TE Bvwg Beschluss 2018/12/12 W178 2165792-2

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Veröffentlicht am 12.12.2018
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Entscheidungsdatum

12.12.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W178 2165792-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Maria PARZER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2018, Zl. 1092359907-180873106, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend Herrn XXXX, StA. AFGHANISTAN, vertreten durch: SCHALK Johannes Flüchtlings- und Integrations-Arbeit Internationale Baptistengemeinde Graz,

beschlossen:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2

Asylgesetz 2005 ist rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 20.04.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. In seiner Ersteinvernahme gab der Bf an, er habe Afghanistan verlassen, weil die Taliban mit der Regierung in seiner Region Streit hätten. Er könne nicht nach Afghanistan zurückkehren, weil er in Österreich bleiben wolle.

2. Bei der Einvernahme vor dem BFA am 20.06.2017 hat er zu seinen Fluchtgründen angegeben, dass er im Iran geboren sei und nie in Afghanistan gelebt habe. Sein Vater sei von seinem Onkel getötet worden. Sein Vater sei Schiit gewesen, seine Mutter sei Sunnitin, die Familien seien immer gegen die Heirat gewesen. Die Familie lebe im Iran, nur die Großeltern und ein Onkel samt Familie lebten in Afghanistan. Er lebe den schiitischen Glauben in Ö nicht; er habe verschiedene christliche Kirchen besucht, um sich zu informieren.

3. Mit Bescheid des BFA vom 13.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) abgewiesen, im Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 AsylG 2005 abgewiesen, und im Spruchpunkt III. wurde kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG gewährt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist; in Spruchpunkt IV wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG gewährt und einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Zur Begründung wurde angeführt, das Fluchtvorbringen sei nicht als asylrelevant zu werten, die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz wurden verneint. Durch seinen unbedenklichen Gesundheitszustand und die Kenntnisse der landestypischen Verhältnisse sei eine elementare Grundversorgung gewährleistet. Eine Verletzung des privat- oder Familienlebens sei nicht zu erkennen.

4. Mit Beschluss des BVwG vom 31.07.2018 wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt.

5. Mit Erkenntnis des BVwG vom 27.10.2017 wurde der Beschwerde dagegen seitens des BVwG keine Folge gegeben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen angegeben, dass sich der Bf nach Österreich begeben habe, weil er illegal im Iran gelebt habe und Angst vor Abschiebung nach Afghanistan gehabt habe; er sei keiner konkreten individuellen Verfolgung ausgesetzt gewesen. Es stehe ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul zur Verfügung. Er verfüge in Österreich über keine Familienangehörige oder sonstige intensive soziale Kontakte.

6. Der Bf kam der Ausreiseverpflichtung nicht nach und stellte am 03.09.2018 einen Folgeasylantrag. Er brachte vor, dass er seit 9 Monaten die freie evangelikale Kirche in Klagenfurt besuche, da er sich immer für das Christentum interessiert habe, möchte er konvertieren, im Dezember 2018 solle er getauft werden. Aus diesem Grund könne deshalb nicht nach Afghanistan zurückkehren, weil er dort als Christ verfolgt werde. Außerdem lebe seine Lebensgefährtin, Frau XXXX in Klagenfurt, sie habe Asylstatus. Da er keine Dokumente habe, hätten sie bisher nicht heiraten können.

7. In seiner Einvernahme vor dem BFA am 13.09.2018 hat er ergänzend angegeben, dass er eine Zeit lang mit seiner Freundin zusammengelebt habe. Er habe niemanden in Afghanistan und wegen eines Vorfalls mit seinem Vater im Iran hätten sie Probleme auch in Afghanistan. Weiters wurde er zu seinem religiösen Leben und seiner Überzeugung befragt.

8. Im Rahmen der weiteren Einvernahme am 25.09.2018 wurde mit mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz des Bf aufgehoben. Zur Begründung wurde angeführt, der Antrag werde voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden, zumal sich weder die allgemeine Lage noch seine persönlichen Verhältnisse geändert hätten. Das neue Vorbringen baue auf das bereits zu Recht als unglaubwürdig erkannte Vorbringen auf und sei daher ebenfalls unglaubwürdig.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt von Amts wegen am 28.09.2018 dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung des Bescheids vorgelegt. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass ihm im Falle einer Rückkehr oder Abschiebung nach Afghanistan keine Verletzung seiner Integrität drohen und damit keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG beschrieben, drohe.

9. Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 01.10.2018 gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm Art. 89 Abs. 2 iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF, BGBl. I Nr. 68/2013, sowie weitere damit zusammenhängende Bestimmungen, so auch §12a AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017, als verfassungswidrig aufzuheben.

10. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10.10.2018, zugestellt dem BVwG am 23.11.2018, G 186/2018 u.a. entschieden, dass der Antrag bezüglich § 22 Abs. 10 dritter und vierter Satz AsylG (samt Eventualanträgen) abgewiesen werde und Verfassungswidrigkeit nicht bestehe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im rechtskräftig negativ abgeschlossenen Vorverfahren getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Aus den UNHCR -Richtlinien Stand 23.08.2018 lässt sich kein genereller Ausschluss der internen Fluchtalternative in Afghanistan ableiten.

Zusammengefasst ergibt sich, dass derzeit eine Rückkehr in die Provinz Ghazni, der Heimatprovinz des BF, aus sicherheitsrelevanter Sicht derzeit eine reale Gefahr der Verletzung des Art 2, 3 ERMK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde.

Im Erkenntnis des Gerichtes wurde jedoch eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul, festgestellt, nach Auffassung des Gerichts stehen auch Mazar-e Sharif oder Herat zur Verfügung.

Dem mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die aktuellen Länderfeststellungen der Staatendokumentation, zuletzt aktualisiert am 11.09.2018, zugrunde gelegt. Auch unter Berücksichtigung der UNHCR-Richtlinien vom August 2018 ist eine innerstaatliche Fluchtalternative im Einzelfall zu prüfen bzw. anzunehmen., dies auch die Behörde in ihrem mündlichen Bescheid festhält. Dem ist aufgrund der eingebrachten Länderfeststellungen zuzustimmen.

Bezüglich des Nachfluchtgrundes der Konversion zum christlichen Glauben ist festzustellen, dass diese als nicht gegeben angenommen werden muss.

Ebenso ist bezüglich seiner Familiensituation nicht davon auszugehen, dass er in einer familienähnlichen Partnerschaft lebt.

2. Beweiswürdigung:

Der Bf stützt seinen Folgeantrag vor allem auf die erfolgte Konversion als Nachfluchtgrund. Es ist aber in Übereinstimmung mit der Begründung des Bescheides des BFA davon auszugehen, dass diesem Vorbringen schon insofern wenig Glaubwürdigkeit zukommt, als der Bf erst nach der negativen Entscheidung des BVwG und der erlassenen Rückkehrentscheidung sich zu einer christlichen Kirche hingewandt hat.

Ebenso ist das Vorbringen, die Abschiebung sei nach Art. 8 EMRK nicht zulässig, weil er in einer Beziehung leben, nicht glaubwürdig. Der Bf hat erst 2017 im Zuge von Ermittlungen nach einer Strafanzeige angegeben, dass er mit Frau XXXX keinesfalls eine Beziehung möchte und ihm ihre Anhänglichkeit unangenehm sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1 Gesetzliche Grundlagen

§ 12a AsylG 2005 lautet (auszugsweise):

(1) ....

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 leg cit die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 dieser Bestimmung findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

§ 12 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, ("Faktischer Abschiebeschutz") lautet:

Ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, kann, außer in den Fällen des § 12a, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 nicht mehr zulässig ist, weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz); § 32 bleibt unberührt. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet ist zulässig. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. § 16 Abs. 4 BFA-VG gilt.

(3) - (6) [...]"

§ 22 AsylG:

Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

3.2. Zum Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005

3.2.1. Zum Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung (Z1)

Das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Mit Erk des BVwG vom 19.10.2017 wurde gegen den BF rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG getroffen.

3.2.2 Eine weitere Voraussetzung (Z 2) für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes ist, dass "der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist". Es ist also eine Prognose darüber zu treffen, ob der Antrag voraussichtlich (insbesondere wegen entschiedener Sache) zurückzuweisen sein wird (§ 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005).

Nach der Rechtsprechung zu § 68 Abs. 1 AVG liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern. Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegig Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (siehe zB VwGH 17.09.2008 2008/23/0684).

Nach den obigen Feststellungen und Beweiswürdigung ist damit zu rechnen, der der Folgeantrag internationalen Schutz voraussichtlich zurückzuweisen sein wird.

3.2.3. Prüfung auf Verletzung von Rechten nach der EMRK (Z3)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz ist zulässig, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeutet und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt (§ 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005).

Bereits im ersten Verfahren hat das BFA rechtskräftig ausgesprochen, dass der BF bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner derartigen Gefahr und Bedrohung ausgesetzt sei. Darin hat sich keine wesentliche Änderung seit der Entscheidung ergeben.

3.2.3.1. Eingriff in die Rechte nach Art 2 und 3 EMRK

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063 mwN). Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehende Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl etwa VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, und 23.09.2009, 2007/01/0515, mwN).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Es obliegt dabei grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158, mit Verweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61.204/09, mwH).

Es wurden im vorliegenden Fall keine Umstände festgestellt, die dem BF ein "reales Risiko" einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe droht.

3.2.3.2. Eingriff in die Rechte nach Art 8 EMRK

Der Fremde hat entgegen dem neuerlichen Vorbringen in Österreich keine familiären Bindungen. Der Fremde führt daher in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten Anknüpfungspunkte (vgl dazu VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, mwN). Eine Abschiebung des Fremden bedeutet demnach keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK.

Die Abschiebung des BF nach Afghanistan stellt daher keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK dar bzw ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art 8 EMRK gerechtfertigt. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W178.2165792.2.01

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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