TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/23 I419 2209588-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.11.2018
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Entscheidungsdatum

23.11.2018

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §50
FPG §52 Abs4 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z1
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I419 2209588-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH p.A. ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.10.2018, Zl. XXXX, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 19.04.2015 mit einem französischen Schengen-Visum ein und heiratete hier am 20.05.2015 eine österreichische Staatsbürgerin. Anschließend reiste er in den Herkunftsstaat, sodann mehrfach, zunächst mit einem dort erteilten österreichischen Schengen- und dann nach dem 08.10.2015 mit einem Visum D, wieder ein.

2. Mit dem bekämpften Bescheid erließ das BFA wider den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I), erklärte dessen Abschiebung nach Marokko für zulässig (Spruchpunkt II), erließ ein zwei Jahre währendes Einreiseverbot (Spruchpunkt III), gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV) und aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt V).

3. Beschwerdehalber werden ein schützenswertes Familienleben mit der Gattin sowie eine Alkoholsucht des Beschwerdeführers als mögliches Abschiebehindernis vorgebracht. Die sicherheitspolizeiliche Wegweisung betreffe seine private Beziehung zur Gattin und könne deshalb "das öffentliche Interesse nur mittelbar beeinflussen". Eine Unterbringung auf eigenes Verlangen nach dem UBG indiziere kein strafbares Verhalten.

Eine "permanente" Missachtung der Gesetze durch den Beschwerdeführer liege nicht vor, die Verwaltungsstrafen stünden "unter anderem" mit seiner Erkrankung in Zusammenhang, sodass ihm "keine Delinquenz unterstellt werden" könne und es sich um ein "nur bedingt" "vorwerfbares schuldhaftes Verhalten" handle.

4. Am 07.11.2018 hat der Beschwerdeführer das Bundesgebiet unterstützt verlassen und ist in den Herkunftsstaat zurückgekehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige, kinderlose Beschwerdeführer spricht Französisch als Muttersprache, gut Arabisch und Englisch sowie ein wenig Deutsch, eigenen Angaben nach zertifiziert auf Niveau A1. Einen A2-Kurs im Juli 2017 hat er gebucht, den Besuch aber nicht nachgewiesen. Seine Identität steht fest. Im Herkunftsstaat hat er nach der Mittelschule und einem Jahr AHS Ausbildungen in Informatik, Tourismus und Hotellerie sowie Buchhaltung absolviert, sowie nach eigenen Angaben auch Studien der Physik und der Chemie abgeschlossen. Beruflich war er in einem Hotel in der EDV tätig, nach einem Jahr begann er zu reisen und in der Saison als Surflehrer zu arbeiten. Später war er als Bootsfahrer tätig.

Seine XXXX Jahre ältere Ehefrau hat er XXXX auf den XXXX Inseln kennengelernt. In Österreich war er 2016 rund drei Monate als Arbeiter vollversichert tätig, danach von Februar bis Mai 2017 und von 13.12.2017 bis 30.04.2018 als geringfügig beschäftigt angemeldet. Am 03.07.2018 hat er sich bei der GSVG als selbständig Erwerbstätiger zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung angemeldet. Sein Einkommen als EDV-Analyst in Heimarbeit lag bei rund € 100,-- monatlich bei einem Stundensatz von € 15,--.

Er leidet an Karies und berichtete von Leberproblemen, Hepatitis und Schwindelanfällen, zwei oder dreimal im Jahr auch Ohnmacht, was er auf seinen täglichen Alkoholkonsum zurückführt. Abgesehen von den Zahnschmerzen benötigt und nimmt er keine Medikamente. Er hat keine schwere Krankheit und ist arbeitsfähig. Nach eigenen Angaben wird er krank, wenn er nicht surfen gehen kann, weil dies seine Medizin und sein Leben sei.

Außerhalb des Freundeskreises seiner Frau, die Absolventin eines XXXX ist, hatte er keinen eigenen im Inland. Um seine Zähne kümmerte sich eine mit ihm und ihr befreundete Inhaberin einer Zahnklinik.

Er war zuletzt bis 12.01.2018 Inhaber eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger. Diesen hat die BH XXXX aus dem Grund nicht wieder verlängert, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers öffentlichen Interessen widerstreite, und das Verfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung des BFA ausgesetzt.

Aufgrund seiner Ausbildung und seiner bisherigen Berufserfahrung im Herkunftsstaat kann er sich im dortigen Arbeitsmarkt wieder integrieren. Dort leben Schulfreunde von ihm, zu denen er aus Österreich keinen Kontakt pflegte. Nach seinen Angaben besitzt der Beschwerdeführer dort auch drei Häuser. Er kann seinen Lebensunterhalt dort bestreiten. Aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten und wie folgt verwaltungsrechtlich in Erscheinung getreten:

Am 19.04.2016 musste er nach § 47 SPG angehalten und wegen seines Verhaltens - lautstarkes Schreien und Schimpfen ohne ersichtlichen Grund, Zubodenwerfen, versuchte Selbstverletzung - im Gebäude einer Polizeiinspektion mit 0,83 mg/l Alkoholgehalt der Atemluft nach § 8 UBG ("Unterbringung ohne Verlangen") in eine Krankenanstalt verbracht werden.

Am 05.09.2016 verweigerte er bei einem KFZ angetroffen, nachdem er dessen Motor gestartet hatte, trotz leichten Alkoholgeruchs, veränderter Sprache und enthemmten Benehmens die Atemluftprobe auf Alkohol, lenkte später ein KFZ ohne Führerschein und verletzte durch Herumschreien vor dem Mehrparteienwohnhaus den öffentlichen Anstand.

Am 19.12.2016 zwischen 01:00 Uhr und 01:30 früh erregte er zweimal in dem Mehrparteienwohnhaus durch aufgebrachtes und lautstarkes Schreien im Stiegenhaus und aus diesem heraus in die Umgebung sowie daran anschließend durch neuerliches Schreien in mehreren Sprachen auf der Straße vor einer Polizeiinspektion jeweils ungebührlicher Weise störenden Lärm.

Am 01.01.2017 erregte er in einem Mehrparteienwohnhaus durch Herumschreien - jedenfalls länger als 10 min unter anderem an Polizeibeamte gerichtet: "You can do nothing to me! What do You want?" bis ihn seine Gattin in die Wohnung verbrachte - ungebührlicher Weise störenden Lärm und verletzte den öffentlichen Anstand, anschließend tat er beides auch auf einer Polizeiinspektion, indem er lautstark schrie und beim angeordneten Verlassen der Dienststelle durch heftiges Stoßen deren Türe beschädigte.

Am 18.02.2017 verletzte er gegen 08:30 Uhr alkoholisiert vor einem Mehrparteienhaus den öffentlichen Anstand, indem er lautstark herum- und dann Polizeibeamte anschrie: "You can do nothing to me!" Dort und anschließend zweimal zwischen 09:14 und 09:30 Uhr erregte er auf einer Polizeiinspektion, vor der er noch eine Dose Bier getrunken hatte, durch lautes Schreien und Schlagen gegen eine Glastür ungebührlicher Weise störenden Lärm.

Am 20.02.2017 verhielt er sich trotz Abmahnung aggressiv gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, indem er herumschrie, vor den Gesichtern der Beamten mit den Händen und dem Griff einer elektrischen Zahnbürste gestikulierte und einer Beamtin mitteilte. "I can put this brush into your brain", und musste wegen Verharrens in der strafbaren Handlung gut zwei Stunden lang festgenommen werden.

Am 15.03.2017 erklärte er am Gemeindeamt gegenüber zwei Bediensteten der Wohngemeinde, wenn er wolle, könne er "die Polizei mit einer Kalaschnikow töten".

Am 04. und am 22.04. 2017 wurde die Polizei gerufen, weil Hausbewohner jeweils angaben, der Beschwerdeführer sei verdächtig, die Haustüre beschädigt zu haben. Dieser wurde jeweils mittelstark oder stark alkoholisiert an Ort und Stelle angetroffen.

Am 27.04.2017 musste er nach § 47 SPG angehalten und nach dem dritten an diesem Tag von ihm verursachten Polizeieinsatz - zunächst hatte er zweimal einen Nachbarn in der Wohnanlage mit dem Umbringen bedroht, im Stiegenhaus: "One call and you are dead", später vom Balkon: "Du bist tot!", dann im Stiegenhaus mit einer vollen Bierflasche geworfen -wegen akuter Fremdgefährdung wieder nach § 8 UBG in eine Krankenanstalt verbracht werden, nachdem er Getränkeflaschen sowie einen Wäscheständer und andere Gegenstände durch die eheliche Wohnung geworfen hatte.

Am 01.05.2017 wurde wider ihn gemäß § 38a SPG ein Betretungsverbot die eheliche Wohnung betreffend ausgesprochen und er aus dem Mehrparteienhaus weggewiesen, nachdem er alkoholisiert mit einem Teller nach seiner Gattin geworfen, ihr einen Fußtritt in den Brustbereich versetzt und eine Tasse als weiteres Geschoß ergriffen hatte. Während der Amtshandlung trank er weiter Bier.

Am 13.12.2017 verhielt er sich trotz Abmahnung aggressiv gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht und verletzte den öffentlichen Anstand, indem er Polizisten laut anschrie, mit den Armen gestikulierte und Gegenstände auf die Fahrbahn warf. Anschließend musste er wegen Selbst- und Fremdgefährdung mit 3,57 Promille Blutalkohol wieder nach § 8 UBG in eine Krankenanstalt verbracht und dort von sechs Mitarbeitern fixiert werden. Dabei verrichtete er zeitlich versetzt beiderlei Notdurft.

Am 28.03.2018 verursachte er einen Einsatz der Polizeieinheit Cobra in der ehelichen Wohnung, weil er vor Nachbarn geprahlt hatte, eine Kalaschnikow und zwei Stück einer Faustfeuerwaffe zu besitzen. In diesem Zusammenhang wurde er wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung angezeigt.

Am 29.03.2018 erließ die BH XXXX gegen den Beschwerdeführer eine Strafverfügung wegen Übertretung des MeldeG durch Unterlassen der Abmeldung von Februar bis März 2018. Ein Einspruch dagegen wurde mit Bescheid vom 02.05.2018 zurückgewiesen, was das LVwG Tirol am 15.06.2018 bestätigt hat.

Am 29.05.2018 wurden wider ihn Wegweisung und Betretungsverbot gemäß § 38a SPG betreffend die eheliche Wohnung ausgesprochen. Die Polizei war von der Gattin des Beschwerdeführers verständigt worden, die geflüchtet war, nachdem dieser sie dort alkoholisiert angeschrien und das Fernsehgerät durch Einschlagen beschädigt habe. Sie habe Angst, dieser könne ihr etwas antun, und gab an, dass er öfters wutentbrannt Einrichtungsgegenstände zerlege, unter anderem habe er das Backrohr eingetreten. Der Beschwerdeführer gab der Polizei gegenüber an, dass diese sein Streit nichts angehe.

Am 16.06.2018 kam es zu einem Polizeieinsatz, nachdem der Beschwerdeführer das Auto seiner Gattin beschädigt hatte, die ihm das alkoholisierte Lenken ohne den ihm entzogenen Führerschein nicht gestatten wollte. Dieser riss Kabel und Schläuche aus dem Motorraum und schlug die Windschutzscheibe ein.

Am 26.07.2018 wurden wider ihn Wegweisung und Betretungsverbot gemäß § 38a SPG betreffend die eheliche Wohnung ausgesprochen, weil er seiner Gattin ein Mobiltelefon an den Kopf geworfen hatte.

Am 23.09.2018 wurden wider ihn Wegweisung und Betretungsverbot gemäß § 38a SPG betreffend die eheliche Wohnung ausgesprochen, weil er in dieser die Schlafzimmertüre eingetreten und den seiner Gattin vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Laptop beschädigt hatte, sowie nach deren Angaben fast täglich diese ihr gehörende Wohnung und die Einrichtungsgegenstände beschädigte.

Der Beschwerdeführer und seine Gattin teilten den Wohnsitz von 01.07. bis 28.09.2015, von 12.10.2015 bis 01.05.2017, von 12.12.2017 bis längstens 27.02.2018 und von 28.03.2018 bis längstens 07.11.2018.

Der häusliche Alltag des Beschwerdeführers bestand aus Schlaf bis etwa 9 Uhr, Fernsehen, Rauchen, Kauf eines Kaffees zum Mitnehmen im Supermarkt und von Zigaretten, Trinken, Kochen, Essen und wieder Trinken, dabei Musikhören oder Fernsehen, dazu Restaurantbesuche mit seiner bis XXXX berufstätigen Gattin. Nachts ging er mitunter spazieren.

Zu den vorgebrachten Erkrankungen hat er keine Befunde vorgelegt. Er hat angekündigt, eine Therapie beginnen zu wollen, dies aber weder im Verwaltungs- noch im Beschwerdeverfahren belegt.

Der Beschwerdeführer hat von seiner Gattin abgesehen keine Unterhaltspflichten. Diese bezieht seit XXXX Arbeitslosengeld. Er war mangels hinreichender Berufstätigkeit nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt ohne Unterstützung seiner Frau zu finanzieren, ist sonst aber weder von ihr noch sie von ihm finanziell oder betreffend Pflege oder Betreuung abhängig.

1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko auf dem Stand von 17.08.2018 zitiert.

Im Beschwerdeverfahren sind keine Änderungen dieser entscheidenden Sachverhaltselemente bekannt geworden. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Medizinische Versorgung

Politisch verantwortlich für die medizinische Versorgung ist das Gesundheitsministerium. Die meisten Marokkaner müssen für ihre Gesundheit allein vorsorgen. Wer einen formellen Arbeitsvertrag hat, ist zwar offiziell krankenversichert, aber viele Leistungen müssen trotzdem aus eigener Tasche bezahlt werden. Patienten mit geringem Einkommen haben seit 2002 die Möglichkeit, sich im Rahmen der öffentlichen Assurance Maladies Obligatoire (AMO) oder des Gesundheitssystems Régime d'Assistance Médicale (RAMED) behandeln zu lassen (GIZ 7.2018b).

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht ganz zu vergleichen. In Rabat und Casablanca finden sich allerdings ausgezeichnete Privatkliniken von hohem Standard. Auf dem Lande hingegen kann die medizinische Versorgung bezüglich der apparativen Ausstattung bzw. Hygiene problematisch sein (AA 7.8.2018).

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Selbst modern gut ausgestattete medizinische Einrichtungen garantieren keine europäischen Standards. Insbesondere das Hilfspersonal ist oft unzureichend ausgebildet, Krankenwagen sind in der Regel ungenügend ausgestattet. Die Notfallversorgung ist wegen Überlastung der Notaufnahmen in den Städten nicht immer gewährleistet, auf dem Land ist sie insbesondere in den abgelegenen Bergregionen unzureichend (AA 14.2.2018).

Rund 30.000 Menschen in Marokko sollen mit HIV infiziert sein. Knapp 50% der Infizierten sind weiblich. Schätzungsweise 2% der Prostituierten sind HIV-positiv. Damit hat Marokko in der MENA-Region eine Spitzenposition inne (GIZ 7.2018b). Chronische und psychiatrische Krankheiten oder auch AIDS-Dauerbehandlungen lassen sich in Marokko vorzugsweise in privaten Krankenhäusern behandeln. Bei teuren Spezialmedikamenten soll es in der öffentlichen Gesundheitsversorgung bisweilen zu Engpässen kommen. Bei entsprechender Finanzkraft ist allerdings fast jedes lokal produzierte oder importierte Medikament erhältlich (AA 14.2.2018).

Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Im Oktober 2012 waren bereits 1,2 Mio. Personen im RAMED erfasst (knapp 3 %der Haushalte). RAMED wird vom Sozialversicherungsträger ANAM administriert, der auch die Pflichtkrankenversicherung AMO der unselbständig Beschäftigten verwaltet. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Die Teilnahme an RAMED ist gratis ("Carte RAMED"), lediglich vulnerable Personen zahlen einen geringen Beitrag (11 € pro Jahr pro Person). Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Die Dichte und Bestückung der medizinischen Versorgung ist auf einer Website des Gesundheitsministeriums einsehbar (ÖB 9.2015). Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine "Carte RAMED" erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 14.2.2018).

Auf 1.775 Einwohner entfällt ein Arzt. 141 öffentliche Krankenhäuser führen etwas mehr als 27.000 Betten (ein Spitalsbett auf ca. 1.200 Einwohner); daneben bestehen 2.689 Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung. Inhaber der Carte RAMED können bei diesen Einrichtungen medizinische Leistungen kostenfrei ansprechen. Freilich ist anzumerken, dass dieser öffentliche Gesundheitssektor in seiner Ausstattung und Qualität und Hygiene überwiegend nicht mit europäischen Standards zu vergleichen ist. Lange Wartezeiten und Mangel an medizinischen Versorgungsgütern und Arzneien sind zu beobachten. Wer weder unter das RAMED-System fällt, noch aus einem Anstellungsverhältnis pflichtversichert ist, muss für medizinische Leistungen aus eigenem aufkommen (ÖB 9.2015).

1.2.2 Rückkehr

Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet. Aus den letzten Jahren sind keine Fälle bekannt, in denen es zu einem Gerichtsurteil wegen der Stellung eines Asylantrags oder wegen des in einem Asylantrag enthaltenen Vorbringens gekommen wäre (AA 14.2.2018).

Eine Rückkehrhilfe für aus dem Ausland nach Marokko Heimkehrende durch staatliche Institutionen ist nicht bekannt. Auf institutioneller Basis wird Rückkehrhilfe von IOM organisiert, sofern der abschiebende Staat mit IOM eine diesbezügliche Vereinbarung (mit Kostenkomponente) eingeht; Österreich hat keine solche Abmachung getroffen. Rückkehrer ohne eigene finanzielle Mittel dürften primär den Beistand ihrer Familie ansprechen; gelegentlich bieten auch NGOs Unterstützung. Der Verband der Familie und Großfamilie ist primärer sozialer Ankerpunkt der Marokkaner. Dies gilt mehr noch für den ländlichen Raum, in welchem über 40% der Bevölkerung angesiedelt und beschäftigt sind. Rückkehrer würden in aller Regel im eigenen Familienverband Zuflucht suchen. Der Wohnungsmarkt ist über lokale Printmedien und das Internet in mit Europa vergleichbarer Weise zugänglich, jedenfalls für den städtischen Bereich (ÖB 9.2015).

1.3 Zum weiteren Vorbringen:

Marokko ist nach § 1 Z. 9 HStV ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG. Im angefochtenen Bescheid wurde darauf und auf das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Marokko verwiesen, aus dessen aktueller Version soeben unter 1.2 zitiert wurde. Im Lauf des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung eingetreten, sodass das Gericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und sie zu den seinen erhebt.

Zusammenfassend wird in Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Daran ändert sich auch nichts durch die festgestellte Karies oder die vorgebrachte, aber nicht durch Gutachten oder Befunde belegte Alkoholabhängigkeit, selbst wenn diese vorliegt.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des Verwaltungsakts des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Register der Sozialversicherung, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu den allgemeinen Lebensumständen des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben vor dem BFA am 19.09.2018, die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen und jene betreffend die verwaltungsrechtliche Auffälligkeit und die häusliche Gewalt darüber hinaus auf die Meldungen der Polizei sowie auf die Strafbescheide. Die Nichterteilung eines verlängerten Aufenthaltstitels ergibt sich aus der am 19.06.2018 an das BFA gerichteten E-Mail der BH XXXX (AS 221).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen sich auf seine Angaben und die aus dem festgestellten Umgang mit fremdem Eigentum ersichtliche körperliche Rüstigkeit. Daraus und aus dem Alter ergibt sich die gegenwärtige Arbeitsfähigkeit. Diese könnte sich durch die - nach den Feststellungen auch im Herkunftsstaat verfügbare - Therapie einer allfälligen Alkoholabhängigkeit und die folgende Abstinenz nur verbessern.

Die Identität des Beschwerdeführers ergab sich aus dem bis 09.04.2018 gültig gewesenen Reisepass. Die Zeiten gemeinsamen Wohnsitzes sind aus dem ZMR zusammen mit der Eingabe vom 15.07.2018, der Aussage der Gattin am 10.05.2017 (AS 108) und der Strafverfügung vom 29.03.2018 sowie der Ausreisemeldung zu erschließen. Aus dem ZMR und dem Bibliothekskatalog der ÖNB ergab sich die wissenschaftliche Ausbildung der Gattin.

2.3 Zur Lage im Herkunftsland und zum weiteren Vorbringen

Bei den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen handelt es sich um eine ausgewogene Auswahl sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs, die es ermöglicht, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen.

Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sach-verhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vor-schriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine ein-seitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogene und aktuelle.

Der Beschwerdeführer ist ihnen nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat bereits am 19.09.2018 auf die Aushändigung der Länderfeststellungen und eine Stellungnahme dazu verzichtet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) (Abweisung der Beschwerde):

3.1 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I)

Nach § 52 Abs. 4 Z. 1 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ein Drittstaats-angehöriger sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, aber nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.

Nach § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG dürfen Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Das ist nach Abs. 4 Z. 1 dann der Fall, wenn der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Bei Auslegung dieses unbestimmten Gesetzesbegriffes ist nach der Rechtsprechung des VwGH eine das Gesamtfehlverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abzustellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils an Hand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Demnach sind bei strafgerichtlichen Urteilen konkrete Feststellungen zu dem den einzelnen Verurteilungen zu Grunde liegenden Fehlverhalten erforderlich (VwGH 28.03.2012, 2009/22/0229 mwH).

Bei der Beurteilung, ob eine solche Annahme der Gefährdung gerechtfertigt ist, muss nicht auf das Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung abgestellt werden. Auch das Anzeigen an Behörden oder Gerichte zu Grunde liegende Verhalten kann - wie auch sonstiges Fehlverhalten - zur Annahme führen, der Aufenthalt eines Fremden würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit hervorrufen. Dabei ist aber auf die Art und Schwere des den Anzeigen zu Grunde liegenden Fehlverhaltens abzustellen. Die bloße Tatsache einer Anzeigeerstattung reicht für die genannte Annahme nicht (VwGH 19.09.2012, 2011/22/0161).

Wann jedenfalls anzunehmen ist, dass der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, legen § 53 Abs. 2 und 3 FPG fest, wobei Abs. 3 Fälle einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit nennt.

Nach § 53 Abs. 2 Z. 1 FPG liegt Grund zur genannten Annahme unter anderem dann vor, wenn ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Übertretung des MeldeG, einer Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO oder § 37 Abs. 3 oder 4 FSG rechtskräftig bestraft worden ist.

Die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des MeldeG vom 29.03.2018 ist rechtskräftig. Schon daraus ergibt sich die Annahme, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet.

Damit ist ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 2 NAG eingetreten, sodass schon deshalb nach § 52 Abs. 4 Z. 1 FPG die Rückkehrentscheidung vorgesehen ist.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer verfügte über ein dem Wesen einer Ehe wenig Rechnung tragendes, von häufiger werdender häuslicher Gewalt seinerseits geprägtes Familienleben mit seiner Gattin in Österreich, wobei er zur ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft kaum beitrug, sondern im Gegenteil Inventar der Wohnung der Gattin und deren sonstige Sachen beschädigte, und zu ihrem Nachteil sogar vor dem ihr anvertrautem Eigentum Dritter nicht Halt machte.

In letzter Zeit schreckte er auch vor Handgreiflichkeiten seiner Gattin gegenüber nicht mehr zurück.

Fallbezogen wurden damit eine Reihe von Verhaltensweisen festgestellt, die unter einander fremden Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits zu strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers geführt hätten. Aus seiner gerichtlichen Unbescholtenheit folgt damit keinesfalls, dass seinem privaten Interesse am fortgesetzten Aufenthalt gegenüber den öffentlichen Interessen an seiner Ausreise besonderes Gewicht zukäme.

Aus den Feststellungen ergibt sich darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer jedenfalls das Tatbild weiterer Verwaltungsübertretungen verwirklicht hat, nämlich am 05.09.2016 jenes des Lenkens eines Kraftfahrzeugs trotz vorläufiger Abnahme des Führerscheins gemäß § 39 FSG (§ 37 Abs. 3 Z. 2 FSG) und jenes der Weigerung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, obwohl die in § 5 StVO bezeichneten Voraussetzungen vorliegen (§ 99 Abs. 1 lit. b StVO).

Dabei macht es, zumal die Aufzählung in § 53 Abs. 2 FPG eine beispielhafte ist, in Bezug auf die Gefährlichkeitsprognose keinen Unterschied, ob ein tatbildmäßiges Verhalten letztlich aus von der Tat unabhängigen Gründen wie z. B. Immunität, Verjährung, Strafunmündigkeit oder Zurechnungsunfähigkeit nicht zu einer Bestrafung führt, solange nichts dafürspricht, dass ein solches Verhalten künftig weniger wahrscheinlich ist als bisher.

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde, dies insbesondere, da er keinerlei Vereins- und sonstige Mitgliedschaften oder andere stabile Integrationsschritte vorgebracht oder Deutschkenntnisse nachgewiesen hat.

Dem bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich aus Gründen seiner Ehe und der damit verbundenen Vorteile stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Im Fall des Beschwerdeführers kommt neben dem mangelnden Vorweis von Integrations-schritten in Österreich hinzu, dass er laufend und mit zunehmender Häufigkeit seine Missachtung der rechtlich geschützten Werte zeigt, wobei sich sein Verhalten zum Schaden unterschiedlicher Rechtsgüter auswirkt, von fremdem Eigentum bis zu Leib und Leben.

Sein Verhalten gegenüber der Ehefrau, den Nachbarn, dem Klinikpersonal und der Polizei zeugt von fehlendem Respekt vor den in Österreich geltenden sozialen Normen, ob sie nun strafbewehrt sind oder nicht.

Nach all dem überwiegt das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung deutlich das private am Verbleib. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

Demnach war die Beschwerde betreffend den Spruchpunkt I abzuweisen.

3.2 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II):

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig betont die Rechtsprechung des VwGH jedoch unter Hinweis auf jene des EGMR, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Dies gilt auch dann, wenn der Beschwerdeführer auf kein familiäres Netzwerk zurückgreifen kann, weil er arbeits- und selbsterhaltungsfähig ist.

Sollte er eine Therapie oder Alkoholabstinenz beabsichtigen, ist nicht zu erkennen, warum ihm dies im - notorisch mehrheitlich muslimisch besiedelten - Herkunftsstaat weniger gut gelingen soll als in Österreich.

3.3 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt III):

Das BFA hat das Einreiseverbot auf § 53 Abs. 2 FPG gestützt, wonach ein solches für bis zu fünf Jahre verhängt werden kann, wobei näher genannte Umstände zu berücksichtigen sind, die das BFA auf S. 32 f des Bescheids (AS 570 f) zitiert.

Bereits oben unter 3.1 wurde gezeigt, dass die Voraussetzung des § 53 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt ist.

Aus der Vielfalt der beeinträchtigten Rechtsgüter lässt sich zudem ablesen, dass der Beschwerdeführer auch über die bisher mit Verwaltungsstrafen geahndeten Übertretungen des SPG, des Landespolizeigesetzes und des Meldegesetzes hinaus die rechtlich geschützten Werte nicht ausreichend verinnerlicht hat, woraus sozial inadäquates Verhalten folgte.

Angesichts dieses Fehlverhaltens des Beschwerdeführers gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Es besteht kein Zweifel, dass von ihm eine massive Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von strafbarem Verhalten ausgeht, speziell von solchem unter Einfluss von Alkohol.

Würde sich ein Fremder generell in einer Situation wie der des Beschwerdeführers erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so liefe dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwider.

Wenn beide Gatten den Wunsch haben, das Familienleben fortzusetzen, erscheint es nicht abwegig, dies im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zu tun, der berufliche Kontakte in der XXXXbranche hat, was auch mit dem XXXX der aktuell am Arbeitsmarkt verfügbaren Gattin korreliert.

Im vorliegenden Beschwerdefall sind auch keine Umstände zutage getreten, die dem Gericht eine Reduzierung der Befristung von zwei Jahren nahelegen würden. Seine ununterbrochene Aufenthaltsdauer betrug zuletzt weniger als acht Monate, seine Aufenthaltszeiten addiert machen weniger als drei Jahre aus. Berücksichtigt man, dass sich sein Fehlverhalten über mehr als 2,5 Jahre hinzog und gravierender wurde, kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es seine Gefährlichkeitsprognose mit zwei Jahren - und damit in der unteren Hälfte des vorgesehenen Rahmens - positioniert.

Nach all dem war die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt III abzuweisen.

3.4 Zum Nichtbestehen einer Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV):

Das BFA hat die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt und dies mit der im folgenden Punkt zu erörternden Voraussetzung des § 18 Abs. 2 BFA-VG begründet. Wie zu zeigen sein wird, hat es diese Bestimmung zu Recht angewendet.

Bereits unmittelbar aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, was hier - nach dem Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides - der Fall ist.

Es besteht daher keine Frist für die freiwillige Ausreise. Deshalb war die Beschwerde auch zu diesem Spruchpunkt abzuweisen.

3.5 Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V):

Nach § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist oder Fluchtgefahr besteht.

Die sofortige Ausreise erweist sich als nötig in diesem Sinne, da der Beschwerdeführer dazu neigt, sich zum Nachteil der Sicherheit von Personen und Sachen zu verhalten und die Ruhe und den sozialen Frieden zu stören, wie das BFA ausführt, und außer bei seiner Frau, von der er wiederholt polizeilich getrennt wurde, über keine Unterkunft und keine familiären Bindungen im Inland und über kein Arbeitseinkommen verfügt. Dem BFA ist aus diesen Gründen beizupflichten, dass beim Beschwerdeführer das sofortige Ausreiseinteresse wegen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu bejahen war, weil in seiner Situation das Risiko weiterer Angriffe gegen unterschiedliche geschützte Rechtsgüter deutlich höher ist als bei sozial und wirtschaftlich integrierten Vergleichspersonen.

Demnach bestand die Notwendigkeit, mit der Ausreise nicht zuzuwarten. Daher war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt V des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Frage der Rückkehrentscheidung und der Einreiseverbote betreffend straffällige Drittstaatsangehörige, auch nicht mit Inlandsanknüpfungen im Privat- oder Familienleben.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht nur rund sechs Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Asylverfahren, Einreiseverbot, freiwillige Ausreise, Frist,
Gefährdungsprognose, Gesamtbetrachtung, Interessenabwägung,
Meldeverstoß, öffentliche Interessen, öffentliche Ordnung,
öffentliche Sicherheit, Privat- und Familienleben, private
Interessen, Prognoseentscheidung, Rechtskraft der Entscheidung,
Rückkehrentscheidung, Verwaltungsübertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I419.2209588.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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