Entscheidungsdatum
12.12.2018Norm
AlVG §10Spruch
W255 2209872-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta KEUL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 29.10.2018, GZ RAG/A05661/2018, betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 15.10.2018, GZ XXXX , gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) bezieht seit 2013 Notstandhilfe.
2. Am 23.08.2018 schloss das Arbeitsmarktservice XXXX (in der Folge: AMS) mit dem BF eine Betreuungsvereinbarung ab. Das AMS unterstütze den BF bei der Suche nach einer Stelle als Portier bzw. Hilfsarbeiter wechselnder Art in den Bezirken XXXX , XXXX und XXXX im Ausmaß von 27 bis 40 Wochenstunden.
3. Am 26.09.2018 erhielt der BF via eAMS einen Vermittlungsvorschlag als Hilfsarbeiter beim Unternehmen XXXX .
4. Am 09.10.2018 nahm das AMS mit dem BF eine Niederschrift hinsichtlich der Nichtannahme bzw. dem Nichtzustandekommen einer dem BF zugewiesenen Beschäftigung auf.
Laut Stellungnahme des potentiellen Dienstgebers ( XXXX ) sei der BF am 26.09.2018 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Dies sei vom BF abgelehnt worden, da sich dieser schriftlich bewerben habe wollen. In der schriftlichen Bewerbung habe der BF angegeben, dass seine Gehaltsvorstellung bei netto EUR 2.500,00 liege.
In einer schriftlichen Stellungnahme gab der BF hierzu bekannt, dass er sich bei der Firma XXXX beworben habe. Er habe von Frau XXXX erfahren, dass es sich um eine Leasingfirma handle und mit ihr ausgemacht, dass er eine Bewerbung einbringen werde, sodass danach ein Termin ausgemacht werden könne. Die genaue Tätigkeit habe man ihm nicht gesagt. Bei den bekanntgegebenen Gehaltsvorstellungen habe es sich um einen reinen Vorschlag gehandelt.
5. Mit Bescheid des AMS vom 15.10.2018, GZ XXXX , wurde festgestellt, dass der BF gemäß §§ 38 iVm 10 AlVG den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 25.11.2018 verloren hat. Begründend führte das AMS aus, dass der BF die Annahme einer zugewiesenen, zumutbaren Beschäftigung beim Unternehmen XXXX als Hilfsarbeiter ab 01.10.2018 vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht würden nicht vorliegen.
6. Gegen den unter Punkt 5. genannten Bescheid des AMS brachte der BF am 22.10.2018 eine Beschwerde ein.
7. Mit Bescheid des AMS vom 29.10.2018, GZ: RAG/A05661/2018, wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 22.10.2018 gegen den Bescheid vom 15.10.2018, GZ XXXX , gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen. Begründend führte das AMS aus, dass Langzeitarbeitslosigkeit und Arbeitsunwilligkeit vorliege und daher die Einbringlichkeit der Forderung bei vorläufiger Anweisung der Leistung als gefährdet bzw. sogar aussichtslos anzusehen sei.
8. Gegen den Bescheid des AMS vom 29.10.2018, GZ: RAG/A05661/2018, richtet sich die nunmehr zu beurteilende Beschwerde vom 20.11.2018. Darin führte der BF zusammengefasst aus, dass er sich beworben habe, jedoch nie eine Antwort erhalten habe. Am 15.10.2018 sei das Vorstellungsgespräch gewesen. Seit ihm das Geld gestrichen worden sei, leide er an Schlafstörungen und an Existenzängsten.
9. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.11.2018 vom AMS vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF bezieht seit 2013 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Mit Bescheid des AMS vom 25.05.2018 wurde gemäß § 10 iVm. § 38 AlVG für die Zeit vom 15.05.2018 bis 25.06.2018 gegen den BF eine Ausschlussfrist verhängt und die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.10.2018, GZ W266 2204408-1/4E als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid des AMS vom 15.10.2018, GZ XXXX , wurde festgestellt, dass der BF für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 25.11.2018 den Anspruch auf Notstandshilfe verloren hat. Nachsichtsgründe lagen nicht vor bzw. konnten nicht berücksichtigt werden.
Am 22.10.2018 brachte der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 15.10.2018 ein.
Mit Bescheid des AMS vom 29.10.2018, GZ: RAG/A05661/2018, wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 22.10.2018 gegen den Bescheid vom 15.10.2018, GZ XXXX , gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
Am 20.11.2018 brachte der BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 29.10.2018 ein.
Der BF hat einen mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides verbundenen unverhältnismäßigen Nachteil nicht konkret dargetan.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.
Die Feststellung bezüglich des Bezugs von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergibt sich aus dem Bezugsverlauf des AMS.
Die Feststellungen hinsichtlich der Bescheide des AMS vom 15.10.2018 und vom 29.10.2018 sowie hinsichtlich der dagegen erhobenen Beschwerden ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.
Die Feststellung, dass der BF einen mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides verbundenen unverhältnismäßigen Nachteil weder behauptet noch konkret dargetan hat, gründet sich auf das Beschwerdevorbringen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.2. Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG), solange diese Wirkung nicht mit Bescheid (§ 13 Abs. 2 VwGVG) oder mit Beschluss (§ 22 Abs. 2 VwGVG) ausgeschlossen worden ist.
Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung (VwGH vom 01.09.2014, Ra 2014/03/0028). § 13 Abs. 2 VwGVG ermöglicht es, den in der Praxis bestehenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Einbringung allenfalls unberechtigt empfangener Geldleistungen zu begegnen und dem Interesse der Versichertengemeinschaft, die Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen an den einzelnen Versicherten ohne Zuwarten auf eine rechtskräftige Entscheidung im Falle der Bekämpfung eines Bescheides zu berücksichtigen, indem die berührten öffentlichen Interessen mit den Interessen des Leistungsempfängers abgewogen werden. Stellt sich im Zuge dieser Interessenabwägung heraus, dass der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist, so kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde mit Bescheid ausschließen.
Das Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll (vgl. Hengstschläger/Leeb, Rz 31 zu § 64 AVG; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², § 13 VwGVG K 12).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in seinem Erkenntnis vom 11.04.2018, Ro 2017/08/0033, Folgendes ausgeführt:
"Um die vom Gesetzgeber außerdem geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH vom 14.02.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat."
Wie bereits ausgeführt, erlaubt aber erst eine entsprechende Konkretisierung, die vom Antragsteller bzw. Beschwerdeführer glaubhaft darzutun ist, eine solche Interessenabwägung (vgl. dazu etwa VwGH 18.11.2003, AW 2003/17/0058). Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller bzw. Beschwerdeführer einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. z.B. VwGH vom 11.03.1996, 96/17/0071; 27.06.1996, 96/17/0028; 10.08.2011, 2011/17/0028).
3.3. Der BF hat im vorliegenden Fall keinen ihn besonders treffenden Nachteil durch den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dargetan, sondern richtet sich erneut inhaltlich gegen die Entscheidung des Verlustes des Anspruches auf Notstandshilfe.
Unter Berücksichtigung des im Rahmen eines Provisorialverfahrens eingeschränkten Prüfungsmaßstabes vermag das erkennende Gericht die Erwägungen der belangten Behörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen. So hatte sich das AMS insb. darauf berufen, dass im Jahr 2018 bereits zuvor (rechtskräftig) eine Ausschlussfrist gemäß § 10 iVm. § 38 AlVG für die Zeit vom 15.05.2018 bis 25.06.2018 gegen den BF verhängt wurde und im Falle des BF Langzeitarbeitslosigkeit in Verbindung mit Arbeitsunwilligkeit vorliegt.
Im Ergebnis erfolgte der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, welche im Übrigen spätestens mit Erlassung des vorliegenden Erkenntnisses in der Hauptsache geendet hätte, somit zu Recht.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der BF die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt schien. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war damit weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Rechtlich relevante Neuerungen wurden in der Beschwerde nicht vorgetragen. Zudem liegt eine Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität vor. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu insbesondere die unter Punkt II.3.2. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Schlagworte
aufschiebende Wirkung, KonkretisierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W255.2209872.1.00Zuletzt aktualisiert am
08.02.2019