TE Vwgh Beschluss 2019/1/17 Ra 2017/22/0115

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Veröffentlicht am 17.01.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §11 Abs1 Z5;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §47 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/22/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache 1. der J J, und 2. des M J, beide in W, beide vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 12. Mai 2017, 1. VGW- 151/081/13654/2016-9 und 2. VGW-151/081/13655/2016, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2. Mit Bescheiden vom 21. September 2016 wies die belangte Behörde die Anträge der Revisionswerber, beide serbische Staatsangehörige, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" nach § 47 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zwecks Familienzusammenführung mit ihrem Stiefvater, einem österreichischen Staatsbürger, der mit ihrer Mutter, einer serbischen Staatsangehörigen, seit der Eheschließung im Jahr 2014 im Bundesgebiet zusammenlebe, gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 21 Abs. 6 NAG sowie nach Interessenabwägung im Sinn des § 11 Abs. 3 NAG in Verbindung mit Art. 8 EMRK ab.

3.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobenen Beschwerden der Revisionswerber als unbegründet ab und bestätigte die Bescheide mit der Maßgabe, dass sich diese auch auf § 47 Abs. 2 in Verbindung mit § 30 NAG sowie § 11 Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit Abs. 5 NAG stützten. Das Verwaltungsgericht begründete das Erkenntnis im Wesentlichen damit, dass einerseits die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 47 Abs. 2 NAG (Eigenschaft der Revisionswerber als Familienangehörige des Stiefvaters) nicht erfüllt sei, weil die Mutter und der Stiefvater mittlerweile in Scheidung lebten und zwischen den Revisionswerbern und dem Stiefvater kein gemeinsames Familienleben mehr bestehe, sodass in Analogie zu § 30 Abs. 1 NAG die genannte besondere Erteilungsvoraussetzung nicht mehr vorliege. Andererseits seien auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen insofern nicht erfüllt, als das Erteilungshindernis des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG (Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthalts) vorliege und die Voraussetzung des § 11 Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit Abs. 5 NAG (Nachweis notwendiger Mittel zur Finanzierung des Aufenthalts) nicht gegeben sei. Auch eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG in Verbindung mit Art. 8 EMRK führe auf Grund des deutlichen Überwiegens der entgegenstehenden öffentlichen Interessen nicht zur Erteilung der beantragten Aufenthaltstitel. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3.2. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung sich die Revisionswerber ausschließlich gegen die Verneinung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen sowie die Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG wenden, wohingegen sie auf die Verneinung der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 47 Abs. 2 NAG in keiner Weise eingehen.

4.1. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist bei Fehlen einer für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels notwendigen besonderen Erteilungsvoraussetzung weder das Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu prüfen, noch eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vorzunehmen (vgl. etwa VwGH 13.11.2012, 2012/22/0168, mwN).

4.2. Vorliegend hat das Verwaltungsgericht die besondere Erteilungsvoraussetzung des § 47 Abs. 2 NAG (siehe VwGH 12.9.2012, 2011/23/0130) verneint. Dagegen sprechen sich die Revisionswerber in der Revision nicht aus. Im Hinblick darauf sind jedoch nach der aufgezeigten Rechtsprechung die - in der Revision ausschließlich bemängelte - Verneinung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen und die Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG nicht weiter zu prüfen.

4.3. In dem Zusammenhang ist auch nochmals hervorzuheben, dass der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a VwGG die Zulässigkeit der Revision (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat. Er ist daher weder verpflichtet, Anfechtungsgründe anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 7.12.2016, Ra 2016/22/0092, mwN).

5. Nur ergänzend ist anzumerken, dass jedenfalls auch die Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG in Verbindung mit Art. 8 EMRK keinen Bedenken begegnet, erkennt doch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Abwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen, wenn sie - wovon auch hier auszugehen ist - auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in nicht unvertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze erfolgte, nicht revisibel ist (siehe VwGH 3.10.2017, Ra 2016/22/0056, mwN).

6. Insgesamt war daher die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 17. Jänner 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017220115.L00

Im RIS seit

08.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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