Entscheidungsdatum
01.10.2018Norm
AVG §74 Abs2Spruch
L524 2191344-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Metzler & Musel Rechtsanwälte GmbH, Landstraße 49, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 12.02.2018, Zl. 100 Jv 113/17z-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
A) I. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 3
GGG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben. Es besteht keine Zahlungspflicht der Beschwerdeführerin.
II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Nach einem Amtshaftungsverfahren, in dem die "Republik Österreich" zur Leistung von Schadenersatz verurteilt wurde, forderte die "Republik Österreich" als Klägerin Rückersatz von der Rechtsnachfolgerin des vor Zahlung des Rechtsträgers verstorbenen Organs, der dortigen beklagten Partei und nunmehrigen Beschwerdeführerin.
In diesem Verfahren zur Zl. 32 Cga 156/13a, schlossen die Parteien am 14.07.2016 einen Vergleich, der unter anderem folgenden Punkt enthält: "2. Die beklagte Partei verpflichtet sich weiters, binnen 3 Wochen nach Rechtswirksamkeit des Vergleiches einen Kostenbeitrag von EUR 6.000,00 zuhanden der Klagevertretung zu bezahlen."
2. Mit Lastschriftanzeige vom 03.07.2017, Zl. 100 Jv 113/17z-33, wurden der Beschwerdeführerin folgende Gebühren vorgeschrieben:
"Sonstige Vorschreibung Ersatzpflicht der beklagten Partei laut Vergleich vom 14.07.2016 iVm § 20 GGG" in Höhe von € 8.232,-. Eine Zahlung erfolgte nicht.
3. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 25.07.2017, Zl. 100 Jv 113/17z-33, wurde der Beschwerdeführerin erneut wegen "Sonstige Vorschreibung Ersatzpflicht der beklagten Partei laut Vergleich vom 14.07.2016 iVm § 20 GGG" die Zahlung von € 8.232,- sowie die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,-, somit insgesamt € 8.240,-, vorgeschrieben. Bei der Berechnung der Gebühren wurde die Zweifelsregel gemäß § 20 letzter Satz GGG angewendet.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Vorstellung, in der im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass keine persönliche Gebührenfreiheit der klagenden Partei gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 GGG vorliege. Damit sei auch § 20 GGG nicht anwendbar.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 12.02.2018, Zl. 100 Jv 113/17z-33, wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung der Pauschalgebühr (TP 1, TP 2 und TP 3 GGG aufgrund der Ersatzpflicht der beklagten Partei laut Vergleich vom 14.07.2016 iVm § 20 GGG) in Höhe von € 10.955,-, abzüglich der an zu viel entrichteter Pauschalgebühren zu ON 23 und ON 24 in Höhe von € 2.723,-, zuzüglich der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,-, somit insgesamt € 8.240,-, verpflichtet.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die beklagte Partei im Vergleich verpflichtet habe, der klagenden Partei Kosten des Verfahrens zu bezahlen, weshalb sich aufgrund der persönlichen Gebührenfreiheit der klagenden Partei nach § 10 GGG und gemäß § 20 GGG ein Teilrückersatz der Pauschalgebühren ergebe.
6. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Ausgangsverfahren, in dem Regressansprüche nach dem AHG geltend gemacht worden seien, mit Vergleich vom 14.07.2016 beendet worden sei. Darin habe sich die Beschwerdeführerin zur Zahlung eines Kostenbeitrags verpflichtet. Der "Republik Österreich" als klagender Partei stünde keine Gebührenbefreiung gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 GGG zu, da sie weder Gericht noch eine Behörde der Justizverwaltung sei. Somit sei auch § 20 GGG nicht anwendbar. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung des angefochtenen Bescheides und der Ersatz der Kosten dieses Verfahrens.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Nach einem Amtshaftungsverfahren, in dem die "Republik Österreich" zur Leistung von Schadenersatz verurteilt wurde, forderte die "Republik Österreich" als Klägerin zur Zl. 32 Cga 156/13a, Rückersatz von der Rechtsnachfolgerin des vor Zahlung des Rechtsträgers verstorbenen Organs, der dortigen beklagten Partei und nunmehrigen Beschwerdeführerin.
Die klagende Partei machte eine Gebührenbefreiung gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 GGG geltend.
In diesem Verfahren schlossen die Parteien am 14.07.2016 einen Vergleich, der unter anderem folgenden Punkt enthält: "2. Die beklagte Partei verpflichtet sich weiters, binnen 3 Wochen nach Rechtswirksamkeit des Vergleiches einen Kostenbeitrag von EUR 6.000,00 zuhanden der Klagevertretung zu bezahlen."
Mit dem angefochtenen Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 12.02.2018, Zl. 100 Jv 113/17z-33, wurde die Beschwerdeführerin zur Zahlung der Pauschalgebühr (TP 1, TP 2 und TP 3 GGG aufgrund der Ersatzpflicht der beklagten Partei laut Vergleich vom 14.07.2016 iVm § 20 GGG) in Höhe von € 10.955,-, abzüglich der an zu viel entrichteter Pauschalgebühren zu ON 23 und ON 24 in Höhe von € 2.723,-, zuzüglich der Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von € 8,00, somit insgesamt € 8.240,-, verpflichtet.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) I. Stattgabe der Beschwerde:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes (GGG) lauten:
Persönliche Gebührenfreiheit aus anderen Gründen
§ 10. (1) Soweit Staatsverträge nicht entgegenstehen, sind in gesetzlichen Vorschriften vorgesehene persönliche Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren unwirksam. Ausgenommen hievon sind die Befreiungen von den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nach § 45 Bundesimmobiliengesetz, § 12 Abs. 2 Bundesforstegesetz 1996 und § 44 Abs. 4 ORF-Gesetz sowie die sich aus § 10 Bundesstatistikgesetz 2000 ergebende Gebührenbefreiung der Organe der Bundesstatistik für die Einsicht in die Register sowie die Abfrage und Datenübermittlung daraus.
(2) Nach Abs. 1 weiterhin bestehende Gebührenbefreiungen treten nur ein, wenn sie in der Eingabe, bei Aufnahme des Protokolls oder Vornahme einer sonstigen Amtshandlung unter Hinweis auf die gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen werden.
(3) Von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren sind befreit:
1. der Staatsanwalt;
2. die Gerichte und die Behörden der Justizverwaltung;
3. die Sicherheitsbehörden und -dienststellen im Rahmen der Erfüllung ihrer kriminal- und sicherheitspolizeilichen Aufgaben.
II. Zahlungspflicht des Gegners der gebührenbefreiten Partei
a) Im Zivilprozeß
§ 20. In den Fällen des § 70 ZPO sowie bei persönlicher Gebührenfreiheit aus anderen Gründen (§ 10) ist der Gegner zur Zahlung der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, verpflichtet, soweit ihm die Kosten des Rechtsstreites auferlegt sind oder soweit er die Kosten durch Vergleich übernommen hat. Im Zweifel ist die Hälfte der Gebühr einzuheben.
2. Nach einem Amtshaftungsverfahren, in dem die "Republik Österreich" zur Leistung von Schadenersatz verurteilt wurde, forderte die "Republik Österreich" als Klägerin Rückersatz von der Rechtsnachfolgerin des vor Zahlung des Rechtsträgers verstorbenen Organs, der dortigen beklagten Partei und nunmehrigen Beschwerdeführerin. Zur Parteibezeichnung ist festzuhalten, dass im gesamten Verfahren als beklagte Partei die "Republik Österreich" angeführt ist. Gemäß § 1 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz haftet der Bund nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben. Hat der Rechtsträger dem Geschädigten auf Grund dieses Bundesgesetzes den Schaden ersetzt, so kann er gemäß § 3 Abs. 1 AHG von den Personen, die als seine Organe gehandelt und die Rechtsverletzung vorsätzlich oder grobfahrlässig verübt oder verursacht haben, Rückersatz begehren. Die Bezeichnung der klagenden Partei hätte daher richtigerweise auf den Bund zu lauten gehabt (vgl. VwGH 09.09.2015, Ro 2015/16/0028 mwN).
Mit der Neufassung des § 10 GGG durch das BGBl. I Nr. 131/2001 ist die bis dahin in § 10 Abs. 1 GGG geregelte persönliche Gebührenbefreiung des Bundes zur Gänze entfallen.
Die belangte Behörde geht vorliegend von einer persönlichen Gebührenfreiheit aus anderen Gründen (§ 10 GGG) der klagenden Partei aus und stützt ihre Entscheidung offenbar auf § 10 Abs. 3 Z 2 GGG, zumal bei der im Bescheid zitierten Gesetzesstelle die Anordnung der Ziffer 2 des dritten Absatzes des § 10 GGG fett gedruckt ist. Eine explizite Begründung, weshalb die belangte Behörde die Voraussetzung des § 10 Abs. 3 Z 2 GGG erfüllt sieht, lässt sich allerdings dem gesamten Bescheid nicht entnehmen.
Gemäß § 10 Abs. 3 Z 2 GGG sind von der Zahlung der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren die Gerichte und die Behörden der Justizverwaltung befreit. Der Bund (als klagende Partei) ist jedoch weder Gericht noch Behörde der Justizverwaltung, weshalb diese Bestimmung hier nicht zur Anwendung kommt. Der Bundesminister für Justiz war nicht Partei des Verfahrens; ebenso wenig wie die Finanzprokuratur (diese ist lediglich als Vertreter der beklagten Partei - des Bundes - in Erscheinung getreten). Auch die übrigen Gebührenbefreiungstatbestände des § 10 Abs. 3 GGG liegen nicht vor.
Eine Gebührenbefreiung der klagenden Partei liegt somit nicht vor, weshalb schon aus diesem Grund eine Zahlungspflicht der beklagten Partei gemäß § 20 GGG nicht in Betracht kommt. Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.
Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass der Antrag auf Rückzahlung von Pauschalgebühren vom 11.08.2017 offen ist, zumal ein bescheidmäßiger Abspruch nur dann in Frage kommt, wenn sich der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist (§ 6c Abs. 2 GEG).
3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist).
Zu A) I. Zurückweisung des Antrags auf Kostenersatz:
Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Gemäß § 74 Abs. 2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Nach keiner im vorliegenden Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift ist ein derartiger Kostenersatzanspruch vorgesehen. Demnach gilt § 74 Abs. 1 AVG, dass jeder Beteiligte, also auch die Beschwerdeführerin, die ihr im Verfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat (VwGH vom 24.07.2008, 2007/07/0100).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. VwGH 06.04.2016, Ro 2016/16/0006).
Schlagworte
Amtshaftungsverfahren, Bund, ersatzlose Behebung, Gebührenbefreiung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:L524.2191344.1.00Zuletzt aktualisiert am
07.02.2019