Entscheidungsdatum
04.12.2018Norm
AsylG 2005 §5 Abs1Spruch
W185 2151257-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX, geb. XXXX alias XXXX alias XXXX, StA. Sierra Leone alias Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2017, Zl. 1126825610-29044891, zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 5 VwGVG stattgegeben und der
bekämpfte Bescheid wird behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise am 19.08.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 30.06.2014 in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hat.
Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 19.08.2016 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zur Reiseroute an, über Marokko, wo er sich etwa 2 Jahre lang aufgehalten habe, Spanien und schließlich die Schweiz, wo er sich ebenfalls etwa 2 Jahre aufgehalten habe, nach Österreich gelangt zu sein. Sein Asylverfahren in der Schweiz sei negativ beschieden worden. Er sei dann "aus dem Lager geschmissen" worden. Er wolle auf keinen Fall in die Schweiz zurückkehren. In Österreich oder einem anderen Land habe er keine Verwandten. Gesundheitliche Probleme machte der Beschwerdeführer nicht geltend.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete daraufhin am 25.08.2016 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz, welche dieses mit Schreiben vom 31.08.2016 ablehnte, da der Beschwerdeführer nach Durchführung eines Konsultationsverfahrens nach Spanien rücküberstellt worden sei; nach Ansicht der Schweizer Behörde bestünde nach wie vor eine Zuständigkeit Spaniens.
Am 05.09.2016 leitete das Bundesamt ein Remonstrationsverfahren ein und ersuchte um Mitteilung des Ergebnisses nach Abschluss der Zuständigkeitsprüfung durch die Schweiz.
Am 05.01.2017 richtete das Bundesamt eine Urgenz ("Reminder") an die Schweizer Dublin-Behörden.
Mit Schreiben vom 06.01.2017 stimmte die Schweiz der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers schließlich zu. Dies nach Art 20 Abs 5 Dublin III-VO und unter Hinweis darauf, dass die Zuständigkeitsprüfungsverfahren mit Spanien noch nicht abgeschlossen seien.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2017 wurde der Beschwerdeführer näher zu seinem Aufenthalt in der Schweiz, zu seinem Gesundheitszustand und seinen familiären Verhältnissen einvernommen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2017 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2017 (W242 2151257-1/2E) wurde der Beschwerde gem. § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen.
Begründend wurde ausgeführt: "Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Remonstrationsverfahren verfahrensgegenständlich zwar innerhalb der in Art. 5 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 niedergelegten Frist von drei Wochen einleitete, die Schweiz jedoch binnen der Frist von zwei Wochen nicht antwortete, ist die Zuständigkeit für die Führung des materiellen Verfahrens des Beschwerdeführers auf Österreich übergegangen. Dementsprechend war der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verfahren zuzulassen."
In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 20.04.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen und erneut zu seinem Gesundheitszustand, zu seinen familiären bzw. privaten Verhältnissen und zu seinem Aufenthalt in der Schweiz befragt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2017 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 20 Abs. 5 der Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei. Hinsichtlich der Zuständigkeit der Schweiz wurde ausgeführt, dass sich die Schweiz mit Schreiben vom 06.01.2017 gemäß Art 20 Abs 5 Dublin III-VO für die Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers für zuständig erklärt habe. Durch die nicht fristgerechte Beantwortung des Remonstrationsschreibens vom 05.09.2016 durch die Schweiz sei kein Zuständigkeitsübergang auf die Schweiz erfolgt. Die Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates im Remonstrationsverfahren müsse jedoch nicht zwingend binnen zwei Wochen einlangen, sondern könne auch später erteilt werden. Die zweiwöchige Antwortfrist diene lediglich der prozeduralen Effizienzerhöhung; es solle "kein neues/ergänzendes zwingendes materielles Zuständigkeitsrecht geschaffen werden". Daher sei auch im gegenständlichen Fall von einer Zuständigkeit der Schweiz auszugehen. Darüber hinaus wurde darauf verwiesen, dass in ähnlich gelagerten Konstellationen betreffend die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts Amtsrevisionen erhoben worden seien und die diesbezüglichen Verfahren derzeit beim Verwaltungsgerichtshof anhängig seien.
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.
Aus einer Meldung der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 02.11.2018 geht hervor, dass der Beschwerdeführer unter anderen Personalien am 02.11.2018 von Madrid kommend in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei und sich im Zuge einer routinemäßigen Kontrolle mit einem nigerianischen Reisepass und einer spanischen Aufenthaltskarte für Familienangehörige ausgewiesen habe. Weiters habe er noch eine nigerianische Geburtsurkunde bei sich gehabt. Der Beschwerdeführer habe angegeben, wegen der bevorstehenden Geburt seines Kindes nach Österreich gekommen zu sein; seine hier aufhältige Freundin sei im 8. bzw. 9. Monat schwanger.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer reiste über Spanien illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte in der Folge am 30.06.2014 in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz. In weiterer Folge begab sich der Beschwerdeführer illegal nach Österreich, wo er am 19.08.2016 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 25.08.2016 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz, welche dieses mit Schreiben vom 31.08.2016 ablehnte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitete daraufhin am 05.09.2016 fristgerecht ein Remonstrationsverfahren ein und ersuchte um Mitteilung des Ergebnisses der Zuständigkeitsprüfung nach deren Abschluss durch die Schweiz. Die Schweiz hat nicht binnen der vorgesehenen 2 Wochen geantwortet. Am 05.01.2017 wurde eine Urgenz ("Reminder") an die Schweizer Dublin-Behörden gerichtet, woraufhin die Schweiz am 06.01.2017 der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zugestimmt hat.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2017 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2017 (W242 2151257-1/2E) wurde der Beschwerde gem. § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen.
In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 20.04.2017 erneut vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen und u.a. zu seinem Aufenthalt in der Schweiz befragt.
Mit (weiterem) Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2017 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 20 Abs. 5 der Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei.
Am 02.11.2018 reiste der Beschwerdeführer von Madrid kommend per Flugzeug in das Bundesgebiet ein und wies sich dabei mit einem nigerianischen Reisepass bzw einer spanischen Aufenthaltskarte für Familienangehörige aus. Der Beschwerdeführer gab an, wegen der bevorstehenden Geburt seines Kindes nach Österreich gekommen zu sein.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes. Das Konsultations- und das Remonstrationsverfahren sind im Akt dokumentiert.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
...
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
...
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
§ 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG lautet:
§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das
Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) ...
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(6) ...
(7) ...
(8) ...
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) lauten:
Artikel 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
Artikel 7 Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Artikel 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.
In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Artikel 23
Wiederaufnahmegesuch bei erneuter Antragstellung im ersuchenden Mitgliedstaat
(1) Ist ein Mitgliedstaat, in dem eine Person im Sinne des Artikels 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d einen neuen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Auffassung, dass nach Artikel 20 Absatz 5 und Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben b, c oder d ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags zuständig ist, so kann er den anderen Mitgliedstaat ersuchen, die Person wieder aufzunehmen.
(2) Ein Wiederaufnahmegesuch ist so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von zwei Monaten nach der Eurodac-Treffermeldung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 zu stellen.
Stützt sich das Wiederaufnahmegesuch auf andere Beweismittel als Angaben aus dem Eurodac-System, ist es innerhalb von drei Monaten, nachdem der Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Artikel 20 Absatz 2 gestellt wurde, an den ersuchten Mitgliedstaat zu richten.
(3) Erfolgt das Wiederaufnahmegesuch nicht innerhalb der in Absatz 2 festgesetzten Frist, so ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, in dem der neue Antrag gestellt wurde.
(4) Für ein Wiederaufnahmegesuch ist ein Standardformblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien im Sinne der beiden Verzeichnisse nach Artikel 22 Absatz 3 und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung der betroffenen Person enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat auf Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Kriterien zuständig ist. Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Wiederaufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Die maßgebliche Bestimmung der Dublin III-Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 lautet:
Artikel 5
"Ablehnende Antwort
(1) Vertritt der ersuchte Mitgliedstaat nach Prüfung der Unterlagen die Auffassung, dass sich aus ihnen nicht seine Zuständigkeit ableiten lässt, erläutert er in seiner ablehnenden Antwort an den ersuchenden Mitgliedstaat ausführlich sämtliche Gründe, die zu der Ablehnung geführt haben.
(2) Vertritt der ersuchende Mitgliedstaat die Auffassung, dass die Ablehnung auf einem Irrtum beruht, oder kann er sich auf weitere Unterlagen berufen, ist er berechtigt, eine neuerliche Prüfung seines Gesuchs zu verlangen. Diese Möglichkeit muss binnen drei Wochen nach Erhalt der ablehnenden Antwort in Anspruch genommen werden. Der ersuchte Mitgliedstaat erteilt binnen zwei Wochen eine Antwort. Durch dieses zusätzliche Verfahren ändern sich in keinem Fall die in Artikel 18 Absätze 1 und 6 und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vorgesehenen Fristen."
Im zugrundeliegenden Fall hat das Bundesamt am 25.08.2016 ein auf Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz gerichtet.
Mit Schreiben vom 31.08.2016 lehnte die Schweiz unter Bekanntgabe der Gründe hiefür seine Zuständigkeit zur Führung des Verfahrens des Beschwerdeführers ab.
In der Folge leitete das Bundesamt am 05.09.2016 - und somit innerhalb der in Art. 5 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 normierten Frist von drei Wochen nach der ablehnenden Antwort der Schweiz - das Remonstrationsverfahren ein.
Die Schweiz hat in der Folge nicht binnen der in Art. 5 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 vorgesehenen Frist von zwei Wochen geantwortet.
Am 05.01.2017 wurde ein Urgenzschreiben an die Schweizer-Dublinbehörde gerichtet.
Mit Schreiben vom 06.01.2017 stimmte die Schweizer Behörde schließlich ausdrücklich der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers zu.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.03.2017 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2017 (W242 2151257-1/2E) wurde der Beschwerde gem. § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen.
Begründend wurde ausgeführt: "Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Remonstrationsverfahren verfahrensgegenständlich zwar innerhalb der in Art. 5 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 niedergelegten Frist von drei Wochen einleitete, die Schweiz jedoch binnen der Frist von zwei Wochen nicht antwortete, ist die Zuständigkeit für die Führung des materiellen Verfahrens des Beschwerdeführers auf Österreich übergegangen. Dementsprechend war der angefochtene Bescheid zu beheben und das Verfahren zuzulassen."
Unter Verletzung der Bindungswirkung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2017, welches die Zulassung des Verfahrens in Österreich zur Folge hatte, erließ die Behörde am 01.07.2017 einen (weiteren) Bescheid und wies damit I. den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Schweiz gemäß Art. 20 Abs. 5 der Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei, und ordnete II. gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers an und stellte fest, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG eine Abschiebung in die Schweiz zulässig sei.
Im Urteil des EuGH vom 13.11.2018, Rs C-47/17 und C-48/17 ua, X, wurde - für den gegenständlichen Fall entscheidungswesentlich - klargestellt, dass bei Ausbleiben einer Antwort auf das Remonstrationsschreiben innerhalb der zweiwöchigen Antwortfrist die Zuständigkeit beim ersuchenden Staat liegt, es sei denn die Fristen nach der Dublin III-VO für die Stellung eines erneuten Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs wären noch nicht abgelaufen. Das Remonstrationsverfahren als zusätzliches Verfahren der neuerlichen Prüfung sei nach Ablauf der zweiwöchigen Antwortfrist endgültig beendet.
Fallgegenständlich hat die Schweizer Dublin-Behörde nicht binnen 2 Wochen nach Erhalt des österreichischen Ersuchens um neuerliche Prüfung geantwortet und wurde innerhalb der Frist des Art 23 Abs 2 Dublin III-VO kein neuerliches Wiederaufnahmegesuch gestellt.
An der Zuständigkeit Österreichs zur Führung des Verfahrens des Beschwerdeführers bestehen nach dem Gesagten keine Zweifel. Dementsprechend war der gegenständliche, die Zuständigkeit Österreichs zurückweisende Bescheid vom 01.07.2017 gemäß § 28 Abs 5 VwGVG ersatzlos zu beheben und ist von der Behörde in Bindung an das seinerzeitige behebende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.03.2017, das die Zuständigkeit Österreichs zur Führung des Verfahrens nach sich gezogen hat, das inhaltliche Verfahren zu führen.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen - nicht zuletzt durch das Urteil des EuGH vom 13.11.2018 in den Rs C-47/17 und C-48/17 - eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen treffen Art. 29 Dub III-VO und § 21 Abs. 3 BFA-VG klare eindeutige Regelungen (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Fristablauf, Fristversäumung, Überstellungsfrist,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W185.2151257.2.00Zuletzt aktualisiert am
07.02.2019