TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/1 98/11/0280

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Veröffentlicht am 01.07.1999
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Index

L94409 Krankenanstalt Spital Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §1;
AVG §13 Abs1;
KAG Wr 1987 §4 Abs2 lita;
KAG Wr 1987 §6 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der Ärztekammer für Wien, vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in 1013 Wien, Gonzagagasse 9, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. September 1998, Zl. MA 15-II/H/8/463/96, betreffend Errichtung und Betrieb einer Krankenanstalt (mitbeteiligte Partei: L GmbH in W, vertreten durch Dr. Claudia Kleinszig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Laurenzerberg 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Kostenersatzbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei auf Grund eines Antrages vom 29. August 1996 nach § 4 und § 6 Abs. 1 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer privaten Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Zahnästhetik, Implantologie, Mundhygiene und Plastische Chirurgie an einem näher bezeichneten Standort im 8. Wiener Gemeindebezirk unter Vorschreibung einer Vielzahl von Auflagen erteilt; gleichzeitig wurde die Bestellung des Facharztes für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Dr. L. zum ärztlichen Leiter genehmigt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten, auf § 4 Abs. 6 Wr. KAG 1987 in Verbindung mit Art. 131 Abs. 2 B-VG gestützten Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragen. Die beschwerdeführende Partei hat zur Gegenschrift der mitbeteiligten Partei eine Replik erstattet. Die mitbeteiligte Partei hat darauf ihrerseits repliziert. Die beschwerdeführende Partei hat eine weitere Replik eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei führt zunächst aus, die mitbeteiligte Partei habe gar keinen Antrag auf Erteilung einer krankenanstaltenrechtlichen Bewilligung, wie sie ihr mit dem angefochtenen Bescheid erteilt worden ist, gestellt.

Dazu ist aus dem Verwaltungsakt festzustellen, dass der Antrag vom 29. August 1996 von Dr. L. gestellt worden ist. In diesem Antrag wird ausgeführt, dass Betreiber der Krankenanstalt eine A.- O.- Betriebs GmbH sein werde. Im Verwaltungsverfahren wurde von der belangten Behörde diese Firmenbezeichnung als Bezeichnung der antragstellenden Partei verwendet. Von Seiten der antragstellenden Partei wurde Dr. L. sowie eine L. & L. Ordinations GmbH genannt. Letztere Bezeichnung fand sich insbesondere in dem mit Schreiben vom 4. März 1998 vorgelegten Mietvertrag für die Räumlichkeiten der Krankenanstalt sowie im Auszug aus dem Firmenbuch. Am 5. Juni 1998 wurde in einer a.o. Generalversammlung der L. & L. Ordinations GmbH der Firmenwortlaut in die jetzige Bezeichnung der mitbeteiligten Partei beschlossen.

Daraus ergibt sich, dass Dr. L. - der Gesellschafter mit zwei Fünfteln der Geschäftsanteile und einer der beiden Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei ist - zunächst als Antragsteller fungierte, aber die Erteilung der in Rede stehenden Bewilligung an eine unter seiner maßgebenden Mitwirkung zu gründende Gesellschaft anstrebte. Dass nicht die mitbeteiligte Partei (oder eine unmittelbare Rechtsvorgängerin) den das Verfahren einleitenden Antrag stellte, ist also darauf zurückzuführen, dass es zum Zeitpunkt der Antragstellung eine solche Gesellschaft noch nicht gab. Der Antrag war aber zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der - bereits bestehenden - mitbeteiligten Partei zuzurechnen. Die von der beschwerdeführenden Partei gerügte funktionelle Unzuständigkeit der belangten Behörde (infolge Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne zugrundeliegenden Antrag) ist damit nicht gegeben.

Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG 1987 darf eine Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt u.a. nur erteilt werden, wenn nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgegebenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag, ein Bedarf gegeben ist. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a leg. cit. darf eine Bewilligung zum Betrieb einer Krankenanstalt u.a. nur dann erteilt werden, wenn die Bewilligung zur Errichtung im Sinne des § 4 erteilt worden ist.

Ein Bedarf in diesem Sinne ist dann gegeben, wenn durch die Errichtung des Ambulatoriums die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird. Bei der Prüfung daraufhin sind andere als die in § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG 1987 genannten Ärzte (Dentisten) und Einrichtungen nicht zu berücksichtigen. Ebenso unberücksichtigt zu bleiben haben hiebei grundsätzlich Anstaltsambulatorien öffentlicher Krankenanstalten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1998, Zl. 96/11/0155).

Die belangte Behörde hat zur Frage des Vorliegens eines Bedarfes ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und diesen bejaht. Im Hinblick auf das durch § 4 Abs. 6 leg. cit. begründete, auf die Bedarfsfrage eingeschränkte Beschwerderecht der beschwerdeführenden Partei, die das Vorliegen eines Bedarfes in Abrede stellt, hat der Verwaltungsgerichtshof zu prüfen, ob die Bejahung eines Bedarfes an einer Krankenanstalt wie der von der mitbeteiligten Partei betriebenen zu Recht erfolgt ist.

Die belangte Behörde begründet die Bejahung des Bedarfes im Wesentlichen damit, dass es für die von der mitbeteiligten Partei schwerpunktmäßig angebotenen spezialisierten Leistungen keine kassenvertragliche Verpflichtung zum Kostenersatz gäbe. Lediglich mit den nur am Rande angebotenen Leistungen auf dem Gebiet der konservativen Zahnheilkunde stehe die mitbeteiligte Partei zu Kassenärzten, Kasseneinrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen in Konkurrenz. In der Möglichkeit der Inanspruchnahme solcher Leistungen im selben Institut, das die Spezialleistungen erbringe, ohne zu einem Kassenarzt, einer Kasseneinrichtung oder Vertragseinrichtung einer Kassa wechseln zu müssen, sei eine wesentliche Verbesserung der Versorgungslage für Patienten zu erblicken.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist vorauszuschicken, dass sich die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen auf das Gutachten ihres ärztlichen Amtssachverständigen vom 2. Februar 1998 gestützt hat, der seinerseits die im Ermittlungsverfahren zur Bedarfsfrage eingegangenen Stellungnahmen verwertet hat.

Dieser Sachverständige und - ihm folgend die belangte Behörde - sind davon ausgegangen, dass bei der Bedarfsprüfung nach § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG 1987 jene Leistungen auszuklammern seien, hinsichtlich derer keine Kostentragungs- bzw. -ersatzpflicht der Kassen bestehe; dies auch dann, wenn diese Leistungen von den (u.a.) niedergelassenen Kassenvertragsärzten tatsächlich erbracht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt dagegen die Auffassung, dass es in dem in Rede stehenden Zusammenhang auf das gesamte Leistungsspektrum der in § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG 1987 genannten Ärzte und Einrichtungen ankommt. Der vor Konkurrenzierung durch in der Rechtsform selbstständiger Ambulatorien agierende Anbieter ärztlicher Leistungen geschützte Bereich ist nicht darauf beschränkt, welche Leistungen von den Kassen kostenmäßig getragen oder ersetzt werden. Vielmehr ist mangels Differenzierung im Gesetz davon auszugehen, dass auch solche Leistungen, deren Kosten von den Kassen nicht getragen oder ersetzt werden, die aber einen unabdingbaren Bestandteil der Einkünfte der meisten Kassenvertragsärzte erbringen, bei der Bedarfsprüfung ebenfalls zu berücksichtigen sind.

Wenn also - was nach der Aktenlage der Fall ist - die in § 4 Abs. 2 lit. a Wr. KAG 1987 genannten Ärzte und Einrichtungen auch den Bedarf nach den zuletzt genannten Leistungen decken, kann von einem Bedarf nach einem diese Leistungen anbietenden selbstständigen Ambulatorium nicht gesprochen werden.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Das Kostenersatzbegehren der beschwerdeführenden Partei war gemäß § 47 Abs. 4 VwGG abzuweisen.

Wien, am 1. Juli 1999

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Materien und Normen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998110280.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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