TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/1 96/21/0776

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Veröffentlicht am 01.07.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §6 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §54;
FrG 1997 §114 Abs4;
FrG 1997 §114 Abs7;
FrG 1997 §115;
FrG 1997 §35 Abs3 Z1;
FrG 1997 §35 Abs3 Z2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des NP, (geboren am 21. Oktober 1968), in Ebergassing, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. August 1996, Zl. Fr 1695/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes und Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen das über den Beschwerdeführer verhängte Aufenthaltsverbot richtet, als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

2. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung zum Gegenstand hat, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 4 (gemeint wohl: Z. 2) Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein bis 31. März 2000 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen; weiters wurde sein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung zurückgewiesen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer zwei Mal wegen Übertretung des genannten Gesetzes (ein Mal wegen §§ 82 Abs. 1 Z. 4 und 82 Abs. 1 Z. 3, ein Mal wegen § 82 Abs. 1 Z. 4) rechtskräftig bestraft worden sei. Überdies sei eine weitere Bestrafung wegen Übertretung des § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG, "wenn auch nicht rechtskräftig", erfolgt.

Die Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung begründet die belangte Behörde damit, dass ein diesbezüglicher Antrag bei der örtlich zuständigen Sicherheitsverwaltungsbehörde einzubringen sei. Behörde in diesem Sinn sei, sofern nicht anders bestimmt, die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese. Der Antrag sei daher zurückzuweisen gewesen.

Zum Aufenthaltsverbot:

Mit dem - am 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen - Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75, wurden die gesetzlichen Voraussetzungen zur Verhängung eines Aufenthaltsverbotes unterschiedlich zu jenen des Fremdengesetzes aus 1992 geregelt.

§ 114 Abs. 4 und 7 des Fremdengesetzes 1997 lautet:

"(4) Aufenthaltsverbote, die beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof angefochten sind, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der angefochtene Bescheid nicht offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände.

...

(7) In den Fällen der Abs. 4 und 5 ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen; mit dem Beschluss über die Gegenstandslosigkeit der Beschwerde tritt in diesen Fällen auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft. Solchen Aufenthaltsverboten oder Ausweisungen darf für Entscheidungen, die nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes getroffen werden sollen, keine nachteilige Wirkung zukommen."

Die Voraussetzungen für die Erklärung der Beschwerde als gegenstandslos und die Einstellung des Verfahrens im Sinn der eben genannten Bestimmungen sind im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen erfüllt:

§ 36 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 lautet:

"§ 36. (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1.

die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2.

anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft."

Damit wurde der Behörde - anders als nach § 18 Abs. 1 FrG - Ermessen eingeräumt.

Der Beschwerdeführer hatte in dem zur Erlassung des von ihm angefochtenen Aufenthaltsverbotes führenden Verfahren keine Möglichkeit, erst im Rahmen der nunmehrigen Ermessensentscheidung gemäß § 36 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 relevante, gegen dessen Erlassung sprechende Umstände aufzuzeigen. Insbesondere enthält der angefochtene Bescheid keine Begründungselemente, die eine Überprüfung im Hinblick auf die nunmehr gebotene Ermessensübung ermöglichen würden.

Es liegt auch kein Fall vor, in welchem das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eindeutig und daher eine gesonderte Begründung der Ermessensentscheidung entbehrlich wäre (vgl. die in § 38 Abs. 1 Z. 3 sowie § 35 Abs. 3 Z. 1 und 2 Fremdengesetz 1997 genannten Fälle und zum Ganzen den hg. Beschluss vom 24. April 1998, Zl. 96/21/0490). Somit kann nicht gesagt werden, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 114 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 "offensichtlich auch in den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine Grundlage fände", weshalb er gemäß § 114 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 mit 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten ist.

Somit war die Beschwerde gemäß § 114 Abs. 7 iVm Abs. 4 und § 115 des Fremdengesetzes 1997 als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Hingewiesen wird darauf, dass mit dem vorliegenden Beschluss gemäß § 114 Abs. 7 erster Satz, zweiter Halbsatz, des Fremdengesetzes 1997 auch der Bescheid der Behörde erster Instanz außer Kraft tritt.

Zur Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung:

Betreffend die Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 4. Dezember 1996, Zl. 96/21/0041, verwiesen. Aus den dort angeführten Erwägungen war auch der hier angefochtene Bescheid im besagten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG - in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - aufzuheben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, dass im Gesetz eine gesonderte Vergütung von Umsatzsteuer neben dem Ersatz des pauschalierten Schriftsatzaufwandes nicht vorgesehen ist.

Wien, am 1. Juli 1999

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996210776.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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