."
3. Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 07.11.2017 - erstatteten Gutachten vom selben Tag wurde auszugsweise Folgendes festgehalten:
"...
Derzeitige Beschwerden:
Beklagt in erster Linie Schmerzen in beiden Sprunggelenken mit Schwellungsneigung, die Problematik im linken Hüftgelenk seit erfolgter Versorgung mit K-TEP bds. eher rückläufig. Wenn sich die Patientin nicht wohl fühlt, benützt sie eine Krücke oder Stock.
...
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Wirbelsäule, Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz, ohne neurologisches Defizit, Beckenschiefstand, Spreizfuß beidseits, Sprunggelenksabnützungen und Hallux valgus mitberücksichtigt
02.01.02
30
2
Kniegelenksersatz beidseits Oberer Rahmensatz berücksichtigt beidseitige Prothetik bei gutem funktionellem Ergebnis
02.05.19
30
3
Coxarthrose links und Hüftgelenksersatz rechts Mittlerer Rahmensatz, berücksichtigt Prothetik rechts mit gutem funktionellem Ergebnis und Operationsindikation links
02.05.08
30
4
Hypertonie, Leichte Hypertonie Fixer Rahmensatz unter Monotherapie gut beherrscht
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2 und 3 erhöhen jeweils bei ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung des Grundleidens um 1 Stufe. Leiden 4 erhöht bei fehlender ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht.
...
Dauerzustand.
....
Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Unter Berücksichtigung der im Rahmen der Untersuchung festgestellten Defizite, chronischen Aufbrauchserscheinungen der Wirbelsäule, Sprunggelenksschmerzen beidseits, Hüftgelenksabnützung links, komplikationsloser Versorgung mit Kniegelenksersatz beidseits und Hüftgelenksersatz rechts und Hallux valgus, ohne neurologisches Defizit, mit zwar teilweiser Stocknutzung, aber damit durchaus sicherem Gangbild, medikamentös gut eingestellter arterieller Hypertonie, ohne fassbare wesentliche cardiorespiratorische Leistungseinschränkung, mit erhaltener Kraft aller Extremitäten, sind weder die Gehleistung noch die Beweglichkeit der Arme maßgeblich eingeschränkt, sodass das Zurücklegen kurzer Wegstrecken sowie das Ein- und Aussteigen und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels angegebenen Bedingungen gewährleistet sind.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
..."
4. Der Beschwerdeführerin wurde am 08.11.2017 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" ausgestellt.
5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14.11.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen. Begründend wurde unter Bezugnahme auf das medizinische Sachverständigengutachten vom 07.11.2017 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Das Gutachten wurde der Beschwerdeführerin als Beilage des Bescheides übermittelt.
Am Ende des Bescheides merkte die belangte Behörde an, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises (Parkausweis) nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen würden.
6. Mit Schreiben vom 28.11.2017 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht eine Beschwerde und führte aus, dass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei, da sie aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter Verwendung der zweckmäßigen Behelfe, keine Wegstrecke von 300 bis 400 Meter zurücklegen könne und kündigte an, weitere Befunde vorzulegen.
7. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 01.12.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie ein. In dem - nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 08.02.2018 erstatteten - Gutachten vom 12.02.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (ergänzt um die Fragestellung des Bundesverwaltungsgerichtes):
"...
Jetzige Beschwerden:
‚Ich bin nicht beweglich. Ich habe kein Gefühl im linken Fuß. Gehen sei schlecht möglich.
Mit der linken Hüfte bin ich auf der Akutliste, das linke Knie wird vielleicht noch einmal operiert.'
Medikation: Thyrex, Mexalen, Novalgin, Nifedipin, Pantoloc, Magnosol
Sozialanamnese: Geschieden, ein Sohn; in Pension.
Allgemeiner Status:
159 cm große und 81 kg schwere Frau in gutem Allgemein- und sehr gutem Ernährungszustand.
Thorax symmetrisch.
Relevanter Status:
Wirbelsäule im Lot. HWS in R 45-0-45, F 10-0-10, KJA 2 cm, Reklination 14 cm. Gering verstärkte Brustkyphose, BWS-drehung 20-0-20, Schober Zeichen 10/13 cm, FKBA 30 cm, Seitneigung bis 10 cm ober Patella.
Obere Extremitäten:
Schultern in S 40-0-170, F 170-0-40, R 70-0-60, Ellbogen 0-0-130, Handgelenke 50-0-60, Faustschluss beidseits möglich, KG 4-5.
Nacken- und Kreuzgriff durchführbar.
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke in S rechts 0-0-100 zu links 0-0-90, F rechts 35-0-25 zu links 30-0- 20, R rechts 25-0-10 zu links 20-0-5, Kniegelenke in S rechts 0-0-115 2u links 0- 0-105, Schublade ein Kreuz positiv nach hinten, reizfrei.
Sprunggelenke 10-0-35, geringe Pronation des linken Fußes bei Belastung. Mäßiger Hallux valgus links, Spreizfuß beidseits mäßig ausgeprägt.
Gangbild/Mobilität:
Gang in Stiefeln mit einem Gehstock kleinerschrittig möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand mit Anhalten erschwert möglich. BF geht an der Hand des Sohnes, Einsteigen ins Auto gelingt ihr selbständig gut.
Sitzen bei der Untersuchung schmerzfrei, Knie und Hüften 90 Grad gebeugt.
BEURTEILUNG
Ad 1) Die dauernden Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin sind als Diagnoseliste anzuführen. Eine Einschätzung des Grades der Behinderung ist nicht vorzunehmen.
1) Aufbraucherscheinungen der Wirbelsäule und der großen Gelenke
2) Leichter Bluthochdruck
Ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?
Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten.
Alle Gelenke sind stabil und ausreichend beweglich, ein relevantes Muskeldefizit findet sich nicht, auch keine relevante peripherere Nervenschädigung. Es besteht eine Einschränkung beider Kniegelenke nach Endoprothetik, ebenso der rechten Hüfte mit guten Beweglichkeiten, eine Abnützung links mit guter Beweglichkeit, schwerwiegende Einschränkungen finden sich nicht; das vermehrte Gelenksspiel am linken Knie ist neu. Ein relevantes sensomotorisches Defizit der Extremitäten ist weder klinisch erhebbar, noch befundmäßig ableitbar.
Beide Arme können in Gebrauchsstellung gebracht werden, alle Gelenke der oberen Extremitäten sind stabil und ausreichend beweglich.
Ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?
Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit.
Ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vor?
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor.
Ad 5) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?
Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Ad 6) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?
Es liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.
Ad 7) Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Befunden und Unterlagen:
Pflegestufe 1 ist die unterste, eine maßgebliche Einschränkung ist damit eigentlich nicht vereinbar.
Im Bericht Dris. XXXX 11/2016 ist das rechte Knie mit 0-0-20 und geringen Beschwerden beschrieben. 05/17 wird für links nach Endoprothese das Gehen für eine längere Strecke ‚ohne Gehhilfe noch erschwert' beschrieben.
Lumbalgie bei Abnützungen der Wirbelsäule wird genannt.
Abl. 14 ergibt einen regulären Sitz der Hüftprothese.
(Die akute Situation - Akutliste für Hüftprothese und fragliche Lockerung linkes Knie - hat sich erst nach dem Neuerungsdatum ergeben.)
Ad 8) Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde (Abl. 30) erhobenen Einwendungen:
Die Mobilität der BF ist zweifelsfrei eingeschränkt, aber nicht relevant. Eine Gehstrecke von 300 bis 400 Metern ist ihr sicher möglich.
Ad 9) Ausführliche Stellungnahme zu den im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Befunden (Abl. 1-14) und allfälligen zur Untersuchung mitgebrachten Befunden:
In 7) schon behandelt.
Ad 10) Stellungnahme über die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
a. Die geforderte Mindestgehstrecke ist, mit einem Gehstock, sicher möglich.
b. Ein- und Aussteigen sind möglich, die Beugefunktionen der Gelenke der unteren Extremitäten sind ausreichend, damit ist
c. möglich. Teilinstabilität zum Zeitpunkt der Beschwerde nicht evident.
d. Stehen im Nahbereich ist möglich, Anhalten ist ungestört.
e. Sitzplatzsuche ist möglich
f. Fortbewegen im öffentlichen Verkehrsmittel ist möglich.
g. Es ist beim Benützen von öffentlichen Verkehrsmitteln mit leichten Schmerzen, kurzfristig bis zu mittleren zu rechnen, starke Schmerzen sind nicht zu erwarten."
9. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichtes ergänzte der bereits befasste Facharzt für Unfallchirurgie sein Gutachten am 23.07.2018 wie folgt (ergänzt um die Fragestellung des Bundesverwaltungsgerichtes):
"Das Bundesverwaltungsgericht ersucht um Ergänzung Ihres Sachverständigengutachtens vom 12.02.2018 dahingehend, ob es es im Hinblick auf den anlässlich der Untersuchung vorgelegten (und nicht im Akt befindlichen) Befund Dr. XXXX aus 1/2018 ‚fragliche Instabilität linkes Knie, eventuell Revision' sowie das festgestellte vermehrte Gelenksspiel am linken Knie und die Akutliste für eine Hüftprothese zu einer Änderung der Einschätzung betreffend die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt.
BEURTEILUNG
Streng genommen ergibt sich keine Änderung der getroffenen Einschätzung.
Einerseits besteht eine geringe Vermehrung des Gelenksspiels, bei der Untersuchung mit einem Kreuz angegeben, das ist nach stabilen Verhältnissen die erste ‚Erweiterung', das geht bis ‚drei Kreuz'. Viele Endoprothesen sind etwas bandgelockert, dafür besser beweglich, eine andere Komplikation hat sich nicht aus den Befunden ergeben.
Die Setzung auf eine Akutliste für eine Hüftprothese zeigt einen Schmerzzustand an, allerdings ist hier von keinem dauerhaften Defizit auszugehen, da im Regelfall einer Endoprothese bei normaltypischem Verlauf eine deutliche Reduktion der Schmerzsymptomatik und damit verbunden eine Verbesserung der Mobilität bringt.
Hier wird der Begriff der therapeutischen Option wichtig, eine Therapierefraktion besteht demnach nicht. "
10. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen drei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Aussicht nehme, über die Beschwerde ohne Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, sofern eine mündliche Verhandlung vor Gericht nicht ausdrücklich beantragt wird.
Beide Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführerin wurde am 08.11.2017 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung "Die Inhaberin des Passes ist Trägerin einer Prothese" ausgestellt.
Am 21.09.2017 brachte sie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ein, der von der belangten Behörde auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet wurde.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) Aufbrauchserscheinungen der Wirbelsäule und der großen Gelenke;
2) Leichter Bluthochdruck.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen, ihrer Art und Schwere sowie ihrer Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 12.02.2018 samt Ergänzung vom 23.07.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.
Die Beschwerdeführerin verfügt trotz der bestehenden Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates über stabile und ausreichend bewegliche Gelenke ohne relevantes Muskeldefizit und ohne periphere Muskelschädigung. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten oder der Wirbelsäule vor. Trotz Einschränkung beider Kniegelenke und der rechten Hüfte nach Endoprothetik und Beeinträchtigungen der linken Hüfte ist die Beschwerdeführerin in der Lage, eine Gehstrecke von 300 bis 400 Metern aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe unter Zuhilfenahme eines Gehstockes zu bewältigen. Aufgrund des ausreichenden Bewegungsumfanges aller großen Gelenke der unteren Extremitäten sind der Beschwerdeführerin auch das Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, das Bewältigen von Niveauunterschieden oder Hindernissen, die Sitzplatzsuche und die notwendige Fortbewegung innerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels während der Fahrt möglich. Bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind leichte, kurzfristig bis zu mittlere Schmerzen zu erwarten.
An den beiden oberen Extremitäten bestehen keine funktionsbeeinträchtigenden Einschränkungen der Beweglichkeit, Motorik oder Sensibilität, sodass ein festes Anhalten und ein sicherer Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel auch während der Fahrt gewährleistet sind. Haltegriffe und Aufstiegshilfen können erreicht und benutzt werden.
Auch bestehen keine Hinweise auf das Vorliegen erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit und der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten. Ebenso wenig liegen eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit und eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Insgesamt spricht bei Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht nichts dagegen, dass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zugemutet wird.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Behindertenpass sowie zu Zeitpunkt der Einbringung und Wertung des Antrages ergeben sich aus dem Akteninhalt (vgl. auch den Hinweis im Antragsformular unter Pkt. I.1.).
2.2. Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen sowie zum Nichtvorliegen erheblicher - die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bewirkender - Funktionseinschränkungen gründen sich auf das im Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom 12.02.2018 samt Ergänzung vom 23.07.2018.
Der vorliegende Sachverständigenbeweis wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes als schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten samt Ergänzung verwiesen).
Einbezogen wurden vom befassten Sachverständigen die von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verfahrens vorgelegten bzw. nachgereichten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt wurde.
Im Gutachten samt Ergänzung des Sachverständigen wurde unter Berücksichtigung der festgestellten Leidenszustände detailliert und nachvollziehbar dargelegt, warum der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.
Anhand der Art und Schwere der festgestellten Gesundheitsschädigungen konnten dem Gutachten zufolge weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten oder der Wirbelsäule, der körperlichen Belastbarkeit, der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen noch eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems objektiviert werden. Bei seinen Einschätzungen konnte sich der Sachverständige auf den von ihm erhobenen klinischen Untersuchungsbefund einschließlich des festgestellten Gangbildes sowie auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Beweismittel stützen.
Die Einwendungen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde waren ebenfalls nicht geeignet, den vorliegenden Sachverständigenbeweis in Zweifel zu ziehen und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen, zumal diese vom befassten Sachverständigen in seinem Gutachten gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso ausführlichen wie schlüssigen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet wurden. Diesbezüglich wurde insbesondere ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin eine Gehstrecke von 300 bis 400 Metern mit einem Gehstock unter leichten, kurzfristig unter bis zu mittleren Schmerzen, bewältigen kann. Bei dieser Beurteilung wurde auch berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin auf eine Akutliste für eine Endoprothese der linken Hüfte gesetzt wurde, da es sich insofern um keine dauerhafte Einschränkung handelt. Auch die Vermehrung des Gelenksspiels der mit einer Endoprothese versorgten rechten Hüfte ändert angesichts der nur geringen Lockerung und der dadurch erzielten besseren Beweglichkeit nichts an der Einschätzung.
Im Ergebnis gelangte der Sachverständige in nachvollziehbarer Weise zu dem Schluss, dass eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht gegeben ist, zumal das Ausmaß bzw. die Auswirkungen der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Leidenszustände im Rahmen der klinischen Untersuchung und anhand der Befundlage in der von der Beschwerdeführerin subjektiv empfundenen Form nicht objektiviert werden konnten.
Die bestehenden Funktionseinschränkungen erreichen - wie dargelegt - kein entsprechend schweres Ausmaß, um die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass zu rechtfertigen.
Die Beschwerdeführerin, der es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen ihrer Wahl die getroffenen Einschätzungen des Sachverständigen zu entkräften, ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten samt Ergänzung nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Sie hat sich zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 12.02.2018 samt Ergänzung vom 23.07.2018 im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr geäußert.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Sachverständigenbeweis für schlüssig, nachvollziehbar und vollständig. Er wird der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.
3.2. Zur Wertung des Antrages vom 21.09.2017 auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.
Demnach ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend und es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss, wobei Parteienerklärungen im Zweifel nicht so auszulegen sind, dass ein von vornherein aussichtsloses Rechtsschutzbegehren unterstellt wird (VwGH 24.07.2008, 2008/07/0060 mwH).
Dabei sind Parteienerklärungen im Zweifel so auszulegen, dass die sie abgebende Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird (VwGH 19.05.1994, 92/07/0070), und es ist der Behörde nicht gestattet, einem unklaren Antrag von vornherein einen für den Antragsteller ungünstigen Inhalt zu unterstellen (VwGH 16.12.1992, 89/12/0146). In einem solchen Fall hat die Behörde vielmehr von Amts wegen den wahren Willen der Partei und damit den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln und klarzustellen (VwGH 27.07.1994, 90/10/0046).
Im vorliegenden Fall wurde von der Beschwerdeführerin am 21.09.2017 u. a. ein Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO eingebracht.
Dieses Anbringen wurde von der belangten Behörde - wie sich zweifelsfrei aus dem angefochtenen Bescheid ergibt - auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gewertet. Im Übrigen findet sich diesbezüglich im Antragsformular ein ausdrücklicher Hinweis (vgl. dazu Punkt I.1.).
Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes wurde die Beurteilung des Parteienanbringens seitens der belangten Behörde schon deshalb in nachvollziehbarer Weise vorgenommen, weil die Beschwerdeführerin mit ihrer Eingabe erkennbar das Ziel verfolgt hat, letztlich in den Genuss der Berechtigungen nach § 29b Abs. 2 bis 4 StVO zu kommen. Angesichts des Umstandes, dass dies ausschließlich Inhabern eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz möglich ist, die bereits über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, wurde das Anbringen seitens der belangten Behörde im Lichte einer rechtsschutzfreundlichen und für das Ziel der Beschwerdeführerin günstigen Weise ausgelegt.
Die Beschwerdeführerin ist der Wertung ihres Anbringens - ausweislich des Verwaltungsaktes - weder im vorangegangenen Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der Beschwerde entgegengetreten.
Die Behörde konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das Anbringen der Beschwerdeführerin vom 21.09.2017 auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und letztlich auf die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO gerichtet war.
Ausgehend von dieser Wertung des Anbringens durch die belangte Behörde ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes allerdings nicht nachvollziehbar, dass über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO nicht (auch) - entweder im Rahmen eines gesonderten Bescheides oder im Wege eines zusätzlichen Spruchpunktes im angefochtenen Bescheid - abgesprochen wurde.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(...)"
"§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."
"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
(...)"
"§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
3.3.1. Die in Ausübung der Ermächtigung des § 47 BBG erlassene Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist am 01.01.2014 in Kraft getreten und wurde mit 22.09.2016, BGBl. II Nr. 263/2016, novelliert. § 1 dieser Verordnung lautet auszugsweise:
"§ 1. ...
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
..."
3.3.2. In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen wird hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 (vormals: § 1 Abs. 2 Z 3) - soweit relevant - insbesondere Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3:
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Die Voraussetzung des vollendeten 36. Lebensmonats wurde deshalb gewählt, da im Durchschnitt auch ein nicht behindertes Kind vor dem vollendeten 3. Lebensjahr im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Wegstrecken nicht ohne Begleitung selbständig gehen kann.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes ‚dauerhafte Mobilitätseinschränkung' hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe ‚erheblich' und ‚schwer' werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
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arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
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Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
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hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
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Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
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COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
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Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
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mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
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Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
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hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
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schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
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nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
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anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID - sever combined immundeficiency),
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schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
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fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
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selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
..."
3.4.1. Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob die Antragstellerin dauernd an ihrer Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021; VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013; 27.01.2015, 2012/11/0186; 01.03.2016, Ro 2014/11/0024, je mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob die Antragstellerin dauernd an ihrer Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, de