TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/25 W238 2189820-1

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Veröffentlicht am 25.10.2018
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Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W238 2189820-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Claudia MARIK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia JERABEK sowie den fachkundigen Laienrichter Dr. Ludwig RHOMBERG als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Lange Gasse 53, 1080 Wien, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 08.02.2018, OB XXXX , betreffend Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der nunmehrige Beschwerdeführer war ab Mai 2009 Inhaber eines Behindertenpasses. Der Grad seiner Behinderung wurde zunächst mit 50 v. H. festgesetzt. Im Rahmen einer Neufestsetzung des Grades der Behinderung wurde der Gesamtgrad der Behinderung auf 70 v.H. befristet erhöht.

Am 08.01.2014 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung des befristeten Behindertenpasses, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO.

Mit Bescheid vom 21.03.2014 wurde der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers gemäß §§ 42 und 45 BBG mit 50 v.H. von Amts wegen neu festgesetzt. Mit Bescheid vom 21.03.2014 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Gegen beide Bescheide erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2016, W133 2007930-1/16E und W133 2007931-1/12E, wurde der Beschwerde gegen die Neufestsetzung des Grades der Behinderung stattgegeben und festgestellt, dass der Grad der Behinderung (seit November 2012) 70 v.H. beträgt, sowie die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass als unbegründet abgewiesen.

2. Am 29.09.2017 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden als belangte Behörde bezeichnet), unter Vorlage medizinischer Beweismittel einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Weitergewährung seines bis 30.11.2017 befristeten Behindertenpasses. Am 03.11.2017 beantragte er die Ausstellung eines Parkausweises.

3. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem - auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.11.2017 erstatteten - Gutachten vom 19.01.2018 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Permanentes Vorhofflimmern Heranziehung dieser Position, da Notwendigkeit einer medikamentösen Blutverdünnungsbehandlung. Unterer Rahmensatz, da ohne signifikante Herabsetzung der Pumpfunktion.

05.02.01

30

2

Endoprothese des linken Kniegelenks Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da Beugung bis 90° möglich.

02.05.18

20

3

Zustand nach Prostatakarzinomoperation Heranziehung dieser Position mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz, da ohne Hinweis auf ein Rezidiv, jedoch episodische Harndrangsymptomatik.

13.01.02

20

4

Zustand nach Bandscheibenoperation Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da mäßige radiologische Veränderungen jedoch nur geringfügige Funktionseinschränkungen und ohne radikuläre Symptomatik.

02.01.01

20

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht erhöht werde, da kein maßgebliches ungünstiges Zusammenwirken bestehe. Nierenzysten beidseits ohne funktionelle Defizite würden keinen Grad der Behinderung erreichen. Die Absenkung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Vorgutachten ergebe sich aus der Tatsache, dass betreffend das Prostatakarzinom seit 2012 kein Rezidiv dokumentiert sei. Es handle sich um einen Dauerzustand.

Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass wurde im Gutachten mit näherer Begründung verneint.

4.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 BBG abgewiesen, da der Beschwerdeführer mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Als Beilage zum Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das Sachverständigengutachten vom 19.01.2018 übermittelt.

4.2. Mit - hier nicht verfahrensgegenständlichem - Bescheid der belangten Behörde vom 12.02.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde beim Bundesverwaltungsgericht zu Zahl W238 2190099-1 protokolliert (vgl. dazu auch Pkt. II.3.7.).

5. Gegen den Bescheid vom 08.02.2018 brachte der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde ein. Darin wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bislang über einen Grad der Behinderung von 70 v.H. verfügt habe. Zwar sei das Prostatakarzinom mangels eines Rezidivs seit 2012 neu einzustufen. Nicht nachvollziehbar sei jedoch, dass die Leiden 2 und 4 nur mehr mit 20 v.H. eingestuft worden seien. Bei diesen Gesundheitsschädigungen sei es zu keiner Verbesserung gekommen In den den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.12.2016 zugrunde gelegten Sachverständigengutachten sei bezüglich dieser Gesundheitsschädigungen jeweils ein Grad der Behinderung von 30 v.H. anerkannt worden. Die beim Beschwerdeführer bestehende zerebrovasculäre Insuffizienz mit Kopfschmerzen, Schwindel und kognitiver Beeinträchtigung sei im Gegensatz zum Vorverfahren gar nicht mehr berücksichtigt worden. Aus Sicht des Beschwerdeführers habe sich sein Gesundheitszustand - abgesehen vom Prostatakarzinom - keineswegs gebessert, weshalb ein Gesamtgrad der Behinderung von mindestens 50 v.H. gerechtfertigt sei. Auch würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Der Beschwerdeführer leide unter einem imperativen Harn- und Stuhldrang. Abschließend wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Bereichen Orthopädie/Chirurgie, Urologie und Innere Medizin sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Ausstellung eines Behindertenpasses beantragt.

6. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 21.03.2018 vorgelegt.

7. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wurde in weiterer Folge eine Begutachtung des Beschwerdeführers durch eine Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin veranlasst. In dem auf Basis einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers erstellten Sachverständigengutachten vom 30.06.2018 wurde auszugsweise Folgendes ausgeführt (Wiedergabe ergänzt um die zugehörigen Fragestellungen des Bundesverwaltungsgerichtes):

"STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 178 cm, Gewicht 90 kg, RR 140/75, 84a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen.

Thorax: symmetrisch, elastisch.

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, arrhythmisch.

Abdomen: kleine Umbilikalhernie, sonst klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Heberden'sche Arthrose mit Achsenabweichung des rechten Zeigefingers, kein Hinweis für aktivierte Arthrose.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultergelenk links: endlagig eingeschränkt, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist nicht ganz komplett, 0,5-1 cm Abstand der Fingerkuppen von der Hohlhand, Händedruck kräftig, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.

Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu einem Drittel möglich. Die Beinachse zeigt achsengerechte Stellung. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört. Keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.

Hüftgelenke: kein Rotationsschmerz, kein Stauchungsschmerz.

Kniegelenk beidseits: Narbe nach Knietotalendoprothese bds., rechtes Kniegelenk geringgradig überwärmt, beide Kniegelenke ggr. umfangsvermehrt, keine Bewegungsschmerzen auslösbar, stabil.

Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften S0/90, IR/AR beidseits 10/0/30, Knie links 0/0/130, rechts 0/0/125, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Mäßig paralumbaler Hartspann. Mäßig Klopfschmerz über der unteren LWS, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.

Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen 1/3 eingeschränkt beweglich

BWS/LWS: FBA: 20 cm, Rotation und Seitneigen zur Hälfte eingeschränkt

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel in Begleitung der Gattin, Barfußgang im Untersuchungszimmer ohne Gehhilfe etwas kleinschrittig und verlangsamt, insgesamt sicher. Gesamtmobilität beim Aufstehen und Hinlegen auf die Untersuchungsliege verlangsamt. Trägt Inkontinenzhose. Das Aus- und Ankleiden wird zum Teil selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig, Stimmungslage ausgeglichen.

a) Gesonderte Einschätzung des Grades der Behinderung (GdB) für jede festgestellte Gesundheitsschädigung:

1. Permanentes Vorhofflimmern, Bluthochdruck 05.02.01 30 %

Wahl dieser Position, da Notwendigkeit einer medikamentösen Blutverdünnung.

Unterer Rahmensatz, da ohne signifikante Herabsetzung der Pumpfunktion.

2. Knietotalendoprothese links, Abnützungserscheinungen rechtes Kniegelenk 02.05.19 20 %

Unterer Rahmensatz, da beidseits gute Beweglichkeit und stabile Gelenke.

[Anm.: s. dazu unten]

3. Zustand nach Prostataoperation wegen bösartiger Neubildung 2009, Zustand nach Strahlentherapie 11/2012 wegen Rezidivs 13.01.02 20 %

Wahl dieser Position mit zwei Stufen unter dem oberen Rahmensatz, da seit 2012 kein Fortschreiten der Grunderkrankung dokumentiert ist und keine maßgeblichen Funktionseinschränkungen als Dauerzustand vorliegen.

4. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Bandscheibenoperation L3/L4 2010 02.01.01 20 %

Oberer Rahmensatz dieser Position, da geringgradig eingeschränkte Beweglichkeit ohne radikuläres Defizit, keine Dauermedikation erforderlich.

b) Einschätzung und Begründung des Gesamtgrades der Behinderung (GdB), wobei insbesondere auf das Vorliegen einer negativen wechselseitigen Beeinflussung eingegangen werden möge:

Gesamt-GdB 30 %

Die führende Funktionsbeeinträchtigung Nummer 1 wird durch die übrigen Leiden nicht erhöht, da diese nur von geringem Ausmaß sind und das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht nicht maßgeblich negativ beeinflussen, die Auswirkungen des führenden Leidens werden durch die anderen Leiden nicht erheblich verstärkt.

c) Stellungnahme, ab wann der Gesamt-GdB anzunehmen ist (ab Antrag - 29.09.2017? Wenn später, bitte begründen).

Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Antrag 29.9.2017 anzunehmen.

d) Fachspezifische Stellungnahme zu den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen:

Bericht Primaria Dr. XXXX vom 21.8.2017 (seit Prostataoperation und nachfolgender Bestrahlung besteht imperativer Stuhldrang, medikamentös nicht zu beeinflussen, sondern als Nebenwirkung der Operation und Bestrahlung zu sehen. Die Berechtigung auf einem Behindertenparkplatz zu parken ist zu empfehlen, um möglichst rasch eine Toilette aufzusuchen) - Befund bewirkt keine Änderung hinsichtlich Einschätzung von Leiden 1, aktuelle objektive Befunde über Dauerfolgen nach Prostataoperation und Strahlentherapie liegen nicht vor.

Patientenblatt Orthopädie AKH vom 8.8.2017 (Knietotalendoprothese rechts geplant, stationärer Aufnahmetag 20.2.2018) - Dokumente, welche die Durchführung der geplanten Operation bestätigen, werden nach dem Termin der Neuerungsbeschränkung (21.3.2018) vorgelegt.

Befund Dr. XXXX , Facharzt für Urologie vom 13.9.2017 (seit Prostatabestrahlung ständiger Stuhl- und Harndrang, plötzlich auftretend, muss rasch eine Toilette aufsuchen, Behindertenparkplatz wäre erforderlich) - Befund bewirkt keine Änderung hinsichtlich Einschätzung von Leiden 1, ein aktueller objektiver Befund einschließlich entsprechender Untersuchungsergebnisse liegt nicht vor.

e) Fachspezifische Stellungnahme zu den Einwendungen im Zuge der Beschwerde:

Eingewendet wird, dass die Herabstufung von Leiden 2 und 4 auf jeweils 20 % nicht nachvollziehbar sei.

Dem wird entgegengehalten, dass die Implantation einer Endoprothese des linken Kniegelenks zu einer Verbesserung geführt hat und nach weiterer erfolgter Rehabilitation eine Herabstufung des Grades der Behinderung durch das gute funktionelle Ergebnis begründbar ist.

Leiden 4, Zustand nach Bandscheibenoperation, wird um eine Stufe herabgesetzt, da bei der aktuellen Untersuchung eine gute Beweglichkeit in allen Ebenen und kein massiver Hartspann feststellbar sind, keine Dauermedikation erforderlich ist, kein andauernder Therapiebedarf dokumentiert ist und weder eine radikuläre noch eine pseudoradikuläre Symptomatik vorliegt und somit eine Verbesserung anzunehmen ist.

Kopfschmerzen und Schwindel und kognitive Beeinträchtigung sind weder anhand der klinischen Untersuchung objektivierbar noch anhand entsprechender Befunde belegt, werden daher keiner Einstufung mehr unterzogen. Dass sich der Gesundheitszustand insgesamt verschlechtert habe, ist weder aus dem Untersuchungsergebnis ableitbar noch anhand entsprechender Behandlungsdokumentationen belegt.

f) Begründung zu einer allfälligen zu den Vorgutachten vom 08.02.2016 und vom 02.12.2016 (GdB 70 %):

Stellungnahme zum Gutachten vom 8.2.2016: Leiden 1 des Gutachtens vom 8.2.2016, Zustand nach Prostataoperation und Strahlentherapie wegen Rezidivs, wird nach Ablauf der Heilungsbewährung neu eingestuft. Leiden 2, Abnützungserscheinung der Wirbelsäule wird um eine Stufe herabgesetzt, da bei der aktuellen Untersuchung eine gute Beweglichkeit in allen Ebenen und kein massiver Hartspann feststellbar sind, keine Dauermedikation erforderlich ist, kein andauernder Therapiebedarf dokumentiert ist und weder eine radikuläre noch eine pseudoradikuläre Symptomatik vorliegt und somit eine Verbesserung anzunehmen ist.

Leiden 3, Abnützungserscheinung beide Kniegelenke, wird neu eingestuft, da bei Zustand nach Implantation einer Knietotalendoprothese links eine Besserung eingetreten ist.

Leiden 4, Bluthochdruck, wird gemeinsam mit permanentem Vorhofflimmern im aktuellen Leiden 1 berücksichtigt.

Leiden 5, zerebrovasculäre Insuffizienz, ist nicht mehr mit entsprechenden aktuellen Befunde belegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung wird um vier Stufen herabgesetzt, da Besserung durch Ablauf der Heilungsbewährung bzw. Besserung von Leiden 2 und 3 nach erfolgter Operation eingetreten ist.

Stellungnahme zum Gutachten vom 2.12.2016:

Leiden 1 des Gutachtens vom 8.2.2016, Zustand nach Prostataoperation und Strahlentherapie wegen Rezidivs, wird nach Ablauf der Heilungsbewährung neu eingestuft. Leiden 2, Abnützungserscheinung der Wirbelsäule, wird um eine Stufe herabgesetzt, da bei der aktuellen Untersuchung eine gute Beweglichkeit in allen Ebenen und kein massiver Hartspann feststellbar sind, keine Dauermedikation erforderlich ist, kein andauernder Therapiebedarf dokumentiert ist und weder eine radikuläre noch eine pseudoradikuläre Symptomatik vorliegt und somit eine Verbesserung anzunehmen ist.

Leiden 3, Abnützungserscheinung beide Kniegelenke, wird neu eingestuft, da bei Zustand nach Implantation einer Knietotalendoprothese links und erfolgter Rehabilitation eine Besserung eingetreten ist.

Leiden 4, Bluthochdruck, wird gemeinsam mit permanentem Vorhofflimmern im aktuellen Leiden 1 berücksichtigt.

Leiden 5, zerebrovasculäre Insuffizienz, ist nicht mehr mit entsprechenden aktuellen Befunde belegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung wird um vier Stufen herabgesetzt, da Besserung durch Ablauf der Heilungsbewährung bzw. Besserung von Leiden 2 und 3 nach erfolgter Operation eingetreten ist.

g) Begründung zu einer allfälligen zum angefochtenen Sachverständigengutachten vom 19.01.2018 (GdB 30 %) abweichenden Beurteilung:

Keine abweichende Beurteilung.

h) Feststellung, ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

...

Stellungnahme zu im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung vorgelegten Befunden, es gilt die Neuerungsbeschränkung ab 21.03.2018:

Belastungs-EKG Befund vom 11.6.2018 (Leistungsfähigkeit leicht eingeschränkt, 69 %, hinsichtlich Blutdruck und Herzfrequenz keine Auffälligkeiten, hinsichtlich BCI nicht eindeutig interpretierbar - Befund bewirkt keine Änderung der getroffenen Beurteilung.

Vorhofflimmern ohne signifikante Herabsetzung der Pumpfunktion wird in korrekter Höhe eingestuft.

Implantatnachweis vom 9.2.2018 (Kniegelenksprothese) - Befund bewirkt eine Änderung der Bezeichnung von Leiden 2, die Höhe der Einschätzung ändert sich jedoch nicht.

2) Knietotalendoprothese beidseits 02.05.19 20 %

Unterer Rahmensatz, da beidseits gute Beweglichkeit und stabile Gelenke."

8. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.07.2018 wurden der Beschwerdeführer und die belangte Behörde über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme dazu abzugeben. Weiters wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung auf Basis der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen wird, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordert.

Die Verfahrensparteien ließen dieses Schreiben unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verfügte zuletzt über einen bis 30.11.2017 befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 v. H.

Er beantragte am 29.09.2017 die Ausstellung bzw. Weitergewährung eines Behindertenpasses.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1) Permanentes Vorhofflimmern und Bluthochdruck bei Notwendigkeit einer medikamentösen Blutverdünnung ohne signifikante Herabsetzung der Pumpfunktion;

2) Knietotalendoprothese beidseits bei guter Beweglichkeit und stabilen Gelenken;

3) Zustand nach Prostataoperation wegen bösartiger Neubildung 2009, Zustand nach Strahlentherapie 11/2012 wegen Rezidivs, keine Dokumentation eines Fortschreitens der Grunderkrankung seit 2012, keine maßgeblichen Funktionseinschränkungen als Dauerzustand;

4) Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Bandscheibenoperation bei geringgradig eingeschränkter Beweglichkeit ohne radikuläres Defizit, keine Dauermedikation erforderlich.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaßes, medizinischer Einschätzung und wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.06.2018 der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt 30 v.H.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Ausstellung eines befristeten Behindertenpasses und zum Zeitpunkt der Einbringung des verfahrensgegenständlichen Antrags ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht erstellten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das im Beschwerdeverfahren eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.06.2018. Darin wird auf die Leiden des Beschwerdeführers, deren Ausmaß und wechselseitige Leidensbeeinflussung vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen.

Einbezogen wurden von der befassten Sachverständigen die im Verfahren vorgelegten bzw. nachgereichten Befunde, die im Übrigen nicht in Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung stehen und kein höheres Funktionsdefizit dokumentieren, als anlässlich der Begutachtung festgestellt werden konnte.

Der vorliegende Sachverständigenbeweis vom 30.06.2018 wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes für schlüssig erachtet. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen (diesbezüglich wird auch auf die auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung korrekt eingestuft.

Diesbezüglich ist im Lichte der - in der nachfolgenden rechtlichen Beurteilung teilweise wiedergegebenen - Anlage zur Einschätzungsverordnung festzuhalten, dass hinsichtlich des beim Beschwerdeführer bestehenden permanenten Vorhofflimmerns mit Bluthochdruck korrekt die Positionsnummer 05.02.01 mit dem unteren Rahmensatz von 30 v.H. herangezogen wurde. Begründend wurde diesbezüglich im Gutachten schlüssig ausgeführt, dass zwar die Notwendigkeit einer medikamentösen Blutverdünnung besteht, aber keine signifikante Herabsetzung der Pumpfunktion feststellbar ist.

Das Ausmaß von Funktionseinschränkungen der Kniegelenke (geringen, mittleren oder schweren Grades) ist grundsätzlich anhand der Möglichkeit der Streckung bzw. Beugung einzuschätzen. Angesichts der beim Beschwerdeführer festgestellten guten Beweglichkeit der Kniegelenke (rechts 0/0/125°, links 0/0/130°) bei stabilen Gelenken wurde hinsichtlich der Knietotalendoprothesen beidseits im Gutachten korrekt die Positionsnummer 02.05.19 (Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig) unter Heranziehung des unteren Rahmensatzes von 20 v.H. angesetzt. Im Gutachten wurde dazu schlüssig festgehalten, dass nach Implantation einer Knietotalendoprothese links und erfolgter Rehabilitation eine Besserung eingetreten ist. Auch die im Februar 2018 durchgeführte Implantation einer Kniegelenksprothese rechts bewirkt im Lichte der objektivierten Beweglichkeit und Stabilität der Kniegelenke keine Änderung der Höhe der Einschätzung.

Funktionseinschränkungen der Kniegelenke mittleren oder schweren Grades, die u.a. mit einer geringeren Beweglichkeit als im Fall des Beschwerdeführers einhergehen, wurden bei der klinischen Untersuchung nicht festgestellt.

Der Zustand nach Prostataoperation wegen bösartiger Neubildung 2009 und der Zustand nach Strahlentherapie im November 2012 wegen Rezidivs wurden zutreffend der Positionsnummer 13.01.02 mit einem Rahmensatz von 20 v.H. (zwei Stufen unter dem oberen Rahmensatz) zugeordnet. Im Gutachten wurde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass seit 2012 kein Fortschreiten der Grunderkrankung dokumentiert ist und auch keine maßgeblichen Funktionseinschränkungen als Dauerzustand vorliegen. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Stuhl- und Harndrang konnte in Ermangelung aktueller Befunde über allfällige Dauerfolgen nicht objektiviert werden.

Betreffend die beim Beschwerdeführer festgestellten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Zustand nach Bandscheibenoperation L3/L4 wurde korrekt die Positionsnummer 02.01.01 (Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule geringen Grades) unter Heranziehung des oberen Rahmensatzes von 20 v.H. gewählt.

Bei Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sind allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien etwa die Beweglichkeit und Belastbarkeit, Gelenksfunktionen, Funktionen der Muskel, Sehnen, Bänder und Gelenkskapsel, Messungen des Bewegungsradius, Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung) sowie Ausmaß der beteiligten Gelenke, Körperregionen und organische Folgebeteiligung. Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant. Die konkrete Differenzierung zwischen Funktionseinschränkungen geringen, mittleren und schweren Grades wird insbesondere auch anhand der Häufigkeit und Dauer akuter Episoden, des Ausmaßes radiologischer und/oder morphologischer Veränderungen, des Vorliegens klinischer Defizite, des jeweiligen Therapie- und Medikationsbedarfs sowie des Ausmaßes der Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben vorgenommen.

Die gegenständlich vorgenommene Einschätzung wurde von der Sachverständigen schlüssig damit begründet, dass beim Beschwerdeführer nur eine geringgradig eingeschränkte Beweglichkeit ohne radikuläres Defizit vorliegt und keine Dauermedikation erforderlich ist.

Hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung wurde im Sachverständigengutachten der befassten Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin schlüssig ausgeführt, dass die führende Funktionsbeeinträchtigung (Leiden 1) durch die übrigen Leiden nicht erhöht wird, da diese nur von geringem Ausmaß sind und das Gesamtbild in funktioneller Hinsicht nicht maßgeblich negativ beeinflussen. Die Auswirkungen des führenden Leidens werden demnach durch die anderen Leiden nicht erheblich verstärkt. Im Vergleich zu den (im Rahmen eines früheren verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingeholten) Vorgutachten vom 08.02.2016 und vom 02.12.2016 kommt es zu einer Herabsetzung des Gesamtgrades der Behinderung um vier Stufen, da nach Ablauf der Heilungsbewährung eine Neueinstufung von Leiden 3 (Zustand nach Prostataoperation und Strahlentherapie wegen Rezidivs) vorzunehmen war sowie eine Besserung von Leiden 2 (Knietotalendoprothese beidseits) und von Leiden 4 (degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Zustand nach Bandscheibenoperation L3/L4) eingetreten ist. Die in den Vorgutachten eingeschätzte zerebrovasculäre Insuffizienz wurde nicht mehr durch aktuelle Befunde belegt, sodass diesbezüglich kein Behinderungsgrad erreicht wurde.

Auch die Einwendungen im Rahmen der Beschwerde waren nicht geeignet, eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Diese wurden von der befassten Sachverständigen in ihrem Gutachten vom 30.06.2018 gehörig gewürdigt und mittels einer ebenso schlüssigen wie ausführlichen Begründung in fachlicher Hinsicht entkräftet. Die befasste Sachverständige nahm zu den Einwendungen im Einzelnen Stellung und erläuterte nachvollziehbar, warum eine höhere Einschätzung der beim Beschwerdeführer festgestellten Funktionseinschränkungen nicht gerechtfertigt ist. Seitens des Beschwerdeführers wurden auch keine Befunde in Vorlage gebracht, die das Ergebnis des Gutachtens widerlegen oder bisher nicht eingeschätzte Leiden nachweisen könnten.

Der Beschwerdeführer, dem es der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge freigestanden wäre, durch Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl die getroffenen Einschätzungen der Sachverständigen zu entkräften, ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten vom 30.06.2018 nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Der Beschwerdeführer hat zu dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten im Rahmen des Parteiengehörs auch nicht mehr Stellung genommen.

Es wurde somit weder durch entsprechend aussagekräftige Befunde noch durch ein substantiiertes Vorbringen des Beschwerdeführers aufgezeigt, dass eine höhere Einschätzung seiner Leiden hätte erfolgen müssen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigenbeweises vom 30.06.2018. Er wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung eines fachkundigen Laienrichters ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4 BBG.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"BEHINDERTENPASS

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist."

"§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

(...)"

"§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

(...)"

"§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

(...)"

3.3. §§ 2 und 3 der Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sehen Folgendes vor:

"Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen."

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

3.4. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010 idF BGBl. II 251/2012, sieht - soweit für den Beschwerdefall relevant - auszugsweise Folgendes vor (geringfügige Formatierungsänderungen durch das Bundesverwaltungsgericht):

"05.02 Herzmuskelerkrankungen

05.02.01 Herzmuskelerkrankung leichter Ausprägung 30 - 40 %

30 %: Reduzierte Linksventrikelfunktion im Ultraschall, ohne wesentliche Beschwerde

40 %: Deutliche Belastungsdyspnoe"

"Kniegelenk

Funktionseinschränkungen im Kniegelenk als Folge von Knorpel-, Band- und Meniskusläsionen.

Ausprägungen von Knorpelschäden geringeren, mittleren und schwereren Grades werden in der Einschätzung mitberücksichtigt.

02.05.19 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 - 30 %

Streckung/Beugung bis 0-0-90°"

"13 Malignome

Die Einschätzung des Grades der Behinderung richtet sich nach Lokalisation, Art und Ausdehnung, Therapie und Funktionseinschränkung.

Ausgenommen sind maligne Erkrankungen des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems. Diese sind nach den dafür vorgesehenen Einschätzungskriterien unter Abschnitt 10 einzuschätzen.

13.01.02 Entfernte Malignome mit abgeschlossener adjuvanter Behandlung nach Abschluss der Heilungsbewährung 10 - 40 %

5 Jahre nach Entfernung des Malignoms (Heilungsbewährung)

Maßgeblicher Bezugspunkt für den Beginn der Heilungsbewährung ist der Zeitpunkt der Entfernung des Tumors

-

bei operativer Entfernung der Zeitpunkt der Operation

-

bei anderen Therapieformen (Chemotherapie, Bestrahlung) nach Abschluss der Behandlung (Entfernung des Malignoms)

10 - 20 %: bei komplikationslosem Verlauf und bei geringfügiger

Funktionseinschränkung

30 - 40 %: wenn maßgebliche Funktionseinschränkungen als

Dauerzustand festgestellt werden

Besteht ein darüber hinausgehendes Defizit, so ist eine Einschätzung nach dem zutreffenden Organsystem entsprechend dem funktionellen Defizit (physisch oder psychisch) vorzunehmen"

"02.01 Wirbelsäule

02.01.01 Funktionseinschränkungen geringen Grades 10 - 20 %

Akute Episoden selten (2-3 Mal im Jahr) und kurzdauernd (Tage)

Mäßige radiologische Veränderungen

Im Intervall nur geringe Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben

Keine Dauertherapie erforderlich"

3.5. Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller frei steht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).

Gegenständlich wurde vom Bundesverwaltungsgericht zwecks Beurteilung des Beschwerdevorbringens ein Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin eingeholt. Diesen von der Judikatur (und von der Einschätzungsverordnung) aufgestellten Anforderungen ist das im Beschwerdeverfahren eingeholte Gutachten der fachärztlichen Sachverständigen - sowohl hinsichtlich der Einschätzung der einzelnen Funktionseinschränkungen als auch hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung - nachgekommen.

3.6. Wie oben unter Punkt II.2.3. eingehend ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das schlüssige Sachverständigengutachten vom 30.06.2018 zugrunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers 30 v.H. beträgt. Wie ebenfalls bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die Einwendungen in der Beschwerde nicht geeignet, den Sachverständigenbeweis zu entkräften, zumal das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte Sachverständigengutachten vom Beschwerdeführer unwidersprochen blieb.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt 30 v.H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

3.7. Aufgrund des Umstandes, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht über die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass abgesprochen hat, ist diese nicht vom Gegenstand des Beschwerdeverfahrens umfasst. Folglich gehen auch die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde ins Leere.

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO wird - angesichts der hierfür bestehenden Einzelrichterzuständigkeit - gesondert ergehen.

3.8. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

3.8.1. Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG). Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 leg.cit. normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzus

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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