Entscheidungsdatum
12.12.2018Norm
BBG §40Spruch
W261 2205550-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und den Richter Mag. Markus BELFIN sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 10.07.2018, betreffend Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung und auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin war seit 28.10.2004 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.
Am 04.10.2017 stellte sie beim Sozialministeriumservice (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung.
Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein, in welchem ein Grad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt wurde.
Mit Schreiben vom 05.06.2018 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des ärztlichen Beweisverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Die Beschwerdeführerin gab keine Stellungnahme ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.07.2018 stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle. Nach dem im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten betrage der Grad der Behinderung 30 v.H. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden können. Die belangte Behörde übermittelte mit dem Bescheid das ärztliche Sachverständigengutachten an die Beschwerdeführerin.
Mit E-Mailnachricht vom 07.09.2018 erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid vom 10.07.2018 die als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge als BVwG bezeichnet). Darin brachte sie vor, sie befinde sich seit Anfang Juli in Ulm, Deutschland, und habe den Bescheid aus diesem Grund erst vor ein paar Tagen erhalten, da sich die Übermittlung mit dem Nachsendeauftrag überschnitten habe. Weiters führte sie zu den einzelnen Leiden aus, welche nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Akt mit Schreiben vom 12.09.2018 dem BVwG zur Entscheidung vor, wo dieser am selben Tag einlangte.
Mit Schreiben vom 13.09.2018 erging seitens des BVwG ein Verspätungsvorhalt an die Beschwerdeführerin. Darin wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass sich die gegenständliche Beschwerde nach der vorliegenden Aktenlage als verspätet darstelle. Der angefochtene Bescheid sei am 13.07.2018 abgefertigt worden und ausgehend davon, dass gemäß § 26 Abs. 2 ZustG die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan als bewirkt gelte, habe die sechswöchige Beschwerdefrist mit Ablauf des 29.08.2018 geendet. Die nachweislich am 07.09.2018 erhobene Beschwerde sei somit als verspätet anzusehen. Die Beschwerdeführerin erhielt die Gelegenheit, bis spätestens 03.10.2018 (einlangend) eine schriftliche Stellungnahme zu diesem Verspätungsvorhalt abzugeben, und ein entsprechendes Beweis- bzw. Bescheinigungsmittel dafür vorzulegen, dass sie sich seit Anfang Juli 2018 in Ulm aufgehalten habe und bis zum Ende der Beschwerdefrist, d.h. bis zum 29.08.2018, nicht an ihrer aufrecht gemeldeten Wohnadresse in Österreich aufhältig gewesen sei. Das BVwG brachte ihr weiters zur Kenntnis, dass eine Entscheidung auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.
Das Schreiben des BVwG erging an die von der Beschwerdeführerin bei Antragsstellung angegebene und behördlich gemeldete Adresse, an welcher sie laut seitens dem vom BVwG am 13.09.2018 eingeholten Auszuges aus dem Zentralen Melderegister seit 28.05.2001 gemeldet war. Da von der Post am 18.09.2018 ein Rückkuvert mit dem Vermerk "verzogen" beim BVwG einlangte, wurde die Beschwerdeführerin am 20.09.2018 telefonisch ersucht, dem BVwG unter Anführung der Geschäftszahl schriftlich ihre Zustelladresse bekannt zu geben. Sie gab auf Befragen bekannt, dass sie für die nächsten vier Jahre nach Deutschland gezogen sei.
Mit Schreiben vom 21.09.2018 gab die Beschwerdeführerin dem BVwG ihre neue Adresse in Deutschland bekannt, an der sie seit 12.07.2018 lebe.
Mit Schreiben vom 28.09.2018 erging seitens des BVwG neuerlich ein Verspätungsvorhalt an die Beschwerdeführerin. Darin hielt das BVwG fest, dass die Beschwerdeführerin erstmals in der Beschwerde angegeben habe, sich seit Anfang Juli in Ulm, Deutschland, zu befinden. Nach wie vor sei die Beschwerdeführerin jedoch mit Hauptwohnsitz an einer Wiener Adresse gemeldet. Bei der belangten Behörde habe die Beschwerdeführerin - trotz Kenntnis des anhängigen Verfahrens - ihre neue Zustelladresse nicht bekannt gegeben. Gemäß § 8 Abs. 1 ZustellG habe eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändere, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen. Für den Fall, dass diese Mitteilung unterlassen werde, sei die Zustellung nach § 8 Abs. 2 ZustellG durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden könne. Die Beschwerdeführerin habe nun erstmals mit Schreiben vom 21.09.2018 dem BVwG ihre neue Adresse in Deutschland bekannt gegeben, welche jedoch nicht, wie in der Beschwerde ausgeführt, in Ulm sei.
Die Beschwerdeführerin werde daher aufgefordert, bis spätestens 17.10.2018 (einlangend) entsprechende Beweis- bzw. Bescheinigungsmittel dafür vorzulegen, dass sie sich seit Anfang Juli 2018 in Ulm aufgehalten habe, wie sie dies in der Beschwerde angegeben habe, und bis zum Ende der Beschwerdefrist, d.h. bis zum 29.08.2018, nicht an ihrer behördlich gemeldeten Wohnadresse in Österreich aufhältig gewesen sei. Weiters werde sie aufgefordert bekannt zu geben, wie und wann sie Kenntnis von dem angefochtenen Bescheid erhalten habe. Sollte die Beschwerdeführerin diese Frist ungenützt verstreichen lassen, werde die Entscheidung des BVwG auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werden, d. h. ihre Beschwerde würde als verspätet zurückgewiesen werden.
Der Verspätungsvorhalt wurde der Beschwerdeführerin mit internationalem Rückschein zugestellt und von ihr am 08.10.2018 nachweislich persönlich übernommen.
Bis dato langte beim BVwG keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin war ab 28.10.2004 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
Am 04.10.2017 stellte die Beschwerdeführerin beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung.
Mit Bescheid vom 10.07.2018 stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 30.v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr erfüllt.
Die belangte Behörde fertigte diesen Bescheid am 13.07.2018 an die Beschwerdeführerin ohne Zustellnachweis ab.
Der Bescheid gilt ab 18.07.2018 als an die Beschwerdeführerin zugestellt.
Mit E-Mailnachricht vom 07.09.2018, bei der belangten Behörde eingelangt am selben Tag, brachte die Beschwerdeführerin eine Beschwerde gegen diesen Bescheid bei der belangten Behörde ein.
Mit Schreiben vom 13.09.2018 erging seitens des BVwG ein Verspätungsvorhalt an die als Hauptwohnsitz behördlich gemeldete Adresse der Beschwerdeführerin, welcher mit dem Vermerk "verzogen" von der Post am 18.09.2018 retourniert wurde.
Nach Aufforderung des BVwG, ihre aktuelle Zustelladresse bekannt zu geben, erging mit Schreiben vom 28.09.2018 ein neuer Verspätungsvorhalt an die neue von der Beschwerdeführerin bekannt gegebene Adresse, welchen sie am 08.10.2018 persönlich übernahm.
Die Beschwerdeführerin erstattete innerhalb der ihr gewährten Frist keine Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt.
Die Beschwerde vom 07.08.2018, eingelangt bei der belangten Behörde am selben Tag, gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 13.07.2018, ist verspätet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu Zeitpunkt der Antragstellung, Bescheiderlassung, Beschwerdeeinbringung, dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis und der fehlenden Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt beruhen auf dem vorliegenden Akteninhalt und werden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Der Sachverhalt ist aktenkundig und unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zurückweisung der Beschwerde
Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen.
Gemäß § 46 Bundesbehindertengesetz (BBG) beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes sechs Wochen.
Der mit 10.07.2018 datierte Bescheid des Sozialministeriumservice wurde von der belangten Behörde am 13.07.2017 abgefertigt und an die Beschwerdeführerin gesendet. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte ohne Zustellnachweis.
Die Zustellung des Bescheides gilt bei Zustellung ohne Zustellnachweis gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustG) am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan - im gegenständlichen Fall also am 18.07.2018 - als bewirkt.
Ausgehend davon endete die sechswöchige Beschwerdefrist damit mit Ablauf des 29.08.2018. Die Beschwerdeführerin brachte ihre Beschwerde am 07.09.2017 bei der belangten Behörde ein. Demzufolge erweist sich die Beschwerde als verspätet eingebracht.
Im Rahmen der Beschwerde teilte die Beschwerdeführerin mit, den Bescheid erst einige Tage zuvor erhalten zu haben, da sie sich seit Anfang Juli in Ulm in Deutschland befinde, und es Überschneidungen mit ihrem Nachsendeauftrag gegeben habe. Sie teilte ihre neue Adresse jedoch nicht mit.
Das BVwG stellte am 13.09.2018, 20.09.2018 und 27.09.2018 Anfragen im Zentralen Melderegister, wonach die Beschwerdeführerin mit Hauptwohnsitz laufend seit 28.05.2001 an einer Wiener Adresse gemeldet ist.
Gemäß § 8 Abs. 1 ZustG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.
Erst nach Aufforderung des BVwG teilte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 21.09.2018 ihre neue Adresse mit, an der sie laut ihren Angaben seit 12.07.2018 wohne. Diese befindet sich in Deutschland, jedoch nicht in Ulm.
Das BVwG hat der Beschwerdeführerin die Verspätung entsprechend der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit Schreiben vom 13.09.2018 sowie - nach Erhalt der neuen Adresse der Beschwerdeführerin - mit Schreiben vom 28.09.2018 ausdrücklich vorgehalten (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.08.2013, 2013/16/0050).
Wie oben bereits ausgeführt hat die Beschwerdeführerin die verspätete Einbringung der Beschwerde nicht durch eine Stellungnahme auf den Verspätungsvorhalt des BVwG bestritten.
Sie legte auch keine Bescheinigungsmittel vor, die belegen, dass sie sich, wie in der Beschwerde vorgebracht, seit Anfang Juli 2018 in Ulm aufhielt und bis zum Ende der Beschwerdefrist nachweislich nicht an ihrer behördlich gemeldeten Wohnadresse in Österreich aufhältig war.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als verspätet zurückzuweisen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
§ 24 Abs. 2 Z 1, 1. Fall VwGVG sieht vor, dass eine Verhandlung entfallen kann, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG wird verwiesen.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W261.2205550.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.02.2019