TE Lvwg Beschluss 2018/12/6 LVwG-AV-1061/002-2018

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Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

LuftfahrtG 1958 §78
LuftfahrtG 1958 §79
AVG 1991 §8
B-VG Art132 Abs1 Z1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Dr. Flendrovsky als Einzelrichter über die Beschwerden 1. der A GmbH in ***, ***, und 2. der B GmbH in ***, ***, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom 26. Juli 2018, Zl. ***, betreffend luftfahrtbehördliche Errichtungsbewilligung, den

BESCHLUSS:

1.  Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 erster Halbsatz iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

2.  Gegen diesen Beschluss ist eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG iVm § 25a VwGG nicht zulässig.

Begründung

I.       Sachverhalt und wesentlicher Verfahrensgang

1.       Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung von Auflagen auf Grundlage der §§ 78 und 79 des Luftfahrtgesetzes (LFG), BGBl. 253/1957 idF BGBl. I 108/2013, die Bewilligung zum Neubau von drei Flugzeughangars zur Einstellung von Kleinflugzeugen und Helikoptern auf dem Grundstück Nr. ***, KG *** (in der Folge: Projektgrundstück). Von dem Projekt umfasst ist auch die Errichtung von Nebenanlagen, insbesondere von Einfriedungen.

2.       Die beschwerdeführenden Gesellschaften wurden dem Verfahren nicht beigezogen, auch der angefochtene Bescheid wurde ihnen nicht zugestellt. Dennoch erhoben sie dagegen beide jeweils am 31. Juli 2018 Beschwerde. Die Beschwerden wurden am 2. Oktober 2018 von der belangten Behörde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vorgelegt, wo sie am 9. Oktober 2018 einlangten. Beide Beschwerden enthalten umfangreiche Anträge.

3.       Die mitbeteiligte Partei erstattete am 11. Oktober 2018 eine Stellungnahme zur Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft, in der sie deren Beschwerdelegitimation bestritt und die Zurückweisung dieser Beschwerde beantragte.

4.       Das Landesverwaltungsgericht übermittelte am 6. November 2018 diese Stellungnahme den Parteien zur Äußerung. Weiters wurden die beschwerdeführenden Gesellschaften ersucht bekanntzugeben, welche Grundstücke in ihrem Eigentum stehen bzw. welche Grundstücke auf welcher Grundlage genutzt werden.

5.       Mit E-Mail vom 13. November 2018 teilte die erstbeschwerdeführende Gesellschaft dem Landesverwaltungsgericht mit, dass das vormals zur Gänze in ihrem Eigentum stehende Grundstück Nr. ***, KG ***, welches ursprünglich in östlicher Richtung an das Projektgrundstück angrenzte, mittlerweile geteilt worden sei. Eigentümer des nunmehr unmittelbar an das Projektgrundstück angrenzenden Grundstücks Nr. ***, KG ***, sei nunmehr die C GmbH. Die Grundstücksteilung sei aber im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung noch nicht vollzogen gewesen. Der Beschluss des Bezirksgerichts *** vom 27. September 2018, mit dem die Teilung im Grundbuch einverleibt worden war, wurde vorgelegt. Die Beschwerde bleibe daher aufrecht.

6.       Mit E-Mail vom 27. November 2018 teilte die die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft dem Landesverwaltungsgericht mit, dass Eigentümerin des Grundstücks Nr. ***, KG ***, welches in westlicher Richtung an das Projektgrundstück angrenzt, derzeit noch die D GmbH sei. Die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft habe die Beschwerde mit Wissen und Genehmigung der D GmbH als künftige Eigentümerin dieses Grundstücks erhoben. Außerdem habe sie auf dem Grundstück Gebäude errichtet, die in ihrem Eigentum stehen. Insbesondere die „baurechtlich und rechtskräftig genehmigte“ *** (ihr künftiges Flugplatzrestaurant) sehe sie durch die vorliegende Einreichung des an das Grundstück Nr. *** angrenzenden Hangargebäudes schwer gefährdet. Auch die Zweitbeschwerdeführerin hielt ihre Beschwerde ausdrücklich aufrecht.

II.      Rechtliche Beurteilung

1.       Zunächst ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das luftfahrtbehördliche Verfahren für zivile Bodeneinrichtungen gemäß § 78 LFG auch das baubehördliche Verfahren in sich schließt, sofern die zivilen Bodeneinrichtungen als dem Luftverkehr dienend zu qualifizieren sind (VwGH 27.08.2013, 2011/06/0089 und 04.03.1999, 98/06/0214, jeweils mwN). Auf die unstrittig dem Luftverkehr dienenden projektgegenständlichen Bauten finden somit baurechtliche Bestimmungen – insbesondere die NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) und die auf deren Grundlage erlassene NÖ Bautechnikverordnung 2014 – keine Anwendung.

2.       Gemäß § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. 51 sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien. Ob ein solcher Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse besteht, ist erst an Hand der konkret zur Anwendung gelangenden Verwaltungsvorschriften zu beantworten (VwGH 02.12.1987, 86/03/0168; 30.06.2015, 2013/03/0041, jeweils mwN).

3.       Im vorliegenden Fall sind diese Verwaltungsvorschriften die §§ 78 f LFG. Diese lauten:

„Bewilligung von zivilen Bodeneinrichtungen

§ 78. (1) Eine Bodeneinrichtung auf einem Zivilflugplatz (zivile Bodeneinrichtung) darf nur mit Bewilligung der für die Erteilung der Zivilflugplatz-Bewilligung zuständigen Behörde (§ 68) errichtet, benützt oder wesentlich geändert werden.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann in seinem Zuständigkeitsbereich die Bezirksverwaltungsbehörde mit der Entscheidung über einen Antrag für eine Bewilligung gemäß Abs. 1 oder mit der Durchführung der Aufsicht über Bodeneinrichtungen betrauen, wenn dadurch das Interesse der Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt wird und dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gelegen ist.

(3) Vor der Entscheidung über einen Antrag für eine Bewilligung gemäß Abs. 1 ist der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu hören, wenn von der zivilen Bodeneinrichtung eine Beeinträchtigung von ortsfesten Einrichtungen der Luftraumüberwachung oder von ortsfesten Anlagen für die Sicherheit der Militärluftfahrt verursacht werden könnte.

(4) Für zivile Bodeneinrichtungen ist keine Bewilligung gemäß § 92 und § 94 erforderlich.

Voraussetzungen der Bewilligung von zivilen Bodeneinrichtungen

§ 79. (1) Eine Bewilligung gemäß § 78 Abs. 1 ist zu erteilen, wenn das Vorhaben für die Sicherheit der Luftfahrt erforderlich oder dieser förderlich ist.

(2) Die Bewilligung ist insoweit bedingt oder mit Auflagen zu erteilen, als dies zur Abwendung von Gefahren oder zur Gewährleistung eines zweckentsprechenden Betriebes notwendig ist.“

4.       Wie die mitbeteiligte Partei zutreffend vorgebracht hat, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus den §§ 78 und 79 LFG eine Parteistellung von Personen, deren Grund und Boden für eine nach diesen Bestimmungen erteilte Bewilligung nicht berührt wird (das sind insbesondere Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte von an das Projektgrundstück angrenzenden Grundstücken, also „Nachbarn“) nicht abgeleitet werden. Wird Grund und Boden für Zwecke der Luftfahrt in Anspruch genommen, sei es für das Flugfeld im engeren Sinn oder für eine außerdem geplante Sicherheitszone, bedarf es (auch) einer Bewilligung nach den §§ 68 ff LFG, in welchem Verfahren die Eigentümer der davon betroffenen Grundstücke Parteistellung haben (VwGH 12.07.1995, 95/03/0084; 02.12.1987, 86/03/0168, jeweils mwN).

Entgegen dem Vorbringen der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft haben sich die §§ 78 f LFG im Vergleich zur Stammfassung dieses Gesetzes hinsichtlich der fehlenden Parteistellung von Nachbarn nicht geändert, sodass die angeführte Rechtsprechung nach wie vor herangezogen kann. Den beschwerdeführenden Gesellschaften kam somit in dem dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Verwaltungsverfahren weder ein Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse und somit nach § 8 AVG auch keine Parteistellung zu.

Sofern das Vorbringen der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft als Geltendmachung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen diese Rechtslage zu verstehen sein sollte, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach abgesehen von Einzelfällen wie Art. 119a Abs. 9 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG), BGBl. 1/1930 idF BGBl. I 51/2012, keine Verfassungsnorm besteht, die Parteienrechte in einem Verfahren überhaupt oder in einem bestimmten Umfang garantiert. Den Umfang der Parteienrechte in einem Verwaltungsverfahren bestimmt vielmehr der einfache Gesetzgeber. Das die Parteienrechte bestimmende Gesetz (im vorliegenden Fall die solche Rechte ausschließenden §§ 78 f LFG) könnte zwar aus einem anderen Grund, insbesondere wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot (Art. 7 B-VG, Art 2 StGG) verfassungswidrig sein (VfSlg 15.123/1998 mwN). Einen solchen Verstoß vermag aber das Landesverwaltungsgericht aber im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Insbesondere ist ein Vergleich der bundesgesetzlichen Bestimmungen der §§ 78 LFG mit den landesrechtlichen Bestimmungen der NÖ BO 2014 (die in § 6 den Nachbarn Parteienrechte einräumt) anhand des Gleichheitssatzes schon deshalb ausgeschlossen, weil unterschiedliche Regelungen unterschiedlicher Gesetzgeber im Wesen des insbesondere durch die Art. 10 bis 15 B-VG konstituierten Bundesstaates liegen (VfSlg. 19.964/2015 mwN).

Deshalb hegt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich keine Bedenken gegen die Verfassungskonformität der §§ 78 f LFG, die den Nachbarn keine Parteistellung einräumen.

5.       Nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Nach Art 132. Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Eine solche Rechtsverletzung können nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur diejenigen natürlichen oder juristischen Personen mit Beschwerde bei einem Verwaltungsgericht geltend machen, denen in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung zukam oder zuerkannt wurde. Parteistellung im Verwaltungsverfahren und die Befugnis zur Beschwerdeerhebung an ein Verwaltungsgericht hängen nach der innerstaatlichen Rechtslage somit unmittelbar zusammen (VwGH 28.03.2018, Ra 2015/07/0055 und Ra 2015/07/0152).

Aus der fehlenden Parteistellung der beschwerdeführenden Parteien im Verfahren vor der belangten Behörde folgt daher auch ihre fehlende Berechtigung zur Erhebung von Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG. Die (gemäß § 17 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I 33/2013, iVm § 39 Abs. 2 AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen) Beschwerden sind deshalb nach dem ersten Halbsatz des § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 als unzulässig zurückzuweisen.

6.       Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine mündliche Verhandlung entfallen, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist. Es hat auch keine Partei eine Verhandlung beantragt.

III.      Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen ist, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Lösung der Rechtsfragen ergibt sich vielmehr einerseits aus dem Wortlaut des § 8 AVG iVm den §§ 78 f LFG sowie des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutigem Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen s. etwa VwGH 23.05.2017, Ra 2017/05/0086) und andererseits aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Infrastruktur und Technik; Luftfahrt; Bewilligung; Verfahrensrecht; Nachbarn; Parteistellung; Beschwerdelegitimation;

Anmerkung

VwGH 21.02.2019, Ra 2019/03/0017-4, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1061.002.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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